C. Der listige Buhler.

[203] Bulfried Weyland Lombardischer König zu Pavia hatte eine überauß schöne Königl. Gemahlin / so gar /daß dieselbe von jederman der sie sahe / geliebet werden muste. Er hatte aber dabeneben unter andern seinen Dienern einen schlechten Bauren Sohn / jedoch von gutem Verstand / arthlichem Wesen / und der an äusserlicher Gestalt dem Könige selber meistentheils gleichete / weil dieser nun auff den Füssen sehr hurtig / und es ihm im Lauffen kein anderer gleich thäte /hatte ihn die Königin / wann sie spatzieren ritte /gerne neben sich / wodurch der Lacquey allgemach ein heimliches Liebes-Feuer gegen die schöne Königin in seinem Hertzen empfand. Er dürfte aber sich nicht unterstehen / desfalß mit ihr zu reden / dannenhero bedachte er sich lange Zeit / ob er dieser ungebührlichen Gluth wiederstreben möchte. Endlich / als er sahe / daß das Feuer immer zunahme / resolvirte er sich / bey der Königin zu schlaffen / und solte er auch des ärgsten Todes drüber gewärtig seyn. Er versteckte sich demnach heimlich hinter[203] die Tapeten des jenigen Saals / der zwischen des Königs und der Königin Schlaffgemach war / (dann der König schlieff nicht alle Nacht bey seiner Gemahlin) und sahe zu / wie der König angekleidet wäre / wann er zur Gemahlin gehen wolte. Der König kam bald darauf in einem langen Nachtmantel / hatte eine brennende Kertze in der einen / und ein Stöcklein in der ander Hand. Mit diesem klopffete er 2 mahl sachtmühtig an / und alsobald kam eine vom Schlaff noch nicht völlig erwachte alte Kammerfrau / machte die Thür auff / und nahm dem Königin die Kertze ab / welcher sich darauf zur Königin verfügte / und nach einer halben Stunde in demselben Habit wieder nach seinem Schlafgemach kehrete.

Der verliebte Lacqucy zeugete ihm alsobald einen solchen Nachtmantel / versteckete sich wieder an seinen vorigen Orth / und wie es ihn Zeit deuchte /schlug er Feuer / nahm die brennende Kertze in die Hand / und klopffete mit einem Stöcklein 2 mahl an. Darauff ihre vorbedeutete Kamerfrau die Thür eröffnete / und ihm die Kertze abnahm. Er warf den Mantel von sich / legte sich zur Königin / und erlangete den Zweck seiner Liebe / und ob er gleich kein Wort dabey redete / ward ihm solches nichtübel gedeutet /weil der König selber / wann er nicht recht auffgeräumt / nichts dabey redete.

Uber eine halbe Stunde / gieng er seines Wegs /und legte sich gantz unvermerckt in sein gewöhnliches Bette. Kaum aber war er in Sicherheit / als der König selber kam / die Zinse der Liebe von seiner Gemahlin abzufodern / welche sich dessen höchstens verwunderte / und deßwegen sagte / mein Herr König / wie sol ich das verstehen / daß ihr zum andernmahl in einer halben Stunde kommet? Ich[204] bitte euch / schonet, eures Leibes. Gleich wie nun der Königin von geschwinder Resolution war / also gedachte er wol / daß er betrogen wäre / wolte doch seine Gemahlin bey ihrer Einbildung lassen / und sagte: Mein Hertz / ich komme / so offt es mir beliebt / wofern ihr aber meinet / ich dörfte desfalß schwächer werden / wil ich wieder meines Weges gehen. Also gieng er in die Kammer / darin die Diener schlieffen / er tratt hinzu /und legte einem jeden die Hand auff die Brust / umb zu sehen / ob ihm auch das Hertz klopfete / dann er kunte leicht erachten / daß der Thäter noch nicht eingeschlaffen wäre. Endlich traff er den rechtschuldigen / der über den gantzen Leib zitterte / dannenhero er schon beweiß gnug hatte / jedoch wolt er in der Nacht keinen Tumult / noch diese Sache vor jederman offenbahr machen / dannenhero schnitte er dem schuldigen einen Zopf Haar ab / umb ihn dabey zu kennen / und gieng also davon. Am folgenden Morgen berieff er alle seine Diener / aber der Schuldige hatte in der Nacht allen seinen Kammeraden einen Zipfel Haar abgeschnitten / daß also der König nicht wissen kunte / wer der Thäter wäre / dannenhero sprach er also zu ihnen: Es hat mir diese Nacht einer unter euch einen schlechten Possen erwiesen / wer schuldig dran ist /der komme solcher gestalt nicht wieder / dann seinentwegen ist schon Anstalt gemacht / aber ist er klug / so wird er sich auch nicht selber verrahten / gehet hin im Frieden. Also blieb die Sache verborgen / und der Laquey hatte sein Ziel erreichet.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 203-205.
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