CCXXXVII. Die betrogene Judenschafft.

[539] In der berühmten Lombardischen Stadt Bolonien war ein Münch / Prediger-Ordens / der gar sehr wieder die Juden auff der Cantzel schrie / und in sonderheit wieder ihr Gebet / so sie täglich der Christlichen Obrigkeit und gemeiner Christenheit zu wider beten und sprechen musten / sambt andern Versuchungen / so sie in Anschauung der Christen sprechen. Dieser Prädicant bracht die Sache dahin / daß die Juden in gantz Italien solche schmählige Gebeth aus ihren Gebetbüchlein heraus thun musten / dann wo man von einem gewahr ward / daß er des Orts ungehorsam war / ward er an seinem Leibe gestraffet. Diese Ursache bracht die Juden alle gar in einen solchen Haß gegen gedachten Prediger Münch / daß sie alles Böses auff ihn erdachten / damit sie ihn möchten umbs Leben bringen / welches doch alles umbsonst war. Nun war ein Jude an demselbigen Orthe / mit Nahmen Natan /der hatte einen Landsman in dem Kloster / der war ein Beckerknecht gewesen / war sonst ein Beybruder worden / und backte dem Convent alles Brod / so sie bedürfften. Dieser Bruder war aus Teutschland gebohren / wie dann auch Natan der Jude: Darumb er sich dann viel zu dem Juden gewehnete / umb des Willen / daß der Jude zu Zeiten in Teutschland reisete / und dem[539] Bruder hin und wieder Bottschafft ausrichtete. Die hatten etliche Juden wargenommen / gedachten durch ihn und durch gemelten Bruder Mittel und Wege anzurichten / sich an viel gemeltem Münche zu rächen. Die fügten sich zu dem Teutschen-Juden / boten ihm eine Summa Ducaten an zu schencken / wo er seinen Landsman den Becker dahin bringen möchte / daß er dem Münche ein Venedisch Süpplein kochen / und zu essen geben wolte. Ihm / dem Bruder / solten auch nicht minder viel Ducaten zugestellet werden. In Summa der Jud bewilligte / ihr Anmuhten aufs fleissigste auszurichten. Er fügete sich zu dem Bruder und mit langen Umbständen / zeigete er ihme zuletzt seine Meinung an. Der Bruder (so auch mit dem Teuffel zur Schulen gangen:) sagete zu dem Juden: Ach mein lieber Natan / wo aber die Sache auskommen solt / wie würde es mir armen Bruder gehen; darauff sagte der Jude / Bruder / du weist / daß ich dich gar nicht verrahten werde / sonst muste ich (als der so dich dazu veruhrsachet) in viel grösserer Gefahr stehen / dann du selbest. Darumb mag die Sache nimmermehr geoffenbahret werden; Es sey dann durch mich / oder durch dich. Darauf antwortete der Bruder: Natan / ich wüste einen andern Weg / wenu dich das Geld nicht hieran verhinderte. Wir haben einen Koch im Convent / einen gar Geldgierigen Menschen / derselbige muß zum öfftermahle dem Predicanten sonderlich kochen /dann sein Brauch ist vor der Predigt nicht zu essen /dieser Koch könte die Sache am besten zum Ende bringen. Dieser Anschlag gefiel dem Juden fast wol /beschloß also mit dem Bruder / er solte die Sache auf die Bahn bringen / es solte an keinem Gelde mangeln / schieden darmit von einander. Der Bruder war wol zumuht / dann er gedachte / die Juden umb das Geld zubringen /[540] und solte dennoch dem Predicanten kein Leyd wiederfahren. Er kam zu dem Koche und sprach zu ihm: Compan / woltestu es zu danck annehmen /so wolte ich dir eine gute Zehrung zuwege bringen /so du mit Ehren und Frömmigkeit wolnehmen magst /und saget ihm damit die Meinung. Die beyde wurden zu Raht / fügten sich zu dem Predicanten / und baten ihn in der Sachen behülfflich zu sein / darmit sie die Juden umb das Geld bringen möchten. Das sagte er ihnen zu / er hatte auch gar fleißiges Nachdencken auf die Sache. Nun hatte der Predicant auff nechstkünfftigen Sonntag ihm sonderliche Zusage gethan / der Juden Schalckheit zu offenbahren; deß wahren die schändlichen Juden schon inne worden / darumb sie dem Bruder ernstlich anlagen / mit der Sache aufs schnellste zu verfahren / damit der Predicant an seinem Fürnehmen verhindert würde. Das alles sagte der Bruder dem Predicanten / dem gefiel es gar wol / und sprach zu dem Bruder: Er solte eylends zu dem Juden gehen / und ihm zubereitet Gifft geben heissen / sagend / er wüste sonst einen (sonder grossen Argwohn) zuwege zubringen. Das geschahe also nach seinem Befehl. Der Bruder nahm den Gifft / so in einem Gläßlein eingemachet war / brachte das dem Predicanten / und sagete: Domine Lector / nehmet hin den Gifft und esset das / dadurch mag ich viel Geld überkommen / oder wo es euch zuwieder ist / möget ihr sein wol müßig gehen. Ich hab es auch geben zu essen (wie ich denen Juden zugesaget /) ihr aber möget nun thun was ihr wollet. Der Predicant nahm das Glas /mit dem Giffte / verwahrte das war wol / damit ers zu seiner Zeit brauchen möchte. Auf den künftigen Sonntag nahm er sich eines grossen Wehtages an / legte sich zu Bette / gehub sich fast übel / nahm auch etliche Artzney wieder Gifft ein (als wenn[541] er das gessen /als nun die Stunde kam / daß er predigen solte / versamlet sich eine grosse Menge in der Kirchen. Bald kam das Geschrey durch einen andern Münch der auff der Cantzel stund / der Lesemeister hätte einen schweren Fall überkommen und wehre zu sorgen / er sey mit Gifft vergeben worden; Welches vielen entgegen war. Diese Mähr kam auch geschwind vor die Juden /denn sie ihre Kundschafft allezeit in der Predigt hatten; sie waren wolgemuht / sagten unverholen / der were eine sondere Straffe von Gott / dieweil sich der Münch mit so scharffen Predigten wieder die Hebreer gelehnet: Nun hätte er wol gewust / daß Gott von alters her alle die / so sich wieder die Juden gelehnet hatten / hart gestraffet: Darumb solte er solches unterlassen / und die Hebreer nicht so gar verfolgen. Derer Worte schlugen die Juden gar viel aus / und wahren in grossen Freuden; Umb daß ihrem Widersacher der Todt so nahe sein solt. Als aber nun dem Lesemeister Zeit daucht / befahle er den beyden Brüdern / Becker und Koche / sie solten sich allergestalt rüsten / als wenn sie allerdings Wegfertig werē und darvon lauffen wolten / dann der Argwahn were gantz auff sie gefallen / solten eylends zu den Juden gehen / und ihnen solche Meinung anzeigen / und damit ihre versprochene Belohnung fordern. Das geschahe also / sie kamen gantz Angsthafftig zu den Juden / zeigten ihnen solche Meinung an / sie müsten sich trollen; Dann das Getümmel wolte auff sie fallen / und were zu sorgen / wenn sie länger blieben / daß sie müsten ins Gefängnüß gehen; alsdann würde man die Warheit von ihnen erfragen wollen und wo die solte an Tag kommen / möchten sie (die Juden) solcher Gefahr auch nicht entgehen. Die Juden (so nicht anders glaubten / dann ihm were also / wie die zween anzeigten) waren wol zu Muht / und / darmit sie[542] bald ihres Pfandes loskämen / gaben sie ihnen mehr dann ihnen versprochen war: Das nahmen sie mit freuden und giengen den nechsten Weg ins Prediger-Kloster / zeigeten das Geld dem Lesemeister oder Predicanten /der des Handels halber sich nicht wenig freuete / er bracht auch bey einem gantzen Convent zu wege / daß beyden Brüdern ihr Geld blieb / sonst hätte es der Orden genommen / des andern Tages nahm der Lector die zweene Brüder zu sich / gieng mit ihnen zu Marck spatzieren / und sonderlich da am allermeisten Juden wahren / die solches Anblicks gar sehr erschracken /und sonderlich die / so den beyden Brüdern das Geld geben hatten: Denn sie wol gedachten ihre Anschläge und Practicken würden außbrechen. Also haben sie bald das Loch getroffen / und die Bruder mit dem Gelde einen guten Muht haben lassen / dieweil sie nichts an ihnen wusten zu gewinnen.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 539-543.
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