21.

[60] O wie sehr tut mich verlangen

Nach den süßen Himmelsauen,

Wo die Tage selig prangen,

Wo die Nächte Wonne tauen,

Wo die Unschuld und die Freude

Stehn als Himmelswache beide!


O wie sehr tu' ich mich sehnen

Nach den süßen Paradiesen,

Nie benetzt von Trauertränen

Wie die kalten Erdenwiesen!

Himmelsrosen, Himmelsnelken

Blühen dort, die nie verwelken.


O die schönen Reigentänze,

Welche selige Engel schwingen!

O die immergrünen Kränze,

Die der Frommen Stirn umschlingen!

Land der Sehnsucht, Land der Frommen,

O wann werd' ich zu dir kommen!
[60]

Ach! die Erde ist ein Schwanken

Auf und ab von Ruh' zum Streite,

Himmel wollen die Gedanken,

Doch die Sünde stellt auf Beute:

Drinnen lechzet Sternenliebe,

Draußen locken Erdentriebe.


O du süßer Himmelsfrieden,

Komm mit deiner Engelmilde!

Führe doch den Streitesmüden

Wieder auf die Lustgefilde,

Wo wir wie die Kinder spielten

Und nur Lust und Unschuld fühlten.


Komm, du süßer Friede! kehre

Mit den Kinderfreuden wieder!

Stiller Engel, komm und lehre

Mir die alte Unschuld wieder,

Daß ich schon auf diesen Auen

Kann das Leben Gottes schauen.

Quelle:
Ernst Moritz Arndt: Werke. Teil 1: Gedichte, Berlin u.a. 1912, S. 60-61.
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