CLXXX. Die Behändigkeit eines Bauren.

[403] Ein Edelmann fuhr in einem Schiff nach der Stadt Roan / im selbigem Schiff war auch ein Bauer / ein loser Lauer / allererst aus der Untern-Landschafft Normandia ankommen / diesen fragte der Edelmann /wohin er wolte? Der antwortet / zu der Stadt Roan: Was er daselbst zu thun habe? Er hette einen Rechts-Handel auszuführen / wieder wen? Wieder dich / Herr Edelmann / wann es dir beliebet. Wieder mich? saget der Edelmann / mit Verwunderung / was hastu mit mir zu schaffen! Ich hab dich mein lebtag niemals gekant noch gesehen; Hierauff der Bauer: Es gilt gleich /ich wette mit dir / du werdest mit Ungelegenheit haben / so bald ich an den gehörige Orth komme /hastu nichts anders von mir als einen Rechtshandel zugewarten / darbey ich auch vergewißt und versichert bin / daß ich den Obsieg des Rechtens erhalten werde: und weil solches der Edelmann ihme nicht einbilden / und sich über die Vermessenheit des Bauren nicht gnungsam verwundern konte / wurde beederseits auf ein Nahmhafftes gewettet; So bald sie nun bey der Stadt Roan ankommen / hat der Bauer von ferne dem Edelmann nachgefolgt / biß er das Gast- oder Wirths-Hauß / dahin der Edelmann seine Einkehr genommen / ersehen. Nach dieser eingezogenen Kundtschafft gehet der Bauer zu dem Gerichts-Boten / und gabe demselben zween Schilling / daß er für Gericht gedachten Edelmann fordern solte. Was geschicht? Der Bauer kam hernach / mit dem Gerichts-Boten / in[403] berührtes Wirths-Hauß / und fande den Edelmann /gleich über Tisch / welchen der Gerichts-Boht also anredete: Herr / auff Begehren dieses Bauerns / benenne ich euch auf morgenden Tag umb 8 Uhr / daß ihr vor dem Gericht erscheinen solt. Der Edelmann hierauf: Was begehrt dann der Bauer von mir? (Gegen-Antwort des Gerichts-Botens) Er begehret einen Metzen Erbes / welche ihr ihm schuldig seyn solt: Was? Der Bauer ist unsinnig; Mein Herr (sagt der Bauer) ich bin gar wol bey meiner Vernunfft: Zahlt mir / was ihr mir schuldig / und ich treu-hertzig euch dargestreckt habe nehmlich den Metzen Erbes /alsdann begehre ich der Zeit nichts mehr von euch; Ihr wisset euch ja dessen noch gar wol zuerinnern. Hierauf der Edelmann mit lachendem Munde: Geh hin! Geh hin! Mein Bauer / wo du bist herkommen du weißt nicht / was du sagest: Es seynd Fabæ oder Fabel-Possen ce sont de febues. Ja wiederlegt / der Bauer / es ist war / was du sagest mein Herr / ich thue mich allererst recht erinnern / ich muß bekennen / daß es Bohnen (Face ce sont de febues) gewest seyn /welche dir meine Hauß-Frau dargeliehen hat: Kehret demnach sich zu dem Gerichts-Bohten / und begehrte von ihm eine Schrifftliche Gezeugnüß / was er selbsten mit seinen eigenen Ohren aus dem Munde des Edelmanns gehöret habe / welche Attestation er auch überkommen / und hiedurch so viel ausgewircket /daß der Edelmann nicht allein in die Bezahlung der Bohnen / sondern auch in den auffgelaufnen Gerichts-Unkosten verdambt worden / hat sich auch absonderlich mit dem verschalckten Bauren / der Wettung halber / vergleichen müssen.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 403-404.
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