Des Knaben Abendgebet

[134] 1813.


Die Welt tut ihre Augen zu,

Und alles wird so still,

Auch ich bin müde, und zur Ruh'

Ich nun mich legen will;

Ich leg' im stillen Kämmerlein

Mich in mein Bettchen warm,

Und Engel sollen Wächter sein

Vor jedem Trug und Harm.


Du, lieber Gott, der uns die Nacht

Mit Mond und Sternen schuf,

Der himmlisch uns das Herz gemacht

Für himmlischen Beruf,

Der uns den lichten Himmelschein

Gesenkt in tiefe Brust,

Damit wir sollen selig sein

Durch deiner Liebe Lust.


Du, lieber Gott, du gehst mit mir

Ins stille Kämmerlein

Und stellst die Wächter an die Tür,

Die Engel fromm und fein;

Sie treten leis und sanft daher

Und halten treue Hut,

Daß diese Nacht und nimmermehr

Uns nichts was Leides tut.


Nun habe Dank für jeden Tag

Und Dank für jede Freud'.

Ich weiß nicht, was ich beten mag

Mit rechter Herzlichkeit;

Du weißt am besten, was ich will,

Du liebster, treuster Hort,

Drum bin ich mit den Lippen still,

Gott ist mein einzig Wort.

Quelle:
Ernst Moritz Arndt: Werke. Teil 1: Gedichte, Berlin u.a. 1912, S. 134-135.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte
Gedichte