Paradiesisches Weinlied

[36] 1807.


Von der Sonne geboren, glüht

Licht des Lebens im Pokale.

Was das Auge für Wunder sieht

Blitzen auf in seinem Strahle,

Au'n und Bäume tanzen herum,

Aus den Herzen blüht Elysium,

Götter kommen,

Alle Frommen

In dem Himmel sehn sich um.


Seid gegrüßet, ihr Sel'gen! Seid

Heil'ge Väter uns willkommen!

Habt im Leben euch baß gefreut,

Oft ein Räuschchen mitgenommen:

Noah, Moses, Pythagoras,

Solon, Plato füllten das Glas,

Zechten fröhlich,

Schlürfen selig

Nun mit Engeln Nektarnaß.


Brüder, munter! Die Zeit ist schnell,

Lust und Jugend sind vergänglich,

Aber schaut, in dem Becher hell

Blühet Wonne überschwenglich.

Kränzt mit Rosen Stirnen und Haar

Und im Weine schauet so klar

Himmel offen,

Was wir hoffen,

Trunkner heil'ger Sel'gen Schar.


Süßes, glühendes Sonnenkind!

Goldner Wein voll Lebensflammen!

Wodurch Menschen verbrüdert sind,

Bringest du in Lust zusammen;[36]

Dein und Cypriens heißet die Nacht,

Die zu Göttern Sterbliche macht. –

Heisa munter!

Sonn' ist unter,

Liebe glänzt und Sternenpracht.

Quelle:
Ernst Moritz Arndt: Werke. Teil 1: Gedichte, Berlin u.a. 1912, S. 36-37.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte
Gedichte