An meine Gegner.

[117] Berauscht euch nur an Schwärmereien,

verläugnet Menschheit und Natur,

Mein Freund ist Aristipp, mein Liebling Epicur,

ich will mich ihrer Weisheit weih'n,

ich bete nur Cytherens Altar an,

und ehre sie durch Opfer und durch Thaten,

ich lass' euch gern, warum ich Xenokraten

und Bettler nicht beneiden kann,

die Trägheit stumpfer Alltagssinne,

mein ist der Wein, mein ist die Minne,

schlürft Wasser ihr, so viel ihr könnt,

ihr seid in eurem Element,

ich will in meinem bleiben,

und wann ihr kalt und wäßrig schreibt,

will ich berauscht mit Feuer schreiben,

bis Charon uns an gleiche Ufer treibt.[117]

Ich schmäh' euch nicht, und will euch glauben,

daß euch kein Saft gepreßter Trauben,

daß euch kein Mädchenkuß entzückt,

und daß ihr lieber noch in Folianten wühlet,

als mit verliebten Nymphen spielet,

und lieber in ein Buch voll Logarithmen blickt,

als nach der Grazien Busen schielet,

doch seid auch wiederum gerecht,

und tadelt nicht, wenn ich weit lieber küsse,

als griechisch les' und lieber Wein genieße,

als Wasser, das die Nerven schwächt,

wir werden dann uns immer gut vertragen,

ich lass' euch die Philosophei,

den kalten Blick, den leeren Magen

und der Spartaner schwarzen Brei,

die Eicheln und die Wasserquelle,

und ihr räumt mir an deren Stelle

die hübschen Mädchen und den Wein

und all' des Lebens Freuden ein.


Ung[enannt].[118]

Quelle:
Nuditäten oder Fantasien auf der Venus-Geige. Padua [o. J.], S. 117-119.
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