LVIII. Der seltzame Beichtvater.

[113] Zu Vianen / eine Stadt in Welsch-Braband wohnete ein Schneider / welcher Arbeit genug[113] hatte / erwartete derselbe nicht fleissig ab / sondern lag lieber in Bier- und Wein-Kellern / und verbrachte da Zeit und Geld /unterdessen feyrte die Frau zu Hause auch nicht /thate sich fein was zu gute / und weil der Mann des Abends allezeit gar späte und truncken zu Hause kam / war er zu der nächtlichē Arbeit gantz untüchtig /also ließ sie den Gesellen bey Tage verrichten / was der Mann des Nachts thun solte: Unterdessen nam die Nahrung ab / da war keine Arbeit / und die Nadel war ihm zu heiß in Händen darumb legte er das übrige seines Vermögens in allerhand Niederländische Wahren / heurete ein grösser Hauß ward ein Kauffmann /und zog mit einem seiner Kinder in Städten und Märckten herum / seine Wahren loß zu werden / welches auch einen guten Anfang hatte / wann er dann nicht zu Hause war / so stellete die Frau daheime den Handel fort / krigte gute junge Kauffleute an die Hand / bey welchen sie so viel Credit erlangte / daß manchmal Capital und Zinsen geschenket wurden / die Ursache sind leicht zu erachten / also daß ihm die Hörner so starck wuchsen / daß jederman dieselbige sehen und mercken kunte / sonderlich / weil er hasibilem qualitatem darneben agirte / er aber merckte sie nicht / ob er sie gleich in dem allerbesten Christallinen Spiegel beschauet hätte / biß endlich das Gerüchte gar zu groß ward / daß es ihr auch die Nachtbarn in die Augen sagten / und über die Strassen außrieffen / daß sie so und so viel in einer Nacht verdienet hette. Nun er war neben seinen Hasirlichen Qualitäten / ein spitzfinniger Kopff / wie solche Leuthe gemeiniglich sind / umb hinter die Wahrheit zu kommen / erdachte er diese List / weil sie der Päbstlichen Religion zugethan waren / also persuadirte er mit Geld und guten worten den Pater dahin / daß er ihm erlaubte eine Mönchs-Kappe anzuziehen / in Beichtstul sitzen zu gehen / und seinem Weib[114] die Beicht abzuhören / welches auch redlich anging / den er zog die Kappen über das Angesicht / daß sie ihn nicht kennen könte daß er mehr erfuhr als er zu wissen begehrte und ihm lieb war / sie stellete sich vor den neuen Pater sehr demühtig / und beichtet demselben gerade herauß alles was sie gethan hatte / unter andern sagte sie: Herr Pater /als mein Mann noch ein Schneider war / hielt ich mit meinen Gesellen zu / mehr alß mit ihme / welches mir leyd ist / er sagte: das sey dir vergeben / darauff bekante sie weiter mit Seufftzen / ach als mein Mann das Handwerck verließ / und ein Kauffmann ward ließ ich zu Behülff unserer Nahrung viel junge Kauffleute zu mir ein / und hab nach ihren bösen Willen gethan /welches alles mir leid ist / er schütelt zwar den Kopff / sagte aber: es sey dir auch vergeben / weiter sagte sie: Ach ich habe noch mehr gesündiget / den ich habe woll weiß nicht wie viel mahl bey Pater Andreassen gelegen / da ward der Beicht-Vater zornig /zog die Kappen vom Haupt / und sagte: Du loses Weib / wars noch nicht genug / daß du mit Schneidern und Kauffleute gehuret hast / du must auch mit Pfaffen huren? Da sie aber sahe daß er ihr Mann war /fing sie an zu lachen / und sagte / ey mein lieber Mann seyd ihr das; Ich hab mich drey mahl verändert / ihr auch / den erst wahret ihr ein Schneider / darnach zum andern wurdet ihr ein Kauffmann / und zum dritten seyd ihr ein Münch worden / hat es euch nun freygestanden / euch drey mahl zu verändern / wer solte mirs dann verwehren können? Darüber ward er beschämet / muste stille schweigen / und sich in die gehörnete Brüderschafft gedültig einschreiben lassen.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 113-115.
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