Der Kampf auf dem Alting.

[199] Asgrim's Sendling kam zu Thorhald und verkündigte ihm, wie die Sache stehe, und Thorhald wurde so erschüttert dadurch, daß er kein Wort hervorzubringen vermochte. Er sprang auf von seinem Sitz, ergriff seinen Speer mit beiden Händen und stieß ihn in die Beule an seinem Fuße. Als er ihn wieder hervorzog, hing das Fleisch daran, aber der ganze Eiterpfropf folgte mit und es floß Blut und Eiter aus der Wunde so stark, daß es wie ein Bach längs dem Fußboden floß. Thorhald eilte aus der Hütte, er lahmte nicht mehr, und er lief so schnell dahin, daß der Bote ihm nicht zu folgen vermochte. Er eilte geraden Weges auf das Fünftegericht zu. Dort traf er einen Verwandten von Flose, namens Grim der Rothe, und da er nun sah, daß es keinen anderen Weg gebe, seinen Pflegevater zu rächen als blutigen Kampf, so durchstieß er Grim mit dem Speer, so daß derselbe zwischen den Schultern wieder zum Vorschein kam. »Jetzt ist Dein Sohn Thorhald gekommen,« rief Kaare Asgrim zu, »und hat sogleich Blut vergossen; ein Schimpf wäre es, wenn er allein den Muth haben sollte, die Brandstiftung zu rächen.« »So soll es auch nicht sein,« antwortete Asgrim, »jetzt wollen wir sie angreifen.« Da erhob sich ein gewaltiger Lärm unter der ganzen Schaar, und sie riefen den Schlachtruf; Flose und die Seinigen wandten sich gegen ihre Gegner, und man forderte sich von beiden Seiten zum Kampfe heraus. Halbjörn der Starke hieb nach Kaare's Fuß, dieser aber bemerkte es und sprang in die Höhe, so daß er dem Hieb entging; vorher schlug er noch einem anderen Mann eine tödliche Wunde, dann hieb er nach Halbjörn, spaltete[199] seinen Schild und trennte ihm die große Zehe vom Fuße; in demselben Augenblick sah er einen Speer gegen sich heransausen, er aber fing ihn auf im Fluge und schleuderte ihn zurück, so daß ein Mann seinen Tod fand. Da kam Thorgejr Skoragejr hinzu; er stieß mit der Hand gegen Halbjörn, daß dieser umsank und nur mit genauer Noth sich erheben und fliehen konnte, dann stieß er einem Manne die Spitze von Rimegyge in die Brust, und derselbe stürzte tödlich getroffen zu Boden. Gleich darauf trafen Kaare und Bjarne Brodhelgesohn zusammen; es entspann sich ein heftiger Kampf zwischen ihnen, er endete aber damit, daß Bjarne flüchtete. Inzwischen drangen die übrigen Rächer Nial's auf die Brandstifter und deren Helfer ein. Skapte Thorodsohn sah seinen Sohn Thorsten Holmud im Gefolge Gudmund des Mächtigen in den Streit gehen; er wollte sogleich die Streitenden trennen, aber Asgrim erblickte ihn und zum Lohn für seinen Starrsinn warf er seinen Speer nach ihm und traf ihn in das dicke Fleisch des Schenkels. Der Speer durchbohrte ihm beide Beine, er stürzte um und konnte sich nicht wieder erheben, sondern seine Begleiter mußten ihn längs der Erde nach der Hütte eines Pelzhändlers schleifen. Uebrigens stritten die Rächer Nial's in zwei Haufen. Gudmund, Mörd und Thorgejr führten den einen und wandten sich gegen Flose's Helfer aus dem östlichen und nördlichen Viertel. Den anderen Haufen führten Asgrim und sein Sohn Thorhald, Hjalte und Gissur, und kämpften gegen Flose selbst, gegen die Sigfussöhne und die übrigen Mordbrenner. Es entspann sich ein heißer Streit. Derselbe endete jedoch damit, daß Flose und die Seinigen weichen mußten. Sie zogen sich auf die Almannagjaa zurück, allein hier hatte der Gode Snorre seinen Haufen in Kampfordnung aufgestellt. Da flohen sie südwärts an der Au entlang. »Weshalb fliehen denn alle die feigen Männer vom Ostfjord?« rief ein Mann namens Sölve, welcher vor seiner Hütte saß und sich in einem Kessel seine Mahlzeit kochte. »Du hast uns das letzte Mal feig gescholten,« sprach Halbjörn der Starke, ergriff Sölve an den Beinen, schwang ihn in die Höhe und setzte ihn mit dem Kopfe voran in den kochenden Kessel,[200] daß er sogleich starb. In diesem Augenblick erhielt Flose eine schwere Wunde am Fuße, und sank nieder; er sprang aber sogleich wieder auf und floh. Einmal während des Kampfes trafen Kaare und Thorgejr zusammen. »Dort ist Eyjolf Bölverksohn,« rief Thorgejr Kaare zu; »willst Du ihn nicht büßen lassen für den Ring, den er empfing?« »Das will ich!« erwiderte Kaare, riß einem Manne den Speer aus der Hand und entsandte ihn gegen Eyjolf, und der Speer traf ihn mitten in den Leib und durchbohrte ihn, so daß er entseelt hinstürzte. Das that dem Kampfe einigen Einhalt. Snorre Gode kam heran mit seiner Schaar, und mit ihm erschien Skapte, und sie drängten sich zwischen die Kämpfenden, daß diese den Kampf nicht fortsetzen konnten. Hald von Sida schloß sich ihnen ebenfalls an, um den Streit zu enden. Es wurde Friede geschlossen, welcher während des ganzen Tings dauern sollte. Die Leichen wurden gekleidet und zur Kirche geführt und die Verwundeten wurden verbunden. Aber außer den Begebenheiten, die wir hier erzählt haben, trug sich noch manches zu, was hätte erzählt werden können und noch mehr, wovon man keine Kunde mehr hat. Nur eins ist noch zu sagen. Während der Kampf in vollem Gange war, schritten Hald von Sida und sein Sohn Liot über die Öxarau; da kam ein Speer aus der Schaar Gudmund des Mächtigen, der traf Liot mitten durch den Leib, worauf er todt niederfiel. Wer aber dieses Mordes schuldig sei, das kam niemals zu Tage.

Quelle:
Die Njalssaga. Leipzig 1878, S. 199-201.
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