LXXVI. Der zweymahl bezahlte Esel.

[152] In Spanien hat sichs einmahl begeben / daß ein verruchter und gottloser Bube einem Ritter seinen Esel entführet / welcher ihm wegen seiner guten Schenckel und geschwinden Gangs sehr lieb. Damit er ihm aber nicht nachforschet und an der Farb erkent / strich ihn der Dieb über seinen gantzen Leib mit einer andern Farb an / ritte damit in eine Stadt / und schickt ihn /von dannen auff eine Marck 6. Meil davon gelegen /dahin dann auch der gemelte Ritter kam: Als er demnach auff dem Marck hin und wieder spatziert / ersahe er seinen Esel welcher braun gewesen / nunmehr aber schwartz gefärbt war /[152] und sprach: So war als ich leb / wann dieser Esel braun wäre / so sag ich / es sey meiner / so gleich ist er ihme sonst in allen Stucken: Und dieweil er ihm / wie er vermeint / so gar ähnlich /wolt er ihn nicht aus den Händen lassen / sondern kaufft und bezahlt ihn auch also bahr umb drittehalbhundert Real / und ritte damit in Gesellschafft vieler andern darvon; Ehe sie aber weit geritten waren /fieng es an dermassen starck zu regnen / daß als sie noch ein halbe Meil von Hauß waren / ward der Edelmann wol benetzt / dem Esel aber die schwartze Farb allenthalben abgewaschen und der Betrug also genug entdeckt / und offenbahret. Solches noch besser zu er fahren / ließ ihn der Edelmann / da er nachher Hauß kommen / mit lauem Wasser allenthalben waschen /und befandt nach solchem / daß er betrogen / und seinen eigenen Esel so theuer wiederumb erkauffet hette: Und dieweil er dessen sehr übel zufrieden / fragt ihn seine Hauß-Frau / ob er denjenigen / welcher ihm den Esel verkaufft / auch noch getrauet zu erkennen /wenn er ihn sehe / ja antwortet er / ich wolt ihn wol kennen: Und als sie wiederumb fragt / woran? antwortet er / aus seiner Granatischen Sprach / und dieweil er an dem einen Auge blindt. Oder bösen Zeichen / sagt seine Hauß-Frau: Warumb? fragte er hinwiederumb / sind es böse Zeichen? so böß antwortet sie / daß sie ärger nicht seyn könten: Dann wie man in den Sprichwort zu sagen pflegt:


Wer einem Granatenser glaubt.

Der ist seiner fünff Sinn beraubt.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 152-153.
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