CXII. Der betrogene Pfaff.

[245] Ein Pfaff von Onzian in Franckreich / nahe bey Amboise / ward von einer Wirthin / die er unterhielte /beredet / sich anzustellen / als ob er durch einen Wundartzt / Nahmens Petrus des Serpens / bürtig von Vilantrois in Berry / sich wolte schneiden lassen /damit er ihrem Mann inskünfftig allen Argwohn benehmen möchte. Dieser schickte nach seinen Befreundten / eröffnete ihnen sein Anliegen / und dahero verursachtes nothwendiges Vorhaben / machte sein Testament / und damit er die Sach desto besser verbergē kundt / hat er zu gedachtem Meister Peter / welchem er zuvor die Losung geben / und vier Cronen verehret / daß er sich nur also stellen solte / gesagt /daß er ihme seinen Todt von Herzen verzeihen thäte /wann sich solcher vielleicht begeben solte: Darauf er sich unter seine Hände begeben / binden / und gantz also zurichten lassen / als ob man ihn in der That schneiden solte. Es hat aber der Wirth / als er den Possen gemercket / sich zuvor zum Meister Peter gemacht / ihme doppelt so viel / als der Pfaff gethan / zu geben versprochen / und ihn damit beredt / daß / da er also den armen Herrn Hansen in seiner Gewalt / und ihn wol angebunden hätte / er sein Ampt in der That verrichtet / und den Schnitt recht gethan / und den Pfaffen damit bezahlet hat / daß er nicht im Brauch hätte mit seinem Handwerck Vexation zu treiben. Also nun ist der mit seinem grossen Schaden betrogen worden /[245] der / auß Listigkeit eines Weibs / einen andern hat betriegen wollen.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 245-246.
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