Als Andolosia vmb seinen sekel vnd hütlin kommen was, ym auch zway großse vngestaltte hörner auf dem haubt wůchssen, in grossem laid stůnd vnd wie ym ain wald brůder zuhilff kam, wider loß ward von den hörnern.

[118] Vnd als er also iämerlich schray, das erhöret ain ainsidel oder waldbrůder. der hett wol .xxx. iar in der wiltnuß gewonet, das er nye kain mensch gesehen hett, der gieng dem geschray nach vnd kam zu Andolosia vnd sprach: o du armer mensch, wer hat dich hergebracht oder was sůchestu in diser wiltnuß? er sprach: lieber brůder, mir ist[118] laid, daz ich ye herkomen bin, wann es ist mir übel gangen, fieng an vnd wolt jm vil sagen. do wolt er jn nit hören vnd sprach: ich hab in dreissig iaren nye kain mensch gesehen noch gehört. ich wolt gern, du wärest auch nitt da herkommen. Andolosia sprach: lieber brůder, mich hungeret so seer. habt ir nicht zu essen? der ainsidel fůrt yn in sein klausenn, darinn was weder brot noch wein vnd het nichts dann obs vnd wasser. des gelebet der brůder vnnd sach wol, das es nit speyß was für Andolosia vnd sprach tzu jm: ich will dich weißen zu kommen, da du speyß vnd tranck gnůg findest. er sprach: lieber brůder, wie sol ich tůn mit den hörnern, so ich hon? man wirt mich für ain mörwunder ansehen. Der brůder fůrt jn ainen klainen weg von seiner claussen vnd sprach: lieber sun (vnd brach ab aim anderen baum zwen öpffel) nym hyn vnd yße die. so bald Andolosia die öpffel aß, do waren ym die hörner ganntz verschwunden. do er das sach, fragt er yn, wie es zu gieng, das er so bald die hörner überkommen het vnd so bald wider daruon kommen wär. der brůder sprach: der schöpffer, der himel vnd erd beschaffen hatt vnd alles so darinnen ist, hat auch dise bäm erschaffen vnd geschöpfft vnnd yn die natur also gegeben, das sy solliche frücht bringenn vnnd ist auch ir geleich auff allem erttrich nit, dann allain in diser wildtnuss. Anndolosia sprach: O lieber brůder, erlaubent mir, das ich von disen öpflen müg etwann manigen nemen vnnd mit mir hynweg tragen. Der waldbrůder sprach: lieber sune, nym was dir eben ist, frag mich nit, sy sind nit mein. Ich hab gantz nichts aigens, dann ain arme sel. wo ich die dem schöpfer, der mir sy geben hat, wider kan antwurten, so hon ich wol gestritten in diser welt. ich kan an dir wol mercken, das dein synn vnd gemüt swärlich beladen vnd vmbfangen ist mit zeitlichen vnd tzergengklichen sachen. schlach sy auß vnnd kere dich zu gott, es ist ain grosser verlurst vmb ainen klainen wollust, so er hatt in disem[119] zergengklichen vnnd kurtzen leben. dise wort giengen Andolosia gantz nichts zu hertzen, gedacht als an seinen großsen schaden vnd gewan etwann manigen apfel, daruon dann die hörner wůchßen, vnd nam auch etlich der öpffel, die dy hörner wider vertryben vnd sprach zů dem brůder, das er yn durch die eer gotes weysset auff den weg, das er käm, da er zu essen funde, wann er in zwayen tagenn nichts geessen hett, dann die vier öpffel: vnd ob ich mer püren oder öpfel gnůg fund in diser wiltnus, so törst ich der andren frücht nit essen. der brůder fůrt jn auff ainen weg vnnd sprach: nun gang den weg gerad für dich, so kommestu an ain braittes wasser, das ist ain arm von dem spaniolischen mör vnd wenn du dar an kommpst, ist denn wasser da, so wart, gang nit daruon, wann es ist ain flůtt vnd wirtt trucken vnnd so bald es trucken wirtt, so heb dich auff vnd gang eylenntz gen ainem hohen turen, den du wol sehen wirst vnd saum dich nit lang, das dich die flůt nit begreiffe oder du müßtest darinn beleiben, vnd wenn du zu dem mör kommest, nit verr daruon, so findest du ain gůt dorf, darinn ist brot, flaisch vnd andere leibliche speiß. Er dancket dem brůder fast vnd vleissiklich vnd nam von ym vrlob vnd thet, wie er yn gehaißsen het vnd kam mit allem lieb über die flůt zu dem turen und zu dem dorff. da aß er vnd tranck vnd bracht den leib wider zu krefften, der doch swach vnd blöd was.

Vnd als er nun zu ym selb kam, do fragt er, wo er den nächsten gen Lunden in Engeland käme, ward ym gesagt, wie es noch ain verrer weg wär, vnd wär noch in Hybernia. so müßt er durch das künigreich Schotten, denn so hůb erst Engeland an, so leg Lunden weit im land. Do Andolosia hort, das er so verr von Lunden was, ward er vnmůttig vnd het nit gemaint, das er zehen meil von Lunden wäre gewesen. Auch so was ym layd vmb die öpffel, so er trůg, wann er besorget, solt er lang vnderwegen sein, die öpffel wurden schaden nemen oder möchten faulen. vnd als die leüt marckten, das er gern gen Lunden wär gewesen, do weißten sy yn in ain grosse stat nit verr von dannen, die lag an dem mör vnd was ain port des möres, da schiff von Engeland, Flandern vnd von Schotten[120] hyn kommen vnd da selbst fand er schiff, die yn gen Lunden fůrten. Er hůb sich bald auff vnd kam in die stat, da er hyn gewisen ward vnnd fand da zu seinem glück ain schiff, das was von Lunden, da er auff sass vnd fůr vnd kam gelücksamigklich vnnd mit allem lieb dahyn. vnd als er nun gen Lunden kam, ließ er ym das ain aug verleymen vnnd satzt auf ain gemachtes hare, dardurch er gar unbekannt was, vnd nam ain tischlin, satzt sich für die kirchen, da er wol wißt, das Agripina, die iung küngin, hinein geen wurd vnd legt die öpffel auff ayn schön weyß tůch vnd růft: öpffel von Damasco! vnd wenn man jn fragt, wie er ainen gäb, so sagt er: vmb drey cronen, so gieng yederman daruon. jm wäre auch laid gewesen, das sy yederman kauft het. vnd also in dem so kommpt die künigin mit iren iunckfrawen vnnd dienern vnd ir kamermaisterin mit ir. do růft er aber: öpffel von Damasco! die künigin sprach: wie gibst du ainen? Er sprach: vmb drey Cronen. Sy sprach: was künden sy doch, das du sy so teür gibst? Er sprach: sy geben ainem menschen schöne vnd darzu scharpfe vernunft. do daz die iung künigin Agripina hort, do befalch sy irer kamermaisterin, das sy zwen kauffet, als sy auch thet. Andolosia legt seinen kram wider ein, wann jm wolt niemandt meer abkauffen vnd als aber die kunigin haim kam, baitet sy nit lang vnd aß die zwen öpffel, vnd so bald sy die geessen het, von stunden an wůchssen ir zway grosse hörner mit ainem grossen haubtwee, daz sy sich legt auff ir bett. Do aber die hörner auf ir stat geschossen warn vnd ir das haubtwee gelegen was, stůnd sy auff, gieng für ainen spiegel, so sy hett in ir kamer, vnd do sy sach, das sy also vngestalter vnd hoher hörner zway het, fiel sy bald mit iren baiden henden daran vnd maint sy von dannen zů reissen, das aber nit gesein mocht. do růst sy zwaien edlen iunkfrauen. do sy die künigin also sahen, erschraken sy ser vnd gesegneten sich, machten vil creütz vor ir, als ob sy der böß gaist wär. die künigin was so ser erschroken, das sy nit reden kund. sy sprachen: o gnädigste künigin, wie ist das zugangen, das eüer adelichen person ain sollich vngestalt entpfangen hat? sy antwurt ir, sy wißt es nitt.[121] Ich haltt, es sey ayn plag von gott oder aber es kommet mir von den öpflen von Damasco, so mir der vngetrew s kramer tzu kauffen gegeben hatt. Nun helffent vnnd radten, ob ir mir der hörner möchten abhelffen. die mägt zugen vast daran. die hörner ragten sich aber nit. do brachten sy ain sail vnnd bunden das an die hörner vnd zugen sy über ain stangen auf vnnd hauchten sich vnden an ire füße in der hoffnung, sy wolten ir die hörner auß dem kopff zerren, das laid sy gar gedultigklich. als sy aber sach, daz sy so vest stůnden vnd kayn bewegen nit helffen wolt, ward sy ye lenger ye mer bekümeret vnnd sprach: O ich ellende creatur, was ist mir nun nütze, das ich aynes künges tochter vnnd byn die reychost junckfraw, so auff erden lebt vnnd den preiss von schöne über andere weyber hab, Vnnd nun aber yetzund ainem vnuernünfftigen tier geleich sich! o, das ich ye geporn warde! kan man mir nitt der vngestalt abhelffen, So will ich mich selbs in der Dynis, das ist ain groß schiffreiches wasser, so an dem pallast hyn fleüßt, ertrencken, wann ich mag nitt gesehen werden. ir oberoste iunckfrauw aine fieng an sy zu trösten vnd sprach: gnädige künigin, ir solt nicht also verzagen. hond ir die hörner also künden überkommen, so steet auch darauf, das sy wider künden hynweg geen. Auch so solt ir eüch verhaissen gen vnser lieben frauwen Vestminster, die grosse wunderzaichen thůt vnd gen Sant Thomas gen Candelberg vnd dahyn ewer opffer senden. die mügen eüch umb gott erwerben, das ir wider werden wie vor. dartzu so seind tzu Lunden souil wol vnd hochgeleert artzet, kan hartt gesein, sy wissen vnd finden geschriben, auß was vrsprung sollich gewechß entspringt vnd war mit solliches vertriben mag werden. die red genieten ir wol vnd sprach: so sagen niemant daruon, vnd ob yemant mir nach frag, so sprecht, ich sey nit stark vnd wöll niemand zu mir lassen, vnd ließ zurichten guldine, kostliche opffer vnd santt die, da sy es dann verhayßsen hett. vnnd die alt, ir kamermagt, het auch frag bey den artzten vnd legt yn für, wie das ain person, ir angeborner freünd, dem wären zway hörner gewachssen, ob die zůuertreiben wären oder nit. do die ärtzt das horten, nam sy wunder, das ainem menschen solten[122] zway horner wachssen, vnd ain yeder begert mit grosser begird, das mensch zusehen. die magt sprach: ir mügen die person nit gesehen, ir wissen ir dann zu helffen, vnnd wer das künd, dem wurd wol gelonet. Ir kainer was so behertzt, das er sich getörst vnderston, die hörner zu vertreiben, sy hetten es nye mer gehört, gelesen noch gesehen. Vnd do die artzt der magt die sach also gantz abslůgen, ward sy anmůtig, het gern gůte mer haym bracht vnd als sy aines artzts gar verzweiflet, wider zu hoff kort vnd haim geen wolt,

Quelle:
[Anonym]: Fortunatus. Halle a.d.S. 1914, S. 118-123.
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