VII. Die listige Frau.

[8] Eine überauß listige und durchtriebene Frau gieng in einer wohlbekanten Stadt zu einem Goldschmied /und hielt ihn vor / daß ein Priester desselben Orts zwo silberne und vergüldete Kannen zu einem gewissen Gewicht / welches sie nennete / zu sehen und von ihm zu erhandeln begehrte / der Goldschmit lässet 2 stattliche Kannen herbringen / welche der Frauen sehr wohl anstehen / und bittet also den Meister / er möge seine Magd mit ihr und den Kannen zu dem Pastorn senden / so würde er guten bescheid erlangen. Solches geschichet / und wie die Frau mit des Goldschmits Magd in des Priesters Hauß kommen / fodert jene die Kannen von dieser / und gehet damit die Stiege hinauff. Da sie zum Priester kombt / sagt sie: Mein Herr / ich habe eine Dirne auß meiner Freundschaft mit mir gebracht / welche nicht recht bey Sinnen / und allezeit von Silber und Gold redet / daß es also scheinet / als wann sie von einem Geitz-Teuffel besessen wäre / ich bitte euch / thut euren Fleiß / redet ihr ins gewissen /und bringet sie doch nach euren besten wissen auff einen andern Weg. Der Priester hat mitleyden mit der Frauen / und verspricht ihr seinen fleiß. Also gehet die Frau mit den zwo Kannen / so sie unter einem Verdeck getragen / wieder von dem Priester / und nimbt die Abrede / daß die Dirne allein zu ihm kommen / und sich von ihm unterrichten lassen soll. Wie sie hinunter ins Hauß kombt / spricht sie zu der Magd: Gehet hinauff zum Priester / der wird euch das Geld vor die Kannen geben / die Dirne steigt hinauff /und der Priester heisset sie nieder sitzen. Er siehet sie eine zeitlang an / und fragt endlich / wo sie jetzo diene?[9] Bey dem und dem Goldschmitt / war die Antwort / welcher euch die zwo Silberne Kannen geschickt hat. Mein liebes Kind / sprach der Priester /du must dein Gemüth nicht so sehr auff daß Irrdische wenden / sondern vielmehr nach dem trachten / was droben ist. Daß thue ich auch / gab die Magd zur Antwort / aber ich habe nicht lange Zeit / der Herr gebe mir nur das Geld vor die 2 Silberne Kannen. Priester. Vorhin waren es nur Silberne Kannen / und nun wiltu auch noch Geld dazu haben / Dencke doch nicht so sehr auff daß Zeitliche / trachte vielmehr nach dem ewigen Schatz der kein Ende hat. Dirne. Ey Herr /was haben wir hier viel vom zeitlichen und Ewigen zu reden? ich muß daß Geld vor meines Hauß-Wirts Kasten haben / die Zeit wird mir zu kurtz / ich soll noch zum Marckt gehen / und ein gericht Fische hohlen zur Mittags-Mahlzeit. Der Priester redet ihr nachmahlen beweglich zu / umb sie von dem vermeinten Irrthum abzuführē / aber die Magd spricht: Herr / habt ihr von der Frauen / die jetzo von euch weggangen ist / keine Silberne Kannen empfangen? Vor die selbe will ich das Geld abholen. Ich bin von keinem Geitz-Teuffel besessen / sondern Gott Lob bey guten Verstande /und weiß wohl / was ich reden soll. Hierauff dencket der Priester dem Dinge nach / ruffet nach der Frauen /aber die ist fein sauber davon geschlichen / und nirgends zufinden / worauß ihr Betrug offenbahr wird. Der Goldschmitt verlohr das meiste dabey / und der Prediger sambt der Magd waren vexirt.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 8-10.
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