Moses der Jüd'.

Ein Schwank.

[123] »Sohn, sprach der alte Abrah'm Sohr,

Sohn Mauses, hier nimm diesen Louisd'or,

geh' in die Welt, laß Weiber dich belehren,

wie hie die Menschen sich vermehren,

und dann befruchte meinen Stamm.


Gut, sprach der Sohn: gut, Vater Abraham,

das Ding wird traun! mir nicht entgehen,

beim Tephillin, 's ist doch nicht gar zu schwer?

Ich geh' – lebt wohl – auf glücklich Wiedersehen.


Er ging – und kam von ohngefähr

nicht weit von Haus an eine Brücke,

da kam gehinkt an einer Krücke

des alten Abrah'ms Mutter her.[123]


Du hier, rief sie, was soll denn das bedeuten?

»O, rief der Knabe froh, zu recht gelegnen Zeiten

treff' ich euch hier, seht diesen Louisd'or,

er ist noch neu und blank, ich will ihn euch verehren,

nur sagt mir auch, wie sich die Menschen mehren,

und macht mir's hübsch durch Thaten vor:«


Gebt her, dies kann ich euch gewähren!

Sie nahm ihn d'rauf bei sich in's Kämmerlein,

und wies ihn an, der Liebe sich zu freu'n,

und er begriff der alten Jüdin Lehren.

Er schied von ihr, und kam mit frohem Blick

zum Vater Abraham zurück.


»Wie ist es, Sohn?« – O welche Frage,

es ist ja nicht des Lehrgelds werth,

mich hat es gleich im ersten Tage

schon eure Mutter – »Wie, gelehrt?« –

Ja, Vater, ja. – »O du verfluchter Sohn,

ich krieg' die schweire Rauth davon!« –[124]


Nu nu, gemach, was hilft das Fluchen,

erwiedert der erschrock'ne Sohn,

hobt ihr's mit meiner Memm' gethon,

kün' ich's mit eurer ach versuchen.


Ung[enannt].[125]

Quelle:
Nuditäten oder Fantasien auf der Venus-Geige. Padua [o. J.], S. 123-126.
Lizenz:
Kategorien: