Wie Andolosia die künigin Agripina mit sampt dem seckel hynweg fůrt in ainen wilden wald in Hybernia.

[116] Do schickt sich der abenteürer, das sy neben yn kam, vnd als sy an hůb, zu zelen, do vmbfieng er sy vnd fasset sy hart stark, wünschet sich mitt ir in ain wilden wüstin, do kain wonung wär. so bald er das gewünschet, do warn sy in ainer kurtzen weil durch die lüst kommen in ain ellende ynsel, stosset an Hybernia, vnnd kamen allso mit ainander vnder ainen baum, darauff stůnden gar vil schöner öpffel. vnd als nun die künigin vnder dem baum saß vnd het die klainat, so sy kaufft hett in irem geeren vnd den glückseckel an irer gürtel, so sicht sy übersich vnd ficht die schönen öpffel ob ir steen. do sprach sy zu dem abenteürer: ach gott, sag mir, wo seyen wir vnd wie seyen wir daher kommen? ich byn so schwach, gäbest du mir diser öpfel ainen, das ich mich doch möcht gelaben vnd wißt nit, das es Andolosia was. Anndolosia, do er hort, das sy so gern ainen apffel het gehebt, nam er bald die klainat, so er noch het, legt er ir in irn schlütz vnd das wünschhütlin, so er auff het, satzt er ir auf das haubt, vmb das es yn nit irret an dem auff steigen. vnd als er auff den baum kam, wolt lůgen, wo die beßsten öpffel stünden, Agripina aber vnder dem baum saß vnd nit wißt,[116] wo sy was, noch wie ir war geschehen, fieng sy an vnnd sprach: Ach, nun wolte got, das ich wider in meiner schlaffkamer wär! so bald sy die wort gesprach, fůr sy durch die lüft vnd kam on allen schaden wider in ir schlafkamer. der künig vnd die künigin, auch alles hoffgesynn was von hertzen fro vnd fragten, wa sy doch gewesen wäre. sagt, sy wißt es nit. oder wo der abenteürer wär, der sy hyngefürt hett? sy sprach: Ich hab yn auf ainem baum gelassen, fragt mich nit mer, ich můß růwen, wann ich byn ganntz blöd vnnd müd worden.

Nun mügen ir hören, wie es Anndolosia gangen ist. als er nun auff dem baum saßs vnnd sach, daz Agripina hinweg was mit dem seckel, mit dem hüttlin, dartzu mitt allen den klainaten, so er in dreyen grossen vnd mächtigen stötten auf bracht het, Mügen ir wol gelauben, das er auß der maßten hartt erschrocken sey, klam bald ab dem baum vnd sach den baum an vnnd sprach: verflůcht sey der baum vnd die frucht, so darauff ist vnd der dich daher gepflantzet hat vnnd die stund, darinn ich kommen bin. er sach hin vnd her, wißt nit, wo er was oder wo hyn er gon solt, das er zu den leütten käme vnd fieng an zu sweren vnd zu flůchen vnd sprach: verflůcht sey die stund, darinn ich geborn ward vnd die tag vnd stund, die ich ye gelebt hab. O grymer tod, warumb hast du mich nit erwirget, ee das ich in dise angst vnd not kommen byn? verflůcht sey der tag vnd die stund, darinn ich Agripina zu dem erstenmal ansach! O almächtiger got, wie seind deine wunderwerck so groß, wie vermag das die natur, das so vnder ainem schönen weiblichen weibs bild so ain falsch vngetrewes hertz getragen werden mag? hett ich dir künden in das falsch hertz sehen, als ich dir vnnder dein schönes wolgestaltes angesicht sach, so wär ich in dise angst vnd not nit kommen. vnd gieng allso yetz hyn denn her vnd grißgramet vnd fieng an vnd sprach: Nun wölte got, das mein brůder in diser wilttnuß bey mir wäre, so wolt ich yn erwirgen vnd mich selber mit meiner gürtel an ainen baum hencken. so wir denn tod wären, hette doch der sekel kain kraft mer vnd möcht die alt künigin, die alt vnhold, vnd das falsch hertz Agripina kain freüd mer haben mit dem[117] kostlichen klainat. vnd als er also hyn vnd her gieng, do ward es nacht vnd finster, das er nit mer gesach, vnnd legt sich nider vnder ainen baum, růwet ain klayne weyl. er kund aber nit schlaffen vor angst, die er het, versach sich nit anders, dann er wurde in der wiltnuß sterben vnnd on alle gotzrecht verfaren, wann er wol sache, das kain weg da war, dabey man spüren möcht, daz yemant da gewandelt wär in langer zeit vnd lag da als ainer, der vertzweiflet vnd lieber tod gwesen, dann das er lenger gelebt het. Als es nun tag ward, stůnd er auff vnd gieng nötlich. er kund aber, noch mocht niemant weder sehen noch hören vnd kam also zu ainem baum, darauf stůnden zumal schön rott öpffel. nun hungeret yn gar ser vnd übel vnd von hungers not warff er in den baum, das zwen groß öpffel herab füllen vnd die aß er also geend vnd als er die öpffel geeßsen het, do wurden ym an seinem kopff zway lange hörner wie ain gaiß hatt. do er die griff vnd auch den schatten sach, das er zway solliche hörner hett, fieng er an, lüff mit den hörner, styeß an die bäme vnd maint, sy herab zu stossen. das halff aber alles nit, lyeff allso vnder den hörnern vnd sprach: O ich armer eellender mensch, O ich armer vnglückhaftiger mensch, wie kommpt das, das souil menschen auff erdtrich seind vnnd nyemand hie ist, der mir doch hulf, das ich zu den leüten kommen möcht. vnd fieng an laut zu schreyen: o almächtiger got, o du künigin iunkfraw Maria, nun kommen mir zu hilf in disen meinen grossen nötten.

Quelle:
[Anonym]: Fortunatus. Halle a.d.S. 1914, S. 116-118.
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