Vierter Tag.

[56] Ich lag noch in meinem Bett, vnd besahe algemach [Rand: der Verf. / erwacht / spät] die herrliche Bilder vnd Figuren, so hin vnd wider in meinem Gemach waren, vnter deß erhört ich schnell ein Music von Zincken, als ob man schon allbereit in der Procession wer: mein Knab wischet aus dem Bet als ob er von Sinnen were, sahe auch einem Todten viel gleicher, dann eim Lebendigen, wie nun mir gewesen sey, ist gut zugedencken, dann er saget, die andern wurden allbereit dem König präsentiert, Ich wuste mehr nit zuthun, dann die hellen zehren zuweinen, vnd mein Faulkeit selbsten zu verfluchen. Noch that ich mich an, Aber mein Knab war lengst fertig, vnd lieff zum Gemach hinauß, zu sehen wie doch die Sachen stunden. Er kam aber doch bald wider, vnd bracht die fröliche Pottschafft, daß gleichwol nichts versaumt were, allein hätte ich dz Frühstück verschlaffen, man hätte mich doch [Rand: vnd hat / das Frühstück verschlaffen] vmb meines Alters willen nit begert zu wecken. Jetzt aber sey es zeit, daß ich mit jhm zum Brunnen gehe, da seyen sie mehrertheils versamlet: Von diesem Trost kam mein Geist wider, ward deßwegen bald wit meiner Kutten fertig, vnd zog dem Knaben nach, in obgemelten Garten, zu dem Brunnen. Nach dem wir nun einander salviert, auch die Jungfraw meines langschlaffens gespottet, führt mich bey der Hand zu den Brunnen, da fand ich das der Löw, an statt seines[57] [Rand: sieht einen / Löwen mit / einer / Taffel] Schwertes, ein ziemliche grosse Taffel bey sich hatte. Wie ich nun die eben besichtiget, befand ich, dz sie auß den alten Monumenten genommen, vnd hieher zu sonderlicher Ehr gesetzt worden: Die Schrifft war etwas auß älte abgelescht, will sie derowegen, wie sie ist, hieher setzen, vnd einem jeden nach zudencken geben.


HERMES PRINCEPS.

POST TOT ILLATA

GENERI HUMANO DAMNA,

DEI CONSILIO:

ARTISQVE ADMINICVLO,

MEDICINA SALVBRIS FACTVS

HEIC FLVO.

Bibat ex me qui potest: lauet, qui vult:

turbet qui audet:

BIBITE FRATRES, ET VIVITE.


Vierter Tag

[Rand: Schrift / war leicht / zu lesen] Diese Schrifft war nun gut zu lesen, vnd zu verstehen, mag auch wol darumb hieher gesetzt worden sein, weil sie leichter, dann sonst keine. Nach dem wir vns nun erstlich auß dem Brunnen gewaschen, [Rand: er trinkt] Auch jeder ein Trunk auß einer gantz güldin Schalen gethan: Musten wir der Jungfrawen noch einmahl in [Rand: muß sich /anders / anziehen] den Saal folgen, vnnd daselbsten newe Kleyder anziehen: Diß waren gantz guldene Stuck, mit Blumen[58] herrlich gezieret. So wurde auch jedem ein ander Guldin Flüß gegeben, welche mit Edelgestein vbersetzt waren, vnnd mancherley wirckung, nach jedes wirckhener Krafft mit sich bracht. Daran hieng ein schweres stuck Gold, darauff waren Sonn vnd Mond gegen einander gebildet, auff der andern Seiten aber stund dieser Spruch: deß Monds Schein wird sein wie der Sonnen Schein, vnd der Sonnen Schein wird siebenmal heller sein, dann [Rand: gibt sein / voriges / Geschmeide / ab] jetzt. Vnser vorige Geschmeid aber wurden in ein Trüchlein geleget, vnd der Diener einem befohlen: Nach diesem führet vns die Jungfraw in vnser Ordnung hinauß, da warteten allbereit vor der Thür die Musicanten, alle in rohtem Samet mit weissen Borten bekleidet: Hierauff [Rand: findet / Music] wurde ein Tühr (so ich zuvor nie offen gesehen) zum Königlichen Schnecken eröffnet. Da hinauff führet vns die Jungfraw, sampt der Music, 365. Staffeln hinauff. [Rand: wird ins / Königl. / Zimmer /geführt] Da sahen wir nichts dann lauter köstliche vnd künstliche Arbeyt. Jemehr wir auch giengen, je herrlicher die Zier wurde, biß wir endtlich zu oberst in ein gemahlet Gewelb kommen: Da warteten vnser auff die 60. Jungfrawen, [Rand: findet in / einem / Gewölbe / 60 Jungfrawen] alle köstlich bekleydet, so bald die nun sich gegen vns geneyget, wie auch wir vnser Reverentz so gut wir kundten erzeiget, fertiget man vnsere Musicanten ab, die musten wider den Schnecken hinunder: Vnd wurd die Thür beschlossen. Hierauff wurde ein klein Glöcklin geleutet: Da kam ein schöne Jungfraw herfür, die brachte jedem einen Lorberkrantz: Vnsern Jungfrawen aber wurde ein Zweig gegeben. Vnder deß ward ein vmbhang auffgezogen. Da ersahe ich den König vnd Königin: Wie [Rand: Sieht den / König vnd / die Königin in / ihrem / Glantz] die in ihrer Majestät da sassen. Vnnd da mich die gesterige Königine nicht hette so trewlich ermahnet, hette ich mein selbsten vergessen, vnd solch vnsäglich herrligkeit dem Himmel verglichen, dann neben dem daß der Saal von lauter Gold vnd Edelgestein gläntzet, waren doch der Königin Kleydung dermaßen beschaffen, das ich sie nicht ansehen mocht. Vnd da ich zuvor etwas[59] für schön gehalten, war doch da alles eins vber das ander, wie die Stern am Himmel erhaben. Hiezwischen [Rand: die Jungfraw mit / der Fackel / stellt die / Gäste vor] tratt die Jungfraw hinein, so namen auch jede Jungfraw vnser einen bey der Hand, vnd präsentierten also mit hoher Reverentz dem König: Darauff hub die Jungfraw also an zu reden: Das Ewer Königliche Majestät zu Ehren: Allergnädigster König vnnd Königin, gegenwertige Herren sich mit Leibs vnd Lebens gefahr hieher begeben, das haben S.M. billich zu erfrewen, weil auch mehrentheil qualificiert E.M. Königreich vnnd Landen zu amplificieren: Wie die dann selbsten von jedem allg. werden explorieren können, wölte also hiemit E.M. Ich sie in Vnderthänigkeit präsentiert haben, mit vnderthänigster bitt, solcher meiner Commission mich zu erlassen, vnnd von jedem meins thun vnnd lassens gnugsame Kundschafft allergnädigst einnemmen. Hiemit leget [Rand: Gäste können nichts /reden, / Atlaß / antwortet] sie ihren Zweig auff die Erden. Nun wolte es sich gleichwol gebühren, daß vnser einer auch etwas hette hierauff geredt: Weil vns aber allen war das Zäpfflein herab gefallen: Tratt endtlich der alte Atlas herfür, vnd sprach vons Königs wegen: König. May. thun sich ewerer Ankunfft allergnädigst erfrewen, wölle auch Ihr Königliche Gnad allen vnnd jeden zugesagt haben. Mit deiner verrichtung L. Jungfraw sein sie auch Allgst. zufrieden, solle dir auch deßwegen ein Kön. verehrung vorbehalten seyn. Wer doch jhr meinung, du soltest dich noch heut jhrer annemmen: Dann sie wusten dir nichts arges zu zutrawen. Hierauff hub die Jungfraw den Zweig wider demütig auff. Vnd musten wir also hiemit auff das erstemal mit vnsern Jungfrawen abtretten. [Rand: Beschreibung eines / Sals] Dieser Saal war vornen vierecket, fünffmal breyter dann er lang war, gegen dem außgang aber, hatte er ein grossen Bogen wie ein Thor, darinnen [Rand: Stüle] stunden im Zirckel drey herrliche Königliche Stüle: doch war der Mittel etwas höhers, dann die andern. Nun sassen in jedem Stul zwo Personen. Im ersten saß ein[60] Alter König, mit einem grawen Bart, doch war sein [Rand: 1. ein alter / König mit / e. jungen / Gemahlin] Gemahel vberauß schön vnd Jung. Im dritten Stul saß ein schwartzer König, mittelmäßiges alters: Neben diesem war ein fein alt Mütterlein, nicht Gekrönet, [Rand: 3. ein / schwarzer / König u. / ein alt / Mütterlein / 2 junge / Leute] sondern mit einem Schleyer verhület. Im mitlen aber sassen die zwey Junge Menschen. Die hatten gleichwol Lorberkräntz auff ihren Haupten, ob jhnen aber hieng ein grosse köstliche Kron. Nun waren sie gleichwol damalen nicht so schön, als ich mir sie fürbildet. Aber das muste so seyn. Hinder jhnen saßen auff einem [Rand: Bänke u. / wer darauff saß] runden Banck mehrertheil alte Männer: Deren doch keiner, das mich wunder nam, kein Schwert, noch ander Wehr bey sich hatte, so sahe ich auch kein andere Leibsquardi: Dann etliche Jungfrawen, so gestern bey vns gewesen, die sassen auff der seiten, an dem Bogen. Hie kan ich nit verschweigen: Der kleine Cupido flog [Rand: Cupido] da auch vmb, haspelt vnd gaucklete doch mehrertheil auff der grossen Kronen vmb. Zu weilen setzet er sich zwischen beyde Liebhabende hinein, etwas jhnen lächlend [Rand: scherzt mit / Vögeln / und Jungfrawen] mit seinem Bogen. Ja er stellet sich auch zu weilen, als wolte er vnser einen schiessen. In Summa das Knäblin war so mutwillig, daß es auch der kleinen Vögelin, so hauffenweiß im Saal vmbflogen, nicht verschonet, sonder sie vexieret, wa er kundte, die Jungfrawen hatten auch jhr kurtzweil mit jhm: vnd wann sie jhn kundten erwischen, mochte er so balt nicht von jhnen kommen, machte also dieser kleine Knab alle Frewd vnnd Wollust. Vor den Königen stund ein kleines aber vber die massen zierliches Altärlin: Darauff lag ein [Rand: ein Altar / darauff: / 1. Buch, / 2. liechtlin, / 3. Sphära, / 4. Vhr, / 5. brönlin, / 6. Todtenkopff.] schwartz Sametin Buch, mit Gold nur ein wenig beschlagen. Neben diesem stund ein klein Liechtlin, auff einem helffenbeinen Leuchter. Wiewol nun das gar klein war, brandte es doch jmmer vnnd jmmer, auch also steht: Das wann Cupido nit zu weilen auß kurtzweil darein geblasen hatte, möchten wir es nicht für ein Fewr gehalten haben. Neben diesem stund ein[61] Sphära oder Himmelskugel, die gieng für sich selbsten artlich herumb. Nach dieser ein kleines schlag Vhrlin, darauff ein klein Christallin Rohrbrünlin, darauß ein Blutroht hell Wasser stetigs lieff, vnnd entlich ein Todtenkopff. [Rand: eine / Schlange] In dem war ein weiße Schlang, die war so lang, daß ob sie wol ringsweiß vmb die andere stuck herumb kroch, blieb ihr doch allweg der Schwantz in einem Aug, biß der Kopff wider zum andern hinein kam, wich also nimmer auß jhrem Todtenkopff: begab sich dann das sie Cupido ein wenig pfetzet, so wischet sie so geschwind hinein, daß wir vns alle verwundern [Rand: Bilder] musten. Neben diesem Altärlin waren hin vnd wider in dem Saal wunderliche Bilder, die regeten sich alle als ob sie lebten, vnd hatten so wunderliche Fantasey, das mir vnmüglich war alles zuerzählen. So erhub sich auch wie wir hinauß giengen, ein so wunderliche [Rand: Music / führet die / Gäste wieder ab] Vocal Music, daß ich nit eygendlich wuste, ob es von Jungfrawen, die noch darinnen blieben, oder von den Bilden selbst gehalten wurde. Nun wir waren auff dißmal zufrieden, vnd zogen mit vnseren Jungfrawen darvon, so waren allbereit vnsere Musicanten vorhanden, die führten vns wider den Schnecken hinab, aber die Thür wurde fleissig beschlossen und verrigelt. Wie wir nun wider in den Saal kommen, fangt der Jungfrawen eine an: Schwester mich wundert, daß du dich [Rand: die Jungfrawen / schertzen / über das / Alter des / Verf.] vnder so viel Personen hast wagen dörffen: Mein Schwester, antwortet vnser Presidentin, ich besorget mich vor keinem so vbel, als vor dem: deütet also auff mich. Diß wort gienge mir nahe zu hertzen, dann ich verstund wol, dz sie meins alters spottet. Vnd zwar war ich vnder allen der eltest. Doch tröstet sie mich wider, mit verheissung, da ich mich würde recht mit jhr halten, wölte sie mir dieses [Rand: er speist / mit den / Jungfrawen] Lasts wol abhelffen. Dieweil ward das Essen wider auffgetragen, vnnd jedem sein Jungfraw beygesetzt: die wusten vns mit holdseligem Gespräch die Weil wol zuverkürtzen. Was aber jhr Gespräch vnnd Kurtzweil[62] gewesen, darff ich nicht auß der Schul schwätzen. Der mehrertheil fragen aber waren von Künsten, dabei ich [Rand: Tischreden] leichtlich erachten kundt, daß Jung vnd Alt mit Kunst vmbgienge. Noch lag mir jmmer im Sinn, wie ich doch [Rand: Verf. /wünscht / wieder / jung zu / werden] wider köndte Jung werden: War deßwegen etwas trawrigers: Das mercket die Jungfraw, hub derowegen an: Ich mercke wol was diesem jungen Gesellen fehlet. Was gilts wann ich künfftige Nacht bey jhm schlaffe, [Rand: erhält von /der Jungfraw einen / Trost] er soll morgen lustiger seyn: Hierauff fiengen sie an zu lachen, vnd wiewol mir Roht an allen orten außgieng, must ich doch meins eygenen Vnglücks lachen. Nun war einer da, der wolte mein Schmach wider an der [Rand: den ein / anderer in / Ernst annimmt] Jungfraw rechen: Sprach deßwegen, Ich hoffe es werden nicht allein wir, sondern auch die Jungfrawen selbsten zugegen vnserm Bruder zeugnuß geben, daß sich vnser Jungfraw Präsidentin versprochen, künfftige Nacht [Rand: wie sich / die Jungfrawen / heraus finden] bey ihm zu schlaffen: Deß wer ich wol zufrieden antwort die Jungfraw: wann ich mich nit vor diesen meinen Schwestern zubeförchten hette: denen wer es nit zuthun, wann ich ohn jhren Willen mir den Schönsten vnd besten erwehlete. Mein Schwester, fieng bald ein andere an, wir spüren hiebey, daß dich dein hohes Ampt nicht stoltz gemacht. Da wir nun auß deiner erlaubnuß gegenwertige Herren vns zu Schlaffbulen möchten durchs Loß außtheilen, soltestu mit vnserm guten willen, solche praerogativam haben. Wir liessen diß also ein Schertz seyn, fiengen auch also an wieder einander [Rand: sie wollen / losen] zuzusprechen, vnser Jungfraw aber kundt vns nit vngevexiert lassen, fieng deßwegen wider an: Ihr Herren, wie wann wir das Glück liessen erzeigen, wer doch heunt bey dem andern schlaffen mußte. Wolan, sprach Ich, kans nit anders seyn, so können wir ein solch erbieten nicht abschlagen. Weil nun beschlossen wurde, solches nach dem Essen zu probieren, wolten wir auch lenger nicht zu Tisch sitzen, stunden also auff, vnd spatzieret jeder mit seiner Jungfrawen auff vnnd ab.[63] Nein, sprach die Jungfraw, das soll noch nit sein, aber laßt sehen, wie vns das Glück gesellen wölle. Hierauff wurden wir voneinander vertrennet: Nun erhub sich erst ein disputation, wie diese sachen anzugreiffen, es war aber diß nur ein angelegtes Spiel, dann die Jungfraw thet bald den fürschlag, wir solten vns vndereinander in einem Ring vermischen: so wolte sie an jhr anheben zuzählen, vnnd mußte der Siebend, mit dem nachfolgenden siebenden für gut nemen, es wer jetzt gleich ein Jungfraw oder Mann, wir versahen vns keines Lists, liessens deßwegen geschehen, vnd da wir meinten, wir vermischten vns eben wol, waren die Jungfrawen doch so verschmitzt, daß jede jhren Ort schon vorhin wuste: die Jungfrawn hub an zu zählen, da traff es ein Jungfraw, nach jhr ward das siebend wider ein Jungfraw, zum 3. wider ein Jungf. und diß geschahe so lang, biß alle Jungfrawen mit vnserer verwunderung heraußkommen, vnd vnser keiner getroffen worden, blieben also wir arme tropffen allein stehn, vnd mußten noch vnser darzu spotten lassen, vnd bekennen daß wir ja redlich betrogen weren, In summa, wer vns in vnserer ordnung hette gesehen, möchte sich schier deß Himmels fall ehe versehen haben, dann daß es nimmer an vns kommen solt. Hiemit war vnser schertz auß, vnd musten wir vns der Jungfrawen Schalckheit gefallen lassen. Hiezwischen kam auch zu vns der kleine [Rand: Cupido] mutwillige Cupido, weil aber der von Königlicher Majest. wegen da war, Auch von derenwegen vns ein trunck [Rand: man / trinkt] auß einer guldin Schalen, vberlifert: Auch vnsere Jungfrawen zum König abfordert, darneben erklärt, er kundte dißmals lenger nit bey jhnen seyn, kundten wir vns nit recht mit jhm erlieben. Liessen jhn also mit gebürender vnderthänigster dancksagung fort fliegen. Weil nun auch hierzwischen, meinen Consorten die Frewd in [Rand: man / tanzt] die Füß kam, solches auch die Jungfrawen nicht vngern sahen, hatten sie in kurtzen ein züchtig Täntzlin angestelt:[64] denen ich mehr mit frewden zusahe, dann halff. Dann es kundten sich meine Mercurialisten so artig in den bossen schicken, als ob sie das Handwerck lengsten gelernet. Nach etlichen Täntzen kam vnser Präsidentin [Rand: die Gäste / werden / zur / Comödie / eingeladen] wider daher, vnd vermeldet vns, wie das sich die Künstler vnd Studiosi gegen jhrer König. Majest. erbotten, deren zu ehren, vnd gefallen vor dero abzug ein fröliche Comödiam zu agieren, wolten nun wir derselben auch beywohnen, vnd König. Maj. auff der Sonnen Hauß begleiten, das were dero Lieb, vnd wolte solches in allen gnaden erkennen: Hierauff theten wir vns zuforderst der angebottener ehr allerunderthänigst bedancken, vnd nicht allein hierinnen, sondern noch mehrem vnsere geringe Dienst demütigst offerieren: welches die Jungfraw wider anzeigt, vnd bald bescheid bracht, Kön. May. auff den gang in vnserer Ordnung zuwarten, dahin wir dann bald geführt wurden, stunden auch nicht lang da: Dann die Königliche procession war schon vorhanden, [Rand: der König / wohnt der / Comödie / auch bei] doch ohn alle Music: vorher gieng die vnbekandte Königin, so gestern bey vns gewesen mit einem kleinen vnd köstlichen Krönlin in weiß Atliß bekleydet, die trug mehr nit dann ein klein Crucifix, so von einem Perlin gemachet war, das war heut zwischen den Jungen König vnd der Braut auffgemachet gewesen: nach jhr giengen die Sechs vorgenandte Jungfrawen zu zweyen Glieden, die trugen deß Königs Kleinot, so auff das kleine Altärlin gehörig. Auff diese kamen die drey König, vnder denen der Bräutigam in der mitten war, gieng aber schlecht, nur in schwartz Atliß auff Italienisch bekleydet, hatte ein klein schwartz rund Hütlin auff, mit einem kleinen schwartzen spitzigen Federlin: das zog er freundlich gegen vns ab, hierdurch sein gnad gegen vns zuerweisen, gegen diesem neygeten wir vns (wie auch gegen den ersten) wie wir dann dessen erinnert worden. Nach den Königen, kamen die drey Königin, deren die zwo köstlich bekleydet waren. Allein[65] die mittel gieng auch gantz Schwartz, vnnd trug jhr der Cupido den Schweiff nach: Hierauff wurde vns gewuncken [Rand: Stellung / der / Zuschauer] zu folgen, vnd nach vns den Jungfrawen, biß entlich der alte Atlaß den Reyen beschlossen. In solcher Procession kamen wir entlich durch manchen köstlichen Gang auff der Sonnen Hauß, daselbsten auff einem zugerichten stattlichen Gerüst, neben dem König vnd Königin, der angestelten Comödi zuzusehen: Wir zwar stunden den Königen (gleichwol vnterscheiden) an der rechten, die Jungfrawen aber zur lincken, außgenommen denen, so die Königliche Insignia befohlen. Denen war zu obrist ein sonderer Stand eingegeben: Was aber andere Diener waren, die musten zu vnderst, zwischen den Säulen stehen, vnd also für gut nemen. Weil [Rand: Inhalt / der / Comödie] nun an dieser Comödi viel sonderlichs zu bedencken, wolte ich dieselbige kürtzlich zu vberlauffen, nicht vnderlassen.

[Rand: erster / Act] Erstlich kam herauß ein alter König, mit etlichen Dienern, für dessen Thron wurde ein kleines Kästlin gebracht, mit vermeldung, es were auff dem Wasser gefunden worden: Wie man nun solches eröffnet, war es ein schön Kind: das neben etlichen Kleynoten, auch ein klein Pergamentin versigelt Brieflin, welches Vberschrifft an den König stund: Deßwegen der König solches bald eröffnet, vnd nach dem ers gelesen darüber geweinet, hierauff zeiget er seinen Dienern an, mit was grossem schaden, der Moren König seiner Basen das Land eingenommen, vnnd allen Königlichen Samen biß an deß Kind außgetilget hette. Mit deren Tochter er doch jederzeit, seinen Sohn hette gedacht zuvermählen. Schwur darauff ewige Feindschafft wider den Mohren vnd seine Gehülffen zutragen, vnd solches an jhm zu rechen. Hiemit befahl er das Kind zartlich auffzuziehen, vnd sich wider den Mohren gefaßt zu machen. Solch rüsten nun, vnd des Töchterlins disciplin (Sie war aber[66] nach dem sie ein wenig erwachsen, eim Alten Lehrmeister vndergeben) wehret durch den gantzen ersten Act. mit viel feiner vnd löblicher kurtzweil hinauß.

Hiezwischen ließ man ein Löwen vnd Greiffen miteinander [Rand: Zwischenspiel] kämpffen, vnd blieb dem Löwen der Sieg: Welches auch wol zusehen war.

Im andern Act. Kam auch der Mohr herfür, ein [Rand: Zweiter / Act] schwartzer tückischer Mann. Der hatte nun mit schmertzen vernommen, wie das sein Mord eröffnet, vnnd jhm doch ein Fräwlein durch List were entzuckt worden, berahtschlagt sich deßwegen, wie er einem so mächtigen Feind kondte mit List begegnen, welches jhm auch endtlich durch etliche so auß Hungersnot zu jhm geflohen, gerahten: Vnd das Jungfräwlein wider meniglichs verhoffen in seine Händ kommen, der sie dann gleich erwürgen lassen, wann er nicht von seinen eygnen Dienern wunderbarlich wer betrogen worden. Wurde also dieser Act. mit einem wunderbarlichen Triumph deß Mohren auch beschlossen.

Im 3. Actu wurde vons Königs wegen ein groß [Rand: Dritter / Act] Kriegsheer wider den Mohren versamlet, vnd vnder einen Alten dapfferen Ritter gethan, der fiel dem Moren ins Land, biß er endlich mit gewalt die Jungfraw auß dem Thurn erledigt, sie wider bekleidet. Nach diesem richteten sie geschwindt ein herrlich Gerüst auff, stelleten jhr Fräwlin darauff: Bald kamen 12. Königliche Gesandten, vnder welchen bedachter Ritter die Red that: vnd vermeldet, wie das sein Allergnädigster H. König sie nicht allein schon zum andernmal vom Todt erlöset, auch bißhero Königlich aufferziehen lassen, sie aber sich nit allwegen, wie sich wol gebürt hatte verhalten. Noch habe J.K.M. sie vor andern seinem Jungen Herren vnd Sohn zum Gemahl erwehlet, begerte auch solche Verlobung Allergnädigst ins werck zu rüsten, da sie sich wurden auff folgende Articul gegen S.M. Verloben. Hiemit laß er auß einem Patent etliche herrliche Conditionen,[67] die wol wert weren, hie zuerzählen, wann es nit zu lang würde: kürtzlich, die Jungfraw schwur einen Ayd, solches vnbeweglich zuhalten: sich darneben solcher so hohen gnad auffs zierlichst bedanckend. Deßwegen huben sie an zu singen, Gott, den König, vnd die Jungfraw zu loben, tratten also auff dißmal wider ab.

[Rand: Zwischenspiel] Zur Kurtzweil wurden dieweil die vier Thier Danielis, wie er die im Gesicht gesehen, vnd außführlich geschrieben, auffgeführt, welches alles sein gewisse bedeutung hatte.

[Rand: Vierter / Act] Im 4. Actu ward der Jungfrawen jhr verlohren Königreich wider eingeraumbt, sie Gekrönet, auch ein zeitlang in solchem Schmuck auff dem Platz mit herrlichen Frewden vmbgeführt, darauff erschienen viel vnd mancherley Legaten, nit allein jhr Glück zu wündschen, sondern auch jhr herrligkeit zusehen. Nun bliebe sie nit lang bey jhrer Frombkeit, sondern fieng schon an wider frech vmb sich zusehen, gegen den Legaten vnnd Herren zuwincken, darinnen sie warlich ihr Person wacker agierte.

Solch ihre Mores werden dem Mohren bald kundt, der wolte solche Gelegenheit nicht versaumen, vnd weil jhre Hoffmeister nit gnugsam achtung auff sie hetten, ward sie leichtlich durch grosses versprechen verblendet, daß sie jhrem König nichts guts vertrawet, sondern sich heimlich dem Mohren nach vnd nach gäntzlich befahl. Hierauff eylet der Mohr zu, vnd wie er sie durch jhre bewilligung in seine Händ gebracht, gab er jhr so lang gute Wort, biß all jhr Königreich sich jm vnderwarff: Hierauff ließ Er sie in der dritten Scena dieses Actus herauß führen: Vnd erstlich gantz nackend außziehen, auff einem groben hültzen Gerüst an ein Säul binden, vnnd wol Geißlen: Entlich auch zum Todt vervrtheilen. Diß war so kläglich anzusehen, daß es manchem die Augen vbergetrieben, hiemit wurde sie also nackend in[68] den Kercker geworffen, daselbsten des Todts zuerwarten, vnd das solte mit Gifft beschehen: Welches sie doch nicht ertödtet, sondern gantz außsetzig gemacht: War also dieser Actus mehrertheil kläglich.

Hiezwischen führeten sie Nebucadnezars Bild herauß, [Rand: Zwischenspiel] das war mit allerley Wappen am Kopff, Brust, Bauch, Schenckeln, Füssen, vnd dergleichen geziert, von welchen auch in künfftiger Explication soll geredet werden.

Im fünfften Actu wurde dem Jungen König angezeigt, [Rand: Fünfter / Act] was sich mit dem Mohren vnd seiner zukünfftigen Gespons verloffen. Der thet erstlich Intercession bey seinem Vatter für sie, mit bitt, man wolte sie so nicht hangen lassen. Da solches der Vatter bewilliget, werden Legaten abgefertiget sie in jhrer Kranckheit vnd Gefängnuß zu trösten: Doch auch jhr vnbedachtsame zuverweisen. Sie aber wil sie noch nit annemmen, sondern bewilliget des Moren Concubina zu sein, welches auch geschehen, vnnd dem Jungen König angezeigt worden.

Nach diesem kommen ein Chor Narren, deren jeder [Rand: Zwischenspiel] ein Stäcken mit sich gebracht, darauß machten sie in kleiner eyl ein grosse Weltkugel, die sie auch alsbald verlegen, war ein feine kurtzweilige Fantasey.

Im sechsten Actu beschloß der Junge König dem [Rand: Sechster / Act] Mohren ein Kampff an zubieten, welches auch beschehen. Vnd wird gleichwol der Mohr erlegt, Aber meniglich hält den Jungen König auch für todt. Endlich kam er wider zu recht, löset sein Gespons, vnd schicket sich zur Hochzeit, besucht sie vnder deß seinem Hoffmeister vnnd Hoffprediger.

Deren der erste sie hefftig gepeiniget, endlich kehret sich das Blätlin vmb, vnd wird der Pfaff so vbermütig böß, daß er vber alle wolt seyn, biß solches dem Jungen König angezeigt worden: welcher eylends einen abgefertiget, so dem Pfaffen sein gewalt gebrochen, vnnd die Braut zur Hochzeit etlicher massen geschmuckt.

[69] [Rand: Zwischenspiel] Nach dem Actu führet man ein gemachten vbergrossen Elephanten herauß, der trug ein grossen Thurn mit Musicanten, welches auch meniglich wol gefiel.

[Rand: Siebender / Act] Im letzten Actu erschien der Bräutigam mit solchem Pomp, daß nicht wol zu glauben ist, vnd mich wunder genommen, wie solches anzubringen gewesen: Ihm kam die Spons mit gleicher Solennitet entgegen: Damit rieff [Rand: Glückwunsch an / das Königl. / Brautpaar] alles Volck vivat Sponsus: Vivat Sponsa. Damit sie alle durch solche Comödiam vnserm König vnnd Königin auff das stattlichst gratulieren. Welches jhnen (wie ich wol gesehen) vber die maß trefflich gefallen.

Endlich zogen sie also in solcher Procession einmahl etlich herumb, biß zu letst fiengen sie allzumal also an zusingen.


I.


Die liebe Zeit, bringt vns so grosse Frewd, mit [Rand: Gesang] des Königs Hochzeit, darumb singet alle, daß es erschalle, Glück sey dem ders vns geit.


II.


Die schöne Braut deren wir so lang gewartet, wird jhm nunmehr vertrawt, wir han gewonnen, darnach wir gerongen, Wol dem der für sich schawt.


III.


Die Eltern gut, die sein nuhn erbetten, lang gnug, war sie in hut, mehrt euch mit ehren, daß Tausendt werden, auß ewrem eignen Blut.


[Rand: Schlußrede] Nach diesem ward abgedanckt, vnd nam die Comödi mit frewden, vnd den Königlichen Personen sonderlichen gefallen ein Endt. So war der Abent auch allbereit herbey kommen, tratten deßwegen in vorgedachter Ordnung miteinander ab, doch musten wir die Königlichen[70] Personen, den Schnecken hinauff biß in obgemelten Saal [Rand: Die Gäste / begleiten / den König / zur Tafel] begleiten, daselbsten waren die Taflen schon köstlich zugericht, vnd war diß das erste mal, daß wir an die Königliche Tafel geladen wurden. Das Altärlin stelt man mitten in den Saal, vnd wurden die besagte sechs Königliche Insignia drauff gelegt. Dazumal hielt sich der junge König gegen vns sehr gnädigst, aber er kundt nit recht frölich sein, sondern ob er wol zu weilen mit vns etwas redet, erseufftzet er doch manchmalen, dessen der kleine Cupido nur gespottet, vnd seinen Mutwillen getrieben.

Die alten König vnd Königin wahren sehr ernsthafft allein deß einen Alten Gemahl erzeiget sich Frisch gnug, dessen vrsach ich doch nit wuste, Herzwischen wurde die erste Tafel mit den Königlichen Personen besetzet, An [Rand: Ordnung / der / Sitzenden] der andern sassen wir alleine. An der dritten, setzten sich etliche fürneme Jungfrawen nider. Die andere Männer vnd Jungfrawen musten alle auffwarten. Das gieng nun mit solcher köstlichkeit vnd ernsthafftem stillem wesen zu, daß ich mich schewe viel hiervon zureden. Hie kan ich nicht vnangeregt lassen, wie das alle Königliche [Rand: Anzug der / Königl. / Personen] Personen, vor dem Essen, sich in schneeweisse glantzende Kleyder angezogen, vnd also zu Tisch gesessen. Ob der Tafel hieng vorgemeldte grosse guldine Kron, deren Edle [Rand: Eine Krone / hängt über / der Taffel] Gestein wol hätten ohn alles anders Liecht den Saal erleuchten mögen.

Sonsten wurden alle Liechter von dem kleinen Liechtlein auff dem Altar angezündet, wz die vrsach, weiß ich nit eygentlich. Daß hab ich aber wol war genommen, daß der junge König manchmal der weissen Schlangen auff dem Altärlein zu Essen geschickt, welches mir auch nachdenckens gemacht. Das Geschwetz dieses Panckets, war fast aller deß kleinen Cupidinis, der kondte vns, [Rand: Cupido / war der / lustigste] vnnd zwar mich sonderlich nit vngevexiert lassen. Brachte jmmerdar etwas wunderlichs auff die Ban. Aber da war kein sondere frewd, alles gieng still zu. Darauß[71] ich mir selbsten grosse künfftige Gefahr imaginiren kundte, dann auch kein Music nicht gehört wurde, sondern so [Rand: Kurtze Antworten] etwas von vns gefragt wurde, musten wir kurtze runde Antwort geben, vnd es dabey bleiben lassen. In summa es hatte alles ein so wunderlichs außsehen, daß mir der Schweiß begundte vber den Leib anzufangen zurinnen, vnd glaub ich wol das noch dem behertzesten Mann der Muth hätte können empfallen. Wie nun also fast diß Nachtessen zu end geloffen, heisset ihm der Junge König [Rand: Rede des / jungen / Königs] das Buch von dem Altärlin herreichen, das thet er auff. Vnd ließ vns nochmalen durch ein alten Mann fürhalten, ob wir gedächten, bey jhm in Lieb vnd Leyd zuverharren: Da wir solches mit zittern bewilliget, ließ er vns weiter trawriglich fragen, Ob wir uns zu jhm verschreiben wolten, da kondten wir nit hinumb, Es must auch sein. Hierauff stunde einer nach dem andern auff, vnd schrieb sich mit eignen Händen in diß Buch. Da [Rand: Der Trunk / des Stillschweigens / geht der / Reihe nach /herum] solches auch verricht, bringet man dz Christallin Springbrünlin herbey samt einem sehr kleinen Christallin Gläßlin, deß truncken alle Königliche Personen nacheinander herauß, danach wurde es vns auch gereichet, vnd so fortan zu allen Personen, vnnd wurde diß genennet, der Haustus Silentii. Hierauff boten vns alle Königliche Personen die Hand mit vermeldung, daß da wir an jetzo nit an jhnen halten wurden, wirden wir sie jetzt vnd nimmermehr sehen, welches vns warlich die Augen vbergetrieben, vnser Präsidentin aber versprach sich an vnser stadt gar hoch, welches sie zu friden gewesen. Vnter deß wirt ein Glöcklin geleutet, darüber erplichen alle Königliche Personen so hoch, das wir gar wolten verzagen. Bald legten sie jhre weisse Kleider wider ab, zogen gantz schwartze herfür, so wurde auch der gantze Saal mit schwartzem Samet vmbhencket, der Boden mit schwartzem Samet bedecket, auch oben an der Büni (welches alles zuvor zugericht gewesen) fürgezogen. Nach dem auch die Tisch weggeraumbt gewesen,[72] vnnd sich menniglich auff die Banck herumb gesetzt, wir auch schon schwartze Kutten angezogen, kommet vnser präsidentin, so zuvor hinauß gegangen, wider herein, vnnd trug mit sich sechs Schwartz Taffetin Binden, mit welchen sie den sechs Königlichen Personen die Augen verbunden: Da sie nun nichts mehr gesehen, werden fluchs von den Dienern sechs verdeckter Sarch in den Saal getragen, vnnd nider gesetzt, auch ein niderer schwartzer Sessel in die mitten gestelt. Entlich trat in den Saal hinein ein Kohlschwartzer langer Mann, der trug in der Hand ein scharpff Beyel. Nach dem nun erstlich der alte König auff den Sessel geführet worden, wurde ihm das Haupt flux abgeschlagen, vnnd in ein schwartz Tuch eingewickelt, [Rand: Die Könige / werden / enthauptet] das Blut aber in ein guldin groß Pocal auffgefangen, vnnd zu jhm in den beygestelten Sarch geleget, vnd also beseits zugedeckt gestellet. Vnd so giengs mit den andern auch, das ich entlich gedacht es wirt an mich auch kommen: Aber es geschach nit, dann so bald die sechs Personen enthauptet wurden, gieng der schwartze Mann wieder hinauß, dem folget ein anderer nach, so jhn gleich vor der Thür auch Enthauptet, vnnd sein Haupt sampt den Beyel mit sich gebracht, welches [Rand: Ihr / Hencker /auch] in ein klein Trüchlein geleget worden. Diß gedauchte mich warlich ein Blutige Hochzeit, doch weil ich nit wissen kundt, was noch geschehen möchte, muste ich dazumal mein Witz gefangen nemmen, biß auff weiter bescheid, dann auch vnser Jungfraw hieß vns zu frieden sein, weil vnser etlich Kleinmütig wolten sein, vnd [Rand: Die Gäste / weinen.] weineten. Dann sprach sie zu vns: Dieser Leben stehet nunmehr in ewerer Händ, vnd da jhr mir folgeten, soll solcher Todt noch viel lebendig machen. Hiemit zeiget [Rand: Trost] sie vns an, wir solten nun schlaffen gehen, vnd vnsert halben weiters nicht bekümmern, dann jhnen solte jhr recht wol geschehen. Gab vns also mit einander ein gute Nacht, mit vermeldung, sie muste heunt der todten [Rand: Todtenwache] Leichnam wachen, diß liessen wir geschehen, vnnd wurden[73] von vnsern Knaben ein jeglicher in sein Losament geführt. [Rand: Die Gäste / gehen / schlafen] Mein Knab redet mit mir viel vnnd mancherley, deren ich noch wol gedencke, hatte mich auch an seinem Verstandt gnug zuverwundern. Sein intent aber war mich zum Schlaff zu bewegen, welches ich zu letst wol merckt, deßwegen ich mich auch stellet als ob ich starck schlieffe, aber kein Schlaff war in meinen Augen, vnnd kondte der Enthaupteten nit vergessen. Nun [Rand: Des Verf. / Schlafzimmer] war mein Losament gegen dem grossen See gerichtet, daß ich also wol drauff sehen kundte. So waren die Fenster nahe bey dem Bett. Vmb Mitternacht so bald [Rand: hat des / Nachts ein / Gesicht] es zwölff Vhren schlug, da ersahe Ich schnell auf dem See ein grosses Fewr, deßwegen ich auß forcht, schnell das Fenster auffmachte, zu sehen was darauß werden wolte. So sihe ich nun von fernen sieben Schiff daher kommen, so alle mit Liechtern voll besteckt waren. Vber jedem schwebet zu obrist ein Flamme, die fuhr hin vnnd wider, ließ sich auch zuweilen gar hernider, das ich leichtlich erachten kundt, es musten der Enthaupten Geister sein. Diese Schiff kamen nun gemechlich ans Landt, vnnd hatte jedes mehr nit als einen Schiffman. So bald die nun ans Landt gestossen, ersahe ich bald vnser Jungfraw mit einer Fackel den Schiffen entgegen gehen, deren trug man die sechs verdeckte Sarch [Rand: Die Leichname / werden /eingeschifft] sampt dem Kästlein nach, vnd wurde jedes in ein Schiff verborgen geleget. Wecket deßwegen meinen Knaben auch, der dancket mir höchlich, dann weil er den Tag vber viel geloffen, hätte er diß schier verschlaffen, so ers doch wol gewust: So bald nun die Sarch in die Schiff geleget wurden, wurden alle Liechter außgelescht. Vnd fuhren die Sechs Flammen mit einander vber den See hinein, daß also mehr nit als in jedem Schiff ein Liechtlein zur Wacht war. So hatten sich auch etlich hundert Hüeter an das Gestad gelägert, vnd die Jungfraw wider in daß Schloß geschicket, die alles wider fleissig verrieglet, das ich also wol kundte erachten, es[74] wurde weiters heunt nichts geschehen, sondern muste deß Tags erwarten, gaben vns also wider zu ruh: Vnd war ich der einig vnter allen meinen Gesellen, so mein [Rand: Der Verf. / sieht diß / allein] Gemach gegen dem See gehabt, vnd solches gesehen. So war ich auch jetzt aller dings matt vnnd entschlieff also in meinem vielfältigen speculieren.

Quelle:
Johann Valentin Andreae: Chymnische Hochzeit: Christiani Rosenkreutz. Berlin 1913, S. 56-75.
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