Flose's Vorbereitungen zum Ting.

[184] Wir müssen uns wieder zu Flose und seinen Männern wenden, die wir auf Trehörninghals verlassen haben. Die Sigfussöhne wollten gern ihre Höfe aufsuchen und das Nöthige anordnen, bevor sie Flose nach Svinefjeld folgten. Flose aber rieth davon ab. »Unsre Gegner werden gerade erwarten, daß Ihr nach Euren Höfen zurückkehrt und Eure Frauen besucht,« sprach er, »und darum werden sie Eure Höfe in Frieden und unversehrt lassen. Ich rathe, es möge sich keiner von den übrigen trennen, sondern alle mögen ostwärts mit mir reiten.« Sie blieben nun alle drei Tage lang auf Trehörninghals und von dort aus konnten sie nach allen Seiten hin sehen, wie ihre Feinde im Gau herumritten. Darauf ritten sie alle ostwärts nach Svinefjeld. Nach seiner Heimkehr sandte Flose sogleich Männer aus, um Vorrath zu sammeln, damit kein Mangel eintreten möge, und so saß er denn das Weihnachtsfest über ruhig daheim. Er rühmte sich seiner That niemals, zeigte sich aber auch nie furchtsam. Als die Weihnachtszeit verflossen war, sprach er zu seinen Genossen: »Jetzt, scheint mir, wird es uns nicht mehr vergönnt sein, ruhig da zu sitzen; wir müssen jetzt aufbrechen und umherziehen und um Hülfe bitten. Jetzt aber wird sich als Wahrheit erweisen, was ich zuvorgesagt habe, wir werden manchem Mann zu Füßen fallen müssen, ehe wir diese Sache beendet sehen.« So rüsteten sich denn alle zum Aufbruch. Flose selbst wollte zu Fuß gehen, denn dann würden die übrigen weniger dagegen einwenden, dasselbe zu[184] thun. Zuerst kam er zu seinem Schwiegervater Hald auf Sida und bat ihn, ihm Beistand zu leisten und auf dem Tinge mit allen seinen Mannen zu erscheinen. Hald antwortete: »Dir meine Hülfe zu leisten, bin ich Dir schuldig in jeder Weise. Aber jetzt geht es, wie es im Sprichwort heißt, daß nur kurze Weile die Hand sich des Kampfes freut und derjenige in Deiner Schaar, welcher früher am ärgsten aufreizte zu böser That, läßt jetzt am meisten den Kopf hängen.« Hald gab Flose den Rath, in weitem Umkreise im ganzen Ostviertel sich Helfer zu suchen. »Du wirst ihrer insgesamt bedürfen, ehe das Ting zu Ende ist,« äußerte er. Flose verblieb bei Hald drei Nächte über, um sich auszuruhen. Darnach machte er sich auf den Weg und kam weit herum zu vielen Häuptlingen. An einigen Stellen nahm man ihn besser auf als an anderen, aber doch überall wohl. Wenn er aber sein Anliegen nannte, lauteten die Antworten ganz ungleich. Manche sagten, es sei ihre Pflicht und Schuldigkeit, ihm beizustehen, andre aber ließen sich nicht dazu bewegen, bevor er ihnen Geld gab. Bei Gudmund's des Mächtigen Schwiegersohn Sörle Brodhelgesohn wurde Flose freundlich aufgenommen, aber Sörle meinte, er wisse nicht, was er auf Flose's Bitte antworten solle; »ich weiß nämlich nicht,« äußerte er, »auf wessen Seite mein Schwiegervater steht, und ihm will ich mich anschließen.« »Du stehst unter Weiberherrschaft,« entgegnete Flose und ritt sogleich weiter. Als er zu Sörle's Bruder Bjarne kam, bot er ihm sogleich Geld. »Niemals habe ich meinen Mannesmuth für Geld verkauft,« rief Bjarne und versprach, Flose zu folgen. Endlich müssen wir unter denen, die Flose gewann, noch Thorkel Gejtesohn nennen. Schließlich kam er zu Hald zurück, blieb dort mit seinen Männern einen halben Monat und pflegte der Ruhe. Hald gab ihm den Rath, jetzt ruhig auf seinem Hofe daheim zu verweilen und die Sigfussöhne bei sich zu behalten. »Und wenn Ihr zum Ting reitet,« sagte er, »dann müßt Ihr bei einander bleiben und Eure Schaar nicht trennen. Ich werde dann ebenfalls zum Ting reiten mit meinem Sohne Liot und allen unsren Hintersassen, und wir werden Dir helfen, wo wir es vermögen.« Flose dankte ihm. Beim Abschied[185] gab Hald ihm gute Gaben, und Flose kehrte nach Svinefjeld zurück. Er blieb den Rest des Winters und während des ganzen Sommers bis zur Tingzeit zu Hause.

Quelle:
Die Njalssaga. Leipzig 1878, S. 184-186.
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