XXII. Der vermeinte Teuffel.

[35] Einem andern aber ist gleichwol solcher Betrug glücklicher von statten gangen / daß er sich selbsten zum Gesvenst gemacht. Masenius gedenckt in seinen Spitzfündigkeiten / eines gewesenen Soldaten / Johannes Bergensis: welcher / nachdem er endlich ein Religios worden / zu erzehlen pflegen: Er sey einsmahls im Lützenbürger Lande / durch Hülffe seines Spieß-Gesellen den Schorftein herab gelassen worden / und mitten auff den dicken Stäben / daran die Speckseiten hingen / wie ein Hahn gesessen; Die Schincken an ein Seil gebunden / und seinen Diebs-Gesellen hinauff zu ziehen / überreichet. Indem bricht unversehens einer von den Stöcken / darauff der Nächtliche Beutmacher (den der Nahme Dieb ist für Soldaten zu grob) ritte: Darüber Roß und Mann zu Boden und herunter fallen. Von dem Tumult dieses also herunter-fahrenden Schlot- oder Schorstein-Reiters erwacht der Pfarr-Herr / (welchem die Schincken gehörten) sambt seinem gantzen Haußgesinde; läst Liecht zünden: Willens seinen ungebetenen Gast zu bewillkommen / und dem Gefallenen auffzuhelffen. Aber was thut hingegen diese verschlagene Speck-Maus; welchem als einem[35] Kinde der Finsternüß das Liecht sehr ungelegen kam? Es wolte nirgend sich eine Außflucht erblicken lassen; wohin er auch immermehr seine Diebs-Aenglein wendete / weil ihm dan nichts anders einfallen will; nimbt er einen Anschlag auß dem Stegreiff /oder / wie die Lateiner reden / unter der Hand: beschwärtzt sein gantzes Antlitz mir Ruß / und macht an seiner Persohn dem Teuffel ein Conterfait: Lauff darauff in so visirlicher Gestalt / ungescheut unter die / so ihn mit prügeln zu segnen gekommen; bläst ihnen das Liecht vor der Nasen aus / und stellet sich allerdings nicht anders an / gleich wäre er der Leibhafftige Kohl-schwartze.

Der Pfarr-Herr erschrickt hefftig / unterstehet sich den bösen Geist / mit gewissen kräfftigen Formulen zu vermaledeyen und bannisiren: recitirt etwan etliche Sprüche und Gebetlein / auß der Teuffels Geissel (sind gewisse Gebet-Büchlein wieder die Gespenster /) da für diesen Teuffel doch Meister Hanß / mit seinem Staub-Besem weit solte kräfftiger sein gewest: und befiehlt ihm entlich / er solte weichen / und sich trollen. Der gemenschte Teuffel / und verteuffelter Mensch nimbt sich an / als werde er genötigt / gemach zu thun: rufft derwegen / oder brüllt vielmehr; man solle Thür und Fenster sperweit öffnen / daß er möge von dannen gehen. Das geschicht; und ist man froh dazu / eines solchen schwartzen Gesellen loß zu werden. Also kombt der Dieb (wolte sagen der Soldat) fein manirlich davon / und nimbt reißaus / hier über triumphirt der Pfarr-Herr auß dermassen / und rufft: Mein! Wie hab ich gleich wol / mit meinem Zusprechen / den Bößwicht geängstigt / und ihm den Raum zu enge gemacht! Aber des Morgens / wie dieses Teuffels-Künste recht sichtbar / hergegen die zum Rauchschlot hinauß gespatzirte Schincken unzehlbar worden:[36] hat er solchen lächerlichen Betrug in der gantzen Nachbarschafft ausgebreitet / und behauptet: Die menschliche Arglistigkeit sey in der Boßheit oft eben so spitzfindig / als wie der Teuffel selbst / derowegen dem listigen Mauß-Kopff dan auch vermuthlich gleicher Lohn / wie dem Teuffel würde zu Theil werden. Wiewohl / gedachter massen / sich gleichwohl der Schinck-Mauser bekehrt; die Raben-Federn fallen lassen / und ihm darvor Tauben-Fittichen gewachsen.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 35-37.
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