C.

[104] 1. Es wolt ein megdlein wasser holen,

bey einem külen brunnen,

Ein schneeweis hembdlein hat sie an,

dardurch schein jr die sonne.


2. Sie sicht sich hin sie sicht sich umb,

sie meint sie were alleine,

Es kompt ein ritter und sein knecht,

er grüsset die jungfraw reine.


3. Gott grüsse euch zart jungfrewlein,

was stehet jr hie alleine

Wolt jr das jar mein schlaffbul sein,

so ziehet mit mir heime.


4. Und ewer schlaffbul bin ich nicht,

ich bin ein megdlein reine,

Ihr bringt mir den drey röselein rot,

die dis jar sind gebrochen.


5. Er reit den berg und tieffen thal,

er kundt jr keine finden,

Er reit wol für einer malerin thür,

fraw malerin seid jr darinnen.


6. Seid jr darinnen so trett herfür,

und malet drey Rosen,

Malet mir sie hübsch und fein,

wie sie dis jar gewachsen sein.


7. Und da die rosen gemalet waren,

da hub er an zu singen,

Frewe du dich feins megdlein wo du bist,

drey rosen thu ich dir bringen.


8. Das megdlein an dem laden stund,

gar bitterlich thet sie weinen,

Ach herr ich habs in einem schimpff geredt,

ich meint jr find jr keine.[105]


9. Hastus in einem schimpff geredt,

gar schimpfflich wöllen wirs wagen,

So bist du mein, und ich bin dein,

und schlaffen wir beide zusammen.


10. Der uns zwey scheidt das ist der todt,

er scheidet gar manches mündlein rot,

Er scheidet die knaben und die diren,

er scheidt das kind aus der wiegen.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 104-106.
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