Trinklied

[178] 1817.


Bringt mir Blut der edlen Reben,

Bringt mir Wein!

Wie ein Frühlingsvogel schweben

In den Lüften soll mein Leben

In dem Wein.


Bringt mir Efeu, bringt mir Rosen

Zu dem Wein!

Mag Fortuna sich erbosen,

Selbst will ich mein Glück mir losen

In dem Wein.


Bringt mir Mägdlein, hold und mundlich

Zu dem Wein!

Rollt die Stunde glatt und rundlich,

Greif' ich mir die Lust sekundlich

In dem Wein.


Bringt mir auch – das darf nicht fehlen

Bei dem Wein –

Echte treue, deutsche Seelen

Und Gesang aus hellen Kehlen

Zu dem Wein.
[178]

Klang dir, Bacchus, Gott der Liebe,

In dem Wein!

Sorgen fliehen fort wie Diebe,

Und wie Helden glühn die Triebe

Durch den Wein.


Klang dir, Bacchus, Gott der Wonne,

In dem Wein!

Ha! Schon schau' ich Mond und Sonne,

Alle Sterne in der Tonne,

In dem Wein.


Höchster Klang, wem sollst du klingen

In dem Wein?

Süßestes von allen Dingen,

Dir will ich's im stillen bringen

In dem Wein.

Quelle:
Ernst Moritz Arndt: Werke. Teil 1: Gedichte, Berlin u.a. 1912, S. 178-179.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte
Gedichte