LXXXII. Die betrogene Spitzfündigkeit.

[161] Als eines Bauern Sohn seine Studier-Jahre zu Ende gebracht / und sich wieder bey seinem Vatter auffhielte / lage ihm derselbe öffters in den Ohren / er solte doch seine Kunst einmahl sehen fassen / dem aber der Sohn allzeit zur Antwort gabe / es sey die Zeit darzu noch nicht verhanden. Einsmahls aber trug sichs zu /daß er nebenst seinen Vater und Mutter / zu Tische sasse / und drey Eyer vor sich hatte / da sagte er: Nun hab ich Gelegenheit überkommen / eine Prob meiner Kunst von mir blicken zu lassen: Ich wil erweisen / es seyen allhier fünff Eyer / ob gleich nur drey in der Schüssel erscheinen! Als der Vater fragte / auff was Arth und Weise solches geschehen könte? Da fuhr er alsofort: wo drey sind / da sind auch zwey; es sind aber allhier drey / drumb sind auch alhier zwey. Darauff subsumirte er: Drey und zwey aber machen fünffe; derohalben weil hier drey und zwey sind / so sind auch allhier fünffe. Der Vater gab dieses alles zu /und sagte: wol[161] mein Sohn / ich lobe deine Spitzfindigkeit. Ich wil aber von diesen fünff Eyern zwey vor mich nehmen / und das dritte deiner Mutter geben /die übrigen zwey kanstu vor dich behalten.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 161-162.
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