Dritter Tag.

[27] So bald nun der liebe Tag angebrochen, vnd die helle Sonn sich vber die Berge erhoben, vnnd am hohen Himmel zu seinem befohlenen ampt wider eingestelt. Fiengen sich an meine guter kämpffer auß den Betten zu erheben, vnnd sich allgemach zur inquisition gefast zumachen. Deßwegen dann einer nach dem andern [Rand: Unterredung / der Gäste / am / Morgen] wider in den Saal kommen, vnd einen guten Tag gewündscht, vnd gefragt, wie wir diese Nacht geschlaffen, wie sie nun vnsere Bande gesehen, waren auch viel die vns erfiltzeten, daß wir vns so verzagt hätten ergeben, vnd nu viel mehr, auff Glück vnd Vnglück wie sie gewaget, wiewol etliche, denen das Hertz immer geklopffet, nit laut zur sachen schrien. Wir entschuldigten vns mit vnserm Vnverstand, vnd verhofften, wir solten nun bald loß auß gehen, vnd vns diesen Spot für ein witzigung sein zulassen, das sie hergegen noch nit aller dings entrunnen, vnd villeicht noch die gröste gefahr bevor hätten. Entlich wie sich nuhn jedermann wider [Rand: man hört / Musik] versamlet, fanget man abermals an wie vormals zu Trommeten, vnd die Heerbaucken zuschlagen, da meinten wir nit anders, denn es wurde sich der Bräutigam präsentiren, welches doch manchem gefehlet: Dann es [Rand: die /Jungfraw / erscheint / wieder] war abermal die gesterige Jungfraw, die hätte sich in ein gantz rohten Sammet bekleidet, vnd mit weissem Bändel umbgürttet: Auff jhrem Haupt hatte sie ein[28] grünen Lorberkrantz, welcher sie trefflich zieret: Ihr apparat waren nicht mehr Liechtlin, sondern auff die 200. Geharnischter Männer, welche alle gleich in Roht vnd Weiß, wie sie gekleidet gewesen. So bald die nuhn vom Stul gesprungen, geht sie gleich zu vns gefangenen her, vnnd nach dem sie vns gegrüst, sagt sie mit wenig worten: Das ewer etlich jhr Elendt erkanndt, [Rand: tröstet / die /verzagten] das last jhm mein Gestränger Herr gefallen, vnd will es euch auch geniessen lassen. Vnd wie sie mich in meinem habit, ersicht, lachet sie vnd spricht: Sih hastu dich auch vnter das Joch begeben: Ich meint du hättest dich so fein gerüst: mit welchen worten sie mir die Augen vber getrieben. Darauff heist sie vns aufflösen, vnnd zusammen kupplen, auch an ein orth stellen, da wir die Wag wol sehen kundten, dann sagte sie: Es [Rand: die / güldene / Wage / wid aufgehängt] kan jhnen noch besser ergehen, dann einem vermessenen, so noch hier ledig steht. Vnter dessen wirt die Wag so gantz guldin gewesen, mitten in dem Saal auffgehenckt, auch ein kleines Tischlein mit rohtem Samet bedeckt, vnd darauff 7 Gewicht gestelt: Erstlich stund [Rand: 7. Gewichte] ein zimlich groß: darauff vier kleine besonders: Entlich 2 grosse aber besonders. Vnd waren diese Gewicht zu jhrer Proportz so schwer, daß es kein Mensch glauben, noch begreiffen kan. Es hatte aber jeder Geharnischter [Rand: Geharnischte] neben einem blossen Schwert ein starcken Strick, die sie denn nach der zahl der Gewicht in 7 Rotten getheilt, vnnd auß jeder Rotte einen zu seinem Gewicht erwehlet: vnnd darauff wider auff jhren hohen Thron gesprungen. So bald sie nuhn jhr Reverentz gethan, fangt sie also mit starcker stim an zu reden.


Wer in eines Malers Stuben geht,

Vnd sich vmb Malen nichts versteht,

Redt doch darvon mit grossem pracht,

Der wirt von menniglich verlacht.

Wer sich nuhn gibt in Künstler Orden,[29]

Vnd ist doch nit erwehlet worden,

Vnd kunstlet doch mit grossem pracht,

Der wirt von menniglich verlacht.

Wer zu einer Hochzeit bald erscheint,

Vnd ist doch niemal worden gemeint,

Vnd kommet doch mit grossem pracht,

Der wird von menniglich verlacht,

Wer nun auff diese Wag wirt steigen,

Die Gewicht jhn dann nit werden wigen,

Vnd fehrt alsbald nauff das es kracht,

Soll sein von menniglich verlacht.


[Rand: man fängt / an zu / wiegen] So bald die Jungfraw außgeredt: Heisset der Knaben einer jeden seiner ordnung nach stellen, vnd einen nach dem anderen auffsteigen: Dessen sich dann der Keyser [Rand: den ersten / Keyser] einer nit gewegert, sondern sich erstlich gegen der Jungfrawen ein wenig geneiget: Darnach mit allem seinem statlichen Habit auffgestigen: Darauff jeder Oberster sein Gewicht auffgelegt, bei welchen er mit menniglichs verwundern beharret. Aber daß letste wurde jhm zu schwer, muste also mit solcher betrübnuß hinauff, daß er auch wie mich gedauchte, die Jungfraw selbsten erbarmet, die dann auch den ihren zu schweigen gewuncken, noch wurde der gute Keyser gebunden, vnnd der [Rand: den / andern] 6. Rott vbergeben. Auff jhn kam aber ein Keyser daher, der tratt stoltz auff die Wag: Vnd weil er ein groß dick Buch vnter dem Rock hatte, meint er, es wurde ihm nit fehlen. Wie er aber kaum daß dritt Gewicht [Rand: 3. noch / andere / Keyser] erleiden mögen, vnd vnbarmhertzig hinauff geschlingt wurde, jhm auch sein Buch im schrecken entpfallen, fangen alle Soldaten an zu lachen, vnd wirt er der 3. Rott gebunden vberlifert: So giengs noch etlichen Keysern, [Rand: den / vierten, / der die / Probe / außhielt] die alle spötlich verlacht vnd gefangen worden. Nach diesen komt ein kurz Männlin, auch ein Keyser daher, hatte ein krauß brauns Bärtlin, der stellet sich nach gewohnlicher Reverentz auch auff: Daß er sich so standthafft[30] gehalten, daß mich bedunckt, wann noch mehr Gewicht vorhanden wären, er wurde sie außhalten: Gegen welchem dann die Jungfraw schnell auffgestanden, sich vor jhm geneigt, vnd ein roht Sametin Rock anziehen lassen. Entlich auch ein Lorberzweig deren sie viel auff dem Stul hatte, gereichet, vnd auff die Träppen jhres Stuls heißen nidersitzen. Wie es nun nach diesem andern Keysern, Königen vnd Herren ergangen, were zu lang zu erzehlen, allein kan ich ungemeldet nit lassen: daß wenig auß solchen hohen Heüptern geblieben. Wiewol sich sonsten manch feine Tugent wider mein verhoffen an vielen gefunden. Einer möcht diß außhalten, der ander ein anders. Etlich 2. etlich 3. 4. oder 5. wenig aber kundten zu rechter perfection kommen. Aber zu jedem dem es gefehlet, warde von den Rotten hefftig gelachet. Nach dem auch die inquisition vber die vom Adel, Gelehrte vnnd andere ergangen, vnd bey jedem Standt, etwann einer, etwa zwen, zu mehrmalen aber gar keiner just erfunden worden. Ist es entlich auch an die frommen Herren Landbetriegern, vnd [Rand: Probe / der / Landbetrieger] Lapidem Spitalauficum machenden Leckern kommen. Die wurden mit solchen gespöt auf die Wag gestelt dz mir selbsten in meinen Leid der Bauch vor lachen wolt zerspringen, so kondten auch die gefangenen selbsten das lachen nit halten: Dann da kundte der mehrtheil deß ernsten Gerichts nit erwartten, sondern wurden mit Pritschen vnd Geißeln von der Wag geschmissen, vnd zu anderen Gefangenen, jedoch bey gebührender Rott geführt. Sein also von so grossem Hauffen so wenig geblieben, daß ich mich jhre zal zu eröffnen schäme, doch waren hohe Personen auch darunter, wiewol man einen [Rand: die edlen / darunter / werden / inzwischen / ausgezeichnet.] wie den andern mit Sametin Kleid vnnd Lorbeerzweyg geehrt.

Wie nun die inquisition nun mehr allerdings vollendet gewesen, auch niemand mehr auff der seiten, dann wir arme gekuplete Hund da stunden: Trit entlich der[31] Hauptleut einer herfür und spricht: G. Fräwlin, wann es E.G. gefällig, wolte man diese arme Menschen, welche [Rand: Probe der / Gebundenen] jhren vnverstand erkent, ohne jhr Gefahr auch nuhr zur Lust auff die Wag stehen lassen. Ob doch etwas rechtes unter jhnen were. Allererst war ich in grossen Nöhten, dann in meinem Creütz war diß nuhn mehr mein Trost, daß ich nit müßte so in schanden stehen, oder von der Wag gepeutscht werden. Dann mir zweiffelt nit, das viel der gefangenen wündschten, sie weren zehen Nächt bey vns in dem Saal geblieben: Noch weil es die Jungfraw bewilligt, mußt es sein, vnnd wurden wir auffgelöst, auch einer nach dem andern auff gestellt: wiewol es nuhn mehrestheils mißlungen, wurde jhrer doch weder gelacht noch sie gepeutscht, sondern mit frieden auff [Rand: ein Freund / des Verf.] eine seit gestelt. Mein Gesell war der 5. der erhielt sich stattlich, deßwegen von Menniglichen, sonderlich aber dem Hauptmann, so vns erbetten, gefrolocket, vnd von der Jungfrawen gewohnliche Ehr ihm erzeigt wurde. Nach [Rand: der Verf. / selbst / kommt auf / die Wage] jhm wischen abermal zwen flux hinauff. Ich aber war der Acht, so bald ich nun mit zittern auffgetretten, sihet mich mein Gesell, so allbereit inn seinem Sammet da gesessen, feundtlich, vnd Lächlet die Jungfraw selbsten ein wenig: Nach dem ich aber auff alle gewicht beharret, heisset mich die Jungfraw mit gewalt auffziehen. Deßwegen noch 3. Mann an das ander theil der wag gehanget, so doch nichts vermöcht: deßwegen bald der Knaben einer auffgestanden, vnd überlaut geschrien der [Rand: der ists] ists, darauff der ander geantwortet: So last jhm sein Freyheit gelten, welches die Jungfraw vergönnet: vnd [Rand: wiegt am / meisten] nach dem ich mit gebürlichen Ceremonien auffgenommen worden, wird mir die Wahl gegeben, einen gefangenen, wer mir gefiel, zuerlösen. Deßwegen ich mich nit lang [Rand: befreyt den / ersten / Keyser] besonnen, vnd den ersten Keyser, der mich lengsten erbarmet, erwehlt, welcher dann bald loß gelassen, vnd zu vns mit allen Ehren gesetzt worden. Wie nun der letste auch auffgestelt worden, die gewicht jhm aber[32] zu schwer worden, siehet vnder deß die Jungfraw meine Rosen, die ich von dem Hut in die Händ genommen, [Rand: schenkt der / Jungfraw / seine Rose] deßwegen sie dieselbe durch ihren Knaben bald von mir Gnedig begehrt: Die ich ihr willig vberschickt. Vnnd ist also dieser erste Actus vmb zehen Vhr [Rand: so schließt /sich der 1. / Act um / 10 Uhr] vor Mittag absolviert worden, deßwegen man abermal angefangen zu Trommeten. Welches wir doch noch der zeit nit sehen konten. Vnder deß musten die Rotten mit jhren gefangenen abtretten, vnd eines vrtheils erwarten. Darauff wurde der Rath von den 5 Obersten vnd vns besetzt, vnd von der Jungfrawen als Präsidentin der handel fürgehalten vnnd begert, Es wolt jeder [Rand: Gericht / über die / gefangenen: erste / Stimme] sein Meinung geben, wessen sich mit den gefangenen zu verhalten. Die erste meinung war, man solte sie alle Tödten, doch einen härtter, dann den andern: Als welche sich wider die lautere Conditionen mutwillig eingestelt. Andere wolten sie gefangen behalten, welches beides [Rand: zweyte] weder der Präsidentin noch mir gefiel. Endlich war durch einen Keyser, den ich erledigt, einen Fürsten, meinen [Rand: dritte] Gesellen, vnd mich die sach dahin gebracht. Es solten erstlich, was fürneme Herren weren mit bescheidenheit auß dem Schloß gefürt werden. Andere könte man etwas spöttlichers hinaußführen: Die solte man außziehen, vnd nackend lauffen lassen. Die vierdten mit ruten geiseln oder hunden hinauß jagen: was sich gestern willig ergeben, solte man ohn alle entgeltnuß ziehen lassen: Endlich aber die gar mutwilligen, vnd die sich in gesteriger Malzeit so vngebürlich verhalten, an Leib vnd Leben nach jedes verwircken straffen. Vnnd diese meinung gefiel der Jungfrawen wol, vnnd behielt die Oberhand: wurde jhnen auch noch zum vberfluß ein Mittag essen vergünt: Welches jhnen bald angezeigt, das Vrtheil aber auff 12. Vhr nachmittag auffgeschoben worden. Hiemit nam der Senat ein End. Vnd verfügt sich gleichwol die Jungfraw sampt den jhrigen an jhr gewohnlich ort, vns aber wurde der Oberste Tisch in dem Saal eingeben,[33] mit bitt wir wolten so für gut nemen, biß der Handel vollend außgericht wurde: Als dann sollen wir zum H. [Rand: Mittagsmahl] Bräutigam vnd Braut gefürt werden, mit welchen wir vns dann der zeit willig abweisen lassen. Vnder deß wurden die gefangene wieder in den Saal gebracht, vnnd jeder seinem standt gemeß gesetzt. Wurde auch jhnen befohlen sich etwas züchtigers dann gestern beschehen zu verhalten: Welches doch keines verbietens bedörfft, dann jhnen war die Pfeiff ohne daß in die Taschen gefallen. Vnd kann ich nit umb schmeichlen willen, sondern der warheit zu Lieb diß kecklich sagen, daß sich gemeiniglich hohe personen am besten gewust in solch vnverhofften vnfall zuschicken: Ihre Tractation war zimlich [Rand: sichtbare / vnd vnsichtbare Diener] schlecht, jedoch Ehrlich vnd kondten sie jre auffwärter noch nit sehen: vns aber waren sie sichtbar, welches mich dann höchlich erfrewet. Darneben aber ob vns wol das Glück erhöhet, liessen wir uns doch nit mehr als andere beduncken, sonder spracheten mit den andern vnd hiessen sie ein gut Hertz haben, es wurde so vbel nit außschlagen, Ob sie nun wol das Vrtheil von vns gern hetten erfahren, war es vns doch so hart eingebunden, daß es keiner dorffte verlauten lassen: Doch trösten wir sie so gut wir kundten, Truncken auch mit jhnen, ob sie doch der Wein möchte frölicher machen. [Rand: Erhöhung / derer die / bestanden / sind] Vnser Tafel ward mit rotem Sammet bedeckt, mit lauter Silbern vnnd Guldinen Trinck geschirren besetzt. Welches dann die andern mit verwunderung vnd grösten schmertzen gesehen. Eh wir aber vns gesetzt, komment beyde Knaben herein, vnd verehren von deß Bräuttigams wegen jedem die Guldin Vließ, mit einem fliegenden Löwen: mit begeren, wir wolten dieselbe vber der Tafel anhaben, vnd deß Ordens (den S.M. vns jetzt schencket bald auch mit gebürlicher Solennitet Confirmiren wurde) reputation vnd Herrligkeit gebürlicher weiß erhalten, so wir mit höchster vnderthenigkeit angenommen, vnd versprochen, alles was seiner Majestet wurde belieben gehorsamlich[34] zu verrichten. Neben diesem hatte der Edel Knab einen zedel, darinnen wir ordenlich Lociert wurden, vnnd begehrt ich sonsten meinen locum nicht zu verhelen, so mir nit solches villeicht zur Hoffart, welcher doch wider das 4. Gewicht, gedeutet wurde. Weil nun vnser Tractation [Rand: dem Verf. / wird alle / Gemeinschaft mit / den verworfenen / versagt] gar statlich, fragten wir der Knaben einen, ob vns nicht erlaubt were vnsern Freunden vnd bekandten bescheid Essen zuschicken, der es denn in kein bedencken gezogen, deßwegen jeder seinem bekandten reichlich durch die Diener zugeschickt, deren sie doch keinen gesehen, vnd weil sie nicht gewußt, wa her es keme, wolle ich einem etwas selbsten bringen, so bald ich aber auffgestanden, war mir schon der Diener einer auff der Hauben, mit vermeldung, er wolt mich freundlich gewarnet haben: dann wa solches der Knaben einer hette gesehen, wer es für den König kommen, welches mir gewißlich vbel erschossen, weil es aber niemand als er gemercket, gedencke er mich nicht zuverrahten, solte aber fürhin deß Ordens würde besser in acht nemmen: Mit welchen Worten der Diener mich warlich dermaßen gesetzt, das ich mich inn langer zeit auff meinem stul kaum mehr geregt: Bedanckte mich doch der getrewen Warnung, so gut mir in eyl vnnd schrecken einfiel. Bald darauff [Rand: die / Jungfraw / erscheint] fanget man an zu Drommeten, dessen wir schon gewohnet, dann wir wusten wol, dz es die Jungfraw wer, deßwegen wir vns gerüstet sie zu empfahen: die kommet nun mit gewohnlichem Apparat: Auff jhrem hohen Sessel daher, vnd wird jhr von dem einen Knaben ein hoher guldiner Becher, von andern aber ein Pergamentin patent [Rand: läßt einen /Pocal / herumgehen] vorgetragen: Wie die nun vom Sessel Künstlich geschwungen, nimmet sie den Pocal von dem Knaben, vnd vberliffert denselbigen von deß Königs wegen, mit vermeldung er wer vns von seiner M. gebracht, vnnd solten wir dem zu Ehren jn herumb gehen lassen. Auff dieses Pocals deckel stund die Fortuna, von Gold zierlich gegossen. Die hatte in der Hand ein rohtes fliegendes[35] Fänlein, deßwegen ich etwas traurigers getruncken, als dem deß Glücks Tück nun mehr genugsam bekandt worden. Es war aber die Jungfraw gleich so wol als [Rand: ihr / Schmuck] wir mit der guldin Vließ vnd Löwen gezieret, darauß ich vermerckt, daß sie villeicht deß Ordens Präsidentin wurde sein: Deßwegen wir sie gefragt, wie doch der Orden genent wurde: hat sie vns geantwortet, es wer noch nicht zeit solches zu eröfnen, biß die sach mit den Gefangenen außgericht werde. Deßwegen jhnen auch noch die Augen gehalten weren: vnnd was an jetzo vns beschehen, sey nur jhnen zum Anstoß vnnd Ergernuß, wiwol es noch für nichts gegen der Ehr deren [Rand: die verworfenen / werden / getheilt] wir gewertig zurechnen. Hiemit empfieng sie das Patent von dem andern Knaben, in zwey theil vnderschieden: dem ersten hauffen wurde daß Patent vngefahrlich so viel vorgelesen:

[Rand: Anklage / des einen] Sie sollen bekennen, daß sie falschen erdichten Büchern zu leichtlich geglaubt, ihnen selbsten zu viel zugemessen, vnd also in diß Schloß kommen, darzu sie doch niemalen berufft worden. Were auch villeicht der mehrertheil vorhanden gewest, sich hierinnen zubesappen, vnd darnach desto prächtiger vnd Herrlicher zu leben, so hette auch einer den andern auffgebracht, vnnd in solch Spott vnnd Schand gesteckt, weren derwegen werth ein zimliche straff zu leiden:

Welches sie dann demütiglich bekandt, vnd die Hand dargebotten: darauff den andern etwas hartes vngefehrlich auff die weiß zugeredt worden:

[Rand: und des / zweyten / Theils] Sie wüsten gründtlich wol, vnd weren in jhrem gewissen vberzeugt, daß sie Falsche erdichte Bücher geschmiedet, andere genarret, betrogen vnd hierdurch Königliche Ehr bey Männiglich geschmälert. So wüsten sie was Gottloser verfürische Figuren sie gebraucht. Da sie auch Göttlicher Dreyfaltigkeit nit verschonet, sondern sich derselben Land vnd Leut zu betriegen gebraucht, So wer nun mehr am Tag, mit was Practicken[36] sie rechten Gästen nachgestellet: vnverstendige eingesetzt. So were Menniglich bekand, daß sie in offentlicher Hurerey, Ehebrecherey, Füllerey, vnd andern vnreinen wesen steckten, welches alles wider offentliche ordnung vnsers Königreichs were: In Summa sie wüsten, daß sie R.M. auch bey dem gemeinen Man verkleinert, solten derowegen bekennen, daß sie offentliche vberwiesene Landbetrieger, Lecker vnnd Buben weren, welche verdient, daß sie von redlichen Menschen abgesondert, vnd hertiglich gestrafft würden. Hinder diese [Rand: bekennen / vngerne] bekanntnuß kamen die gute Künstler vngern, dieweil ihn aber nicht allein die Jungfraw selbsten den Todt getrewet vnd geschworen, sondern noch die ander Parthey hefftig vber sie getobet, vnd einmütiglich beklagt, sie weren von ihnen bößlich hinder daß Liecht geführt worden: haben sie grossen vnfall zuverhütten, endlich solches mit schmertzen bekennet, vnnd doch daneben fürgebracht, was hierinnen beschehen, were jhnen nit in ärgstem zuvermercken: Dann weil einmalen die Herren [Rand: entschuldigen sich] in das Schloß kommen wöllen, auch hierumben groß Gelt versprochen, hette jeder alle list etwz zuerschnappen gebraucht, vnd es also wie es albereit vor Augen so weit gebracht: Das es aber nit gerathen, hetten sie jhres erachtens nit mehr als die Herren verwürckt: Als welche deß verstands solten gewesen seyn, dz da einer hette sicher herein kommen können, würde er nit vmb schlechtes gewins willen, mit jhnen, mit so grosser gefar vber die Mauren gestiegen sein. So weren jhre Bücher so heuffig auffgekaufft worden, daß wer sich anderst nit neren können ein solchen betrug anfangen müssen: Sie verhofften auch wann man recht wolte vrtheilen, es solle an jhnen, als die den Herren wie Dienern gebürt, auff jhr embsigs begehren, gar kein [Rand: darauff / wird /geantwortet] Mißhandlung erfunden werden: Mit solchen vnd dergleichen Worten, wollen sie sich entschuldigen. Es wurde jhnen aber geantwortet: K.M. sey entschlossen[37] alle vnd jede zustraffen, doch einen herter als den andern. Dann was von jhnen fürgebracht werde, seye gleichwol zum theil wahr, solle auch deßwegen den Herrn nicht gar geschenckt sein: Die aber mögen sich wol zum Todt rüsten, so mutwilliglich sich angebotten, vnd etwan vnverstendige wieder jhren willen verführt. Item die mit falschen Büchlin K.M. verletzet, wie denn solche alle auß ihren eignen Schrifft, vnd Büchlin zu vberzeugen.

[Rand: jammern / vber ihre / Verurtheilung] Hierüber erhub sich bey vielen ein erbärmlich Klagen, Weinen vnd Flehen, Bitten vnd Fußfallen, welches doch alles nit helffen mögen: vnd wundert mich sehr, wie sich doch die Jungfraw so standthafftig kondte erhalten, da doch jhr Elend vns allen (wie wol vns [Rand: welche / vollzogen / wird] mehrertheil viel leids vnd Marter angethan) die Augen vbertrib, vnd zu mitleiden bewegt: Dann sie fertigt bald jhren Knaben ab: Der brachte mit sich alle Kürisser, so sich heut bey der Wag eingestellt: diesen wurde befohlen, jeden den seinen zu sich zu nemmen, vnnd in jhren grossen Gartten, in ordentlicher procession, daß allweg ein Kürißer mit einem gefangnen gienge, zuführen. Da denn jeder den seinen so artlich erkent, das ich mich verwundert. Es wurde aber auch meinem gestrigen Companen erlaubet hinauß in den Gartten vngebunden zugehen, vnd der Vrthel Execution bey zuwohnen. [Rand: Zuschauer /dabey] So bald nun jedermann hinauß komen, schwinget sich die Jungfraw auß jhrem Stul, vnd begehret wir wolten auch auff den Träppen aufsitzen, vnd bey der Vrtheil erscheinen: Welches wir nit geweigert, sondern liessen alles auff dem Tisch (ohne das Pocal, welches die Jungfraw dem Knaben zuverwahren befohlen) stehn, vnd fuhren in vnserm Schmuck auff dem Stul hinauß, welcher für sich selbst so sanfft gangen, [Rand: im / Garten] als wir im Lufft fuhreten, biß wir also in den Garten kommen, da wir sammentlich abgestanden. Dieser Garte war nicht sonderlich zierlich, allein gefiel mir daß die[38] Bäum so ordentlich gesetzt waren, sonsten lieffe auch ein köstlicher Bronne darinnen, mit wunderbarlichen Bildern, vnd inscriptionen, auch seltzamen Zeichen (deren [Rand: dessen /Inschriften / der Verf. / verspricht] ich wills Gott in künfftigem Buch gedencken will) gezieret. In diesem Garten war ein hültzerin Gerüst auffgemacht, mit schönen gemahlten Deckenin umbhenget. Es waren aber 4. Gäng vbereinander gemachet: der erste war herrlicher dann der ander keiner, vnd deßwegen mit eim weiß Daffeten Vmbhang bedeckt. Also das wir damalen noch nicht wissen kundten, wer darvnder wäre. Der ander war leer, vnd vnbedeckt: Die letsten zwen waren abermal mit rothem vnd blawem Daffet bedeckt: So bald wir nun zu dem Gerüst kommen, neyget sich die Jungfraw nahend zu der Erden, deßwegen wir hefftig erschrocken. Dann wir kundten leichtlich erachten, der König vnd Königin musten nit weit sein: Wie wir nun auch vnser Reverentz wie billich erzeigt: führt vns die Jungfraw durch den Schnecken auff den andern Gang, da sie sich zu oberst gestellet, vnd wir in voriger ordnung geblieben. Wie sich nun [Rand: Dankbarkeit des / Keysers / gegen / seinen / Befreier] der Keyser, den ich erlöst, damalen, wie auch zuvor ob der Taffel, gegen mir erzeigt, kan ich ohne böser Mäuler nachtheil nicht wol erzählen. Dann er kundte wol erachten, in was Trübsal vnd sorgen, er jetzt were, da er erst mit solchem Spott mußte deß Vrtheils erwarten, vnd er nun mehr durch mich zu solcher dignitet vnd [Rand: die / Heroldin / erscheint / wieder] würde da stunde: Vnder deß tritt die Jungfraw, so mir erstmals die Ladung gebracht, vnnd die ich bißhero nimmer gesehen, herfür: blaset erstlich mit ihrer Posaunen eins herab, eröffnet hierauff mit lauter stimm daß Vrthel also:

Es möchte die König. M. Mein aller: H. von [Rand: ihre Anrede an / die Verurtheilten] Hertzen wündschen, daß alle vnd jede so hie versamlet, mit solchen qualiteten auff S.M. erfordern weren erschienen, daß sie dero zu ehren mit grösserer frequentz daß Hochzeitliche angestelte Frewdenfest köndten zieren.[39] Weil es aber Gott dem Allmächtigen anderst gefallen, hat sein M. nichts dawider zu murren, sonder muß bey altem löblichen herkommen, dieses Königreichs wider S.M. belieben verbleiben. Damit aber nun J.M. angeborne Miltigkeit in aller Welt möchte celebrirt werden, hat sie mit dero Rähten vnd Landtständ dahin allerdings gehandlet, das daß gewonliche Vrtheil vmb [Rand: Vrtheil in / Ansehung / der / Potentaten] mercklichs gelindert wurde: wölle also erstlich den Herren vnd Potentaten nit allein daß Leben gäntzlich geschenckt, sondern auch sie frey loß gelassen haben. Mit fr. Gunst vnd G. bitt, es wolten J.L. ja nit zürnen, daß sie S.M. Ehren Fest nit können beywohnen, sondern gedencken, Es sey J.L. ohne das von Gott dem Allmächtigen mehr auffgelegt, dann sie füglich vnd mit ruh tragen mögen, der habe auch in außtheilung seiner Gaben, ein vnbegreiflich bedencken, So sey es auch J. Reputatz nicht nachtheilig, wann sie schon bey solchem vnserm Orden verworffen werde, weil wir einmal nit alle, alles können mögen. Das aber J.L. von bösen Leckern verführt worden, solle an jhnen nicht vngerochen bleiben. Wie dann sein Maj. willens in kurtzem E.L. ein Catalogum Haereticorum oder indicem expurgatorium mit zutheilen, damit dieselben forthin mit besserm Verstand können vnder gutem vnd bösen dijudiciren: Weil auch S.M. in kurtzem auch vnder dero Bibliothec ein Außmusterung, vnd die Verführische Schrifften dem Vulcano auffzuopffern bedacht, Will sie E.L. Fr. Dienst vnd G. gebeten haben. Es wölle jeder mit den seinigen auch so hausen: Damit verhoffendlich allem vbel vnd vnraht künfftig möge gestewret werden. Darneben sollen sie auch ermahnet sein, fürohin so vnbedachtsam nimmer herein zu begeren, damit jhnen nicht voriges der verführern entschuldigung möchte fürgerupfft werden, vnd sie bey meniglichen in spot vnd verachtung kommen: Endlich weil je die Landschafft etwas an jhr L. zu fordern, verhoffe J.M. Es werde keiner[40] sich beschweren mit einer Ketten oder was er bey handen zu lösen, vnd also freundlich von vns abzuscheiden, vnd durch vnser begleit wider sich zu den seinigen begeben.

Die andern, so im 1. 3. vnd 4. Gewicht nit bestanden, [Rand: zweytes / Urtheil] will J.M. so leichlich nit von sich lassen: Damit nun auch die S.M. gelindigkeit mögen spüren, [Rand: 2.] ist jhr befehlch, dieselbige gantz nackend auß zuziehen, vnd also fort zuschicken.

Was in 2. vnd 5. Gewicht zu leicht erfunden [Rand: 3.] worden, solle neben der entblössung auch mit einem, 2. oder mehr Brandmalen (nach dem jeder leichter oder schwerer gewest) bezeichnet werden.

Die so von 6. oder 7. ohn die anderen auffgezogen [Rand: 4.] worden, sollen etwas gnädigers gehalten werden. Vnd so fortan: dann es wurde auff jede Combination ein gewisse straff verordnet, welches zu lang wurde hie zuerzählen.

Die so sich gestern freywillig abgesondert, sollen [Rand: 5.] ohn alle entgeltnuß ledig außgehn. Entlich sollen die vberwiesene Landtbetrieger, so kein Gewicht auffwegen [Rand: 6.] mögen, an Leib vnd Leben nach gelegenheit, mit dem Schwert, Strang, Wasser vnd Ruten gestrafft werden. Vnd solle solch Vrtheils Execution vnbeweglich andern zum Exempel, gehalten werden.

Hiemit brach vnser Jungfraw daß Stäblein: darauff [Rand: Ende des / gehaltene / Gerichts] bließ die ander, so daß Vrtheil verlesen jhr Posaun, vnd tratt mit hoher Reverentz gegen denen, so under dem Vmbhang gestanden. Aber hie kan ich nit [Rand: Summe / der Gewogenen / 7. 21 35. / 35. 21. 7. / 1. 130. 125.] vnderlassen, dem Leser von der zahl vnserer Gefangenen etwas zu eröffnen: Deren so ein Gewicht: waren 7. die zwey gewogen waren 21. die drey, 35. die vier, 35. die fünff, 21. die sechs 7. Aber so auff die siben kam, vnd doch nit gern auffheben möcht, der war einer, vnd zwar den ich erledigt: Sonsten deren, die gar hindurch gefallen, waren viel. Deren aber so alle Gewicht[41] auff den Boden gezogen etlich. Vnd so hab ichs fleißig [Rand: ihre Verschiedenheit] in mein Schreibtäfelin, da sie vnderschiedlich vor vns gestanden, abgezählet vnd notiert. Vnd das sich hoch zu verwundern, das vnder allen denen, so etwas gewogen, keiner dem andern gleich gewesen. Dann obschon vnder den dreyen wie gesagt, 35. gewesen, hat doch dieser den 1. 2. 3. der ander den 3. 4. 5. der dritt den 5. 6. 7. vnd so fortan gewogen, daß also zum höchsten wunder, vnder 126. so etwas gewogen, keiner dem andern gleich gewesen, vnd die wolte ich all, mit jedes Gewicht wol nennen können, wann mir [Rand: Verhalten / beym / Abzug] es nicht noch der zeit verbotten were: Ich hoffe aber es solle künfftig mit der interpretation an tag kommen.

Als nun diß Vrthel verlesen worden, waren die Herren zu forderst wol zu frieden. Weil sie sich bey solcher strenge eines milten Sententz nicht hetten versehen dörffen. Deßwegen gaben sie noch mehr, dann man begert, vnd lediget sich jeder mit Ketten, Geschmeid, Gold, Gelt vnd anderm, so viel er bey handen, vnd namen mit Reverentz vrlaub. Wiewol nun [Rand: Verhalten / der Diener / dabey] den Königlichen Dienern verbotten, keines im abzug zu spotten. Kondten doch etliche Spottvögel daß lachen nit halten, vnd zwar war es lächerlich genug, wann sie sich so geschwind ohn hinder sich sehen darvon machten: Etliche begerten man wolte jhnen den versprochenen Catalogum fürderlich zukommm lassen, wolten sie sich mit jhren Büchern dermassen verhalten, daß es K.M. würde gefällig sein. Welches jhnen abermalen zugesagt worden, vnder dem Thor wurde jedem [Rand: Trunck / der Vergessenheit] auß einem Becher ein Oblivionis haustus gegeben, damit er also vnfalls möchte vergessen.

Nach diesem zogen die Freywillige darvon, die ließ man vmb jhrer redligkeit willen Paßiren, doch solten sie nimmer in solcher gestalt herwider kommen. Da jhnen aber, wie auch den andern, etwas mehrers eröffnet werde, solten sie liebe Gäst sein.[42]

Vnder deß war man am außziehen, in welchem dann abermal ein vngleichheit, nach jedes verwircken gehalten worden. Etliche wurden nackend vnbeschedigt fortgeschickt: Etliche trib man mit Glöcklin vnd Schellen hinauß. Etliche wurden hinauß gepeutscht. In summa [Rand: ihre / Strafen] der Straffen waren so mancherley, daß ich sie nit alle erzählen kan. Endlich kam es auch an die letsten, mit denen verzog es sich etwas längers: Dann biß etlich gehenckt, etlich geköpfft; etlich ins Wasser gesprengt, Andere anders abgefertigt wurden, gieng eine gute zeit fürvber. Vber solcher Execution giengen mir warlich [Rand: finden / Mitleid] die Augen vber, nit zwar der Straff halber, welche sie sonsten vmb jhres frevels willen wol verdient, sondern in betrachtung Menschlicher blindheit, daß wir vns jmmerdar in dem bemühen, daß vns vom ersten fall hero versiegelt: Wurde also der Gart so kurtz zuvor aller voll war, bald geleeret. Das außer den Soldaten kein Mensch mehr da war. So bald nun solches beschehen, auch auff Fünff Minuten lang sich ein Stille [Rand: Nachtspiel] erhebt: Kam herfür ein schönes schneeweisses Einhorn, [Rand: ein Einhorn] mit einem guldin Halßband, darinnen etliche Buchstaben, herfür biß zu dem Brunnen, daselbsten neyget es sich auff beyde fordere Füß, als ob es dem Löwen, so auff [Rand: Löwe] dem Brunnen so vnbeweglich stund, daß ich jhne für Steinen oder Ehrnen gehalten, hiemit ehr beweiset: der nam also bald das blose Schwerdt, so er in den [Rand: Schwerd] Klawen geführt, vnnd brach es mitten entzwey, dessen stücke meines bedunckens in den Brunnen versuncken. Brüllet darauff so lang, biß eine weisse Tauben in jhrem [Rand: eine Taube] Schnäbelein ein Aestlein von einem Oelbaum bracht, welche der Löw als bald verschlucket, vnd darauff zu frieden worden. So gieng auch das Einhorn mit frewden wider an sein Ort. Hierauff führet vnser Jungfraw [Rand: die Zuschauer / werden / weggeführt] vns wider den Schnecken vber das Gerüst herab, vnd also war vnser Reverentz abermal gegen dem Vmbhang gethan. Musten wir vnsere Händ vnd Häupter auß[43] dem Brunnen waschen, vnd in vnser Ordnung da ein kleine zeit warten, biß der König durch einen verborgenen Gang sich wider in seinen Saal verfüget, vnd wir auch wider mit sonderlicher Music, Pomb, Pracht, auch löblichem Gespräch auß dem Garten in voriges vnser Losament geführet worden. Vnd diß geschah vmb vier Vhren nach Mittag. Damit vns nun die weil der Zeit nicht zu lang wurde, gab die Jungfraw vnser jeder eim Edlen Knaben zu, die waren nicht allein köstlich [Rand: die / Jungfraw /geht auch] bekleydet, sondern auch trefflich gelehrt. Kundten deßwegen von allen sachen so artlich discurriren, daß wir vns billich zu schämen hatten. Diesen wurde befohlen, vns im Schloß hervmb (jedoch an gewisse ort) zuführen: vnd da müglich vnsern begeren nach die weil zuverkürtzen. Vnder deß nam die Jungfraw vrlaub, mit vertröstung sie wolte bey dem Nachtessen wider erscheinen. Vnd darauff die Ceremonien suspensionis ponderum celebrieren, mit bit, wir wolten also deß morgenden Tags mit gedult erwarten: dann morgen [Rand: jeder / ergötzt sich / nach seiner / Art] musten wir dem König präsentiert werden. Wie sie nun also von vns gescheiden, thäte vnser jeder wz jm am liebsten. Ein theil besahe die schöne Taflen, die sie jnen selbsten verzeichneten, bedachten sich auch wz die wunderliche Characteres bedeuten möchten, etliche musten sich mit speiß und Tranck wider erquicken: ich zwar liesse mich meinen Knaben, samt meinem gesellen [Rand: der Verf. / auch] im schloß hin vnd her führen, welcher spatzier weg auch die tag meines lebens mich nimmer gerewen soll: dann neben manchen herrlichen antiquiteten wurden mir auch der Könige begräbnuß gezeigt, bey welchen ich mehr gelernet, dann in allen Büchern geschrieben steht. Daselbst [Rand: sein / Büchlein / von / Phönix] steht auch der herrliche Phönix von dem ich vor zweyen Jahren ein sonder Büchlein hab außkommen lassen, bin auch willens vom Löwen, Adler, Greiffen, Falcken, vnd andern mehr (da anderst diese meine Narration wird Frucht schaffen) vnd zwar von jedem[44] ein sonder Tractätlein mit derselben Abriß, vnd Inscription ans Liecht kommen zulassen. Es dauren mich auch noch meine andere Consorten, daß sie solchen thewren Schatz versaumpt: vnd muß doch gedencken, Es seye Gottes sonderlicher will hierin gewesen. Vnd hab ich zwar mehrertheil meins Knaben genossen, dann wie jedes Ingenium war, also führt er seinen anbefohlenen an end vnd ort die jhm gefellig. Nun waren meinem [Rand: was er / gesehen] Knaben die Schlüssel hierzu vertrawet, deßwegen mir vor andern diß Glück zugestanden. Wiewol er nun auch andere hierzu beruffen, meineten sie doch, es würden solche Begrebnussen nur auff dem Kirchhoff sein, darzu sie noch wol (wann je da etwas zu sehen) kommen werden. Es sollen aber auch solche monumenta, wie wir beyde sie verzeichnet vnnd abgeschrieben, meinen Danckbaren schulern nit verhalten werden: das ander so vns zweyen gezeigt ist worden, war die herrliche Bibliothec: Wie die auch vor der Reformierung bey [Rand: die / Bibliothec] einander war. Von welcher (wiewol sie mir mein Hertz erquickt, so offt ich jhrer gedencke) desto weniger begehr zu sagen: weil dern Catalogus auffs ehest ans Liecht kommen soll. Zu eingang dieses gemachs, steht ein groß Buch, dergleichen ich niemalen gesehen, in welchem sein alle Figuren, Saal, Portal, auch alle schrifft, Ænigmata, vnd dergleichen gerissen, wz im gantzen Schloß zusehen. Wiewol wir nun auch von diesem etwas versprochen, halt ich doch noch der zeit jnnen, vnd muß die Welt vor besser lernen erkennen. Bey jedem Buch steht sein Autor gemahlet. Deren wie ich verstanden, viel sollen verbrennt werden, damit auch jr gedechtnuß von rechten Leuten außgetilgt werde. Wie wir nun auch solches perlustrirt, vnd kaum herauß kommen waren, lauffet ein anderer Knab daher, vnnd wie er den vnsern etwas in ein Ohr geredt, vbergiebt er jhm die Schlüssel, der sie bald den Schnecken hinauff getragen: Vnser Knab aber war sehr erplichen, vnnd weil wir jhm mit bitten hart[45] zugesetzt, vermeldet er R.M. wöll nicht haben daß jemand die beyde, als bibliothecam vnd die Begrebnussen sehe, woll vns deßwegen, so lieb wir sein Leben haben, bitten, solches niemand zu entdecken, weil er es schon allbereit geleugnet. Deßwegen wir beydes in frewden vnd forcht gestanden, doch blieb solches verschwiegen vnnd fraget niemand mehr darnach, hatten also an beyden orten drey stund zugebracht, welche mich niemalen gerewet. Wiewol es nun albereit sieben geschlagen, gab [Rand: vergißt /darüber / den / Hunger] man vns doch noch nit zuessen, Es war aber vnser Hunger mit stettiger erquickung wol zubüssen, vnd wolt ich bey solcher Tractation mein lebenlang fasten. Vnder deß wurden vns auch die schöne brunenwerck, Bergwerck, auch allerley Kunst Officinen gewiesen, deren keine war, die nit all vnser Kunst, wenn man die all zusammen schmeltzte, vbertreffe. All jhr gemach waren in eim halben Circkel gebawen: Damit sie das Köstliche [Rand: sieht verschiedene / Kunstwercke] Vhrwerck, so in Centro an einen schönen Thurn gemacht war, vor Augen haben, vnd sich nach der Planeten lauff (welches hieran Herrlich zusehen war) richten möchten. Darbey ich abermal leichtlich erachten können, waran es vnsern Künstlern fehle, wiewol meines beruffs nit ist, dieselbige zu informieren. Endlich kam ich in ein Weiten Saal (welcher zwar den andern schon lengst gezeigt worden) darinnen stund in der mitten ein [Rand: einen / Globus] Globus terrenus, dessen Diameter 30. schuh hielt, wiewol fast das halbe theil, biß an etlichs, so mit den stafflen bedeckt war, in die erden vergraben war: diesen Globum konten 2. Man, mit seinen gewerben artlich herumb bringen, daß allweg mehr nicht, dann soviel vber den Horizontem zusehen war. Wiewol ich nun leichtlich mercket, daß er auch einen sonderlichen nutzen muste haben, kondte ich doch nit wissen, warzu die guldin Ringlin, die an etlich orten darauff waren, dieneten. Dessen mein Knab gelacht, vnd ermant, ich wolt sie fleissiger besehen. In summa, ich fand da mein [46] Vatterland auch mit Golde notiert: deßwegen mein gesell das seinig auch gesucht vnnd also befunden. Weil nun solches auch bey anderer, so geblieben, heimat gestanden: Saget vns der Knab für gewiß, Es seye gestern von jhren alten Atlante (so heist der Astronomus) K.M. angezeiget worden, daß alle vergulte puncten derer Vatterland, wie dz von jedem angezeigt worden, ad unguem respondiere. Deßwegen er auch da er gesehen, das ich mich außgeschetzt, vnd doch bey meinen Vatterland ein punct stehe, der Hauptleut einen angericht, für vns zu bitten, daß wir auff Glück vnd Vnglück, ohn vnsern schaden auffgestellt wurden, sonderlich weil eines Vatterland ein sonderlich gut signum habe. So seye auch er der Knab, als welcher vnder allen den grösten gewalt hatte, nit ohne vrsach mir zugegeben worden, dessen ich mich dann bedanckt, vnd [Rand: und auf / demselben / sein / Vatterland] hierüber fleissiger nach meinem Vatterland gesehen, auch befunden, daß neben dem Ringlein noch etliche schöne Striemen weren, welches ich mir doch selbsten nit zu Ruhm oder Lob wil gesagt haben. Ich sahe noch wol mehr auff diesem Globo, welches ich nit beger zu eröffnen, es gedencke jhm doch jeder selbst nach: warumb nicht jede Statt ein Philosophum hab. Hieraff führet [Rand: wird in / denselben / hineingeführt] er vns in den Globum gar hinein. Daß war also gemacht, auff dem Meer da es ohne daß grossen platz, war ein Tafel, darauff drey Dedication vnd Autoris nam stund, diese kundt man Subtil auffheben, vnd durch ein geschmeidig Brettlein, in dz Centrum, welches jhre vier tragen möcht, hinein kommen, dz war mehr nit, dann ein rund Bredt, darauff wir sitzen, vnd wol bey hellen tag (jetzmals war es schon dunckel) die Sternen hetten Contemplieren können: Meines erachtens waren es lauter Carbunckele, die gläntzeten in gebürender Ordnung vnd lauff so schön, dz ich kaum mehr herauß wolt, dessen hernach der Knab bey der Jungfraw gedacht, die mich offtmals mit veriert: dann es[47] war albereit essens zeit, vnd hatte in dem Globo ich mich dermassen ergucket, daß ich fast der letst beim Tisch [Rand: genießt / über der / Tafel / viele Achtung] war. Deßwegen saumbt ich mich lenger nit, vnd wie ich meinen Rock (zuvor hatt ich jhn abgelegt) wieder angethan, vnd zu Tisch getretten, würde mir von den Dienern so viel Reverentz vnd Ehr entbotten, das ich vor scham nit auffsehen dorfft, vnd ließ also die Jungfraw, so meiner auff einer seiten gewartet, vnbewust, stehen: welches sie bald gemercket, mich bey dem Rock erwischt, vnd also zu Tisch geführt: von Music vnd anderer Herrlichkeit weiter zusagen, halt ich für vnnötig, weil nicht allein solche nicht genugsam außzusprechen, auch oben, so viel in meinem vermögen, gerümbt worden: in Summa da war nichts dann Kunst vnd lieblichkeit. Nachdem wir nun vnser thun, so wir nachmittag gehabt, einer dem andern erzehlet, (wiewol [Rand: Hoffmeisterin, / Vögtin] der Bibliothec vnd Monumenten geschwiegen worden) auch wir albereit vom Wein lustig waren: Fengt die Jungfraw an: Liebe Herren, Ich hab ein grossen zanck [Rand: verwickelte / reden] mit einer meiner Schwester: In vnserem gemach haben wir einen Adler: Nun nehren wir denselben mit solchem fleiß, dz jede will die liebste sein, vnd haben deßwegen manchen Zanck. Die Tag beschlossen wir mit einander [Rand: die Jungfraw legt / eine Frage / vor] zu jhm zugehn, vnd gegen welcher er sich am freundtlichsten erzeigen wird, desse solt er eigen sein, diß geschahe, vnd trug ich wie gemeiniglich in meiner Hand ein Lorbeerzweig, meine schwester aber hat keinen: wie er nun vns beyde ersicht, gibt er von stund an meiner schwester einen zweig, den er im schnabel hat, vnd begert hingegen deß meinen, welches ich ihm geben. Nun vermeint jede er habe sie am liebsten, weß hab ich mich zu verhalten: Solches der Jungfrawen züchtiges fürbringen, gefiel vns allen wol, hette auch gern jeder die [Rand: er eine / andere] Solution gehört, weil aber Menniglich auff mich sahe, vnd den anfang von mir zu haben begert, war mein Gemüt dermassen verwirt, das ich jhm anderst nit wuste[48] zu thun, den ein anderst an der stat zu setzen, sprach derhalben: Gnedigs Fräwlein, Ewer G. quästion wer leichtlich auffzulösen, wann mich nit eins bekümmert. Ich hatte zween gesellen, die beyde liebeten mich ohne maß, weil sie nun zweiffelten, welcher mir am liebsten, beschlossen sie vnversehens zu mir zulauffen, wen ich alsdenn auffangen würde, der were der rechte: Daß theten sie nun, doch möchte der eine dem anderen nit gefolgen, blieb deßwegen dahinden, vnd weinet: den andern empfieng ich mit verwundern. Wie sie mir nun nachmalen den handel entdeckt, wuste ich mich nit zu resolvieren, habe es also bishero anstehen lassen, ob ich doch hierein guten rath finden möchte: die Jungfraw wundert sich hierüber vnd mercket wol warumb es mir zu thun were, antwortet deßwegen, wolan, so last vns beyde wett sein: Begehre hierauff von anderen die Solution. Ich hette sie aber schon witzig gemacht: fieng deßwegen dieser auch an. In meiner Statt wurde [Rand: die dritte] newlich ein Jungfraw zum Todt vervrtheilt: weil sie aber den Richter vmb etwas dauret, ließ er ausruffen, da jemand wer, der die Jungfraw begerte zu erfechten, daß stund jhm frey. Nun hatte sie zwen Liebhaber, der ein macht sich bald fertig kam auff den plan seiner wiederpart zu erwarten. Vnder deß präsentiert sich der ander auch, weil er aber zu spat kommen, gedacht er dennoch zu streiten, vnd sich mit willen vberwinden zulassen, damit nun die Jungfraw bey leben bleibe, welches dann auch geschehen. Hierauff wolte sie ein jeder haben. Nun lehrt mich jhr Herren wem gebürt sie: Die Jungfraw kundt sich nimmer enthalten, sprach: Ich meinete viel zu erfahren, so komm ich selbst ins Netz, noch möcht ich hören, ob mehr vorhanden weren: [Rand: vierte] Ja wol antwortet der 3. Gröser abentheur ist noch nie erzehlet worden, dann mir selbst begegnet: In meiner Jugent liebet ich ein ehrliche Jungfraw, damit nun solch mein Lieb zu erwüntschten end möchte kommen,[49] muste ich mich eines alten Mütterleins gebrauchen, die brachte mich auch letzlich zu jhr. Nun begab sichs, daß eben der Jungfrawen Brüder zu vns kamen, da wir 3. allein beysammen waren, die erzürneten so sehr, daß sie mir wolten daß leben nemen, weil ich aber so sehr bat, must ich endlich schweren, jede ein Jahrlang für mein Ehelich Weib zu haben: Nun sagt mir jhr Herren, solte ich die alte oder junge vorgenommen haben: Dieses Retzels lachten wir alle gnug, vnd wiewol jhr etlich darüber zu einander mumleten, wolte doch keiner den außschlag geben. Darauff fieng der 4. [Rand: fünfte] an: In einer Statt wohnet ein Ehrliche Fraw vom Adel, die ward von Menniglich lieb gehaben, sonderlich aber von einem Jungen Edelman, der jhr zuviel zumuten wolt, sie gab jhm endlich den Bescheid: werde er sie im kalten Wintter inn einen schönen grünen Rosengarten führen, so solte er gewert sein, wa nicht, solle er sich nimmer finden lassen. Der Edelman zog hin in alle Land, ein solchen Mann, der diß prästieren kundte, zufinden, biß endlich traff er ein altes Mänlein an, der versprach jhm solches zu thun, wa er jhm das halbtheil seiner Güter werde versprechen: Welches dieser bewilliget, vnd jener verrichtet. Deßwegen er benandte Fraw zu sich in seinen Garten berufft, die es wider verhoffen alles Grün Lustig vnd Warm befunden, darneben sich jhres versprechens erinnert, vnd mehr nit dann noch einmal zu jhrem Herren zukommen begehret, dem sie jhr Leid mit seufftzen vnd zehren geklaget. Weil aber der jhr Trew gnugsam gespüret, fertigt er sie wider ab jhrem Liebhaber, der sie so Thewr erworben, ein genügen zuthun: den Edelman bewegt dieses Ehemans redligkeit so sehr, daß er jhm Sünden förcht, ein so Ehrlich Weib zu berühren, schicket sie also mit Ehren jhrem Herren wider heim: Wie nun solcher beyder trew deß Mänlein erfahren, wolt er wie arm er sonst war, auch nit der geringst sein, sondern[50] stellet dem Edelman all seine Güter wider zu, vnd zog darvon: Nun weiß ich nit liebe Herren, wer doch vnter diesen Personen die gröste trew möchte bewiesen haben. Hie war vns das Maul recht abgehawen, so wolt auch die Jungfraw nichts anders respondieren, dann nur fahre fort ein anderer Herr. Deßwegen sich der fünfft [Rand: sechste] auch nicht saumt, fieng an: Liebe Herren, ich begers nit lang zu machen. Wer hat grösser Frewd? Der so [Rand: siebende] das, so jhm geliebet anschawet, oder der so jhm nur nach gedenckt? Der so es sihet, sprach die Jungfraw. Nein antwortet ich, hiemit erhub sich ein Streit: deßwegen ruffet der Sechste: Liebe Herren, ich soll ein Weib nemmen, Nun hab ich vor mir ein Jungfraw, ein Verheurate, vnd ein Wittib, helfft mir dieses zweyfels ab, so will ich hernach auch helffen jenes schlichten. Da gehts noch wol, antwortet der Siebende, wa man die Wahl hat: Mit mir hat es ein andere Gestalt: In [Rand: achte] meiner Jugendt liebet ich ein schöne vnd ehrliche Jungfraw von grund meines Hertzen, vnd sie mich widerumb, noch kunten wir auß versagung jrer Freund nit ehelich zusammen kommen, würde deßwegen einem andern wiewol ehrlichen züchtigen Gesellen Vermählet, der hielt sie in Zucht vnd Liebe, biß sie in Kindsbanden kam, da es jhr so saur würde, daß meniglich meinet sie wäre Todt, wurde auch also köstlich, vnd mit grossem Leyd zur Erden bestattet: Nun gedacht ich, hat dir diß Mensch in jhrem Leben nicht mögen zu theil werden, so wiltu sie doch also Todt vmfahen, vnd gnug küssen, nam deßwegen meinen Diener zu mir, der grub sie wider bey Nacht auff, wie ich nun den Sarch eröffnet, vnd sie in meine Arm geschlossen, auch jhr Hertz berühret, befand ich, daß es sich noch ein wenig reget, welches von meiner wärme, je mehr vnd mehr zu genommen, biß ich entlich gemerckt, daß sie eigentlich noch lebet, trug sie deßwegen in stillen zu Hauß, vnd nach dem ich jhren erkalteten Leib, durch ein köstlich[51] Kräuterbad erwärmet, befahl ich sie meiner Mutter, biß sie eines schönen Sohns genaß, dessen ließ ich auch wie der Mutter getrewlich pflegen: nach zweyen Tagen, da sie sich hefftig verwundert, entdecket ich jhr allen fürgeloffenen handel mit bit, sie solte nun fürohin mir eheliche beywohnung thun: dessen sie sich dergestalt beschweret, wann es jhrem Ehemann, der sie wol vnd ehrlich gehalten, werde leid sein, da aber solches auch sein will, seye sie nun mehr einem so wol als dem andern mit Liebe verpflicht: Nun lude ich nach zweyen Monaten (dieweil muste ich anders wahin verreysen) jhren Ehemann zu gast, vnd wie ich jhn vnder anderem befragt, Ob er auch sein verstorbene Haußfraw, da die jhm wider zu Hauß käme, wolte wider annemmen: Er aber solches mit zeheren vnd weinen bejahet. Bracht ich jhm entlich sein Weib sampt dem Sohn: Neben erzehlung aller verloffener Handlung, mit bitt, er wolte solche meine fürgenommene Verehligung mit seinem Consens ratificiren. Nach langem disputieren, mochte er mich von meinem rechten nicht bringen, muste mir also das Weib lassen, noch war der Streit vmb den Sohn: Hie fiel jhm die Jungfraw in die red vnnd sprach, mich wundert, wie jhr habt mögen dem betrübten Mann sein Leyd dopplen. Wie antwortet dieser, war ich es dann nit befügt: Vber das erhub sich ein disputieren vnder vns, doch wolte der mehrertheil, er hätte recht gethan, Nein sprach er, Ich hab jhm beedes sein Weib vnnd Sohn geschencket: Jetzt sagt mir liebe Herren, war mein redlichkeit, oder deß Mannes frewd grösser? Diese wort hetten die Jungfraw dermassen erquickt, daß sie glich vmb dieser beeder willen ließ ein Trunck herumb gehen. Darauff giengen der anderen vbrigen auffgaben, etwas verwirrtes zu, daß ich sie nit alle behalten kundt. Eins felt mir noch ein. Daß sagte einer, er hatte vor wenig Jahren einen Medicum gesehen, der habe auff den[52] Winter jhme Holtz eingekaufft, darbey auch sich den gantzen Winter gewermet, So bald aber der Früling wider herbey kommen, habe er eben diß Holtz wider verkaufft, vnd also vergebens seiner genossen. Hie muß Kunst sein, sprach die Jungfraw, aber die zeit ist nunmehr fürvber, Ja antwortet mein Gesell, wer die Rätzel [Rand: neunte Frage] nit alle weist auffzulösen, der mag es eim jeden bey eim eigenen Botten wissen lassen, Ich meinte nit, daß jhm solte versagt werden: vnter deß ward das gratias angefangen zusprechen, vnd stunden wir alle sampt von der Tafel auff, mehr satt vnd frölich dann voll, möchte auch wünschen, daß alle Gastungen vnd Malzeiten also gehalten wurden. Wie wir vns nun wider ein wenig [Rand: der / Jungfraw] in dem Saal erspatziert, fraget vns die Jungfraw, ob wir begerten, der Hochzeit ein anfang zumachen: Ja sprach einer, Edle vnd Tugentsame Jungfraw. Darauff fertiget sie ein Knaben heimlich ab, fuhr doch vnter deß mit vns im Gespräch fort. In Summa sie war mit vns so heimlich, dz ichs wagt, vnd jhres Namens begert. Die Jungfraw lächlet meines Fürwitz, ließ sich [Rand: Leutseligkeit] doch nichts bewegen, sonder antwortet: mein Nam helt fünff vnd fünfftzig, vnnd hat doch nur acht Buchstaben, [Rand: Räthsel, / wegen / ihres / Nahmens] der dritte ist deß fünfften dritter theil, kompt er dann zu dem sechstem, So wirt ein zahl, dessen Radix schon vmb den ersten Buchstaben grösser wirt, dann der dritte selbst ist, vnd ist deß vierdten halbtheil. Nun seind der fünfft vnd siebent gleich, so ist der letst dem ersten auch gleich, vnd machen mit dem anderen soviel als der sechste hat, der doch nuhr vmb vier mehr als der dritte dreymal hat: Nun sagt jhr mein Herr, wie heiß Ich? Die Antwort war mir krauß gnug, noch ließ ich nit nach: Sprach, Edle vnd Tugentsame Jungfraw, mocht ich nit einen einigen [Rand: 60. /nehmlich / so viel als / Jungfrawen / sind] Buchstaben erlangen? Ja wol sprach sie, dz ist wol zuthun, was mag dann, antwortet ich wider, der Siebend haben? Er hat, sprach sie, so viel als der Herren hie seind: Hiemit war ich Content, vnnd fand[53] jhren Namen leichtlich: dessen sie wol zufrieden war, mit vermelden, es solte vns noch wol mehrers vnverborgen sein. Vnder dessen hatten sich etliche Jungfrawen fertig gemacht: Die kamen daher mit grossem [Rand: zween / Jünglinge] gepräng: Erstlich leichteten jhnen zwen Jüngling vor. Der ein war eins lustigen Gesichts, hellen Augen, vnnd feiner proportion. Der ander war etwas Zornigs anzusehen, was er haben wolt, das muste sein, wie ich nachmalen innen worden. Vff sie folgeten erstlich vier [Rand: vier Jungfrawen] Jungfrawen. Die eine sahe züchtig zu der Erden, an geberden gar Demütig. Die ander war auch ein züchtige schamhafftige Jungfraw, die dritte entsetzet sich vmb etwas, da sie in die Stuben tratte. Wie ich aber vernommen, so kan sie nit wol bleiben, da man zuviel lustig ist. Die vierdte bracht etliche Streußlein mit sich, jhre Liebe vnd Freygebigkeit hierdurch zuerzeigen. Nach diesen vieren kamen zwo, so etwas herrlichers bekleydet. [Rand: noch zwo] Die grüsseten vns schön. Die eine hat ein gantz blawen Rock, mit guldin Sternlin versetzt. Die ander gantz grün mit rohten vnd weissen Strichen geziert, auff den Haupten hatten sie fliegende Tüchlein, welche jhnen auff [Rand: eine / /Herzogin] das zierlichst zustunden. Entlich kam eine allein, die hatte ein Krönlin auff dem Haupt, sahe doch mehr vber sich gehn Himmel denn auff Erden. Wir meineten alle es wäre die Braut, Aber es fehlet noch weit, wiewol sie sonsten an Ehren, Reichthumb vnd stand der Braut weit vberlegen, vnd diese hat nachmal die gantze Hochzeit regieret. Nun in solchem fall folgeten wir vnserer Jungfrawen, fielen gantz nider auff die Knie, wiewol sie sich gar demütig, vnd Gottsförchtig erzeiget; Bot jedem die Hand, vermanet vns auch, wir solten vns nit zu hoch ab diesem verwundern, dann diese wäre ihrer geringsten Gaaben eine: Vnsere Augen aber solten wir zu vnserem Schöpffer erheben, vnd hierinnen sein Allmacht lernen erkennen, auch in angefangenem vnserm Lauff fortfahren, Gott zu Lob, vnnd dem Menschen[54] zu gut, vns solcher Gnaden gebrauchen. In Summa jhre wort waren gar anderst, dann vnserer Jungfrawen, die war noch was Weltlichers: Sie trungen mir durch Marck vnd Bein. Vnd du, sprach sie weiter zu mir, hast mehr dann andere empfangen, sihe das du auch mehr außgebest: Diese Predigt war mir gar frembd. Dann wie wir die Jungfrawen mit der Music ersehen, meineten wir, wir musten schon tantzen, aber die zeit war noch nicht da. Nun stunden die Gewicht, deren [Rand: die / Gewichte / werden / weggenommen] oben meldung gethan worden, noch alle da. Deßwegen hieß die Königin (ich weiß doch nicht wer sie gewesen) jede Jungfraw eins zu sich nemmen. Vnserer Jungfrawen aber gab sie das jhrige, so das letst vnd gröste gewesen, vnd hieß vns hernach folgen: vnser Majestät war da etwas geringers: dann ich mercket wol das vnser Jungfraw vns nur zu gut wäre, vnd wir nicht so gar hoch geschetzt weren, wie wir vns schier zum theil selbst wolten anfangen einbilden: Wir gieng also in vnser Ordnung hernach, da wurden wir in das erst Gemach geführt, da hencket vnser Jungfraw der Königin [Rand: Gemach / der / Königin] Gewicht am ersten auff, vnnd wurde dabey ein schön Geistlich gesang gesungen. In diesem Gemach war nichts köstlichs, dann etlich schöne Betbüchlein, deren [Rand: Geräthe] man dann nimmer gerahten kan. In der mitten stund ein auffgericht Pult, zum betten gar füg ich, darauff knühet die Königin nider: Vmb die musten wir alle herumb knühen, vnd der Jungfrawen, so auß eim Büchlein gelesen, nachbetten: Daß solche Hochzeit mit Gottes Ehr vnnd vnserm nutzen abgehe. Hierauff kamen wir in das ander gemach, da hencket die erste Jungfraw jhr Gewicht auch auff vnd so fortan, biß alle Ceremonien verrichtet worden. Hierauff bot die Königin [Rand: die Jungfraw geht / schlaffen] jedem wider die Hand, vnd schied mit ihren Jungfrawen darvon. Vnser Präsidentin blieb noch ein weil bey vns, weil es aber allbereit vmb zwey Vhren in der Nacht war, wolte sie vns lenger nit auffhalten. Mich gedauchte[55] sie war sehr gern vmb vns, noch nam sie ein gute nacht, vnd befahl vns die Nacht rüwiglich zuschlaffen, schied also freundtlich gleichsam vngern von [Rand: Verrichtung der / Knaben] vns. Vnsere Knaben waren der sachen berichtet, weiseten deßwegen jeden sein Kammer, blieben auch bey vns in einem andern betlin, damit so wir etwas bedurfften, [Rand: des Verf. / Schlaffkammer] wir jhrer vns gebrauchen köndten. Mein Kammer (von andern weiß ich nichts zusagen) war Königlich bereitet, mit schönen Teppichen, vnd Gemälden vmbhencket. Vor allem aber liebet ich meinen Knaben, der war so trefflich beredt, vnd in Künsten erfahren, dz er mich auch noch vmb ein stund bracht, vnd erst vmb halbe viere entschlieff. Vnd diß zwar war die [Rand: vnd / Traum / von einer / Thür] erste Nacht, daß ich mit ruh geschlaffen. Noch ließ mir ein schändlicher Traum nicht zu lieb werden. Dann die gantze Nacht gieng ich mit einer Thüren vmb, die kundt ich nit auffbringen, entlich gereth es mir. Mit solchen Fantaseyen vertrieb ich die zeit biß Ich entlich gegen Tag erwachet.

Quelle:
Johann Valentin Andreae: Chymnische Hochzeit: Christiani Rosenkreutz. Berlin 1913, S. 27-56.
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