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1.
Spiele Cupido du lüsternes kind!
Brauche die waffen /
Wo du zu schaffen /
Wo man dich kennet /
Und Söhnigen nennet /
Itzo beschlaffen wir unsere lust /
Decken mit federn die nackichte brust.
2.
Hätte gleich heute dein bogen verletzt
Unsere hertzen /
Sind doch die schmertzen /
Wieder gedämpfet /
Du selber bekämpfet /
Weil uns vergnüget die finstere nacht /
Die uns vom springen zu ruhe gebracht.
3.
Andre bediene / wir achten es nicht /
Schiesse / verletze /
Wieder ergötze /
Brauche vergnügen /
Wo liebgen nun liegen /
Itzo besieget dein bogen uns nicht /
Weil es uns allen am besten gebricht.
4.
Flammen entzünden nur flammen und glut /
Wilstu bekriegen /
Wilstu besiegen /[150]
Sollen wir brennen /
Gefangen uns nennen /
Müssen es feuer und brände nur thun /
Die uns entzünden und lassen nicht ruhn.
5.
Aber wir wissen: wir fühlen itzt nichts /
Unsre gedancken /
Bleiben in schrancken /
Unsere glieder /
Erquicken sich wieder /
Dieses gefieder ist unsere lust /
Wärmet uns weil uns nichts bessers bewust.
6.
Ruhet ihr täubgen / vertreibt euch die zeit /
Biß euch das hertzet
Was euch ietzt schmertzet /
Biß euch ergötzet
Was itzo verletzet /
Biß ihr in armen was männliches drückt /
Das euch mit fließendem zucker erquickt.
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Im Jahre 1758 kämpft die Nonne Marguerite Delamarre in einem aufsehenerregenden Prozeß um die Aufhebung ihres Gelübdes. Diderot und sein Freund Friedrich Melchior Grimm sind von dem Vorgang fasziniert und fingieren einen Brief der vermeintlich geflohenen Nonne an ihren gemeinsamen Freund, den Marquis de Croismare, in dem sie ihn um Hilfe bittet. Aus dem makaberen Scherz entsteht 1760 Diderots Roman "La religieuse", den er zu Lebzeiten allerdings nicht veröffentlicht. Erst nach einer 1792 anonym erschienenen Übersetzung ins Deutsche erscheint 1796 der Text im französischen Original, zwölf Jahre nach Diderots Tod. Die zeitgenössische Rezeption war erwartungsgemäß turbulent. Noch in Meyers Konversations-Lexikon von 1906 wird der "Naturalismus" des Romans als "empörend" empfunden. Die Aufführung der weitgehend werkgetreuen Verfilmung von 1966 wurde zunächst verboten.
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