Die Frau Rat erzählt:

Es war an einem recht sommerlichen Tag, ich denk nach, was aus dem lieben Sonnenschein all werden soll, den ich da so mutterselig allein in mich fressen muß: – es wird Mittag, die Türmer blasen derweil den Ablaß meiner Sünden vom Katharinenturm herunter. – In dieser Welt, wo Böses und Gutes oft in so herzlicher Umarmung einander am Busen liegen, da haben irdische und himmlische Angelegenheiten gar einen künstlichen Verkehr; an so einem melancholischen Feiertag, da verschmäht der Teufel auch eine falsche Trompet nicht, um den Menschen aus seinem geduldigen Seelenheil herauszublasen, opfre den Verdruß, den du davon spürst, Gott auf, und die Kreide von der Rechnungstafel deiner Sünden ist heruntergewischt, denn lieber als das Sündengestöhn, was falscher klingt als die Sünd selber, will Gott den Teufel falsch blasen hören. Die Langeweil ist nun ganz apart an einem Sonntag in der Stadt Frankfurt, aber gar an so einem lange staubige Sommertag, wo man sich in die Sonn stellt und denkt wie ein angezündt Licht am hellen Tag, vor was bist du da? – alles kann bestehn ohne dich! oder: alles geht ja doch konfus, und mit dem Zweifel, ob der blaue Dunst da oben wohl doch der Himmel sein könnt, streckt man sich am End seiner Erdentage aus den Erdensorgen heraus mit den Himmelssorgen auf dem Herzen und bedenkt nicht, daß alle Sorge Irrtum ist.

An so einem langweiligen Tag also, wie der Türmer wirklich in einer der Musik sehr mißgünstigen Stimmung in die Stadt herunter blies, – ich meint als, wenn mir der jung Wein nur nicht auf dem Faß säuerlich wird: – eine rauhe Halsarie wie heut, und die Sonn schien mir auf die Nas, daß ich nießen mußt, und die Lieschen bekomplimentiert mich da drüber, da schellt's – ich ruf: »Guck einmal, wer's ist.« »Ei, es ist der Frau Bethmann ihr Bedienter, ob Sie wollte heunt nachmittag mit ins Kirschenwäldchen fahren?« – Ei was? – Ei freilich! Was werd ich nicht wollen fahren an diesen einzigen Pläsierort vor allen schönen Orten in ganz Deutschland, wo die Kirschen wie die schönste Rubinen im smaragdnen Blätterschmuck an den Bäumen hängen, wo die Frankfurter Sonnenstrahlen ein Goldnetz durchwirken und der Himmel sein blaues Zelt mit silbernen Wolken drüber spannt. – Jetzt sag ich, wir wollen präzis zwölf Uhr essen, dann wird alles zurecht gemacht zum Abend, wann ich heim komm, da wird meine Wasserflasche hingestellt, das Bett zurecht gemacht, damit mir die Zeit vergeht, bis die Füchserchen angetrabt komme, dann setz ich meine Haub auf, bloß die mit den Spitzen. »Ei, wollen Sie net die mit den Sternblume auf setzen, die steht schöner!« –[13]

Nein, die will ich nicht aufsetzen, man muß bescheiden sein in der schönen Natur und sie nicht überstrahlen wollen, es gelingt einem doch nicht. Was meint Sie denn, daß so ein Kranz von papierne Blume zu sagen hätt da draußen auf der grünen Wies? Ei, ich setz den Fall, ich könnt der Stadtherd begegnen, so könnt mich ja der Brummelochs mit einem einzige Maul voll Dotterblume, die er vom Weidanger mit seiner lange Zung in einem Hui zusammenrafft und wegschnappt, in die größt Beschämung versetze, daß er frißt und verdaut, was die Frau Rat in Papier nachgemacht zum Putz auf dem Kopf trägt. – Jetzt ohne weiter Federlesen die Spitzehaub eweil auf der grünen Bouteille aufgepflanzt, dann die Filethandschuh ohne Daumen, daß ich sie nicht brauch auszuziehen beim Kirschenessen, das Körbchen nehm ich mit, daß ich kann Kirschen mitbringen – die kleine schwarze Salopp und den Sonneparaplü, denn um die jetzig Sommerzeit kommt häufig so ein klein erquicklich Regenschauerchen mitten durch den Sonnenschein. Da lacht's und flennt's zu gleicher Zeit am Himmel. – Nun ist alles in Ordnung – so wird der Tisch gedeckt und aufgetragen – denn zwölf Uhr ist schon vorbei – was gibt's heut? – »Brühsupp.« Fort mit, ich mag keine. – »Aber Frau Rat, Ihne Ihr Magen!« – Aber ich will keine Supp, sag ich; komm Sie mir nicht an so einem schöne Sommertag mit Ihren Magensorgen an, was gibt's noch? »Stockfisch aufgewärmt von gestern und Kartoffel.« Den Stockfisch laß mir vor der Nas eweg, der paßt nit zu meiner Stimmung, ich mag mir keinen Stockfischgeruch in den Vorgeschmack aufdampfen lassen, den ich von dem Blumenduft draus auf der Wies schon in Gedanken genieß, aber die Kartoffel bring Sie, an denen verunreinigt man die erhabenen Gedanken nicht, die könnt so ein indischer Priester in seiner Verzückung ungestört genieße. – Ich glaub gewiß, die sind aus dem Manna gewachse, das vom Himmel fiel, wie die Juden in der Wüst in der Hungersnot waren, das war so ein verzettelter Mannasame, aus dem sind dann die Kartoffeln gewachsen, die vor aller Hungersnot bewahren. Ja, damals hatten die Juden noch eine Wüst, wo sie sich niederlassen konnten, jetzt ist keine Wüst mehr da, und wann die närrische Häns nicht fliegen lerne wie die Raubvögel, daß sie als manchmal auf eine vorüberfahrende Segelstang sich könne setzen wie die Zugvögel, so weiß ich nicht, wo sie werden bleiben, in der Wüste waren sie nit so gierig, hätten sie damals alles verschlungen, so wär kein himmlischer Mannasamen übrig geblieben, und ich wüßt nicht, was ich heut essen sollt, und jetzt geb nur künftig ohne Widerred allemal dem Betteljud zwei Kreuzer, sooft er kommt, denn wir könne den Juden das nicht genug Dank wissen, daß wir Kartoffeln essen. – Nun war das Essen noch nicht all, es kam noch eine gebratne Taub. – Ich hatte Appetit, fliegt mir grad eine lebendige Taub vors Fenster und rucksert mir lauter Vorwürf ins Herz. Ich fahr ins Kirschenwäldchen, und das arme Tier mit verschränkte Flügel, mit denen es sich hätt können in alle Weltfreude schwingen, liegt in der Bratpfann. Der Christ jagt die halb Natur durch den Schlund, damit er auf der Erd kann bleibe, um sein Seelenheil zu befördern,[14] und dann macht er's grad verkehrt. – Nun kurz, der Vorwurf von der Taub am Fenster lastet mir auf dem Herzen, ich kann keinen Bissen essen. – Die Taub wird unberührt wieder in die Speiskammer gestellt, ich zieh mich derweil an, um der Ungeduld etwas weiszumachen, die Spitzehaub wird von der Bouteille heruntergenommen, aufgesetzt, und die Nachtmütz wird draufgestülpt, damit ich sie heut abend, wenn ich nach Haus komm, gleich auswechsle kann, noch eh Licht kommt; das ist so meine alte Gewohnheit. Nun sitz ich da mit meinem Sonnenschirm in der Hand im besten Humor und lach die Lieschen aus, mit ihrer Angst wegen meinem leeren Magen. – Ich guck auf die Uhr – der Wagen kommt gerappelt, den alten Johann, ein ganz gescheuter Kerl, hör ich schon an seinem gewohnten Gang der Trepp herauf kommen. – Lieschen, geschwind lauf Sie hinaus auf den Vorplatz an die Tür, eh's schellt. Da schellt's schon, die Lieschen macht die Tür auf, da steht ein goldbordierter Herr mit einem dreieckigen Hut und guckt mir ins Gesicht, und mein alter Johann kommt hinten nach. – Ich sag zu dem fremde Wundertier: Sie sind wohl einen unrechten Weg gangen! – und will mich an ihm vorbei machen, aber weil er sagt: »Ich bin geschickt von Ihro Majestät der Frau Königin von Preußen an die Frau Rätin Goethe!« – so guck ich ihn an, ob er wohl nicht recht gescheut wär. – »Und« – fährt er fort – »die königlich Equipage werden um zwei Uhr kommen, um die Frau Rätin nach Darmstadt abzuholen, mit Ihrer Majestät sollen Sie den Tee trinken im Schloßgarten!« – Ich sag: Johann! jetzt hör Er einmal, was das vor Sachen sind! wenn einem eine Bomeranz aus dem blauen Himmel grad auf die Nas fällt, da soll man gleich sein Verstand bei der Hand haben und sie auffangen, das will viel heißen! – Ei, wem hatt ich denn die Kontenance zu verdanken als bloß dem Johann? Der stellt sich an die Seit aus lauter Respekt vor dem unvorhergesehenen Ereignis und guckt mich so feierlich an, daß ich mich gleich besinn, was ich mir und der Einladung schuldig bin; ich guck ihn mit einem Feuerblick an, daß der Kerl in sich geht, denn er war nah dran zu lachen. Ich sag: Mein Herr Kammerherr, oder was Sie vor ein höflicher Beamter sein mögen, rennen Sie nur wieder spornstreichs zur Frau Königin und melden, die Frau Rat werden ihrerseits die Ehre haben, die von der Frau Königin ihr zugedachte Auszeichnung anzunehmen. Und machen Sie nur, daß die Kutsch hübsch akkurat kommt, damit ich auch nicht zu spät komm, da das Warten und Wartenlassen meine Sach nicht ist. – Dabei macht ich so große Augen, daß der preußisch Hoflakei gewiß seine Verwundrung wird gehabt haben über den besondern Schlag Madamen aus der freien Reichsstadt Frankfurt. Man muß seine Zuflucht nehmen zu allerlei Künsten, um seine Würde zu behaupten. Wer kann sonst Religion in die Menschen bringen? Daß so ein Hofschranz Respekt hätte vor einem Bürger, dazu ist er einmal verdorben; da muß man auf Mittel denke, wie er den Kopf ganz verliert und nicht weiß, was er dazu sagen soll. Da fiel mir der Türklopper ein von unserm Aderlaßmännchen, dem Herrn Unser, das ist so ein Löwenfratz, wie sie am Salomon seinem Thronsessel zur Verzierung angebracht sind. Den[15] mach ich nach; – damit jag ich meinen Herold in die Flucht, er nimmt die Bein an den Hals und rennt der Trepp herunter. Ich bleib stockstill stehn, die Lieschen bleibt stehn, der Johann rührt sich nicht vom Fleck, bis wir die Haustür zumachen hören. »Frau Rat,« sagt der Johann, »Sie werden also jetzt unmöglich ins Kirschenwäldchen fahren, und da werd ich dann bestelle, warum Sie nicht mit könne fahren?« Ja, lieber Johann, und bestell Er's doch gleich im Vorbeigehn beim Perückenmacher Heidenblut, der soll gleich kommen, und erzähl Er's unterwegs alle Leut, so was muß stadtbekannt werden. – »Ja, das ist gewiß,« sagt der Johann, »und wenn mir nur das Herz nit bersten wird, bis ich herausgeplatzt bin dermit« – fort ist der Johann. – Nun guck ich mein Lieschen an, die steht vor mir wie nicht recht gescheut und zittert an alle Glieder. Ei, Lieschen, sprech ich voll Verwunderung, wie kommt's, daß Ihr die Haub hinderst der vörderst sitzt, das war doch vorher nicht? – Und ich weiß nicht, wie das möglich war! es ist doch wunderlich, wie bei überraschende Gelegenheiten die Spukgeister sich allerlei Schabernack erlauben mit solchen Leut, die der Sach nicht gewachsen sind. Das war nun mein Lieschen wirklich nicht. Sie konnt nichts finden, weder Zwickelstrümpf noch Schuh, noch sonst ein Kleidungsstück, kein Rock konnt sie mir ordentlich über den Kopf werfen. Wenn ich nun auch den Kopf verloren hätt, ich wär nicht fertig geworden. Jetzt sag ich: Bring Sie mir einmal die gebratne Taub wieder herein, denn ich verspür über die königlich Geschicht ein schreiende Hunger. Und nun schmeiß Sie die Nachthaub von der Bouteille herunter – ich werd aber auch noch meiner Seel den ganzen Stockfisch herunter fressen. Nun schenk Sie mir ein Glas Wein ein, ich muß Feuer in den Adern haben. Der Perückenmacher war gleich herbei, über die unbegreifliche Nachricht hat er in seinem stumme Erstaune mich aufgedonnert, und nun mußt er mir die Haub aufsetze mit den Sternblumen. Es war ein Heidenpläsier, fingerdick Schmink hat er mir aufgelegt, »die Frau Rat sehn superb aus,« sagt der Herr Heidenblut. Und die Liesche stand wie eine Gans vor mir, als ob sie mich nicht mehr kennte. – Nu wir verbringe noch so ein Zeitchen vor dem Spiegel, links die Lieschen mit der verkehrte Haub, denn die hat sie noch nicht Zeit gehabt herum zu kriegen, rechts der Herr Heidenblut mit dem Kamm hinterm Ohr, ganz verzückt in mein Lockenbau, ich in der Front mit einem feuerfarbne Schlepprock mit doppelte Florspitzen, Diamantbracelett, echte Perlen um den Hals, ein Schlupp von Diamante vorgesteckt. Nun es war zum Malen, die drei Personagen da aus dem Spiegel herauslachen zu sehen. Wir wurden ganz lustig und dachten nicht, wie die Zukunft mir auf den Hals gerückt kommt. Wenn ich doch an all die charmante Witze von Heideblut mich noch erinnern könnt, er mußt sich hinstellen, und ich macht mein Probkompliment vor ihm, er versteht's. Er frisiert ja die allerhöchste Theaterprinzesse. – Da kommt's aber wie ein Sturm angerennt und hält still vor der Haustür. Rutsch – vier Pferd und zwei Lakaie hinten drauf, noch ohne den Kutscher. – Jetzt kommen sie herbeigestolpert, faßt mich ein jeder unterm Arm und tragen mich schwebend[16] in die Kutsch. Schad, daß die Fahrt nicht mit meine vier Pferd durch die Bockheimergaß geht am Haus vom Herr Bürgermeister vorbei – aber das Glück bescherte mir unser Herrgott noch, denn kaum biege wir im volle Trab um die Eck, stoßen wir auf die Bürgermeisterskutsch, mitsamt dem Herrn Bürgermeister von Holzhausen drin mit seine zwei Lakaien hinten drauf mit ihre alte abgelebte Haarbeutel, – ich auch – aber meine Haarbeutel waren ganz neu. In vollem Rand fahren wir vorbei am Herrn Bürgermeister, ich grüß feierlich mit dem Fächer und hab das Pläsier zu sehn, daß mein Herr von Holzhausen im Wagen sitzen, versteinert, und sehn mich nicht mit ihre Glotzaugen; er streckt den Kopf heraus, aber umsonst, wir flogen wie der Wind vorbei.

Sollt ich nun alle Gedanken erzählen, die mir auf meiner Reis bis Darmstadt eingefallen sind, so müßt ich lügen, denn ich war sozusagen auf einer Schaukel, die schlecht in Schwung gebracht war, bald flog ich dort hinaus, bald wieder nach der andren Seit, bald dreht sich alles mit mir im Durmel herum, dann dacht ich wieder, wie ich's alles meinem Sohn wollte schreiben, und da fing mir das Herz an zu klopfen. Ich konnt's vor Ungeduld nicht behaglich finden in der Kutsch – ich fing an, die Kastanienbäum zu zählen in der Allee, ich wollt probieren, ob ich's könnt bis hundert bringe, aber ich bracht keine zehn Bäum zusammen, da waren meine Gedanken wieder wo anders. Einmal kam mir ein gescheuter Gedanken, ich dacht, was hab ich dervon? ist mir die Geschicht angenehm? – sollt sie mir nur noch ein einzigmal wieder begegnen, da würd ich mich schon besinne, daß sie mir langweilig wär. Was war das heunt morgen vor eine Komödie, was ist mir vor eine Hitz in den Kopf gestiegen, und nun steck ich in einer zweifelhaftigen Unbequemlichkeit – wo ich da hingeh zu fremde Leut, die gar nicht dran denke, wer da angerumpelt kommt. – Ohne Courage kein Genie, hat mein Sohn immer gesagt, und will ich oder nicht, so muß ich doch einmal die höfliche Schmach auf mich nehmen, mit gesundem Mutterwitz dort in dem Fürstensaal vor einer eingebildten Welt zu paradieren und bloß für eine Fabelerscheinung mich betrachten zu lassen, ja die Welt steht auf einem Fuß, wo keiner an die Wirklichkeit vom andern glaubt und sich doch selber vergnügt fühlt, wenn er nur von so einem Scheinheiligen bescheinigt ist. Nun alleweil kamen wir wie ein Sturmwind angerasselt, ganz erschrocken, daß ich schon da bin, wie ich eben vor Ungeduld mein, es wird nie dazu kommen. Ich steig aus, die Bediente renne wie ein Lauffeuer vor mir weg. Ei, ich kann da nicht wie eine Lerch mich ihnen nachschwingen, ich seh den Augenblick kommen, wo ich weder Bediente noch Weg mehr finden kann. Ich hatt mich ein bißchen versäumt gehabt, die Krumplen aus meinem Staatskleid herauszuschüttlen, da waren sie unterdessen in einer Allee verschwunden wie ein paar Irrlichter, wir waren auseinander kommen, ich geh so dem Gehör nach, immer im Kreis ums Hofgezwitscher herum, immer näher, bis ich endlich aus meinem Schattenreich heraus unter den aufgepolsterte Hoftroß trete. Ich hielt mich im Hintergrund mit meinen Beobachtungsgaben, grad wie ein[17] General bei einer Position, die er dem Feind abluchsen will. Denn überraschen laß ich mich nicht, Mut hab ich, womit ich den Leuten, wenn sie den Kopf verlieren, ihn oft wieder zurecht gesetzt hab. Ja bei Gelegenheiten, von denen eine Frau keinen Verstand zu haben behauptet wird, da steht als dem Mann derselbig ihm allein zugemeßne Verstand still, daß er wehklagt: Ach was fangen wir an? – Da antwortet die Frau und schlägt dem Nagel auf den Kopf. – Die Welt wird immer hinkend bleiben, wenn der Verstand auf dem Mann seiner Seit hinüber hinkt, mit dem er die verrückte Weltangelegenheiten so schwermütig hinter sich drein schleppt. Was batt's den große Weltgeist, daß er das Eheprinzip in sich trägt, wenn der männliche Verstand ein Hagestolz bleibt. – Also die erst Bemerkung, die ich mach in dem mich umgebenden Hofzirkel, ist die, daß meine amarantfarbne Schleppe nicht grad ein guter Passepartout ist, denn nicht ich mit meinem Vierundzwanzigpfünderblick, nicht meine Person wird mit neugierigen Augen betracht, nein, die wird übergesehn, aber meine Falbelas, meine Taille, meine Frangen, von unter herauf, immer höher und höher werd ich scharf examiniert, bis sie endlich zur Florfontage kommen, wo die Sternblumen drauf gepflanzt waren, da halten sie an und entdecken, daß auch ein Gesicht mit kommen war, da prallen sie wie der Blitz auseinander und melden meine Erscheinung der Frau Königin, die kommt mit einem ehrfurchtsvoll gehaltnen Schritt auf mich los, ich – gleich salutiere mit einem Feuerblick vom erste Kaliber, und nun mache alle Leut Platz, und die Frau Königin wie eine schöne Götternymph führt mich an ihre Hand, und der Wind spielt in dem schneehagelweiße Faltengewand, und ein Lockenpaar, das spielt an auf jeden Tritt, den sie tut, und die blendende Stirn und die wunderschön blaßrote Farb von ihrem Gesicht und der freundlich Mund, der ganz voll allerlei Geflüster mich anspricht, verstanden hab ich's nicht, ich war durmlich von Vergnügen und konnt auch nichts weiter vorbringen als: hochgeschätzter Augenblick und liebwerteste Gegenwart und wundernswert vor Götter und Menschen – und wie sie erst die Kett vom Hals sich losmacht und hängt sie mir um, und der ganze Hofkreis trippelt und guckt. Ich hab innerlich den Apoll und den Jupiter angerufen, diese menschenbegreifende Götter sollen mir beistehn, daß ich vernünftig bleib und nicht alles um mich her für wunderliche Tiere halt, denn alle diese vornehmen Hofchargen kamen mir vor wie ein heraldischer Tierkreis. Löwen, Büffel, Pfauen, Paviane, Greife, aber auf ein Gesicht, das menschlich schön zu nennen wär, besinn ich mich nicht. Das mag davon herkommen, weil diese Menschengattung mehr eine Art politischer Schrauben oder Radwerk an der Staatsmaschine und keine rechte Menschen sind. Harthörig, hartherzig, kurzsichtig, stolz und eigensinnig Volk, und es gehört immer der Zufall und ein Verdienst um sie, absonderlich aber ihre eigne Laune dazu und noch gar viel andre Künste, um von ihnen bemerkt und gehört zu werden. Schreien und Poltern oder gar recht haben hilft gar nichts bei ihnen, ja besonders das Rechthaben, das kommt der politische Staatsmaschine ihrer[18] hochtragenden Nas immer in die Quer. »Was soll das heißen, daß man mit seim Recht an die widerrennen tut?« – Sollte das Schicksal diese Nas ausersehen haben, daß sie drauf falle, das wär kein Schaden; darum muß man ihr Platz machen. Ja von solchen ist kein christlich Gesinnung zu erwarten, das ist übrig. Man soll seines Bestallungsbriefes an die Natur sich erinnern, wenn man was mit ihne zu verhandeln hat, damit man an der doppelschneidig-weltbürgerliche Politur nicht auch mit seinen edleren Gesinnungen als ausglitscht. Das fehlte noch, daß man wie ein Lauskerl vor sich selber dasteht und darf nicht in den Spiegel gucken vom eignen Gewissen. – Solche Gedanke hatte ich in dem Tierkreis, wo die Ordensbänder und Stern und goldblitzende Staatsröck rund um mich herum blinkerte wie im Traum, und wie im Traum dacht ich, wenn ich König wär, ich hielt mir eine aparte Insel vor das heraldische Tiervolk, da könnten sie so fortleben, bis sie sterben wollten, aber mir jederzeit unter den Füßen herum zu grabeln, daß man alle Augenblicke über sie stolpern müßt, das litt ich nicht.

Wenn man aber nun bedenkt, daß diese absonderliche Abart von Menschengattung eigens da ist, um mit ihrem närrischen Egoismus die Regenten zu unterstützen bei den Weltangelegenheiten, soll's einem da wundern, wenn da alles, was geschieht, einem wider den gesunde Menschenverstand lauft? Aber das kann einen wundern, daß die Menschen sich's gefallen lassen, von denen sich regieren zu lassen, statt von ihrem angestammte Herrn, dem diese heraldische Untiere den Kopf toll machen. So ein Staatsbeamter ist wie ein Schafbock, vor Begeisterung über sich hat er den Dreher, hoffärtig ist er, vor was hat er Hörner, damit er um sich stoßen kann auf die demütigen Leute, die was von ihm zu fordern haben, ohne daß er acht zu geben braucht, wen's trifft. Ei, was kommst du mir zu nahe, siehst du nicht, daß ich Hörner hab? Das ist die Rechtfertigung. Nichts lieber tut so einer als geschwind Antwort geben, weil er da die Geistesgegenwart mit vorstellen will, und da gibt er denn auch gleich eine abschlägige Antwort, weil er meint, daß er sich damit selber nichts vergibt, und wenn man denn mit seinem guten Recht will eine Einwendung machen, da hilft's eim nichts, denn es ist Staatsprinzip, das Unrecht nicht wieder gut zu machen, an dem halten die närrische heraldische Tiere wie die Klette. Ei warum dann nur? – Nun? – Von leere Köpf, in denen der Hoffart sich eingenistet hat, von große Bäuch, wo viel mühselige Verdauungsgeschäfte drin vorgehn, kann man nicht fordern, daß sie auf Kosten dieser beiden Punkte eine feurige Partei ergreifen für die Menschheit. – Die Exzellenz sein ganz abgeäschert, sagt so ein neuer Kammerdiener in der neuen Livree von einem neuen Beamten. Ei von was? – Ei vom Beraten fürs Menschenwohl, das können sie gar nicht gewohne werden. – Ei, fort mit euch, ihr heraldischen Tiere, auf die grüne Insel, wo eure Vettern, die Paviane, und noch allerlei antediluvianische Naturexkremente vom vorige Jahrtausend als Naturseltenheite bewahrt werden. – – Nun während ich über den Darmstädter Tierkreis meine Glossen mach, wovon ein nicht unbedeutender Teil mit besterntem Bauch mit übereinander[19] schielenden Blicken und überlegenden Mienen des Menschenwohls da unter der Herd herumstolpern, spür ich deutlich, daß ich in dem Verwunderungsstrudel dagesessen hatte wie ein Schaf. Ich schäme mich, daß ich sollte mit einem so unscheinbare Antlitz die freie Reichsstadt vertreten, ich such mir eine andere Physiognomie aus, den Frankfurter Adler. No! – wie der Adler, wenn er Donner und Blitz bewacht, so sitz ich da, und die lieb Sonn, ohne Urlaub zu nemme, setzt sich auf den Reisefuß und ging hinter denen schöne Linde bergab spazieren, und der Mond kam herauf, auf den mit allerlei poetische Spekulatione angespielt wurde, ich mußt lachen über die empfindungsvolle Tonarte, in welche die Gesellschaft da überging. Nun, ich kann nicht alles aus dem Gedächtnis hervorkrame. Ich schwieg in meiner stolze Position still, denn kein Mensch hatte mir ein Wort zu sagen, seit die Paradeßen vorbei war, ich machte daher meine olympische Adlersmiene ohne Unterbrechung fort, und da war auch nicht ein Augenblick, wo ich mir nachgegeben hätt und hätt meinem Alltagsgesicht auch nur erlaubt, durchzublinzeln. – Auf emal! – schlägt mir ein Trompetegeschmetter durchs Ohr, ich fahr aus einem tiefen Schlaf, in dem ich aller Herrlichkeiten, die um mich her vorgingen, vergessen, träume, dem Herrn Heideblut und der Jungfer Lieschen meine erlebte Abenteuer zu erzähle, und ganz vergnügt bin, daß alles überstande ist. – Ja, der vermeint Adler hat den Kopf in sein Spitzekragen gesteckt und war unbewußt seiner entschlummert über dem viele Geschwärm von alle bedeutungsvolle Momente, die mir da in eim Hui ins Alltagsleben hereingestoben kamen, und ich, als in der Meinung, meinen olympischen Götterglanz fortzubehaupten, fall aus der Roll heraus und in Schlaf. Mit natürliche Dinge war's zugegangen; denk sich einer die verschiedene Motionen, dene ich vom frühen Morgen an ausgesetzt gewesen war, es war ja alles wie ein Traum, war's da ein Wunder, daß ich's am End für ein Traum hielt und ruhig weiter schlief? – Und die Nachtdämmerung – und ich saß ja da für gar keine weitere Geschäfte, als bloß Betrachtung anzustelle, was doch die Parze vor eigensinnige Begebenheiten einem in den Lebensfaden einspinne. – No! Als ich mit einem Schrecke durch alle Eingeweide aufwach, hat sich die Szen verändert, das Gebüsch wirft keinen Schatten mehr auf dem leeren Platz, weil alles Tageslicht gewichen war, der Trompetenstoß, der mich von meinem tiefe Schlaf auferweckt hatte, war aus dem Tanzsaal erschallt, wo helle Fackeln brenne, wo die ganze Hofnympheschar in einem schwebende Tanz mit dene heraldische Kavaliere herumhüppen; aus den unterirdische Kellerhäls dampft ein köstlicher Speisegeruch, in denen sieht man die Herrn Köche mit weißen Zipfelmützen munter und alert Fett in das Feuer werfe, daß es hell aufflackert, die Champagnerflasche hört man im Plotonfeuer losknalle, und die Frau Rat, die zu diesem Göttermahl feierlichst eingeholt waren mit vier weiße Schimmel, die sitzen unter einem Vogelkirschbäumche, welche Frucht man bekanntlich nicht esse kann, und spüren Hunger.

Ja! so auf die Probe gesetzt zu werde, wo man sich selber rate soll, ohne daß[20] einem irgendeiner widerspricht, das ist unangenehm; denn im Widerspruch, wenn er einem auch in die Quer kommt, liegt doch eine Entscheidung, man besinnt sich und weiß am End, was man tun soll, aber der Nachttau, von dem mein stolzer Lockenbau einsank, und alle Steifigkeit aus der Florgarnierung war zum Teufel gangen, und nun gar noch haus zu stehn vor dem Tanzsaal mit ringende Hände, nit wisse, wie mer enein solle komme! Dazu geigen die Violinen ein fürchterliche Krätzer ins Ohr. Nun der gute Rat war einmal nit geharnischt und beritten heunt; sogar kein Lust, Tabak zu schnuppe, hatt ich mehr, was mir immer nur in dene verwirrteste Gelegenheite widerfahren ist.

Aber jetzt paßt einmal auf und gebt mir recht, denn obschon meine Erzählung nur die auswendige Welt berührt, so hat sie doch Saiten, die klingen mit großen Weltgedanken zusammen, und fast jedes Lebensereignis gibt uns einen Anlaß, daß wir uns auf eine innere Macht besinne solle und mit der den Lebensweg getrost vorwärts schreiten. Was hilft mich's, den Nachbar zu fragen, wie er an meiner Stelle denken oder handlen würde. Ei wann der sich drauf besinne soll, so konnt auch das Schicksal es ihm passieren lassen; also mit meinen eigentümliche Anlagen muß ich die meinige Begebnisse durchfechte, denn sonst verzettel ich mein Lebenslauf, denn warum? es ist kein Halt drin. Und ein Landesherr stirbt, und es kommt ein anderer, und der fragt, wie hat's mein Papa gemacht, und der hat's wie der Großpapa gemacht, und der wie der Urgroßpapa, und wann stößt man da endlich auf einen, der's aus eignem Gutdünken gemacht hat, und ein solcher war allemal ein großer Mann! ganz neue Anlage mußten dabei in ihm aufwachen. Denn Halt zu machen, dazu ist der Mensch nicht da im Leben, fertig werde kann keiner, jeden Augenblick, und wann es der letzte wär, kann noch was Wichtiges vorgehn in ihm. Was heißt das, ich bin schon zu alt, ich mag nichts mehr lerne! – Ei bist du nicht zu alt zum Atemhole, zum Essen, Trinken und Schlafen, so sei's auch nicht zum Denken. – Wer hat dir dann das weisgemacht, du wärst zu alt? – Was ist alt? – Das ist eine Fabel, oder einer müßt dann Verzicht auf die Ewigkeit tun, wozu ich aber nicht Lust hab, Widerspruch gibt's nicht in der Natur, sie ist konsequent in alle Dinge, so wird sie's auch im Geist sein. Nun, wenn ein Baum blüht, so möge vielleicht noch andere Gründe vorhande sein, die wir jetzt nicht erörtern wollen, aber gewiß ist, daß ein ganz in die Augen fallender Grund der ist, daß aus der Blüt schönes erfrischendes Obst wird; der Natur ihr Ziel ist also das Leben, sie strebt immer nach dem Lebendigen, – so schön und luftig die Blütezeit ist, so muß man doch die Zeit, wo das Obst reift, am meisten respektieren! Denke doch einmal, sie steigt herauf, die Natur, in alle Baumzweigelcher, und so schön ihr die Blütezeit läßt, und so verliebt sie auch in ihre eigne Jugendschönheit ist, sie schüttelt sie sich ab, und nun arbeit sie eifrig in der heißen Sommerzeit, alles sammelt sie, den Regen, den Sonnenbrand, bis sie ihre Kirsche zustand gebracht hat, nun gibt sie's dem Menschen hin; ist das nicht eine große Lehr, die sie gibt? – Heunt noch übersät mit den[21] schönsten roten Korallen, schüttelt sie alle herab dem durstigen Mund; ist das nicht eine zweite gute Lehr, die sie gibt, daß wir alles andern schuldig sind und sollen gar nichts veruntreue den allgemeine Bedürfnisse, und wär aber das dem Wille der Natur nach gehandelt, wenn der Baum mit seim Ältervater seim Backobst sich behängen wollt, statt erst zu blühe zum Ergötzen der Menschheit und dann gesunde Früchte zu tragen zu ihrem Gedeihen? – Ei frag doch so ein närrische Kerl, warum er doch er selber ist? – Denn originaliter zu sein, das ist erst wirklich sein, und das macht erst die Zeit zum Gepräg!

Was hilft's, daß so ein Gesicht von einem Landesherrn auf die Batzen geprägt ist, wenn er der Zeit seinen lebendigen Geist nicht einschmelzen kann, wann er ihrer harmonischen Stimmung fürs große Ganze immer mit der alt Leier den Garaus macht und jeden musikalischen Gedanken durchkreuzt und ein Scharivari draus macht? So geht's aber, wenn einer von dene alte Hutzel und Schnitzel nicht lasse will und durchaus kein frische Äpfel will zulasse zu speise, aus Furcht, es möcht vom Baum der Erkenntnis sein! – Ach welche dumme Weisheit hat doch der Mensch! welche Streiche spielt ihm der Teufel! – Du sollst nicht vom Baum der Erkenntnis essen. Das spielt ihm der Teufel in einer kleine Komödie als ersten Akt der Weltgeschichte vor. Der Mensch muß selbst eine Rolle drin übernehme und sich dabei mit Schimpf und Schand aus dem Paradies hinausjage lasse, und noch heunt hunzen einem die Prediger auf öffentlicher Kanzel aus davor, und doch war's nur ein Schabernack vom Teufel und nicht Schuld vom Menschen!

Ei, Gott wird einem ein Baum vor die Nas stelle mit wohlschmeckende Früchte und die größt Lust einem dazu erwecken und dabei auf Tod und Leben verbiete, sie anzurühren! Ei, wär das nicht Ja und Nein von dem Herrgott gesagt?

Wenn Gott den Baum wachse läßt, und du hast Appetit auf sein Obst, so speise vom Baum der Erkenntnis, so würde zum Beispiel die Sachsenhäuser urteilen und zwar mit Recht, denn alles, was du genießt, muß zur Erkenntnis werden in dir, sonst hast du nicht moralisch verdaut, und alle Früchte, die du aus dir selber reifst im Verstand und im Herzen, die sollen aus dieser Erkenntnis hervorgehen und sollen wieder Früchte der Erkenntnis reifen in den andern, und die ganze Menschennatur soll ein blütevoller und schwer mit Früchte beladener Erkenntnisbaum sein, und so ein Landesvater soll wie ein guter Wirt vom Apfelwein, wenn er die Apfelbaumallee nach Oberrath und Offebach zu gepacht hat, alle schleifende Baumzweig unterstütze und acht gebe, wann der Sturmwind in der Geschichtswelt daher gesaust kommt, daß diese mit Erkenntnisfrüchte beladne Baumzweig nicht knacke und breche von ihrer Wucht oder ihre schöne Früchte müsse fallen lassen, eh sie reif sind, wo sie dann Futter werde vor die Schwein, aber kein seelenerquickende Genuß geben: ja wer weiß, ob wir nicht selbst eine Gattung Gedankenbäum sind, die ihre Früchte tragen für andre Wesen, die in einem[22] Element wohne, was wir nicht gewahr werde, so wie das Kirschenwäldche seine Herzkirsche für die Frankfurter Bürgerschaft trägt und auch nicht den Menschen gewahr wird, der da kommt und seine Frucht abbricht und genießt. Doch kann man das nicht genau wissen, es kann leicht sein, daß der Baum sein Gärtner kennt, der ihn großgezogen hat. Daß ein Baum dem eine Gärtner lieber folgt wie dem andern, davon hat man die deutlichste Beweise, einem Gärtner vor dem andern gedeiht alles, da mag sich einer spät oder früh plagen, hat er die gesegnet Hand nicht, die dem Sträuchelchen die Blume herauslockt, so ist seine Bemühung umsonst.

Nun machen wir den Schluß so weit, nämlich daß, wann die Natur immer einen Zweck hat, auf den sie lossteuert, der Mensch auch einen hat, und wenn ich das Klaglied hör, – ich bin schon zu alt, so muß ich mich betrüben über den Unverstand, bis zum letzte Augenblick, als Gott einem die Geistessonn auf den Gedankenbaum scheine läßt, solle die Gedanke auch sich dran sonne und reifen, und daß es nicht umsonst ist, das beweist uns schon, daß es dem Menschen keine Ruh läßt, alles wissen und fühlen zu wollen, alle Arte von Erfahrung machen zu wollen. Ei, unser Herzog Karl von Weimar hat als so ein junger Fürst, als er war, immer die größt Begierd gehabt, alles zu verstehn. Wie oft hat er zu meinem Sohn gesagt, nur eine vierundzwanzig Stund möcht er in der Höll sein, um alle Erfindungen zu sehen, die von dem Teufel gemacht werden, um sich zu frischieren in ihrem Backofen, und wie sonst ihre Zeit sie zubringen, denn von den Himmelsbewohner wissen wir, daß sie mit Musik sich die Zeit vertreibe, mit Hosiannasinge und Halleluja, was nicht besonders lauten müßt, wenn sie nicht so perfekt wären in ihrem Gesang, wie das vorauszusetze ist, weil sie ewig dasselbige aufspiele, daß sie's vielleicht durch Verfeinerung dahin gebracht haben, daß man sich daran gewöhne kann. Gottlob, die Gewohnheit macht manches erträglich, hab ich mich doch an die verflucht Plump gewöhnt, die in eim fort da vor der Tür greint, wo alle Nachbarsleut Wasser dran hole, so daß, wenn sie an so einem Tag, wo ein Volksfest ist, wo alle Leut aus der Stadt laufe nach der Pfingstweid am Kringelbrunne oder auf den Schneidwall oder ans Stallburgsbrünnche, still steht, so denk ich, was fehlt mir dann heut? – und dann wird mir's als so trocken in der Kehl, als ob ich für alle Leut Durst haben müßt, ich schick herunter und laß eine Bouteille Wasser nach der andern hole, damit ich die Plump gehen hör, so wird Gott sich auch daran gewöhnt haben, daß es ihm ordentlich ungewohnt sein mag, wenn die Lobsänger eine Pause zu machen manchmal genötigt sind. Ob sie sich selber dabei amüsieren, das ist gar keine Frag, denn wir wissen, daß ihnen die Zeit gar schnell vergeht, denn die Heilige und Prophete, die in den Himmel verzückt waren, die haben oft hundert Jahr und länger damit zugebracht, und als sie wieder aus ihrem Himmelsversatz herauskamen, da waren die hundert Jahr herumgelaufen wie ein Augenblick; solche Streich spielen einem die himmlische Freude, aber auf die war der Herzog nicht lüstern zu machen, denn so kurz das war, so war es ihm doch viel zu langweilig, nur nach denen[23] höllische Unterhaltungen hat er gelungert, und da konnt ich ihm hundertmal mein Beispiel mit der Plump vorhalte und mahne, die Gottseligkeit nicht ganz zu beseitigen, damit hat er mich ablaufen lassen. Warum erfinde sich die Engel nichts Gescheuteres, hat er gesagt, damit könne sie kein Hund aus dem Ofen locken, aber wohl hineinjagen, und nun gar der Weihrauch, da will ich lieber dem schlechteste Bauer sein schlechte Kneller riechen.

Der Herzog konnte nun überhaupt kein Weihrauch leide, er liebt die Schmeichelei nicht, er meint, man könne nie mehr wie seine Schuldigkeit tun, er hing an dem merkwürdige biblische Satz: »Und wenn du alles getan hast, so bist du doch nur ein unnützer Knecht.« Und er sagt, er wär bloß neugierig, um der Menschheit durch das, was er lernt, nützlich zu werden, und so möcht er nichts lieber, als nur einmal ins Kindbett komme, damit er wüßt, wie das tät, ich sagt, das Pläsier würde wohl mit dene Hölleunterhaltungen akkordieren.

Sehn Sie, so ein neugieriger Landesherr ist unser Herzog von Sachseweimar in seine junge Jahre gewesen, und er ist es noch, und ich stehe dafür, daß er gar manches erfahren und sich zu eigen gemacht wird haben, was kein anderer ahnt. Dafür könnt ihm aber auch kein anderer was weismachen, meint er. Ja, Gefahr und Not und Angst wär einem am End noch der best Lebensgenuß, wenn man's überstande hätt; ein Soldat freut sich über die Feldzüge, die er gemacht hat, ein Seemann freut sich über den Sturm, den er erlebt hat, und genug, es ist kein Ereignis und Schicksal, was sich nicht auch in eine Nahrung der Seele reifte.

Ja, das sind so Anschauungen und Prinzipien, die könne nur allein aus einem edlen vollkommen feurigen Gemüt hervorgehen, aus einem, der's verdient, ein Fürst zu sein, weil er's nicht scheut, sich und sein Volk dem Welleschlag des Zeitenstroms preiszugeben, wovor die andern all wie die Hasen ausreißen, aber das ist allemal verspielt, und der Herr wie der Untertan sind da beide die elende Sklaven des Zufalls und werden gewöhnlich zermalmt, wenn der reißende Strom einmal plötzlich den Damm durchbricht und mit einer viel gewaltigere Wut auf solche unbewaffnete, im Vorurteil versunkne geistlose Naturen eindringt, als daß sie sich besinnen könnten, wenn sie auch Erfahrung hätten. Die haben sie aber ohnedem nicht, so geht denn Zeit und Ereignis und alles an ihne verloren und zum Henker, bloß weil sie sich fürchte, was Absonderliches zu erleben.

»Aber!« sagte der Herzog, »nur das Absonderliche ist Erlebnis für die feurige lebendige Gemüter. Todigen Menschen aber macht's Leibschneiden, und da sitzt so ein toter Furchthas und hält sich als den Bauch und krümmt sich, bis die Zeit wieder ruhig ist, und schwitzt seinen Kamilletee darzu, während ein Erlebter und Durchlebter wie ein Fisch im Wasser drin herumschnalzt.«

Man könnt das Schicksal mit einem Baum vergleichen, der lauter Früchte reift, um die Seel mit zu nähren. Denn einer, der diese Kost der Drangsale nicht scheut, der wird auch seinem Schicksal gewachsen sein, es zu verdauen.[24]

Aber einer, der kleinlich genug ist, sich vor allem zu fürchte, was hilft es dem, wenn das Meer erbraust in Geburtswehen, und wenn da plötzlich die Inslen der Freiheit neu geboren, und die also gewiß auch keinen Herrn haben, vor seine Augen aus dem Meeresschoß hervorkommen, er wird sich ja fürchte, sich frei zu fühle, und wenn ihm das Herz auch zittert vor heißem Verlangen. Und er wird über den Erdboden auch nicht sich erheben, denn er fürchtet sich vor dem Aufrauschen seiner Flügel, und wird endlich erstarren im Gefühl des Unvermögens, und die Inslen und Meere und blühende Gärten, ja die Welten alle der Geisteskraft, die gehen wieder unter, und das prächtige, aufgeklärte, mit volkreichen Städten prangende Europa, was soll das ihm, und was soll einem solche die Unsterblichkeit, denn er fürcht sich ja vor ihr, er fürchtet sich vor ihrem schimmernden Licht, und seine Gedanken, sie werden nicht am Wolkenfußschemel des Allgeistes anklingen. Was kann er da für sein Volk tun, das so laut, so kräftig und so aufrichtig zu ihm gerufen hat; ja es gehört Mut zur Unsterblichkeit. Alert muß einer sein, denn sie ist kein Schlafmütz, sie ist Allebendigkeit. Aber die Eier, die der Osterhas am Auferstehungstag ins Gras legt, davon kann sie sich nicht erhalten. Bequemlichkeit, Selbstzufriedenheit, Genügsamkeit und wie die überflüssige Bausteine des Glücks all heißen, von denen der Mensch meint, daß sie ein Beweis wären für seine moralische Gesinnungen und ein Lohn dafür, daß er auf dem Weg des Herrn wandle. Ja dergleichen ist für den nicht mehr brauchbar, der der Unsterblichkeit sich hingibt und dem großen Genius vertraut, der ihn mit sich erheben soll, ein solcher sieht wohl ein, daß Glück, was den Menschen seßhaft und preßhaft macht und an der Scholle fesselt, ihn durchaus nicht weiter fördern kann. Und drum kommt mir's auch immer lächerlich vor, wenn man einem Fürsten seine Regententugenden danach abwägt, wie er seinem Volk hat irdische Glücksgüter und Vorteile zugewendt. Laß erst einmal ein Fürsten sein, der diese Schneiderkünsten, sich Lappen und Flicken anderer Länder anzunähen, verachtet, der bloß durch seinen Geist die Oberhand behält, durchgreift durch alle politische Künste dieser fürstlichen Allmeine, indem er die verlornen Rechte der Menschheit wieder einsetzt; und für ihre Würde kämpft. Nun was ist denn Menschenwürde? Daß er allem irdischen Glückswechsel gewachsen sei, also darauf kommt's nicht an, daß man vollauf besitze, was die Not einem entbehren lehrt, sondern auf die freudige Ausdauer im Wechsel der Geschicke, und wenn ich erst den Fürsten sehe, der sein Volk mit sich zusamt erzogen hat auf die freudige Ausdauer im Mißgeschick, dann will ich ihn loben; denn warum, er hat den Geist verstanden, daß dem das irdische Glück überlästig ist, und daß der erstickt im Daunebett des Wohllebens, das ihm über dem Haupt zusammenschlägt, daß er vor lauter Glücksunrat nichts mehr hören und sehen kann.

Wer nicht an die Unsterblichkeit glaubt – wie ich denn weiß, daß die superkluge Menschen als so was denken, dem sag ich, sie will errungen sein, und das ist die Faulheit im Menschen, die das leugnet. Die Unsterblichkeit erringen[25] bei den vielen andren Versäumnissen, die man schon machen muß, wo kommt die Zeit her? fragt ihr – und doch ist's nur Unsterblichkeitsdrang, der den Menschen ins Leben fördert. Eine Seele würde sich dem neunmonatlichen Gefängnis im Mutterleib nicht unterwerfen, wenn sie nicht sich gedrungen fühlte, in diesem menschengebornen Leib ihre Unsterblichkeitsbefähigung zu entfalten. Aber die wahre Unsterblichkeit, das ist der reine große furchtlose Menschensinn, der nicht am Irdischen hängt. – Und ich geb's zu bedenken, daß es kein Rätsel, sondern eine große Dummheit wär, zu glauben, all die Einrichtungen der Natur, die dem guten und gerechten Menschen seine Seel reifen, so daß, der als kleines unverständiges Kind auf die Welt kommt, jetzt als großer Held an den Pforten der Ewigkeit steht! Daß diese Laufbahn umsonst wär? – Hat Gott so ein jung Leben genährt und geschützt, und zwar, damit der Geist soll in ihm Wurzel fassen und blühen und Früchte tragen, so ist das nicht, daß er am End die Menschheit wie eine Mücke totschlägt, die ihn inkommodiert. – Man sagt zwar, Gott hätt die Welt in sechs Tag gemacht und am siebenten Tag geruht, da wär also die Versäumnis nicht zu rechne, zumal die Ewigkeit ohne End sieben Tag liefert, wenn er aus Schöpfungsdrang die ganz Menschheit als wieder einmal in Lehmepatzen zusammendrückt, um nach einem so langweiligen siebenten Ruhetag in den Lehme hineinfahren zu könne und drin herum zu kneten bis über die Ellenbogen, was ich aber für Narrheit halte, und aus mehreren Gründen, denn einmal ist keiner dabei gewesen, der's gesehen hat, daß der Gott sich eine Woch lang mit der Schöpfung abgeäschert hätt, – zweitens hat sich's also einer unterstande, das zu behaupten, was er doch nicht von unserm Herrgott hat vertraut kriegt. – Ein solcher hat es also der Menschheit weisgemacht, und die hat's fest geglaubt und wird's noch glauben. Aber auch das hat sein Nutzen, nämlich daß die Menschheit endlich gewahr werde muß, wie sie sich alles weismachen läßt und fest und steif dran hält, als ob der Gott ihr nicht selbst den Verstand ins Herz gelegt hätt, zu denken? – als ob der Geist nicht dadurch allein, daß er die kühnste Dinge voraussetzt, endlich auf die einzig wahrheitdurchdrungne Position komme sollt, nämlich auf den Begriff, der bloß durch dem Geist seine Freiheit kann geboren werden.

Ich will gern glauben, daß, was Menschen sich einbilden oder erfinden, eine Basis der Wahrheit muß haben, denn warum? – sie sind dazu geführt worden dadurch, daß ihre Unbewußtheit nach Bedürfnis sich in ihrer Anschauung hat ausgestreckt. Da sind denn endlich die Fabeln ihnen auch Wahrheiten geworden. Und was den Aberglauben betrifft, der eigentlich der Garderobemeister ist von diesem Mummeschanz des menschlichen Geistes, so wird den die allgewaltig Zeit schon unter seinem Plunder ganz sanft zu Grab bestatten. Aber zu lang muß es auch nicht dauern, daß man den gute alte Hans über der Erd läßt, um seine Furcht zu respektieren vor dem Lebendigbegrabenwerden. Wann's anfängt in die Luft zu steigen wie Verwesung, was soll man da noch lang Bedenken tragen? Wissen wir nicht, daß dies der[26] Gesundheit unerträglich ist? Also fort mit dir, wie vergnügt sind wir! – Nein, der Glaube soll kein stehender Sumpf werden für die Denkfähigkeiten, daß die am End drin verwesen und verdumpfen.

Also nennt das nicht Aberwitz, daß ich an die sieben Schöpfungstag nicht glauben will. – Denn wer über eine Sach nachdenkt, der hat allemal ein größeres Recht an die Wahrheit, als wer sich von einem Glaubensartikel aufs Maul schlagen läßt. – Ich möcht wissen, ob die Wahrheit nicht eher dem sich hingibt, der mit Eifer um sie wirbt, als dem, der ihr den Rücken dreht und sagt: »Nun ja! es ist schon gut, alles ist abgemacht im Glaubensartikel; belästige mich nicht mit deine Wahrnehmungen, die du mir aufdrängen willst; – ich hab schon Müh genug, an den ewigen Wahrheiten festzuhalten, käme mir nun gar noch Zweifel, so hätt ich kein Brett, ja kein Strohhalm, um mich in dem schwankenden Meer festzuhalten!« – Ei Narr, warum willst du dich festhalten? laß los, du kannst allein schwimmen, aber lern deine Glieder bewegen, und helf dir, und seh, was das für eine Selbstheit erwirbt, wenn man alles lernt berühren und um- und umdrehen von allen Seiten. Ei, die Natur gibt auch nicht alles von selbst hin, nur das Notdürftige – das andre muß man alles erwerben. – Die große Chemiker haben ihr gar sehr müssen unter die Augen sehen, ehe sie ihren Blick verstanden haben. »Schelm!« haben sie als gesagt, »du hast uns wolle was weismachen, aber wart, wir wollen dich schon fassen.« Nun, und da haben sie immer mit neuem Eifer und mit ewige Zweifel über das schon Festgestellte wieder von vorne angefangen, und grad diese Zweifel sind ihr Ruhm geworden. – Also sollt man beinah glauben – alles, was als Glaube festgestellt ist, das wär da, um seine Zweifel dran auszubilden und zum Selbstdenker sich umzuschaffen. Ich bin in meiner Jugend in einem Verein gewesen von einer christlichen, die biblische Wahrheiten in ihrem Lebensumgang verwirklichende Sekte. Es war der Erfahrung wert, zu sehen, von welchem beschränkten Gesichtspunkt wir unserm Schöpfer Himmels und der Erden da haben zugesetzt, was wir da all um des ewigen Heils wille uns zugemut haben, zu tun und zu lassen. Man mußt ein Pinsel oder ein Narr sein dazu. Und ich will's mit Stillschweigen übergehen. Aber wahrhaftig, hörte einer einen Hund bellen in der Nacht, ohne daß sich ein Lärm sonst spüren ließ, so kame einem die wunderlichste Gedanken, als ob es nicht allenfalls der heilig Geist könnt gewesen sein, der in der Mitternacht über den Hof wär kommen und hätt einen Besuch wolle abstatten und die Hund (unserer war noch derzu ein schwarzer Spitz) hätten in der Luft ihn gewittert und verscheucht. Solche Träumereien kamen vor in unsern Konventikeln, alle Augenblick hatte eins ein solch Fabelchen halb erfahren, halb erdacht und eingebildt, das bracht er vor, um die andern mit zu erbauen. Und glaubt man's oder nicht, es geht von Mund zu Mund, und man kreuzt und segnet sich dabei und denkt an die gottlose Zeiten, wo der heilig Geist nicht einmal unberufen ein Viertelstündchen bei einem brüten kann. So geht's aber mit all dergleichen; man behaupt's, aber man glaubt's nicht.[27]

Nur Wahrheiten kann man glauben; aber die kann man auch nicht leugnen, man sitzt mitten drin, als wär man hineingeboren, da wirft der Geist den alten durchlöcherten schmutzigen Madensack des Aberglaubens ab und bewegt sich frei im Geniusgewand der Wahrheit, dieses aber besteht nicht aus einem wollnen Unterrock und Holzpantoffeln der Demut, nicht aus einem Kapereinchen ohne Garnierung, und auch nicht aus West und Hosen und Überrock ohne Knöpf und einer rundlockigten Perück. Nehmt's nicht übel, Hose trägt der Genius nicht und kein grobwollne Unterrock. Seine Montur besteht lediglich in ein Paar ungeheuere mächtige Flügel, mit vollen warmen Daunen der Menschenlieb, mit denen er zu den Bergen sich aufschwingt, wo er die allbelebende Sonn kann heraufkommen sehn, und kann sich satt trinken in ihrem Licht zum Morgengruß, und dann sich erheben und nicht scheuen, hinauf über die gewittertürmenden Wolken sich empor zu tragen. Ha! was kann den starken Fittich brechen dem Luftschiffer, der's verachtet, etwas ins Aug zu fassen, was unter ihm ist, der einer himmlischen Küste zusteuert. »Aufwärts, aufwärts, zu dir, alliebender Vater!« – – Da müßte man doch berechnen, daß es Himmelskräfte gäb, die ihn wieder niederdonnern. Aber was hat er denn verbrochen, daß Gott sollt Alarm blasen lassen gegen ihn? – Denkt ihr euch den Gott nicht besser wie euch selber, die ihr alle Augenblick einen Prozeß habt um einen Grenzstein? – Ach nein! Alles Mein und Dein ist eigentlich nur Täuschung, in der die irdische Menschheit und vorab die Fürsten befangen sind. Die, sag ich, vorab, weil ihre geistige Anschauungen über das Wohl der Menschheit immer eine so allgemeine sein muß, daß Grenzen von Mein und Dein dabei gar nichts bedeuten. Ihr versteht mich nicht? – He! – Laßt euch sagen: – Der Mensch hat einen Leib! – Der Fürst im geistigen Sinn genommen hat auch einen Leib. Das ist sein Volk. Wie käm's euch vor, wenn der Nachbar von euch wollt das Terrain seines Leibes ausdehne und wollt euch ausmerglen, um sich selber fett zu machen? – Nicht besonders schön und edel, und zu riskieren wär, daß er durch diesen unverschämten Unverstand seine Gesundheit, all seine leibliche und geistige Fähigkeiten, verliert. Seht ihr nun, im höhern geistigen Sinn gilt nichts von Mein und Dein. Wie sollte also Gott den Menschengeist zurückdrängen wollen, der im Geniusgewand, also im bräutlichen Gewand an sein Gastmahl tritt? –

Aber wo versteig ich mich hin? Von meiner Enttäuschung über meine Sekte, die gar nicht durch ein himmlisch Donnerwetter, sondern durch eine Nachtmütze ist bewirkt worden, und woraus man schließen kann, daß selbst das Geschick ökonomisch mit denen Werkzeuge seiner Macht umgeht, und daß, wann es einen Floh will knicken, es nicht den Berg Ossa auf ihn fallen läßt. Die Sekte, die hier in meiner liebe Stadt Frankfurt wie die Gretel im Busch aufgeblüht war, mitten im Luxus von den Reifröcken, Paniers, Andrieng, cu de Paris, Fontangen, Merluchen und wie die bizarre Modenamen all zu nennen beliebt werden. Die war nach Art der Quäker; man durfte keine Schminke tragen und nichts von titulierten Kleidungsstücken.[28]

Zusammenkünfte wurden gehalten, darin wurd gesungen und gebetet in einer schläfrig näselnde Weis, worüber ich meine Ungeduld kaum bezwingen konnt, auch Inspirationen, vorab gingen die immer darauf aus, wie das Verhältnis vom Himmelsregiment wär. – Mir wollt darüber nichts einleuchten, ich mußt schweigen, wenn die andern ihr ungereimt Zeug vorbrachten, das war mir unangenehm.

Einmal waren wir über Land gefahren, um in einem Landwirtshaus eine Zusammenkunft zu haben, es war im Frühjahr; bis wir all uns versammelt hatten und in einer Reih dem Tor hinaus gefahren, hatte sich die Zeit verlaufen. Wir rechneten auf den Mondschein, der kam sehr bald und beleuchtet uns das Ziel unserer Reise. Das war eine lange eiserne Stang, die sich ausstreckte vom erste Stock am Wirtshaus, woran das Schild hing. Wenn der Wind ging, so bambelt das Schild hin und her. Wir fahren über einen großen Anger im Abendwind, wir sehen in dem im Mondschein verscheidenden Tagslicht etwas Weißes schweben, was sich von dem schwankenden Schild durchaus nicht entfernen will. Die Wagen halten still, um ihre Bemerkungen zu machen, wer rät nicht auf den heiligen Geist. Voller Verwundrung, daß wir endlich einmal mit leiblichen Augen etwas sehen könne, was der Einbildungskraft zu Hilf kommt, fahren wir auf besagten heiligen Geist los, den wir da um das Wirtshausschild herum schwindlen sehn. Wir fahren in einem Bogen um das große Wiesegeländ herum auf eine Brück zu, so daß wir den heilige Geist am Schild immer im Aug behalte. Alleweil kommt eine Wolk, die den Mond verbirgt, sowie er durchpassiert ist, sehn wir auch den heilige Geist wieder und hören einen gewaltigen Tusch von Pauken und Trompeten blasen, er schwingt sich hinauf aufs Bierschild, als wollt er von dem volle schäumende Becher, der drauf gemalt war, nippen. Wer denkt da nicht an dem Apelles seine gemalte reife Trauben, nach denen die Vögel auch so lüstern waren, daß sie mit ihre krumme Schnäbel ihm habe die gemalte Leinwand durchgepickt? – Doch im Näherrücken will uns die Phantasie nicht mehr so herzlich dienen. Wir wollen gar zweiflen, wir leiden Anfechtung an unserm Glauben, der Teufel spiegelt uns vor als wär's eine Nachtmütz, keiner mag's dem andern bekenne.

Ja wie toll, sich einzubilden, eine Nachtmütz könnt da an der lange Stang vorne am Haken hängen und herumschwippe, bald unten, bald oben über dem gemalte Bierglas. Dummer Lügen braucht der Teufel sich nicht zu bedienen, um einem aus dem Port des Glaubens, in den man glücklich eingelaufen war, wieder hinauszustoßen auf das stürmende Meer des Unglaubens! Es war aber doch eine Nachtmütz, ein vor Freude trunkner Bräutigam, der da seine Hochzeit feierte mit einem schöne Bauerndirndel, der hatte im Übermut seine Nachtmütz hinausgeschwungen, und dort blieb sie zum Wahrzeichen hängen einer pläsierlichen Hochzeitsnacht, und die Musikanten haben die ganze Nacht da Schelmeliedercher musiziert, und sooft der Wind die Mütze herumdrehte, so haben sie Tusch geblasen, und der Wirt meint, sie sollt hängen bleiben bei Wind und Wetter bis übers Jahr. Von[29] unserer Vision war die Red nicht mehr, wir wurden wegen unserer schlichten Kleidung gleich recht herzlich eingeladen und tanzten die ganze Nacht durch in einer gemischten Gesellschaft mit den lustigen Hochzeitgästen herum. Unsere Andacht war auseinandergeflogen wie Spreu, und von dem Datum an hat die Brüderschaft ein stillschweigend End genommen. Und wir wollen auch vor heut ein End machen, wir haben uns vergaloppiert in allerlei Nebenerzählungen. Ich wollt eigentlich dartun, warum ich an die sieben Schöpfungstag nicht glaub. – Aber das wollen wir auf ein nächstes Mal versparen, wo ich auch meine Geschicht auserzählen werd, denn für heut hab ich genug geschwätzt.
[30]

An einem schönen Sommerabend vor dem Schaumaintor, nicht weit von dem grünen Platz, wo der Kringelbrunnen steht, erzählt die Frau Rat weiter:

Kann mir einer sagen, wo wir geblieben sind? – »Im Garten im Mondschein.« – Ja, ja, ganz recht, aber was haben wir da verhandelt? – Denn sonst wär meine Geschicht gleich aus, wenn ich wie die große Herrn mit Relaispferd durchsause wollt, ohne die geringste Erfahrung zu machen unterwegs, ohne die geringste Entdeckung oder Bemerkung als bloß, daß es wie der Wind über Stock und Steiner hinausgeht! – Nein, wir fahren mit einem Zauderer – der alle Viertelstund ein Schnäpschen nimmt und alle Anrand Futterung hält. – So bin ich einmal nach Heidelberg gefahren mit siebenzehn Futterungen und einundzwanzig Schnäpse und hab doch Geduld gehabt; so muß man mit der Frau Rat auch Geduld haben, und heut hab ich grad Lust nach einem kleinen Räuschchen; denn von den Wirklichkeiten ist so nicht mehr viel zu erzählen – nur noch von denen Einbildungen.

Aber erst muß ich mich über die sieben Schöpfungstage ausweisen, warum ich an die nicht glaub, denn weil man sich so in der Stadt erzählen wird – denn es haben es zu viele Ohren gehört, als daß es nicht sollte verdreht werden – daß die Frau Rat ein Atheist wär und nicht an jenen unter den Christen ausgemachten Ursprung von Himmel und Erd glaubte, so will ich – ehe ich an unserer Erzählung fortbau (denn die werd ich auch nicht im Stich lassen) – doch auch Gründe und Ursachen darlegen, nach denen man überlegen mag, ob ich vielleicht recht haben könnt.

Bei mir ist ein Grund eine Verschiedenheit von einer Ursach. Zum Beispiel: Ein Grund wär bei mir, daß ich durchaus nicht leiden kann, etwas als gewiß wahr anzunehmen, was nur aus menschlichem Urteil hervorgegangen ist, denn warum hat der Mensch sichs einfallen lassen, etwas als Wahrheit festzustellen? – Etwa weil er nicht mehr aus und ein weiß über seine viele Vorder- und Nachsätz, die er all hat aufgebunden kriegt, und weil er es eben nicht besser sich vorstellen konnt? Das ist aber noch gar keine Beweisführung, daß ich mir nichts Bessers denken könnt! – Und warum hätten wir die vielen Spekulationen im Kopf, wenn alles schon ausgedacht und nichts mehr zu besinnen wär? – Da wären also die ganzen Denkfähigkeiten umsonst uns im Kopf wie eine grüne Saat aufgegangen, und der Weizen, den sie trägt, der wär für die Feldmäus allein? – Ich frage? –

Nun mag's sich einer überlegen, für mich gibt's nichts zu überlegen; ich bin davon überzeugt, daß man seinen Verstand brauchen soll wie ein gutes starkes Pferd von einer feurigen Rasse und über Stock und Stein dahinrennen[31] und vor so einem Schlagbaum von Glaubensartikel nicht umwende. – Nein? – Die Sporn eingesetzt und – drüber hinaus als fort in eim Feuer mit deinem Geist dem himmlischen Erzeuger in die Arme. – Und wenn ich nun bei dem allwissende Schöpfer herangeprallt käm, und es wär allenfalls doch wahr, daß Gott die Welt in sieben Tag gemacht hätt, was meint ihr dann, daß Gott mich dafür strafen würde, daß ich das nicht im Leben hätt glauben wollen? – Wenn er in meinem Herzen herausforscht, daß ich aus bloßer Lieb zur Weisheit diese Nachgedanken über die Schöpfung gehabt hätt? – Er würde lächeln und sagen: Du närrisch Menschlein bist auf einem Holzweg, denn ich hab wirklich die Welt in sieben Tag gemacht. Und so könnt er vielleicht fragen um die Ursach, daß ich bei Lebzeiten mich wehrte gegen den allgemeinen Glauben. Nun, eine Ursach ist, wie gesagt, schon ganz anders als ein Grund, der kommt aus einem natürlichen Trieb her, der in der Seele ihrer eigenschaftlichen Natur liegt und an allem Leben und Weben derselben teilhat; und der soll heilig gehalten und gepflegt werden, und da soll ein jeder immer Kind bleiben und sich diesem Seelengrund hinopfern. – Und all das Pädagogenwesen ist nichts, der Emil vom Rousseau bis auf den Herrn Haberlein, der in unserm Haus Präzeptor war und manch pädagogisch Vorlesung gehalten hat und hat als gemeint, ich sollt mich mit meiner Erziehung danach richten. – Aber die unwiderstehliche Gründe der menschlichen Natur waren in meiner Seele zu stark, die haben mich einen andern Weg einschlagen lehren. – – Man muß das Kind leiten! Man muß es leiten und ihm im Glauben und Religion eine Stütze bilden, daß es nicht falle.

Nun frag ich einen Kriegsfürsten zum Beispiel, wenn er sich ein gut Regiment heranziehen will, wird es ihm angenehm sein, wenn dies Regiment in schönster glänzender Uniform vor ihm steht, mit einem Hakenstock, um sich festzuhalten, mit Krücken, um nicht auszurutschen, mit einem Ruhesessel für den heiligen Sonntag, mit einem Weihwasserkessel, um sich die bösen Geister aus dem Weg zu spritzen, ja mit einem Kasten, um sich drin einzuschließen, damit sie ihm über Nacht nicht gestohlen werden, und, mit Respekt zu melden, mit einem geheimen transportablen Örtchen für die Bequemlichkeit und den Anstand? –

Nun, ein jeder gesunde Menschenverstand wird sagen: Ein solch Regiment wird den Feind nicht aus dem Sattel heben, und der gute Kriegsfürst kann sich heimgeigen lassen mit seinen Eroberungen. Warum soll das aber für den Allgeist grad recht sein, für den großen Herrscher in und über allen Seelen? –

Ei, können wir denn wissen, ob unser Gott nicht ein Kriegsgott ist, der die Menschheit beherrscht, um eine kriegerische Nation aus ihr zu bilden? – Und soll der mit einer Bildung sich zufrieden stellen lassen, die die menschliche Afterweisheit für gut findet und keiner auch zum geringsten irdischen Geschäft brauchbar machen kann? – Dann denk sich einer so einen zusammengestülpten Krückenkerl in der gewöhnlichen Welt, ei, kein Zimmermann[32] könnt einen Balken von ihm lassen richten, viel weniger, daß er eine Kanon lösen könnt, er fiel ja um!

Nun, geistig wird's nicht anderst sein. Ein Verstand, der die Füß in einem Sack stecken hat von Vorurteilen, der kann nicht nach dem Ziel laufen. – Oder auch nur, wenn er seine Füße, wie es der Anstand lehrt, nach der ersten, zweiten und dritten Position setzen will, der kommt nicht vorwärts!

Freiheit in alle Glieder ist die Hauptbedingung von einem tüchtigen ausgebildeten Soldaten, ein tapferer Schütze, ein Held muß in alle Knochen seine Kraft spüren; ebenso ist's auch mit dem Geist, wie soll der Gelenkigkeit kriegen, wenn er seine Glieder nicht regen kann.

Jetzt also ist auch schon eine Ursach da, warum ich nicht an die sieben Tag der Schöpfung glauben will, nämlich weil es eine Fessel wär für meine Geistesfreiheit, mir etwas anders zu denken, was mich vielleicht näher mit meinem und der ganzen Welt Schöpfer zusammenbrächt. – Und warum ich's dann grad gegen die sieben Schöpfungstage hab, könnt einer fragen und könnte mir da einwerfen, daß es doch auf die Geistesfreiheit keinen so gewaltigen Einfluß hätt, ob die Schöpfung tagweis oder in kurze Momente oder wie es auch sei, hervorgekommen wär, genug daß sie da ist und daß wir in ihr leben. – Aber darauf hab ich zwei Dinge zu antworten, erstens: Daß es ganz einerlei ist, welche Geistesfessel man zuerst abstreifelt, und weil es grad das erste war, was in der Bibel mir aufgefallen war, weil es doch gar zu lächerlich ist, etwas glauben zu sollen, wovon kein Mensch Rechenschaft kann geben, weil niemand dabei war und auch keiner behaupten will, es wär ihm offenbart worden. Wenn jetzt einer kommt und sagt, ich bin da oder dorther, was er doch wissen kann, mein ich, da heißt's gleich: Ich glaub dir's nicht, du mußt erst Leib und Seel verschwören, daß es wahr ist, und einstweilen wirst du in Prison gesteckt, bis wir heraushaben, ob du gelogen hast.

Nun, das ist doch eine Kleinigkeit gegen die große Wahrheiten, welche nicht das Zeitliche, sondern das Überirdische betreffen, und die natürlich hinter jeder Lüge verborgen sein müssen. Denn was ist eine Lüg? – Ein Vorhang vor der Wahrheit. – Geh hin, heb den Vorhang auf, er ist nicht von Gottesgeist, er ist von Menschenvorurteil zusammengewebt. Also nur keck drauf los! – es ist keine Sünd, nach der Wahrheit mit ernstem Willen zu forschen. – Oder war das Ingenium des Menschen vielleicht der Apfel vom verbotnen Baum? – Mag's wie's will, in dem Stück bin ich von den Freigeister und freß meinetwegen alle Äpfel auf, denn sie schmecken köstlich und erquicken, wie es dann natürlich sich einbilden läßt, daß eine Paradiesesfrucht schmecken muß!

Nun, darum eben hab ich mit den Schöpfungstagen den ersten Versuch gemacht, weil sie in ihrer ganzen Verkehrtheit weniger in groben Prätensionen sich einem aufdringen, und weil es einerlei ist, bei welcher Gelegenheit man den Geist lehrt, auf seine eignen Füß stehen. Und vielleicht auch, weil ich mit der Beleuchtung von einer andern Bezweiflung nicht so leicht die Maut passiert wär vom Seelenskrupel, aber an denen sieben Schöpfungstag läßt[33] man eher die Mäus und Ratten ein bißchen herumnagen, man hält's für so ein alt Castrum doloris der Geschichte; alles ist dran vergilbt und veraltet, ein Wust von Staub und Spinneweb hängt drauf, es wird so nicht oft mehr im lebendigen Glauben in Anwendung gebracht. Was soll man weiter mit, wenn's auch wackelig wird, die Erschaffung wird darum doch bleiben. Aber wär ich nun wider einen andern alten Zopf widergerennt und wär der auch gleich in Scherben zusammengefallen, daß es augenscheinlich sich ergab, es war nichts dran zu halten.

»Was? Sie wollen unsern Teufel angreifen, Frau Rat? – ohne den doch kein Halt in der Religion sein kann, nein, den können wir uns nicht nehmen lassen, er fehlt uns in allen Ecken.«

Ei, ihr seht ja doch an den Scherben, wie zerbrechlich der alte Topf war.

»Gott bewahr! ein alter Topf! – Wie ich nach Haus kam und über die Wendeltrepp ging, da war mir's ordentlich ängstlich, daß ich mich nicht mehr vor ihm fürchten konnt,« würden die sagen, die sich von dem Begriff der Wahrheit hätten überwinden lassen, »und es ist einem gar nicht heimlich mehr in der Religion. Vor was soll man zu Gott beten, wenn man sich vor dem Teufel nicht mehr fürchten darf?« Und ich möcht wollen oder nicht, ich müßt ihn am End wieder restaurieren, und doch riskierte ich wie der Sokrates, daß ich den Schierlingsbecher trinken müßt, und es ist noch die Frag, ob irgendein Jünger die beßre Erkenntnis aufgefaßt hätt und hätt nach meinem Untergang über mich getrauert und den Samen meiner Einsichten aufbewahrt, daß er in der Nachwelt sollt in Blüte kommen.

Nun also auf eignen Füßen stehen soll der Geist. Das ist bei mir eine unumstößliche Wahrheit, an der manches zerschellen muß, was dagegen anstößt. Woher hab ich sie mir als junge Mutter von einem großen Sohn denn so fest einbilden können, daß ich dem Herrn Haberlein nicht gefolgt hab, wenn er sagte: »Man muß das Kind führen und es stützen«, und was weiß ich als! Ich aber dachte, man muß das Kind locken und nicht führen, und muß ihm alles wegnehmen, woran es sich's lernt, nicht auf den eignen Beinen zu stehn. Und wie nun das Kind auf einmal ohne alle Hilf mit einer großen Courage auf freiem Fuß dem Vater zwischen die Bein gelaufen ist, mit einem freudigen schallenden Gelächter, da hat sein Vater auch gelacht, obschon es ihm an's Herz gegriffen hat. – Und die Mutter aber ward ganz rot und ging beiseit, um keinen nicht in ihr Gesicht gucken zu lassen, denn sie schämte sich über die Gefühle, die sie bei der kleinen Naturbegebenheit bestürmten. Und als ob's heut noch wär, besinn ich mich auf alles, was ich da im heimlichen Gebet meinem Schöpfer gelobte. Denn ich hatte als junges Mädchen, wie ich letzt auch schon in der Erzählung von jenem christlichen Verein dargetan hab, allerlei Versuche gemacht mit meinem Seelenheil, der Trieb stak in mir, ich wollt heraus ans Licht, aus der Dunkelheit – und reflektierende Gedanken, das war bei allem, was vorfiel, mein Tagewerk.

Nun, dacht ich – macht's dem Vater so eine große Freud, sein Kind ohne Leitseil auf freien Füßen daher laufen zu sehen, warum soll es den himmlischen[34] Vater nicht freuen, den Menschengeist aus freien Stücken ihm zulaufen zu sehen. Und hier muß ich noch eine wichtige Bemerkung machen, die mir eben jetzt einfällt – nämlich, der freie Geist rennt immer der Gottheit in die Arme und zwar aus eignem Instinkt, ja er kann gar nicht anderst, denn er sucht seine Mutter, die Weisheit, und die ist beim Vater, der Gott ist – und das Kind beweist es ja, das aus freien Stücken auch der Mutter in die Arme lauft. – Und ob man da auch einwerfen könnt: aber der Mensch macht oft verkehrte Wege, und wenn er da kein Gesetz hätt, an dem er sich festhalten müßt oder nach dem er gericht wird, dann wär zu befürchten, daß er die Welt aus den Angeln hebt!

Ei, das lautet auf den ersten Moment, als ob's ein unumstößliches Argument wär. – Warum sollen aber die Philister keine Verschanzung haben, in der sie sich sicher wissen gegen den freien Geist? – Die ganze zivilische Einrichtung ist so eine Verschanzung gegen den Geist, denn der braucht sie, und weil die Weisheit überall ist.

Aber jetzt antwort ich auf den früheren Einwurf: »Grad weil der Geist die Welt aus den Angeln zu heben vermag«, grad darum muß er's auch versuchen lernen, und müssen ihm nicht Händ und Füß gebunden sein, daß er's nicht probieren kann.

O wart nur! – und schneidet keine so spottende Gesichter, ich kann nicht alles auf einmal sagen, obschon ich jetzt in einer Feuersglut bin, als ob ich aus Eisen sollt zu Stahl umgelöscht werden, so muß ich mich doch besinnen und zusammennehmen, wenn ich alle tiefe Wahrheit aussprechen soll und so recht faßlich darlegen. Innerlich erleuchtet einem so ein Gedanken wie der Blitz, und er reißt einem wie der Sturmwind mit, aber äußerlich da passiert's langsam die Barriere.

Also fürs erste behaupte ich, der Geist soll alles stiften, was er vermag. – Und ein noch viel größerer Gedanke ist der, daß, wenn das so geschäh, so könnte die Welt endlich sündenlos werden, und daß wir so lang in der Sünd verharren werden und die auf keinerlei Weise abwäschen mit allen Bußpsalmen, nicht als nur wenn dem Geist diese Freiheit gegeben wird, und wird ihm nicht mehr mit Ketten seine Freiheit geraubt, daß er nur darniederliegt und schmachtet und seufzet, aber nicht tätig sein kann!

Zu sehr in die Augen springend sind alle diese Wahrheiten, als daß man noch Beweise herbeiholen dürfte. Ein jeder muß die bei sich selber finden oder er ist zur Einsicht noch zu sehr verpelzt. Aber ein Glück ist, daß das Licht keinen Platz unerfüllt läßt, so ist zu hoffen, daß es noch alles durchdringen werde, und daß die Gemeinplätze, die auf Vorurteilen sich gründen, weichen müssen vor dem harmonischen Einklang zwischen Geist und Seele, wie die Nachtschatten vor dem Morgenlicht. Doch muß ich hier noch etwas anführen, um recht auf die Spuren meiner Behauptungen vorwärts zu leiten. Nämlich es heißt: in der Sünde sind wir empfangen, und deswegen sind wir sündige Menschen. Das ist ein mir ganz begreiflicher Schluß. In der Sünde wird gleich der Menschengeist empfangen, daß seine Freiheit gleich widerrechtlich[35] in Gefangenschaft kommt, und wird ihm eine kalte, auftrocknende, erstarrende Philosophie als Nahrung vorgesetzt. Da krümmt und räuspert sich denn der Geist und will nicht dran, und schluckt an dem wunderliche Schwall von Wortfügungen, wo man den Verstand davon umsonst zu fangen sich bemüht, wie die kleine Kinder, die mit einem Pfötchen voll Salz ganz ernsthaft dastehen und lauschen auf so ein Vögelche, als zum Beispiel ein Bachstelzche, das immer mit dem Schwänzchen wippt, und bemühe sich umsonst, dem Salz auf den Schwanz zu streuen, damit sie's Vögelchen haschen können, ja wie ist das möglich? das Salz bleibt ja nicht liegen auf dem Schwänzchen, so kannst du auch das Vögelchen nicht fangen. Ja ihr arme Studentenbürschercher, der Begriff bleibt ja an dem Wortschwall nicht hängen von Gott und Seel und Gebot und Verbot, wie wollt ihr ihn erfassen und auf alles anwenden. Ja, was ist aber dagegen die Kenntnis der Natur, die nicht euch hochtrabende Lehrbriefe gibt und sich unterschreibt X. U., die euch in ihren warmen Busen einhüllt, wenn ihr von jener erstarrende Nahrung endlich ganz unkräftig geworden seid, die euch anhaucht mit so süßem Atem, daß da nicht die Red mehr davon ist, ob sie euch verführt! Ihr gehört ihr schon ganz an. Da weicht nur zurück, ihr Großprahler der Philosophie, ihr Philister der Dogmatik, ihr Pedanten der Gesetzanmaßung, die Weisheit, die im schönsten bescheidensten Gewand aus allem uns anspricht, die führt aus eurem Wahn uns auf uns selbst zurück. Was sind eure Gesetze und Systeme gegen einen Vogel, der sein Nest zu bauen versteht und die lauwarme Sommernächte mit Gesang erfüllt? – oder gegen eine Blume, oder gegen die Welt, die in und um einen blühenden Baum sich bildet? und der Schall von Worten – wenn der euch trösten kann, mit dem ihr möchtet das Geheimnis der Unsterblichkeit einfangen – was ist der gegen den Genuß, dem die Natur in ihren schönsten Geheimnissen sich hingibt? – Jeder Gegenstand in ihrem erhabnen Lehrbuch deutet auf die Gesetze der Harmonie, in welchen der freie Geist sich bewegt. – Aber das ist die erste große Kapitalsünd, daß wir den widerrechtlich gefangenhalten. Seine Fähigkeiten, von denen wissen wir nicht, wohin sie ihn leiten würden, ob die Sünde nicht würde verschwinden, wenn die sich ganz frei entwicklen. Denn alle Menschen würden erleuchtet werden. Die Gelüsten, weswegen wir jetzt ein Zuchthaus, eine Polizei, einen Rabenstein, Henker und Beil haben, diesen Krankheiten würde die Menschheit dann wahrscheinlich entwachsen sein, es würden Kinderkrankheiten gewesen sein, denen man bei entwickelten Geisteskräften nicht mehr ausgesetzt wär.

Freilich muß eine Polizei sein, – aus göttlicher Vermittlung, – nicht ein Leitseil gedreht aus noch strafbareren Gesetzen als die Verbrechen selbst, nicht Gründe der Strafbarkeit, die der Vernunft, welcher doch der moralische Instinkt eingeboren ist, Schauder erregen. Nicht solche, vor denen der Geist flüchtet und sich bekümmert, nicht solche, wobei der Gesetzgeber, wie der nach ihm urteilt, gleich elend dastehn, und der, an dem das Urteil vollzogen wird, am End noch wie ein unschuldig Lamm gegen ihnen übersteht.[36]

Das Geld macht jetzt eine hauptsächliche Versuchungsgelegenheit zur strafbare Sünd unter den Menschen; denn warum? Der Eigennutz, der auch gar keine lobenswerte Eigenschaft ist, der hat es so gewollt, daß dies soll am meisten bestraft werden. Wer's einmal hat, dem soll's nicht geraubt werden. Wie einer da zum Gelde kommt, das wird nicht beleucht. Die Nürnberger haben das Dukatenmünzen zu einer Sach gemacht, die man nur am geheimen Örtchen tut, es steckt eine Moral dadrin. –

Die sündhaftige Anlagen im Menschen machen hier Strafgesetze gegen das, was sie im sündigen Genuß stören könnt. Wie? wenn der Räuber eine von denen hochgepriesne evangelischen Tugenden dir zuwenden will, so hängst du ihn davor an den Galgen? So ist denn der Grund der Strafe und Gesetze gegen die Sünde oft strafwürdiger oder verdammlicher als die Sünd selber. Wie soll da Heil aus der Straf erwachsen? – laßt erst den Grund der Strafe ein strafloser sein, eh ihr sie anwendet, so wird's ganz anders herauskommen. Und dann! – Ach es stehn mir die Gedanken still vor Verwundrung, was da vor Wahrheiten mir vor Augen stehn, und ich hab's nicht so im Griff, sie in ihrer Kraft zu erhaschen, ich hinke auch von den Geistesbanden, die in den jungen Jahren schon einem die Kraft brechen.

Aber genug, der Teufel ist nichts anders als das Abwenden von der Wahrheit; die Furcht vor ihr, die aus irgendeinem bösen Grund sich ins menschliche Gemüt festgesetzt hat, denn was ist da zu fürchten, wenn es nicht ist, daß wir heimlich am Bösen hängen und fürchten, wir könnten durch die offenbare Wahrheit, wenn die sich geltend macht, derselben beraubt werden. So ein Staatsdiener, der seinem Landesherrn Leib und Seel verschwört, seiner unverbrüchlichen Treue: seht emal, wie stolz der von seinem hohen Posten herunterguckt auf die Menschheit. Aus welchem Grund nur? Ei, weil er das Wohl des Landes bezwecken will. Nun, was das wieder vor ein Jammer ist! Wird der arm Teufel zum Narren am großen Gedanken des Menschenwohls, und von einem ganz kaputten Narren hängt das nun ab; ei, wär er doch lieber gleich zur Salzsäule geworden mit seine süße Versprechungen, so könnt das arme Volk immer seinen Rettig, mit dem es seine hungrige Mahlzeit hält, an ihm reiben, und so müßt er seinen Eid doch wahr machen und fürs allgemeine Beste sich verbrauche lasse, trotzdem daß er ein Narr ist, den man nicht zur Verantwortung ziehen kann.

Solche ungeheure Wahrzeichen stehn am Betrachtungshimmel, daß alles was geschehen soll zum Heil des Staats, aufs politische Sündenregister zu stehn kommt. Ja der beste Wille des Weisesten, Erfahrensten geht zugrund an diesem seinsollenden Heil oder er muß auch der Versuchung erliegen. Mäßigung, Bescheidenheit, Erkenntnis geht zum Teufel, und er steht da und schlägt sein eignes Gewissen in die Flucht. Hätt aber ein solcher sich nicht vor der Wahrheit gefürchtet, so hätt die ihm zugeflüstert, die Menschheit leiten kannst du nicht mit deinen aberwitzigen Einbildungen auf dich selbst. Treu bist du deinem Landesherrn nicht mit deim Hoffart auf dich selbst, mit deim Neid, mit deiner Gier, zu herrschen. Das erste, was du[37] treuer Fürstenknecht in der Heimlichkeit beschließt, das ist: Der Herr Landesvater dürfen sich nicht dreinmischen. Drohen tust du: sonst nehm ich mein Abschied. – Ei, was ist dran gelegen? Ja, wann er sich das fragte? – Aber er braucht sich's gar nicht zu fragen, denn er hat gar kein Lust dazu. Was aus dem freien Geist vor Wohltaten für die Menschheit entsprießen würden, das ist ein Rätsel, was unsre Neugier doch endlich reizen sollte. Wir versuchen nun schon so lebens- und vorlebenslang, jenen Teufel zu bekämpfen, der ohne Unterlaß von Stufe zu Stufe uns durchs Leben begleitet, wo könnt der sich unterstehn, neben dem freien Geist herzulaufen und den zu extern mit Gelüsten aller Art, wie ers dem armen gebundnen Geistessklaven macht, der im Schwindel seiner gebundnen Willkür einzugreifen meint in die Macht des Zeitenstroms wie so ein kleiner Schiffspommer, der mit seinem Gebell das Schiff aufhalten will, dem aber strömen die Winde zu und füllen mit Lust ihm die Segel, daß es majestätisch hervorrudert aus dem engen Port auf den hohen Ozean, kommen aber widrige Winde, so reteriert der klein Pommer unters Verdeck.

Gebt jenen armen Menschen nicht allein die Schuld, auch ihr Geist war von Jugend auf gebunden, sie hatten nicht Titanenkraft, einen Funken des freien Geistes wieder anzufachen, er ist in ihnen erstorben, sie können nicht in jener Treue in jenen Tugenden bestehen, die sie gelobt haben ihrem Landesherrn, sie können nicht, denn ihnen fehlt die Willenskraft, die ist der freie Geist, aus dem allein alle Tugenden hervorgehen. Und deutlich sieht man, daß der Teufel nur der in Verwesung übergegangne Geist ist, der nicht Luft hatte und göttlichen Wachstum.

Also wohin der freie lebendige Geist führt, das ist was wir noch nicht wissen, und darum sollen wir's erfahren wollen.

Jetzt wollen wir einmal Halt machen und besinnen, was ich im Anfang sagen wollt, und wovon ich ab und vom Hundertsten ins Tausendste bin kommen. Das war nämlich von den sieben Schöpfungstagen, daß ich an die nicht glauben wollt, einen Grund hab ich nämlich angegeben, weil mein Seeleninstinkt mich zur Spekulation leitet und ich eine so göttliche Gab nicht mit Füßen zu treten Anlaß hab, wenn ich nicht ganz ein Ochs bin.

Die Ursach aber war, weil ich durchaus mich nicht auf etwas verlassen kann, was wie ein alter Türpfosten vor meiner Nas hingestellt ist, und ich soll davor stehn wie vor einem Ölgötzen, das paßt nicht zu meim lebendigen Verstand. Vor einem Ölgötzen mag meinetwegen wieder ein Ölgötz stehn, aber der Geist kann und soll da nicht haltmachen. – Aber jetzt will ich noch auf die zweit und viel einleuchtendere Ursach kommen, von der ich sagte, ich werde sie auch publizieren, das ist nämlich, weil ich ein Begriff hab, daß Gott zwar einen siebenten Ruhetag hätte haben können, nämlich wenn er phlegmatischer ist gewesen wie ich, denn ich hab mich meiner Lebtag nicht hinein finden können. Der Sonntag ist bei mir ordentlich aus Widerspruch gegen die Faulheit, die schon am siebenten Tag erschlaffen will, ein wahrer Rebellertag gewesen, alle unkommode Geschäfte hab ich auf den Tag verlegt;[38] einmal lief da alles aus dem Haus spazieren, nun da konnt ich vors erste alles schwarze Gerät zusammensuchen, denn obschon ich am Samstag die reine Wäsch ausgeteilt hatte, so war mir die schmutzig nicht ausgeliefert worden. Dann hatt ich auch Gelegenheit, einmal die Fensterscheiben wieder hell zu putzen in denen Gelehrten- und Studierkabinetter, dann untersucht ich die Stuhlbein, ob die noch ganz wären, denn es wär ein Wunder gewesen; denn meine Kinder machten mit ihren Schulkameraden die tollste halsbrechende Gefährlichkeiten mit denen Tisch und Stühl, sie bauten Türme und spielten Festungsbelagrung und stürzten Hals über Kopf mitsamt so einem unterminierten Turm herunter, und ich kann Gott danken, wenn die Glieder ganz waren, und gern die wackeligen Glieder der Möbel wieder in Leim bringen. Nun ging ich also, während alles in der Kirch war, herum mit dem Wischlappen, dem Besen und der Leimpfanne. – Manchmal ging ich denn auch in die Kirch den Nachbarsleuten zu Gefallen – aber weil ich den Herrn Prediger auswendig konnt, so hielt ich am heiligen Ruhetag während der Predigt immer mein Ruhestündchen, aber geruht hab ich eigentlich doch nicht, das liegt mir nicht im Blut, sondern nur wegen meiner Ungeduld, durch dem Prediger seine unendliche Lüneburger Heide zu kommen, überlegte ich: Was wirst du noch alles einrichten heut? Also – erst wann du nach Haus kommst, werden die silberne Leuchter vorgenommen – blank geputzt mit Kreide und Branntwein, – wird derweil ein Bügeleisen ins Feuer gelegt, und die Manschetten aufgebügelt von den Sonntagshemden. Zweitens und drittens wird auf dem Boden untersucht, ob die Mäus sich allenfalls wieder Löcher gebohrt haben in die Schwarzgerätkammer. Drittens werden die Wäschmahne gezählt, denn letzt sind sie verlehnt worden, und ich glaub, ich hab sie noch nicht wieder gekriegt, und dann müsse die Wäschleinen auch gezählt werden. – Dann, in der Bodenkammer, wo die Apfel auf dem Stroh liegen, da müssen die schöne Borsdorfer all umgelegt werden, damit sie nicht anstoßen. Dann wird der Mittag herbeikommen; aber gleich nach Tisch, wenn's nämlich keine Zeit mehr vor Tisch ist, da werd ich mir alle Bouteillen mit Wein, dritthalbhundert an der Zahl, umlegen, und da werd ich mir Siegellack mit in den Keller nehmen und das große Wappensiegel und werd alle leere Flaschen verpetschieren und unser Wappen drauf drücken, wenn dann der Dieb kommt und trinkt eine Flasche aus und behaupt, die sei leer gewesen, so sag ich: Nein! die leeren Bouteillen werden allemal verpetschiert, und da diese Flasche unversiegelt leer ist, wer hat sie gesoffen? – so steht er da und kann keine drei zählen. Und so kann mir also in Zukunft keiner mehr den Wein austrinken. – Das war nun ein solcher Hauptgedanken, daß ich die größt Ungeduld bekam, die Kirch zu verlassen und alles ins Werk zu richten. – Nun, dann war auch der Herr Pfarrer gewöhnlich fertig mit seiner Red, die nicht weniger unbedeutend war von dem studierten Mann, als was ich derbei überlegt hatte, oder lieber gar zum wenigsten nicht so brauchbar für die Seele, die zu wecken, als mich die meinigen Überlegungen alert machten, mein Hausstand auf[39] den Trab zu bringen. – Nun zog man in Kompagnie aus der Kirch, mit den Sonntagsandrieng und den neuen Enveloppen und den hoche Stelzercher unter den Füßen ging's klipp klapp nach Haus, und da war dann unterwegs eine Unterhaltung mit den Madamen über die gottselig Red, aber auch über allerlei andre Dinge. – Nun! sagt ich, die Predigt war halt, wie dem Herrn Prediger der Schnabel gewachsen ist, und so haben wir's uns müssen gefallen lassen. – »Ach!« sagten die Leut, »Sie sind eine böse Frau, Sie sind immer nicht zufrieden, und wann der Herr Pfarrer in noch einem so heftigen Eifer ist.« – Die Frau Rat aber war keine böse Frau, sondern sie meinte: Hätt der Herr Pfarrer von Jugend auf denken gelernt, das heißt laufen ohne Krücken, so würde er wohl als sich hin verlaufen haben, wo's der Müh wert ist, was Neues davon zu hören, und würde sich jetzt ganz geläufig auch auf andre Wege wagen und würde neue Sachen und Anschauungen vorbringen, die übereinstimmen mit dem Traum, den die Seel in ihrem Dusel fortträumen muß, um nur nicht ganz zu verkommen in der nüchternen, seinsollenden Geistesnahrung, denn was dem Esel Papierschnippel wär statt Distel und Häcksel, das ist der Seel so eine herumgekaute Predigt vom Herrn Pfarrer, der sich mit alle Viere an das Dogma anhält, ei, so mag er noch so sehr kauen und es zu einem Brei verarbeiten, es bleibt halt immer papier maché, man kann allerlei draus drehen, daß es nach was aussieht, aber es ist nur Tand und keine Seelennahrung und kein Geisteswachstum. Und da war meine Erfindung, die ich machte, derweil er vom Wort Gottes vorgeben muß, zu predigen, wie ich die Spitzbuben wollt hinters Licht führen, die mir meinen Wein austrinken, allemal eine viel gemeinnützigere Haushaltungsregel. –

Das Wort Gottes, nicht wahr? – Das nicht einmal Kraft hat, selbst dem eifrigen Zuhörer einen Eindruck zu machen! – Und doch hat das Wort Gottes Himmel und Erd geschaffen, und hat gesagt: »Es werde.« Und es ward! – Und jetzt badet sich der Pfarrer im Schweiß seines Angesichts da oben auf der Kanzel und gebärdet sich, daß die Eingeweide im Leib sich ihm herumdrehen und daß er am Feiertag immer einen viel größern Hunger kriegt, welchen zu stillen er nicht für eine Sonntagsruhe störende Arbeit hält. Und expliziert das Werde nach bestem Wissen in- und auswendig – und doch wird nichts – als daß immer wieder die Leut in der dumpfe Irr bleiben, wo sie andre für sich denken lassen, und wenn die nur wirklich dächten für sie, so könnten sie nicht anders als den Geist in ihnen wecken, aber die heben das Schild des Glaubens hoch gegen jedes Lebenszeichen des Geistes und wollen's mit dem Glauben ausrichten. – Was ist aber der Glaube? – Wo nichts ist, kann ich da etwas glauben? – Da wächst mir eine Bomeranze! – Ei, das kann ich nicht glauben. – Ei warum dann nicht, wenn ich dir's doch versichern tu? – Nun, es ist mir unmöglich, zu glauben, daß dir da auf deiner Nas sollt eine Bomeranz wachse. – Hör, wenn du dich so zum Glauben anstellst, als wie du dich zur Bomeranz anstellst, dann wirst du schwerlich in Himmel kommen! – Ach Gott, ich wollt doch gern[40] selig werden, kannst du mir denn gar nicht den Glauben einprägen an die Bomeranz, vielleicht daß ich dann so sachte glauben lern. – Nun, geh her, ich will mich über dich erbarmen, siehst du, hier steck ich mir das Bomeranzenkörnchen in die Nas, du siehst, es hat schon ein klein Keimchen, und es ist also doch eine Möglichkeit da, daß es Wurzel faßt. – Werst du mir jetzt ehnder glauben? – Ach ja, es ist noch ehnder wahrscheinlich, obschon es doch eine gefährliche Sach ist, an so einem Ort eine Bomeranz wachse zu machen, denn erstlich ist das Klima nicht darnach – und sie müßt doch viel Sonneschein haben, und deine ist noch dazu eine Hakennas, daß dem Keimchen seine Richtung durchaus nicht zum Helle ist, aber ich kann mir's doch schon als möglich denken!

Nun haben wir den Ungläubigen schon auf gutem Weg, er gibt schon seinen Verstand gefangen. Nun? sagt der Bomeranzenbeweisführer, du mußt auch nicht alle Müh auf mich allein schieben, wo bleibt denn sonst dein Verdienst? Du mußt natürlich dem Glauben entgegenkommen. Wenn's keine Kunst wär, zu glauben, vor was wär dir dann die ewig Seligkeit geschenkt? – Der Ungläubige will alleweil die Händ in die Wundmale legen, aber selig sind die, welche nicht sehen und doch glauben. – Die Aussicht hast du, daß mir eine Bomeranz wachse wird, hab auch die Hoffnung, daß dein Glauben dich selig machen wird. –

Nun gut! – Der ist geliefert – der wird seiner Lebtag nicht mehr klar denken, nur um dem Bomeranzenbäumchen seinen Wachstum nicht zu stören, und so wird er denn freilich nichts dargegen haben, wenn der Herr Pfarrer immerfort noch von der Bomeranz predigen wird – denn warum, er hat seinen Glauben gefangen geben. Einem Gefangnen kann's einerlei sein, mit was man ihm eine Mauer vor der Nas aufführt, wann er zufrieden ist, dahinter hocken zu bleiben, ein Gefangner hat keine Geschäfte, keine Wirksamkeit, er sitzt da und luleit seine Zeit weg, und wenn es ihm nicht aus Langeweil einfällt, über die Blanke zu steigen und im Chausseegraben hinter dem Gefangenwärter seinem Rücken vielleicht ketzerische Zusammenkünfte sich zu erlauben, und wenn der Rost der Langenweile nicht endlich die Ketten seiner Gebundenheit zernagt, daß er auf einmal aufwippt und über die Staketen hinausfliegt und dem guten Gefangenwärter das Nachsehen läßt, so wird er selig gesprochen. – Bei so bewandten Umständen sprech ich ihn aber nicht selig, denn die Albernheit kann meinen Begriffen nach nicht Seligkeit genießen. Der Himmel ist für den Geist da, nicht für den Faulpelz, der die Ohren nicht einmal in die Höhe reckt, um etwas zu hören und innerlich zu bedenken, und der sich fürcht, seine Seligkeit zu verlieren, da die ihm doch nichts anders sein kann als eben ein bequemes Leben, wo er aller Sorgen quitt ist. Denn sonst kann er sich ja nichts anders erdenken, so kann er auch nichts anders erfahren. – Es ist zum Lachen, denen ihren verschlafne Einbildungen das Daunenkissen unterm Kopf aufzuschütteln und das Religion zu nennen.

Nun da hätten wir bei der Predigt Station gemacht. Ich wollt nur unter die[41] Füß geben: daß ohne Geistesfreiheit auch selbst das Wort Gottes zur Heuchelei wird, und daß alle Anstrengungen nichts helfen für den, in dem der Geist noch ein Funke Leben hat, denn warum? der wird nicht an der Erd kriechen, weil am Boden nichts für den Geist zu suchen ist, und der allein berät sich mit Gott. Fliegen! – das ist dem Geist seine Art und Weise, wie er sich hinaushelfen muß über all die irdischen Deputationen an ihn, daß er doch hinter der spanisch Wand soll verharren. Nein, er soll selbst hinausfliegen und in allen Blumen des Feldes suchen, er wird überall Honig finden. – Ja! so kümmerlich sind diese Verbote gegen die Vernunft, daß die Lilien auf dem Feld, die nicht spinnen, nicht am Gespinst des Aberglaubens dem Menschengeist schon zutunlich bejahen, was er aus geheimen Drang als Wahrheit ahnt. – Und gegen solche unschuldsvolle blühende Zeugnisse himmlischer Geistesnatur ziehen die Schergen der Geistessklaverei los! Gegen die Schwalbe warnen sie, die die Lüfte durchkreist und mit ihrem Gezwitscher nach alle vier Winde hin laut ihren Freiheitssinn ausjubelt, vor den hohen Bergen warnt sie, wo man das Sonnenlicht trinken kann in erster Morgenfrische, und im Schatten verbietet sie zu ruhen von der mächtigen Eiche, wo der Held zur Besinnung kommt der eignen Kräfte, wo er der Glut sich freut, die in seinen Adern rollt, und der Macht, die ihm stoßweise im Herzen aufflammt im kühlenden Schatten der Eiche. – Und! – seht um euch! In allem Leben der Natur, heilige Freisprechung von allem, was sie euch aufbinden! –

Nun, wie oft werd ich noch von den sieben Schöpfungstagen abirren. – Also, das war mir ein Anstoß, daß der tätige Gott sollt am siebenten Tag ausgeruht haben. – Da geb ich euch all miteinander zu bedenken, ob das eine Sach ist für einen Gott, daß der gleichsam die Arbeitsschürze (denn er hat viel in Ton gearbeit) an den Nagel hängt, sich die Händ abwäscht und sein Sonntag hält? – Das könnt mir nun einer für eine Kinderei auslegen, daß ich so was überleg, aber grad aus so kindische Ansichten hat sich mein ganzer Begriff reformiert, und wenn doch einer nicht immer dächt, es müßte lauter unverständige Hieroglyphen sein, aus denen man Erkenntnis schöpfen könnt; nein, es sind die einfachste Anschauungen, die einem die Wahrheit predigen. – Von diesem Gedanken nun, daß es etwas Lächerliches ist, daß ein Gott sollte einen Sonntag halten, kam ich auf den Gedanken: Was dem einen recht ist, das ist dem andern billig, oder wie dem Vater, so dem Kind. Ruht der Vater nicht, warum soll das Kind lunzen und heuchlen, denn geheuchelt ist das alleweil, wenn ich Betrachtungen halten wollt und Gottesverehrung, wobei nicht ein Körnchen gesunder Menschenverstand erblühen kann. Denn alles Zeugnis predigt Himmels und der Erde, daß Geist allein Religion ist. Denn Sein ist nicht, denn ausgenommen, der Geist ist. – Und also ist alles Sein nur die lebendige Religion. Aus diesen Betrachtungen geh ich nun über: Aber was hätt denn unser Herrgott nun getan nach dem siebenten Tag, da er sich geruht hatte? – Wenn nun nichts mehr zu schöpfen war, ist das so fort geblieben, in einem Ruhen bis auf den heutigen[42] Tag? – Und wird es auch so bleiben bis auf den jüngsten Tag? – Oder waren Gottes Schöpfungstage so groß, daß sie eine viel größere Zeit umfaßten ein jeder, als unser bisherig geschichtlich Erdenleben umfassen kann? Und ist der Ruhetag vielleicht immer noch nicht am End? – Und wimmeln wir Menscheninsekten nur so um die ruhende Gottheit herum, bis der Ruhetag vorbei ist, und Gott vielleicht wieder aufsteht, um weiter zu schöpfen? – Denn ich kann mir doch noch allerlei denken, das geschaffen wird, was ich mir nicht denken kann, weil ich's nicht weiß, was aber doch sein kann und einst zu meinem weitern Werden und Sein dienen wird. – Und ich kann mir denken, daß, wann Gott auch nur einen Augenblick das Handwerk der Schöpfung niederlegt, daß es dann um alle Kreatur geschehen wär. – Seht, das ist mein Kapitalgedanken, an dem häng ich mit fester Überzeugung, nämlich daß Gott unendlich erschafft und nicht um einen Atemzug innehält – und daß diese Schöpfungen ins Unendliche, also natürlich ins Unbegreifliche für den armen Menschenwitz gehen, daß aber die Hoffnung auf unendliche Entwicklungen den Menschengeist aus seiner verengten Lage, worin er sich steif und kaputt gelegen hat, herausarbeiten wird – das ist mein Glauben an Gottes Schöpfungen, die nie aufhören können. Wo soll er aber fort und fort schaffen? – Das Weltall ist aus ihm hervorgegangen, im Weltall muß er weiter schaffen. Wo aber kein Gotteshauch etwas verhängt, wie im eigensinnigen Menschengeist, soll er da den Lebenseifer umsonst ausgeatmet haben? Ach! das ist eben wieder der Menschenhoffart. Er denkt wohl gar, der Gott hängt vom Menschen ab, und wenn er den nicht hätt zum Nachbar, wo er dann seine Weisheit anbringen könnt. – Ei, um so schlimmer wär's vom eigensinnigen Menschen, daß er sich gegen die ewig erneuernde Wirksamkeit des göttlichen Geistes sperrt mit seinem abgesperrten Glauben, weil er dadurch unserm Herrgott seinem vornehmsten Willen abspenstig wird in sich. Aber so ist's nicht nach meinen Gedanken, die Kreatur, die Gottes Geist atmen lernt, die ist auch unendlich wie Gott selbst, sie ist die ganz Natur. – Wo Gott ist, da ist die Natur, wo die Natur nicht ist, da ist kein Gott, das ist nun wieder so mein Glauben, wozu ich kein Bomeranzenkern in die Nas zu stecken brauch, um mir per exempli grazié eine Überzeugung da herauswachsen zu lassen. Bild sich keiner ein, der Mensch sei das vornehmst Geschöpf Gottes, weil er mit seinen fünf Sinnen kein edleres wahrnimmt, er kann vielleicht mit der Zeit noch Sinnen kriegen, mit denen er manches begreift, was er jetzt nicht ahnt und was doch da ist, und kann vielleicht entdecken, daß da Wesen sind, die ohne Bande und Satzungen dem ewigen Schöpfer seine Kräfte in ihrem Geist verarbeiten. Wann wird aber das sein, daß der Mensch so weit kommen wird? – Nimmermehr, wenn er nicht denken lernt; sie werden dahinsterben wie die Fliegen.

Die Natur ist der allumfassende Begriff von Gott. Der Mensch, der Weltgeist in der Natur, wird so lang dem Tod verfallen sein, bis er seine Vermögenheiten ganz zum Empfängnis Gottes hingibt, da wird er an seiner[43] Unsterblichkeit erst anfangen zu bilden. – Das heißt: so denk ich mir das, wie einen Keim, der erst dann in sein recht Element kommen wird, um sich zu einer neuen Kreatur der Unsterblichkeit zu bilden, wenn der Geist in ihm erst zur freien und durchaus nirgend gehemmten Existenz kommen tut. – Kein Wesen ist gehemmt in der Natur, sonst könnt nichts draus werden.

Ei, da wollen wir einmal das Salz nehmen oder den Schwefel oder was vor ein Naturerzeugnis als wir wollen. Es könnt nichts draus werden, wenn etwas seiner Natur Widersprechendes mit vorging. – Noch weniger kann aus dem Geist was werden, wenn die Lüge ihm will Gesetze vorschreiben, nach denen er sich soll verhalten. – Was kostet es vor Müh, wenn wir nur wollten im Backofen ein kleines Hühnchen ausbrüten ohne Glucke. Erst muß uns die doch das Ei legen, sonst könnten wir ewig umsonst versuchen, so ein Hühnchen aus was anderm als aus dem Ei kriechen zu lassen, und dann, wie müssen wir genau uns nach der Natur richten, Tag und Nacht, um die Hühnercher auszubrüten; und wenn wir eine Minute versäumen, so sterben die kleinen Lebenskeimchen und die Eier werden taub. – Nun! der Menschengeist ist so ein Lebenskeim, der sich aus soll brüten aus dem irdischen Leben, das ist die Eierschal, aus der soll der Geist sich herauspicken und flück werden, aber nun unverständige hochmütige Einbildungen die Stell vertreten wollen von der Mutterwärme der Natur, da ist nicht abzusehn, wie lang und wie oft noch die Brut wird mißglücken; aber die Natur fängt immer wieder von vorne an. Und seid nur ruhig, das Unsterbliche im Menschengeist kann ja doch nicht verlorengehn, es wird allmählich alles Bollwerk übersteigen, und dann werden die, welche so eigenmächtig die vornehmste Erscheinung Gottes, den Menschengeist, wollten regieren und ihn zum Weg des Heils leiten, sich gewaltig wundern, daß sie ihn über einen Gänsedreck geführt haben, und werden sich mit langen Ohren zurückziehn und nicht dergleichen tun, und gar auch selbst nicht wissen, wo ihr alt Ignorantegesetz geblieben ist, denn das schmilzt hinweg wie der Schnee im Frühlingswetter, und keiner kann Form noch Inhalt davon bewahren.

Seht, das ist mein Glaubensbekenntnis, es steckt keine große Pfiffigkeit dahinter, aber es kostet mich keine Lüg, es zu glauben. Wenn mir's einer als Glaubensartikel vorschrieb, nun, so fänd das keinen Widerspruch in meinem Geist, obschon es eine Lächerlichkeit ist, die Wahrheit als Glaubensartikel festzustellen und den Geist dran zu binden wie an einen Pfahl. – Ei, durch die Wahrheit wird ja der Menschengeist – was soll ich ihn an seine Erzeugung durch Schwüre binden? – Ich mach ihn ja grad dadurch zum Lügner, daß ich von ihm verlang, er soll noch einmal apart Kontrakt machen mit seinem eignen Sein, daß er's wirklich ist. – Also das End von meiner langen philosophischen Abhandlung ist, ich glaub nicht an die sieben Schöpfungstage. Erstens, weil mir's nicht beliebt, zweitens, weil keiner dabei war und die Sach doch so akkurat erzählt ist, als wenn einer dabei gewesen wär, und drittens, weil ich nicht glauben kann, daß Gott schon am siebenten Tag[44] geruht soll haben und nichts mehr getan, und weil ich mir nicht kann weismachen, daß die Schöpfung je aufgehört hat, fort und fort lebendig durch Gottes Eifer.

Das ist mein Glauben; was nun noch andre menschliche Feststellungen anbelangt, die notdürftig genug in ihrer unbequemen Denkanstalt herumgrabblen und aus Mangel an Nahrungsgeist, an Wahrheit heißt das, Todes verbleichen werden, darüber wollen wir das Schicksal walten lassen.

Sie haben mir all andächtig zugehört, manche mögen die Frau Rat für nicht recht gescheut halten, ich verzeih's ihnen; sie sind ja selbst nicht gescheut, wie konnten sie also nicht närrische und absurde Ge danken über mich haben. Manche mögen eingeschlafen sein bei meiner langen herumschweifenden Abhandlung oder ungeduldig geworden sein. Mögen sie's dem guten Willen nachsehn, der drin verborgen ist, da sie in dieser Planlosigkeit doch nicht den geheimen Plan werden anerkennen, der immer im Geistestrieb schon liegt. Manche aber, die eine Verwandtschaft zu der Art zu denken in sich spüren, wann ich denen kindische Dinge vorgeschwätzt hab, die sie besser noch als ich verstehn, so werden sie sich doch freuen, daß es wieder einmal ein Zeugnis ist, daß die Wahrheit auch wie ein fliegender Same, ohne daß man ihn apart zu säen braucht, angeflogen kommt und in der Einsamkeit einen fruchtbaren Boden findet. – Nun aber will ich zum Beschluß denen Liebhabern von meiner Geschichte auch noch das End von meinem bestandnen Hofabenteuer erzählen. Ja, ich seh's, Sie machen alle freundliche Mienen dazu, daß es jetzt endlich wieder im Trapp gehen wird. Ich weiß noch genau, wo wir geblieben waren in der fatalen Situation, wo ich hinter der Gesellschaft geblieben war und ein bißchen eingenuppt; unterdessen war alles im Ballsaal und tanzte. Die Nacht war eingebrochen, und ich, unbekannt mit der Hofetikett, und doch mit einem Schicklichkeitsgefühl, was vielleicht grad aus grader herzlicher Aufrichtigkeit den entgegengesetzte Weg hätt eingeschlagen von dem, was statuiert wär, ich stand in der Klemm, wie ich mich zu verhalten hätt, aber ich wurde sehr bald herausgerissen. Die gute Frau Königin hatte mich in all dem Trubel nicht vergessen. Wie sie ihren ersten Tanz ausgemacht hat, da sieht sie sich um nach mir, und wie sie mich nicht finden kann, da gibt sie gleich Order. Das konnt ich durch die Fensterscheiben bemerken; – kaum hat sie nach mir gefragt, da laufen die Kammerherren, die Lakaien durch den ganzen Saal im Kringel herum, um mich zu finden. Aber, dacht ich, sucht ihr nur. – Wie sie mich nicht finden können, da fällt ihnen doch ein, daß ich vielleicht könnt im Garten geblieben sein, nun kommen sie heraus und verteilen sich in alle Regionen, ich drück mich dicht bei der Tür an die Wand, denn im Garten wollt ich mich nicht finden lassen, da hätt ich mich zu sehr geschämt. Nun dacht ich, jetzt ist der wichtige Moment, da muß ich einen energischen Streich machen, und mich auf gut Glück wieder ins Meer stürzen, unter die Hofwogen, und mich da um die Wett mit denen aufbauschen. Wie also ein Hoflakai wie ein Schuß Pulver von der Tür abblitzt in den Garten hinaus,[45] um mich im Gebüsch zu suchen, so fahr ich an dem blinde Hans vorbei, grad in den Saal herein, wo mir glücklicherweis alle Leut den Rücken drehten. – Ach!! – Gott sei Dank! – denn das Herzklopfen, was ich nach überstandner Katastrophe empfand – nun – wer sich das denken kann! – bis ich mich so allmählich wieder beruhigte. – Denk sich einer, wenn die Windbeutel, die Kammerherren und Kammerdiener, da die Frau Rat unter dem Vogelkirschbäumchen gefunden hätten, und hätten mit ihre Windlichter mir unter mein schlafend Angesicht geleucht. Nein, ich frag alle gute Freund, ob einer sich das gewünscht hätt? – Antwort: Nein! – Aber was man sich nicht wünscht, das soll man andern nicht gönnen. Ich auch hab mir's nicht gewünscht, und hätt's meinem Feind nicht gegönnt.

Wie ich mich etwas erleichtert fühlte, so rückte ich allmählich hinter den vielen Leuten hervor, die an der Tür standen, und kam so ganz nah an die Frau Königin heran, die winkt mir, und nun kommen die Kammerjäger von ihrer Jagd durchs Buschwerk zurück und wollen eben mein Verschwinden melden, da sehn sie zu ihrer Verwundrung, wie ich eben mit denen Prinzen von Gotha, noch ein paar ganz jungen Bürschercher, Bekanntschaft mach. Die erzählen von meinem Sohn, weil sie ihn sehr gut kenne von Weimarer Hof, und ich erzähl auch mein Bestes, und das war eine ganz vergnügte halbe Stund, wo ich mich ganz mit meinem Schicksal wieder aussöhnte. Auch hatte sich meine Verlegenheit nach und nach beschwichtigt über meine Toilette, denn ich hatte mir gleich vorgenommen gehabt, nur in keinen von denen großen hell erleuchtete Wandspiegel zu gucken, das war gar nicht so leicht. – Daß, wenn allenfalls was an mir in Unordnung geraten wär, daß ich nicht auch noch den Schreck auf mein gepreßt Herz laden müßt, weil aber die Leut mich all ganz vernünftig ansehn, und keiner eine zum Lachen gestimmte Miene macht, da wag ich's und tu einen Seitenblick, und finde mich nicht nur ganz menschlich, sondern ich gefalle mir auch sehr wohl mit meinem kuraschierten Aug, das da thront über alle verkehrte Eingebildtheiten, mit dem sie mich rund umher zu überschauen meinten. Ich schaute auf sie wieder herab, wie ein Wetterdach, das sie in Schutz genommen hat gegen den erfrischenden Regen und den kühlenden Wind, dem sie sich auszusetzen Bedenken tragen, und so ließ ich sie mich umirren mit ihren nichtssagende Blicke, als bloß wie dürres Laub, was im Wind dahinfliegt.

Die gute Frau Königin sah mir's an, daß es Zeit wär mich zu entlassen, sie nahm da mein Dank recht freundlich auf, und erinnert mich an die Zeiten, wo sie in meinem Haus unter meinem Schutz gewohnt hatte und tausend lustige Spielstunden in meinem Hof sich gemacht. –

Da ich nun entlassen war, so kam gleich wieder so ein dienender Geist von morgens früh und frägt mich, ob ich vielleicht den Wagen bestellen wollt lassen? – Nichts lieber wie das, sag ich, bester Freund, verdienen Sie sich einen Lohn im Himmel, und helfen Sie mir über die königlich Schwell hinüber in mein bürgerlich Dasein. Wie ich nun wieder im Wagen saß, wer war froher wie ich? – Ich hatte vor allen überraschenden Verlegenheiten[46] und Sorgen gar nicht können an meine goldne Kett denken, jetzt beguckt ich sie im Mondschein, und sie machte mir doch großes Pläsier. – Denn alle Auszeichnungen, die mir werden, das weiß ich, die hab ich doch meinem Sohn zu danken, und wie soll das eine Mutter nicht freuen? – Kurz, ich hatte die schönsten Gedanken.

Ja, es war eine pläsierliche Fahrt in der Kastanienallee heimwärts. Alle Baumschatten flogen im Vorbeifahren mir über meine geblendete Augen, die ganz in tiefen Gedanken mit der in den Mondstrahlen blinkenden Kett sich beschäftigten.

Es muß ein Weltengeist geben, der alle wahre und kräftig natürliche Gefühle nicht in den Lüften verschwirren läßt. So ein Seufzer aus dem Mutterherzen, auf der Darmstädter Chaussee, ist nicht dort geblieben, als irrender Geist herumzuschweifen. Er wird sein Ziel gefunden haben, auch war mein Herz ganz feurig, und ich dacht, so wird auch heut nacht die Frau Königin eine vergnügliche Ahnung von mir haben, daß sie mich hat so in einem feurigen Rapport gesetzt mit meinem Sohn, daß ich ihn da im Mondschein zwischen dem Baumgeflüster vor mir schweben sehe, und kann die schönste Rede führen mit ihm, weil da allerlei Meldungswürdiges mir begegnet ist. Ach, was man sich nicht vor unschuldige Unmöglichkeiten einbilden kann! – Aber Muttergefühl ist eine Wünschelrut, die schlägt in allen weiblichen Herzen an. Und die Frau Königin auch wird nicht ohne Absicht das Verdienst als Mutter in mir belohnt haben, sie wird gedacht haben: wenn sie doch auch so ein Sohn möcht zur Welt bringen, der diese mit seiner Unsterblichkeit könnt ausfüllen. – So ein Wunsch ist kein schlecht Gebet für eine erhabne Landesmutter – es begreift das Wohl des ganzen Menschengeschlechts in sich und es kann erhört werden, eben weil es der Müh wert ist, so zu beten, so lohnt es auch dem Schicksalsgott die Erfüllung.

Ich hab's im Mutterleib schon gespürt, was aus meinem Kind wird werden, und hab auch keinen Augenblick dran gezweifelt, seit er auf der Welt war, daß es zu ihrem Heil werde sein. Warum? Meine Gedanken waren immer aufs unverschuldete Naturleben gerichtet, wo ich den Verkehrtheiten aus dem Weg rücken konnt, denn nie hab ich heller empfunden, wie sehr das Geschick des Menschen ins Gedräng kommt bei dem Lehren und Predigen verkehrter Grundsätze, als während ich auf meinen Sohn gewartet hab, daß der das Licht der Welt sollt erblicken. Und mein sehnend Gebet war stets, daß sein Dasein, seine Seele einst eine Beweisführung für das alles sein möchte, was ich in der Natur als heilige Widerlegung ihrer verkehrten Erziehung, ihrer Umschaffung des Menschengeschlechts empfand. Obschon nun als die pedantischen Unglücksseher haben die Händ überm Kopf zusammengeschlagen über meine unpädagogische Grundsätze, so ließ ich mich's nicht anfechten, denn ich hielt mich an die Natur, die mein Gebet gleichsam aus mir herausgelockt hatte, so wußt ich also, wonach ich mich sehnte, auf was ich hoffte, das war die Wahrheit. Und vom ersten Augenblick, da er geboren war, ist mir über alle Dinge ein ander Licht aufgegangen,[47] und hab erst meine wahre Erziehung genossen in dem unschuldigen heldenmütigen Übermut meines Sohnes, der alles Große auf der Stelle bewähren zu können keinen Augenblick zweifelte, und der mit allen Kräften auch dahin strebte, daß, was sein Gefühl einmal berührte, das ward eine Flamme in ihm, in der er den eignen Sinn erhoben hat über das Gewöhnliche. Da sind mir erst recht die Gedanken gekommen über die Engherzigkeit, mit der man dem frischen Geist den Boden vor den Füßen abgräbt! Wie die Welt sich da selbst im engen Netz verfängt und allen Verlust davon hat, aber wenn einmal ein großer Geist geboren würde mit unverderbbarer fester Charakterstärke, und der käm unter eine Krone zu stehen, wie ich's der Frau Königin damals in der Nacht auf meiner Heimfahrt hundertfältig gegönnt hab, und er begreift seine Mission recht, was er nämlich der Menschheit schuldig ist, wenn er seine wahre Unsterblichkeit gründen will, nicht aus Eitelkeit, sondern aus hohem weitsehendem Geist, der aus Ehrfurcht vor der Wahrheit sich keine Lüge erlaubt, in keinem Stück, nicht in der Politik, und nicht in seinem Herzen, und nicht über seine Fehler, der würde eine unerreichbare Höhe über der Menschheit einnehmen. Wie ein glänzender Stern würde er dastehen, und die Menschheit würde dann erst begreifen, was das bedeuten will, auf einer so hohen Stellage, als ein Thron ist, ihr Ebenbild wahrzunehmen, um zu begreifen nämlich, wie sie sein sollte und was sie aus sich machen sollte. – Das ist gewiß, die Menschheit würde hinter so einem Fürsten nicht lang zurückbleiben, im Gegenteil, sie würde ihm bald vorherlaufen und ihm den Weg ebnen über alle finstere Klüfte des Aberglaubens und der Angst um nichts, wo er das Sehnen alle, was der Menschheit den Busen schwellt, aus eignen unverkümmerten Himmelsgaben stillt, sie würde ihn auf ihren Schultern tragen ins Paradies des Bewußtseins. Das heißt, wo der Geist freies Spiel hat und braucht sich nicht mehr zu verbergen vor dem Vorurteil, was mit gewappneter Faust ihm ins Gesicht sonst geschlagen und hat ihn betäubt ganz, jetzt aber geblendet von seinem Glanz ihm unterliegt, da muß dann auch die Lieb offenbar sein zwischen Fürst und Volk, das wird schon der erste Schritt sein zur Sündenlosigkeit; daß eine ganze Nation nicht mehr zu heuchlen braucht, und braucht nicht mehr Glocken zu läuten, weil's Geburtstag ist, und Kirchenfeierlichkeiten zu halten, wo der Prediger sich ein Loch in den Kopf studiert, eine Festpredigt zu halten, wo man ein Tedeum singen soll, daß ein so edler Fürst die Zeiten regiert, der nicht wie der bewußte Nebukadnezar ein grasfressendes Tier wär, sondern er hätt nur aus reinem Pläsier an den Naturwissenschaften die schöne Wiesenkräutercher beliebt zu speisen. – Ja, was kann das uns batten, aus was vor einem Grund so ein Fürst Liebhaberei hat am Grasfressen, ob's ein tierischer Trieb wär oder sonst ein Grund, immer ist es tyrannisch, Menschen, die keine Schafe sind und keine Ochsen, so zu dene Heubündel und zu solcherlei Kräuter einzuladen, die kein Salat sind oder Christkohl oder Spinat und gelbe Rüben, sondern Futterkräuter. – Und wenn auch alle Herzen disponiert wären, ihm den Weg mit Palmen[48] zu bestreuen und Hosianna zu singen, es müßte ihnen über dem Erbsenstroh und Häcksel doch am End in der Kehl stecken bleiben. –

Was hilft alles Nachdenken und Sehen in die Zukunft, wenn's der Eigensinn von sich stößt? – Wenn der Hoffart nichts will zu danken haben der Natur, die doch allein das folgsame Kind Gottes ist. Und da muß freilich die Langmut das einzige Rettungsmittel sein, mit der man abwartet, bis eine höhere Zeit kommt, wo der Geist sich aufschwingt und der Tyrannengeißel vergißt, denn es hilft alles nichts, sie begraben nur sich selbst. Der Geist ist's ja, der immer am dritten Tag wieder aufersteht, sie können aber die Lieb nicht auslegen, und buddlen den Auferstandnen immer wieder ins Loch ihrer Albernheit ein.

Ich hab als gedacht: kommst du heunt nicht, so kommst du morgen. Das ist ein Sprüchwort, was seine zwei Seiten hat. – Nicht allein gegen die Trägheit ist das eine Spottrede, sondern ein Geißelhieb ist's für die schwachherzige Menschen, die in die Speichen vom Schicksalsrad eingreifen. Das Rad hat einen so gewaltigen Schwung, daß es über alle Vorkehrungen hinaus sich Bahn macht, und nur der Geist darf ihm begegnen, denn seine Weisheit ist einverstanden mit ihm. Aber die, welche sich ihm widersetzen, streut es wie Spreu durch seinen Gegenstoß in die Lüfte, daß sie sich selber nicht wiederfinden und nicht wissen, wer sie gewesen sind. Sie werden, wenn ihnen noch Besinnung bleibt, an ihr eigen Nichts glauben müssen aber die heilig Unsterblichkeit, die jedes Fürsten heiligste Aufgab ist (denn das ist der einzige Schritt zur ewigen Seligkeit), die ist versäumt. Und was sie ganz der Vernichtung preisgibt, das ist, daß die Erleuchtung, die von ihnen hätt über die Völker ausstrahlen sollen, in einen düstern Keller sich verwandelt, wo keiner die Hand vor den Augen sieht, und natürlich lauft da alles zusammen in so einer Dunkelheit, wie eine Herd Schaf, die im Pferch auf dem Feld sich vor dem Donnerwetter fürchtet, sie ducken sich eins unter das andre vor dem Blitz.

Sprecht ihr mir die prophetische Gab ab? –

Du nicht, die hier zu meinen Füßen sitzt, dein feurig Aug spiegelt meinen Seherblick. Was mach ich mir aus den Kalbsaugen der Welt, die jede Wahrheit ungläubig anstieren, oder auch unbewußt, von was die Red ist.

Vom Heil der Welt ist die Red, vom allebendigen Geist, der soll nicht unterdrückt werden, in welcher Gestalt er auch erscheine. Der Aberglaube, der dieser Gestalt zwar anhängt, aber in dem ihr Geist nie lebendig geworden der diesen Geist verfolgt und ihn zwingen will, in seinen heiligen Umwandlungen stillzustehen, der muß verfolgt werden, der ist der boshafte Tyrann, welcher aus der Wahrheit eine Lüge macht. Aber ihr! – Nicht ihr allein! alle Welt, was hilft ihr Hallelujasingen und Glockengeläut? Nur ein Ton dringt ins göttliche Ohr.

Was mag das vor ein gewaltiger Ton sein, fragt ihr, der zwischen allem Weltgetümmel, durch die Wolken hinauf dringt, der den himmlischen Heerscharen ihre Fanfaronaden übertönt, und ihre Freudensalven und unendliche[49] Lobgesänge, die die Himmelswölbungen durchdröhnen, und sich allein vernehmbar machen kann dem göttlichen Gehör! –

Wie soll ich darüber Aufschluß geben? –

Horcht einmal! – Wie still ist's eben in der abendlichen Stunde hier in der freien Natur! – Kein Lüftchen geht! – kein Blättchen regt sich! – Seht einmal, auf dem Main kräuselt sich kein Wellchen – so still ist's – man hört ein Käferchen summen von weiter Fern, eben kommt's daher geschwirrt! – Die Sonn mit majestätischen Schritten geht schon abwärts, man hört ihre Sohlen nicht aufklappen, so einen leichten Tritt hat sie. Es ist bewundernswürdig! – es rührt mein Herz, daß eine so allgewaltige Stille Macht hat über den ungestümen Weltlärm, der sich gleichsam vernichtigt in ihr, wie die Atome, die sich herumtummlen in dem Sonnenstrahl, der da durch die Zweig zu uns heruntersteigt! – Und das Bienchen, das eben von seiner langen Reis kommt, unterbricht die abendliche Stille mit dem Auftappen seiner Kurierstiefel und seine klirrende Sporen, mit denen es so ritterlich die Blumenknöspercher anfährt, die sich nicht gleich auftun wollen. – »Holla! Wirtshaus!« Jetzt wird's auch lebendig unter denen Federnelkercher. Horcht! – – wie sie aufplatzen! – Und es kommen noch mehr Gäst! und es regen sich noch mehr Sträuchelcher, seht emal den langbeinigen Lavendel an, der klirrt zusammen mit denen Mückelcher und Schnacke, die in beflügelter Eil durchrenne, als wenn man auf einer neuen Chaussee rumpelt. – Und – ei, das nimmt ja kein End mit dem Nationengeschwirr von fliegende und krabbelnde Reisende! Und was sie schnattern und bunt aussehn und lachen übereinander und galern, wie so ein Zug von emigrierte Franzosen! – Ja, an ihrem lustige Humor und wie sie all Platz finden und jeder den andern ungehindert vorbeiläßt, und zufrieden sind, wie sie unterkommen, und wie sie ritterlich vornehm aussehn derbei, und jeder so stolz auf seine Eigenheiten, ohne den andern zu verachten. Man könnt sie wohl mit einem französischen Emigrantenzug vergleichen. – Nun, ich hör alles, ich fühl alles, was unter denen Tiercher da vorgeht, und ihr Getue füllt mir Ohr und Herz und Geist! daß ich mich mitten auf dem Marktplatz befind des Lebens. – Aber lauscht einmal in die Fern rund umher, so seid ihr dennoch umgeben von der unermeßlichen Allgewalt der Stille. – Das bejaht ihr mir. – So ist's mit Gott auch, im Reich der Stille waltet sein hörsamer Geist, und der klingt zusammen wieder mit Geist, der allein diese Stille zu unterbrechen vermag. Nur, was mit dem göttlichen Geist zusammen erklingt, das vermag ihn zu berühren. Er muß sich selber vernehmen in dem, was zu ihm dringen will. Und ihr seht, daß das nicht grad braucht ein gewaltiger Ton zu sein. – Nein, der himmlische Klang von seinem Geist ist so leicht zu reizen wie die allebendige Natur, wo auch ein einzig Bienchen schon ihren schönsten harmonischen Einklang wecken kann, und sie läßt sich rühren und umstimmen in ihrem geistigen Vermögen, bald durch einen Vogel, durch ein murmelnd Wässerchen, durch den daherschwirrenden Morgenwind, durch die blökende Herde, und so geht's durch alle Tonleitern ihrer Musik bis zum[50] brausenden Meeressturm, den sie in ihrem sanften Schoß wiegt, alles, was mit ihr anklingt, das wird auch von ihr vernommen, denn sie gibt ja deutlich Antwort! – Und! – horcht ihr! – Es ist lauter tröstlicher allbelebender Balsam, ihre Sprache! – Also die Sprache Gottes so deutlich nachgeahmt, daß man glauben dürft, man hört ihn selbst. Ja, was soll sie auch widerhallen als Gott allein! – Und darum, seht ihr, mach ich den richtigen Schluß, daß die Natur in fortwährendem Geistanklingen ist mit Gott, und daraus schließ ich ferner, daß aller Geist aus der Natur entspringt, und der Schluß, der jetzt folgt, ist, daß der Geist unbehindert hervor soll treten aus der Menschennatur, weil es die alleinige Kraft der Berührung ist mit Gott, und weil unmöglich das göttliche Gehör was anders vernimmt als den freien Geist. – Der ist die lebendige Kirch, die Gemeinschaft des Heiligen, die alle in sich versammelt, welche Anspruch haben an Unsterblichkeit. – Wie kann einer mit Gott sich vernehmen wollen, daß der in ihm walten soll, der Sinn und Leben in uns erst frei erschaffen, er aber zwingt sie in eherne Bande und fordert Tag für Tag widersinnigen Gebrauch ihnen ab? Und nun erschallt aus denen nur Widerspruch gegen die Wahrheit. Der dringt nicht zu Gott. Er hat keinen Klang, nur Gespenstergerumpel, wie das vom erstorbnen gewürgten, erst irregeleiteten und dann mit heimliche Martern über die Seite gebrachten Prinzip des Lebens nicht anders zu erwarten ist, es wandert um als Gespenst unter denen, die es durch trügliche Mittel auf falsche Bahnen geleitet haben, es droht ihnen, es rächt sich an Kinder und Kindskinder, – jagt sie in Schrecken mit seinem Kettengeklirr. Ja selbst die Zeichen seiner Gefangenschaft befallen seine Schergen mit Angstschweiß durch sein Gepolter in dem Geschlecht seinem Denkkapitol, das ganz verödet und nur Nachteulen und Schuhu drin nisten und dann solch Gewürm, was sich keine Rechenschaft darüber zu geben vermag, warum dem freien Geist, der die einzige Vermittlung ist mit Gott, diese versagt soll sein. Wie könnt ihr's verantworten, ihr Potentaten! – Jawohl Potentaten, denn dies sind Taten mehr von einem Tier, das Poten hat als Schritte des menschlichen Geistes. Einen Spukgeist habt ihr statt dem Weltengeist, der mit dem Göttlichen anklingen soll in der Menschenbrust. Umwandern wird's nun, solang euer Lebensgang dauert, und ihr werdet flüchten mit Furcht und Schrecken, vor was? vor dem leeren Schall, den ein Gespenst macht, wo der lebendig Geist, hättet ihr ihn geduldet, euch frei gemacht würde haben von Furcht und Schrecken, da muß euch jetzt ein todiges Gespenst in die Flucht jagen! Hättet ihr noch Courage. – Aber! Wer wird euch befreien? – Nun! grad wer das Gespenst erlöst, ja, das auch, harrt seiner Befreiung, es sieht mit schauervollen Gebärden aus seim Schemengefängnis hinaus auf die Fluren der Natur, es ist ein hart Gefangner, es weint blutige Tränen! – Ach, ach! – ein einziger Sonnestrahl, der im Vorüberfliehen auf seine Luke leuchtet, dem schreit es mit entsetzlichen Gebärden des Wahnsinns entgegen: rette, rette! – Aber die Menschheit reißt aus und kreuzigt sich und ruft: Alle gute Geister loben Gott den Herrn! – O du Esel! – erlös den jammernden[51] Geist dort! Erlös deinen eignen Geist, oder du wirst nie mit guten Geistern den Herrn loben! – Denn da wird man mir doch ohne evangelische Beglaubigung beistimmen, daß Gespenster bei unserm Herrgott keine Audienz haben, und daß die auf dem himmlischen Teppich kein Rumor machen dürfen!

Alles wächst in der Natur, sogar der starre Stein, und das Allebendige, der Geist, soll nicht wachsen dürfen? – O kurzsichtiger Mißbegriff der Zukunft, die Welt willst du in Angeln halten, aus denen der Geist sie herausreißen will, um sie zu retten, ja gelt! darauf hattest du dich nicht gefaßt gemacht, daß diese Angeln verrostet sind und von selbst zerfallen! – Nun willst du's nicht lieber mit deinem nagelneuen System, das du so sehr ins Feine gesponnen hast, umgarnen und so das ganze Weltengebäu im Schlepptau hinter dir drein ziehen? Ja, du bist so närrisch! Du erinnerst dich mit Vergnügen des Gastmahls, wo du den Verstand mit Löffel gefressen hast, du kannst dir was zumuten fürs Menschenwohl, hat dich doch der Landesherr, der von deim gute Appetit und von deiner edlen Mäßigung an diesem wohlschmeckende Gericht von alle Seiten Kunde hat, gleich ausersehn und berufen, weil er hofft, du werdest nun deine ganze Verdauung dieses Gerichtes aufs Menschenwohl auch applizieren. Du versprichst es auch mit Hand und Mund und machst unglaubliche Anstalten dazu – aber die witzige Menschheit mit schalkhaftem Lächeln entzieht sich dem aus lauter Höflichkeit, weil sie mit ihren eignen Anstalten noch nicht so weit ist, um dir das Gegenkompliment zu machen. – Du meinst, sie fürcht sich vor deiner geweihte Rut? mit der du alle Schulmeister unter dir bewaffnest, um die Jugend in Respekt zu halten, daß die sich lieblich soll machen, in ihrer Furcht des Herrn vor dir! Ei, wärst du nur ein klein Weilchen später kommen, du würdest klaftertief begraben unter allem Dank, den sie dir zugedacht hat. – Ei! und der blinkende Stern, den der Schneider Puff dir auf den Habit habillé flicken muß! – Was hast du davon, lieber Ehrenfreund? – Nichts, als daß du um der fürstlichen Gnade willen, die dich überfallen hat wie der Dieb in der Nacht, mit den Händ auf dem Rücken herummarschierst in der Gesellschaft, grad auf den weißen Ofen los, von dem dein schwarzer Rock absticht, und dann der silberne Stern sticht wieder vom schwarzen Rock ab. Du bist ein ausgezeichneter Mann, du kannst deine doppelte Verdienste an dem Ofen schon ins Licht stellen.

O Menschheit, wo bleibt dein Wohl? Soll das immer aufs neue von dem albernen Samum der Aufgeblasenheit, der dahergestoben kommt in der Wüste, unter den alten Sand begraben werden? – Seh, wie du dazu kommst! Der Herr Staatsbeamte, der so ganz dazu geschaffen waren, weil er bei dem großen Gastmahl des Verstandes sich gar nicht übergessen hat und doch sein Appetit gestillt, der sein vom eignen Wohl allzusehr in Anspruch genommen, und vorab von der Würde, die er nun angesichts der störrigen Menschheit zu behaupten den Mut nie sinken lassen wird, er kann es gänzlich nicht berücksichtigen, mit dem besten Willen nicht. Menschenwohl,[52] mucks nicht! Du kannst dich ja selbst nicht verteidigen vor deinem eignen Gewissen, daß du so albern warst, dein Vertrauen in ihn zu setzen, wie willst du dem Landesvater Klagen vorbringen! Laß es bleiben, dem sind die Ohren so voll gepaukt und getrompetet und gezimpelt und von denen Kirchenväter einverleibt und von dene Andächtige vorgegreint von seine hohe Verdienste, daß er's glauben muß, er wird ohne ihn nicht fertig, bis er durch Schaden klug wird! – Und dann! – Weißt du dann nicht vom Herrn Minister seim Pakt mit dem Teufel? – »Ja, guck einmal die Verleumdung! – – Der heilig fromm Mann soll ein Pakt mit dem Teufel haben!!« – Das glaubst du nicht und willst's nicht glauben! – Aber das ist ja grad seine beste Entschuldigung. Warum willst du die nicht gelten lassen? – Und warum soll ich dann mein Glauben an den Teufel nicht bekennen dürfen? – Während ihr bei jeder Gelegenheit euer Zuflucht zu ihm nehmt, bald muß er euch als Schäferhund die Herde im Pferch der Kirche zusammenhalten mit Gebell und tausend muntere Sprünge, bald als Geisterseher euch dienen, denen Fürsten die Zukunft zu weissagen! Gott! Allmächtiger! schreit er aus eurer Kehl heraus: »Was soll daraus werden, wenn die volle Kraft der Natur im Menschengeist erlaubt wär?« – bald wieder als Zuchtmeister für die Philosophen, die sich vor dem Tod fürchten! – bald muß er um lockende Zahlpfennig dem Menschen seiner Seel Mariage spielen lassen mit dem Christentum, das geschieht gewöhnlich, wenn so ein recht schwarzer, rußiger, ungetaufter Jud über der allzutiefen Gelehrsamkeit das Wäschen hat versäumt, und hat so eine rechte Krust von altem, mosaischem Dreck auf sich sitzen, da schickt ihr den Teufel, ihn zu beschwätzen, daß er sich doch soll die Abwaschung gefallen lassen, und sagt, dann sei er kein Jude mehr, aber, wem der Teufel das auch weismachen könnt, dem Juden macht er's doch nicht weis. Meint ihr, die Dienste tät euch der Teufel umsonst? Erstlich macht ihr ja alle, die ihr dazu kriegen könnt, zu des Teufels Handlanger, einer muß immer dem andern die Bausteine zulangen zu denen großen Bauten, die der Teufel euch aufführen muß, und den Kalk löschen und Mörtel und Lehmpatzen machen. Ja, das geht ins Große! Gebäude zur Besserung der Menschheit, wo sie des Teufels drin werde vor Stillschweigen und vor gottseligen Gedanken, die tägliche Kost sind. Also das ist schon wieder ein Tribut, den ihr da dem Teufel zahlt. Jetzt ist aber noch ein anderer Dienst, den er euch leistet, er läßt euch nämlich als Fahnenlappen an einer langen Stange in der Höhe vor der Prozession aller heuchlerischen Seelen im Wind flattern und spielend bald links, bald rechts eure Verdienste und Schönheit in die Augen leuchten! so daß ihr gleichsam unwillkürlich mit gesenktem Blick beschämt euch fügt in erhabner Demut, oben als Musterbild gottseliger Würde im Wind zu wehen. Diesen Triumph bereitet euch der Teufel auch nicht umsonst. Ihr müßt Haar lassen davor! – Nun soll er auch noch bei unserm Herrgott darlegen, was ihr schwebende Fahne durch euer offenbares Beispiel, durch eure Zucht und Strenge Großes gewirkt habt, bald habt ihr gemischte Bündnisse nicht geduldt, bald habt ihr[53] sie wieder gemischt, und dabei die Nachkommenschaft für euren Pferch erwischt. Alles dem Gott zu Ehren. Dann hat euch der Teufel müssen auf dem Land Wirtschaft machen: es soll kein Schwein geschlacht werden am heiligen Sonntag, dabei ist der Teufel gleich ins Schwein gefahren und hat dem Bauer den ganzen Sonntag den Text gelesen mit Grunzen, daß er vor Ärger kein Stoßgebetchen konnt zum Himmel sende, und keine Ruh hat, bis er's beim Kragen kriegt und ihm das Mordeisen tief in den zuckenden Busen sticht. Dabei findt der Teufel natürlich seine Rechnung, aus einem unschuldigen Schweineschlachten wird ein mit Vorsatz ausgeführter wohlüberlegter rachesüchtiger Mord, und den ganzen Sonntag hat er ihm obendrein mit seiner verpesteten Gegenwart im Schwein verdorben.

Zweitens soll der Teufel ihm die Spinnstuben auf dem Land auseinander jagen! – Ja, man könnt das wieder einmal unschuldig nennen, dem Teufel so ein Auftrag zu geben. Hätt der Großkanzler, oder was er für ein Beamter sein mag des Reichs, ein bißchen Berechenbarkeit in seim Ingenium, da müßt er schon voraussehn, das geht schief. Der Teufel kommt in Gestalt des schwarzen Peters und sprengt sie auseinander: »Nicht mehr als vier in einer Spinnstub, jetzt teilt euch ein und seht, wie ihr zusammen fertig werdet;« und dann lacht der Teufel und schleicht fort. – Am andern Morgen, am End der Predigt, donnert's von der Kanzel herunter: »Unter die Linde soll sich nicht versammelt werden zum Tanz, das entheiligt den Sonntag.« Da wachen auf einmal alle Bauern aus ihrem Kirchenschlaf auf, und strecken die Köpf in die Höh. »Und«, fährt der Teufel in Gestalt des Predigers fort, »wenn ihr das Gebot nicht respektiert, so ist ein allergnädigster Befehl da, daß die Linde umgehauen wird.« Die Bauern rennen mit Sturm aus der Kirch heraus. »Was soll das heißen: ein allergnädigster Befehl gegen unsre Linde, die von unsern Voreltern ist gepflanzt worden, daß man in ihrem kühle Schatte am Sonntag sich mit Gesang und Tanz sollt erholen von der sauern Wochenarbeit!« – sie ärgern sich bitter, schlagen die Pfeifen entzwei, reißen die Bänk um, saufe Bier und Branntwein in ihren Ärger, und fluchen, daß eim die Haar zu Berg stehen. Ei wem? – Ei dem! – Was wollt ihr euch ärgern, ihr liebe gute Bäuercher! Macht ein frühe Feierabend am Samstag, tanzt und jubelt die Nacht, schlaft den Tag auf der Ofenbank oder in der Kirch aus, und bringt am Montag früh die Arbeit wieder ein. Ihr habt offenbaren Vorteil, ihr braucht am Sonntag euch für den Kirchgang nicht zu rasieren. –

Nun! daß hier der Teufel im Dienst des Staatsdieners die Wirtschaft führt, das wird euch doch überführen, daß der sein Seel ihm muß verschrieben haben. Oder tät er das alles umsonst? – Jawohl! was hat er von einer Seele, an der schon im gesunde blühende Leib eine moralische Vermoderung sich spüren läßt? – nichts, als daß er damit die gesunde Seelen türängelt, die den Geruch der Verwesung nicht ertragen können. – Ja, das ist eben sein Pläsier! – Das Ärgernis des gesunden Geistes. Aber wart, deine Krallen werden dir beschnitten werden, du schwarzer Hanswurst! –[54]

Doch kann der schwache gebundene Menschengeist gar leicht in die Flucht geschlagen werden von einer andern Gattung Gespenstererscheinung, die polypenartig aus jener Geistesgebundenheit entsteht. Was ist die aber? – Ich hab mein Lebtag gehört, es wär entweder ein Pudermantel, der überm Kleiderstock auf dem Gang hing im Mondschein. Da ist ein Zugwind kommen und hat ihm die beide Ärmel aufgeblasen, die hat er dann ausgestreckt, als wollt er den arme Sünder umfangen, der da den Gang mit Furcht und Schrecken ausreißt und läßt den Pudermantel als siegenden Feldherrn den Platz behaupten, oder ist's auch ein Bettlaken gewesen, das man durch ein zufälligen Traum veranlaßt worden war, mitten in der Nacht zum Gaubloch herauszuhängen. Nun hat das dene gottes- und höllefürchtende Seele, die es zufällig sahen, schrecklich ins Gewissen geredt, sie sind in sich gangen, sie haben kein Schelmenstreich vor dem Bettlaken mehr leugnen könne und haben auf ihre Knie die ganze Nacht gerufen Mea culpa, aber wie die Sonn aufging und sie sahen, was ihr Rachegeist zu besagen hat, da war's aus mit ihrer Reue. – Sonst von keim Gespenst weiß ich nichts, es gibt ihrer auch schwarze, die hab ich aber nie Gelegenheit gehabt zu prüfen, vor solchen Erscheinungen also verzagen, das ist: vor nichts sich fürchten. Ich sag euch aber, am meisten fürchtet sich der Mensch vor der Unsterblichkeit. – Das reimt sich gar wunderlich! – Die Unsterblichkeit ist der Mensch selbst, denn sonst grad ist er nichts! Die Unsterblichkeit ist alles, und das übrige ist nichts! Wer mir nachdenken mag, wird's spüren, daß ich recht hab, die andern mögen mich für närrisch halten. – So verzagen also die geistfürchtenden Menschen vor allem und vor nichts. – Nun frag ich, ob sie nicht selbst Hirngespinste sind? – Ei, so laß doch den Geist seine große Flügel ausbreiten und fürchte dich nicht, daß er dir damit auf die Nas schlägt, ei, so wirst du doch gewahr, du hast eine! Was du von dir nicht gewahr wirst, das kannst du auch nie fassen! – Die Welt aus den Angeln heben! Närrisch Hirngespinst, laß es geschehn, du kannst dich drauf verlassen, sie kommt auf den rechten Fleck! Laß du den freien Geist gewähren, und dich wird er aus deiner Verfallenheit herausreißen und in die Unsterblichkeit übertragen! – Davor fürchtet sich deine Nichtigkeit? – Warum? – O laß ihn in die Asche deiner Seele blasen, vielleicht ist noch ein Fünkchen anzufachen, und du fühlst dich bald mitten im Geniusfeuer! Aber in deinem Nichts, was soll dir da der Geist? – Und nach deinem sogenannten Tod wird dich nichts mehr an dich selbst erinnern, da du dich nun im voraus von der Unsterblichkeit losgesagt hast. – Was kümmerst du dich um die Welt, daß die sollt aus den Angeln gehoben werden! Da du nicht zur Welt gehörst? – Der Geist und die Welt sind ein Ding, wo der nicht frei herrscht, nur durch sich selbst gezügelt, da ist die Welt ein Hirngespinst, was du auch bist! Wollt mich der Geist im Wirbelwind mit sich fortreißen, ich ließ es geschehen, denn ich bin ja doch ohne ihn Staub und Asch, und kann nichts sehen und erfahren und werden, als durch ihn allein.

Da komm ich nun hier auf meine kühne Gedanken zurück, die auf jener[55] wunderlichen Fahrt in der Nacht von Darmstadt nach Frankfurt all meine Lebensgeister in Aufruhr brachten, und wo ich gespürt hab, daß es gar so kein unmöglicher Schritt wär, sich für die Menschheit aufzuopfern. – Ja! wo ich mit meinen Ge danken ordentlich aus den Windlen herausgekrochen bin und eine freiere Luft atmete, und hab zu mir selbst gesagt: »Nein! der ist nicht wert ein groß Schicksalslos zu ziehen, der nicht ganz sich selbst, ja auch den eignen Ruhm seinem hohen Beruf aufopfern kann! Und wer sich selbst auch nur einen Augenblick mit ins Spiel bringt, der wird seine Mission nicht erfüllen.« –

Wir zählen jetzt: Anno sieben! Wie wir Anno vier zählten, da hatt ich sanguinische Hoffnungen, sie sind aber gewaltig gesunken. – Der Kriegsheld hat einen gewaltigen Anrand genommen, aber die große Geistesrevolution versteht er nicht. – Nun gut! – Zu klug wollen wir nicht sein. – Gewiß ist daß ich in selbiger Nacht von Herzen gewünscht hab, die Frau Königin möchte der Welt einen tapfern Sohn gebären, der den freien Geist, die Unsterblichkeit nämlich, nicht fürchtet. – Ich guckte hinauf unter die Stern und machte Glossen. – Und wie ich nun den Pfarrturm in der klaren Spiegelluft schweben sah und bedenk, daß ich jetzt im königlichen Wagen der freien Reichsstadt zuroll, in der ich hab vier Kaiserkrönungen erlebt, und wie da der Kaiser mußt vor unserm Territorium allemal haltmachen, und im Lager unter freiem Himmel im Zelt kampieren, bis in unsern Mauern ausgemacht war, ob wir ihn wollen oder nicht, und was das vor eine glorreiche Geschicht ist, wenn die Menschheit eine Geltung hat vor ihrem Regentenhaupt – ja dann ist's was anders! Wenn die deutsche Menschheit ihren Kaiser ansieht mit feurigem Blick, der ihn in Respekt hält vor seiner eignen Hoheit! – Das ist ein schön Weltverhältnis – wenn alle Lieb und Treue durch sich selbst gebunden ist. – Aus solche selbstwillige edle Treuheitsbündnisse müßte mein Reich bestehn. – Deutscher Kaiser zu sein, davor wollt ich mich gar nicht fürchten. – Weil ich meine Muttersprach kann, mit der kann man alles bezwecken, und das Volk versteht sich selber genau und deutlich, wenn es durch diese Sprache vor sich selber erhöht dasteht, es faßt diesen Geist und verbündet sich mit ihm. So würd ich also sagen, wie es dem deutschen Kaiser ziemt: »Ihr Völker! Hier steht eure Wohlfahrt auf dem Spiel, ich fürchte nicht, daß meine fürstliche Großmut für euch nicht ausreicht, und wenn ihr des Teufels wärt, nun so würden's die Begebnisse schon euch eintränken, denn von meinem Zepter aus hat nur die Milde das Recht, gerecht zu sein, und nur die Himmelsgabe, den Segen unendlich auszuteilen, ist mein Amt und mein Lohn. Habt ihr ein edles Wagnis vor, verzagt nicht an meiner Kühnheit, über Felsen und Klippen in aller Ausdauer ohne Vorwurf noch Verzagen euch beizustehn, denn warum? – der Zweck ist edel! Und was ist da zu fürchten? – Den Schweiß vom Angesicht zu wischen und dem ermüdeten Geist mehr aufzubürden, als er tragen könnt? – O nein, nimmermehr! Der ist dazu geschaffen, daß er trage mit erhabnem Haupt, und das ist der große Vorteil! – Und wenn's uns vor den Augen der Narren nicht rechtfertigt,[56] was wir versucht oder begonnen haben, was will das bedeuten?« – Das Gelingen ist nicht die Hauptsach, der Mut, nicht zurückzubeben vor dem, was wir groß achten, und wenn ihm auch an der Stirn geschrieben steht: Unmöglich; der rechtfertigt den Versuch! – Ihr werdet andere Menschen, wenn ihr den Geist zu eurer Waffe macht, um Bedürfnisse zu lösen und zu bekämpfen, an welche die Seele der andern angeschmiedet sind, und Müh und Not werden nicht mehr das Schergenamt an euch ausüben können, denn ihr seid deren Überwinder.

O glaubt nicht, daß etwas dem freien Geist, dem einzigen Gottverbündeten, nicht möglich sei! – Ich kann's euch zwar nicht für gewiß wahrsagen, aber was auch nur ein Kind in seiner ungeduldigen Phantasie im Traum erlebt, das Gefühl, ein freier Vogel zu sein in der Luft, auf den's allein ankommt, aufwärts zu steigen, das der große Schiller so sehnsüchtig aufrief: Segler der Lüfte, wer mit euch schiffte, den muß ich prophetisch euch zugestehn. Denn in meinem Herzen pocht es vor Freuden, wenn ich gedenke, daß vielleicht durch freiheitvolle Besitznahme des geistigen Horizontes einstens auch dem Leib kleine Flügel keimen, daß die vermögend werden, ihn ätherleicht durch die Lüfte hin zu tragen, was wir uns so oft wünschen bei schönem Abendrot oder bei aufgehendem Tag. – Plato sagt: ›Die Menschen würden weise regiert werden, wenn Philosophen auf den Thronen säßen!‹ Nun ich bin gerecht und Philosoph genug, wenn ich keiner Sklaverei und Abhängigkeit, von welcher Art sie seien, das Wort rede, oder sie auch nur dulde. Auf dem Haß gegen die Sklaverei ruht mein ganzes Dasein! Wie könnte ich von Freiheit euch vorreden! – so würd ich sagen zu den Völkern: »Wollt ihr mich, so sagt's. Ich will keinem als Kaiser sein, der mir nicht von Herzen vertraut, denn ich will nicht umtauschen, die mir und denen ich angestammt bin, ich will sie nicht im Wechsel der Zeiten umtauschen wie die Schergen, die den Christusrock ohne Naht in Fetzen zerrissen und sich drin teilten, mit dem Würfel in der Hand! Und mir sei euer Recht geheiligt. Daß ihr der Fahne schwört des heiligen Patriotismus! Und so weiter!« –

Und ihr glaubt, dies sei eine ausführbare Politik? – Aber wißt ihr, ob's nicht möglich sei mit dem Geist, die Unmöglichkeit auszuführen? – Und ich seh das im Geist, daß sie nicht unausführbar sei! Nein, daß sie die Politik ist, der die Menschheit mit starken Schritten zueilt. – Was ist dem Kaiser die Welt, wenn ihm die Menschheit nichts ist? – Ei das wär ja bequem, wenn die Pest alle Menschen ausrottet, und er bleibt allein übrig, so hat er sie unbestritten ganz und gar. – Wenn aber seine Seele eine kindliche Gewalt hat, die wirkt alles in der Menschheit. Mit göttlichen Geniuskräften hat der Fürst einzugreifen, und denen wird keine Gegenrevolution den Garaus machen.

Obgleich wir freie Reichsstädter nur klein im Angesicht der Narren sind, die's nicht verstehn, aber eine Perle sind wir in deren Augen, die's verstehn! – Wir geben ein Exempel vom schönsten Verhältnis zwischen Fürst[57] und Untertan, Republik und Monarchie zugleich! – Daraus entspringt zweierlei Gutes. Daß wir nicht vergebens seufzen nach was wir schon besitzen, die Republik ist unser Himmelbett, die Monarchie ist unser guter Stern am Himmel. – Das zweite Gute, was draus entspringt. Daß ein großer Monarch wirklich als von göttlicher Abkunft gehalten wird, daß er nämlich nicht in allen Stank sich zu mischen hat, der unter kleinlichen Menschen nimmer des Streitens und Rechtens ein Ende nimmt, sondern bloß dann eingreift, wenn seine Großmut den Ausschlag geben kann. Es ist nicht recht, daß ein solcher erhabner Repräsentant der Menschheit alle Sünden untersuchen soll, oder daß er soll sich müssen beleidigt fühle durch die! und sie einer Verantwortung schuldig machen gegen seine Würde! Nein, das ist ganz falsch! – Noch weniger angemessen ist's, daß die Menschheit sich vor ihm wie vor dem Schulmeister fürchten soll müssen! und daß sie nicht kann aufrichtig mit ihm reden vor lauter Respektsverletzungen, die sich ihr im Weg aufdringen, daß sie lieber wieder unverrichteter Dinge umkehrt. Und wo soll dann also ihm der klare Begriff über die Menschheit her entspringen, wenn die nicht darf den Quell ihrer Erfahrung und Ahnung frei und frank dahersprudlen? – Wo sollen ihm da kluge Regierungsgedanken entsprießen, wenn ihm jene nährende erfrischende Quelle nicht an die Wurzel seines Geistes dringt? Und warum soll der Geist nicht allemal das größte tun, was er vermag, zwischen Volk und Herrscher? – Soll das wahr werden, so müssen jene Gespenster erst verjagt werden, die zwischen beiden spuken und sich mehr Gewalt angemaßt haben, als der Geist je gehabt hat! Das kommt davon, wenn man sich gegen ihn wehrt! – Die Möglichkeit wird ihnen benommen, sich einander im Geist zu erscheinen. – Das Geschwätz und Gepolter der Gespenster verhindert die Geistesoffenbarungen zwischen dem Volk und ihrem Landesvater, verhindert ihre ursprüngliche Regungen, die gegenseitig immer großmütig sind. – So ist denn des Geistes Sklaverei dran schuld, daß seine ursprüngliche Regungen unterdrückt und er sich selber fremd wird! – – – – – – – Aber die Geister wollen einander immer sich selber wieder näher bringen! – einander fest machen, daß sie ihrem eignen Selbst willfahren, indem sie sich einander hingeben! –

Laßt mir meine Weisheit: Der Bürger einer freien Reichsstadt hat einen Verstand vom Regieren! – Er wird seinen Monarchen wie sein eigen Ingenium nicht preisgeben. Und das Regieren ist eben nicht schwer! Wär's nicht leicht, wie könnte Gott eine so große Verantwortung auf ein unschuldig Haupt laden? – In der Wieg ist so ein Landeshaupt ein ebenso unschuldig unvermögend Kind wie andre Kinder, und lallt wie die Kinder und hat dieselben Begehren, und endlich kommt es unter eine Krone zu stehen und soll das Glück aller handhaben. Und ihr meint, das sei schwer? – Ich sag, das ist leicht! – Denn, wer sich's schwer macht, dem gelingt's nicht! – Der Adler, der in Lüften schwebt, müßte der sich mühsam emporschwingen, dann, wie hätte der Kraft, sich oben zu erhalten? – Er muß das eingeborne[58] Feuer haben sich aufzuschwingen. – Wenn aber der Fürst über allen soll schweben, wie kann er sich herabziehen lassen von dem eigensinnigen ungeeigneten Willen jener Gespenster, die ihm für Menschen sich ausgeben? – und deren tote Seele in ihrem gesunden blühenden Leib ihm müßte ahnungsweise einen Schrecken einflößen. Da sie die scheidende Krankheit sind zwischen ihm und seinem Volk. – Denn vom Fürsten will das Volk regiert sein, der die höchste Großmut aus dem Volk selbst schöpfe, und jeder andre Wille ist zu klein, das Volk zu regieren.

Nun könnt einer sagen, der Fürst braucht vermittelnder Kräfte! Nein! Was er mit dem gotteingebornen Willen nicht vermag, das ist besser, daß er's unterlasse.

Ich berufe mich auf meine freie Reichsstadt. Das gegenseitig sich ausgleichende Bürgerrecht, das muß unter sich ausgemacht werden, da muß unser verehrter Magistrat vor den Riß stehen, daß alles mit dem Willen der Gerechtigkeit vor sich gehe! – Ein ganz Land regieren ist aber nicht anders, als sich selbst regieren! –

Als Christus gesagt hat, »was du willst, daß dir andre tun, das tue ihnen auch«, da sprach er zu unserm Frankfurter Magistrat, denn der handhabt die Politik – vom äußern Leben. – Die Fürsten aber sollen nur eine innere Politik haben; für sie sollen andre nicht da sein, sondern sie sollen in allem sich selbst fühlen, und für sie heißt es also: »Alles, was du andern tust, das tust du dir selbst!« – Wie nun! – Wär es schwer, zu regieren? – Dem Landesherrn, der den Willen für sein eignes Recht und Heil nur über alle gleichmäßig zu verbreiten braucht, um als vollkommen weise in allen sich gerechtfertigt zu fühlen, und zwar den einfachen Willen, der in jener Kinderseele schon instinktmäßige Natur ist. Und darum ist es nicht schwer, zu regieren, wenn einer mit den Kinderschuhen nur nicht auch die kindliche Seele abwirft! – den feurigen Geist für's Gute! – Werdet wie die Kinder, ihr Große und Herren der Welt, so macht ihr sie zum Himmelreich, an das ihr dann natürlich das erste Recht habt. Auch die Kinder führen ihr spielendes Regiment mit Ernst und leiden's nicht, daß Unberufne ihm in die Zügel greifen, und nur das ist's, daß sie der Phantasie ein heilig Vorrecht einräumen. Was ist aber die? Des freien Geistes poetische Kraft? – Und nein! Fürchtet euch nicht vor ihm!

Da preis ich unsre freie Reichsstadt glücklich, denn unser deutscher Kaiser strahlt seinen Glanz auf uns alle, die in seiner Hut stehen, da ist kein falscher Sinn möglich! Wir spüren's in jedem Nerv, wo man in den Nimbus von unserer Kaiserlichen Majestät eingreifen will; wir leiden's nicht! – – Lacht mich nicht aus. – Nein, wir leiden's nicht! daß man unsere Lieb und Treue in dieser uns schützenden und erhebenden Majestät verunglimpfe.

Fordert nicht von einem Phantasietraum, daß er gleich soll in die Wirklichkeit hinausschreiten! – genug, ein edel Verhältnis vom Volk zum Fürsten hat solche zarte Beziehungen, daß ihn nichts betreffen kann, was sein Volk nicht in tiefstem Herzen spürt. – Und wo es nicht wie das wallende[59] Blut im Helden sich freudig in alle Gefahren stürzt für ihn! so wahr ists, daß Volk und Fürst ein Leib seien, wo sie ein Geist sind, und laßt's erst einmal so weit gekommen sein. – Die Frau Rat wird's nicht mehr erleben! – Aber ihr könntet's erleben, wolltet ihr nicht ungläubig euch anstellen. Aber natürlich, aus den Wolken fallen keine große Tendenzen, sie müssen in der Seele geboren werden und mit dem Geist genährt. Die Schwere der Regierung liegt in der Waagschale von eurem Herzen, die Gewichte sind die Ansprüche der Menschheit an die Zeit, und das Gleichgewicht ist der freie Geist. Der schwebt und zeigt, daß das Züngelchen einsteht in der Waage der Gerechtigkeit. Es muß also das Regieren leicht sein, oder der Waage fehlt der freie Geist, nämlich das Vermögen, gerecht abzuwägen, so wie es leicht sein muß, dem reinen Sinn der eignen Natur zu entsprechen, oder das eigne höhere Leben geht dabei zugrund.

Also das haben wir ausgemacht, der Mensch braucht nur für die eigne Erhebung zu leben, so lebt er fürs Volk. Denn das Volk will erhoben sein auf den höchsten Standpunkt, wo sein Geist hinzureichen vermag, das ist sein Recht an den Fürsten, von dem ihn keine Gewalt freispricht, sondern sie bricht ihm den Stab, der diesem Recht nicht genügt, und entkleidet ihn seiner Fürstenwürde. –

Ihr wundert euch jetzt über diese Reden! haltet nichts davon! – Könntet ihr in der Zukunft lesen, ihr würdet bald noch andres gewahr werden, von dem sich kein Fürst und kein Volk träumen läßt. Beachte keiner, was ihm als Bildung aufgeprägt, sondern nur, was ihm als Wahrheit eingeprägt ist, da wird's bald Licht werden in ihm. Über die Nähe des Volks zum Fürsten hat wohl noch kein Fürst gedacht. – Denkt euch, käm die Pest und rafft alles Volk hinweg, wo blieb die fürstliche Gewalt? – Also je näher das Volk seinem Fürsten, je größer ist dessen Kraft, er schlägt wie ein elektrischer Schlag durch alle Herzen.

Bis jetzt hat man künstlich Fürst und Volk auseinandergehalten, um dem Fürsten einen künstlichen Nimbus zu bilden und dem Volk einen künstlichen Respekt beizubringen. Was ist das aber für ein gläsernes Verhältnis gegen das starke innige Band der Seele, mit Fleisch und Blut, das gleich zuckt, wenn die Seele feurig wird? – Ist jenes nicht unwürdig der Fürstlichkeit, und eine derbe Lüge? Und soll man dem Volk mit Schattenspiel was weismachen wollen, wenn es schon was Höheres ahnt und begreift, als je auf der fürstlichen Bühne war aufgeführt worden? –

Nein! kein Diamant und aus dem Meer gefischte Perlen kann der Krone mehr Glanz und Würde verleihen. Ein Haifisch hat manchmal in seinem Magen eine größere Perle als der Kaiser in der Krone, und sie ist ihm unverdaulich, er möcht sie von Herzen gern wieder ausspeien. Nun hat sie aber der Goldschmied erst in die Krone befestigt, dann sollen alle Völker sich beugen und anbeten, was der Haifisch mit Vergnügen ist losgeworden! Dann tritt die Etikette vor und drängt sich zwischen Körper und Seele, daß die nicht aufeinander wirken sollen. Mit Menuetpas zur Seite, mit[60] rückwärts der Tür wieder begegnen, zu der man eingetreten war, und dabei geschickt die lange Schleppe zurückwerfen, mit Beobachtung, einer fürstlichen Person nicht den Rücken zudrehen, wird alles Denkvermögen in Anspruch genommen. – Und hat man was vorzubringen, so ist der Akkusativ streng verboten, der Nominativ darf nur in der dritten Person im Pluralis erscheinen, und alle Redeweise ist so, daß man einen Gedanken in seiner Urkraft vorzubringen nicht imstand ist. – Dann muß man sich so oft mit dem Kopf bücken, daß so einem armen Bürgermeister (ich setz den Fall, er hat was Vernünftiges mit seinem Landesherrn zu reden) das Blut in den Kopf schießt! – Dann soll man nicht eher sprechen, bis man gefragt wird – und das will ich noch gelten lassen, aber daß man dann noch höchstens mit Ja oder Nein antworten soll, dabei kommt natürlich wenig heraus. – Was sind die Folgen? – Der Fürst wird seiner Lebtag nicht gewahr werden, wie weit das Volk über diese Schranken hinaus gewachsen ist mit seinem Geist, und daß jetzt kein goldgeschmückter, mit Schnecken aus dem Meer gefärbter Purpur und nicht die Perle aus dem Magen des Haifisches in der Krone ihm noch Ehrfurcht einprägen kann, sondern nur der Glanz, der von der Geniusstirne auf es herableuchtet und es mit verklärt.

Wenn aber, statt sich ihm geistig einzuverleiben, nur Zuchthausmaßregeln stattfinden sollen, und blinde Etikette dem Volke Sand in die Augen streuen will, und spürt nicht, wie sehr das verfehlt ist, weil sie eben blind ist! Wo soll da der Geist ein Vermittler werden zwischen Fürst und Volk? –

So hatte ich eben dem Bonaparte mit einem Hoffnungsstrahl im Herzen zugesehen und hatte geglaubt, er wird seine Mission an die Menschheit besser verstehn, er wird durch die Wahrheit, durch Lösung ihrer Sklavenfesseln sie erschüttern, nicht durch das Kanonenabprotzen, er wird durch die Einsicht erleuchten lassen die Städte, nicht mit Tranlampen und geöltem Papier. Er wird durch die Überzeugung in die Festungsmauern der Herzen eindringen, aber nicht dadurch, daß er unsere Wälle geschleift hat, auf denen die mächtigen Eichen, Ulmen und Linden standen, die von unserm früheren Kaiser gepflanzt waren! – Was ist das? – Unser schönes Frankfurt mit seinen schönen majestätischen Hochwällen, – alles mußte er platt treten! – Ist das deine Macht, du neuer Kaiser? daß du die Toren aus den Angeln hebst, keinem mehr eine verschloßne Heimat gönnst? – Ach, daraus les ich dein ganz künftig Geschick! – Auch du fällst in den groben Fehler, einer Staatskunst deine Anerkenntnis verdanken zu wollen, und nicht deinem Heldenberuf, die Menschheit zu würdigen, sie von der Staatskunst zu erlösen und den naturgemäßen gesunden Geist zwischen Volk und Fürst zu entwicklen! Meinst du nicht, daß die Fürsten würden deine Mission begriffen haben, hättest du ihnen gelehrt, daß Freiheit des Volks das alleinige Spezium ist, in dem der Fürst seine Macht entwicklen kann; – und daß eine kunstpolitische Regierungsmaschine so häufig ins Stocken gerät, daß auch auf den miserabelsten Erfolg ihrer Berechnung nicht zu zählen ist, und kein Reich ist, in dem des Fürsten Wille sich klar wird.

[61] Bonaparte! Wie sehr hast du dich versündigt! – Manche Forderungen macht das Schicksal an die Fürsten, die bloß menschlich sind zu gewähren! – – werden die beachtet, so sind höhere Forderungen, die sind fürstlich zu gewähren; und von da aus steigt der Menschheitsgenius und macht Forderungen, die sind göttlich zu gewähren.

Aber was ist denn ein Fürst, vor dem die göttlichen Forderungen sich zurückziehen, weil er schon die fürstlichen nicht gewährt, und die menschlichen nicht versteht? – Wer hätte sich je denken können, daß aus dem Ungeheuer der Revolution ein solcher Nebel aufsteigen wird? – der sie alle erblinden macht! – und lassen sich wieder die Nebelkapp über die Augen ziehn!

Die Frau Bonaparte hält Probeaudienz mit leere Sessel und Taburette. Und der Herr Bonaparte studiert sich eine Etikette ein. Und der Genius, der starke Feuergeist aber, der sieht diese Schmach mit an, wie er Vertrauen kann haben in solche Lappalien und nicht auf seinen guten Dämon. Ja, der führte eine Sprache auf, die wollt er nicht hören. Nämlich daß der Geist ohne Intrige überall der Herrscher ist, nämlich, daß jeder Fürst soll wollen, daß sein Volk allen Völkern voranstehe! daß nur dadurch ein Fürst kann der größte sein, daß sein Volk das größte sei! – Das waren die Mahnungen des Zeitgeistes an ihn, und denen ist er nicht nachgekommen. Aber der Zeitgeist wird's ihm eintrichtern, daß er ihn gefoppt hat. –

Nun! freie Reichsstadt, deine Wälle sind geschleift, auf denen die ganze Frankfurter Bürgerschaft einst Purzelbäume geschlagen hat, auf denen alle Kinder die ersten Schlüsselblumen gepflückt haben, auf denen sie im Winter haben ihre Schneemänner aufgetürmt, und haben in denen prächtigen Eichen lernen klettern und die Elsternester ausgenommen und haben den Elstern schwätzen gelernt, die zur Freud der Nachbarsleut auf freier Straße sind herumspaziert, und haben mit ihne parliert und sie Spitzbuben gescholten, worüber sie ihr ganz apart Pläsier hatten, daß so ein Rab sich das gegen ein ehrsamen Bürger herausnahm. Und die lange finstere Stadttore unter den Wällen, wo man so neugierig nebeneinander durchpassierte, ohne in der Dunkelheit einander zu kennen, und wollt doch wissen, was der eine geladen hat auf dem Schuhkarren, wer in der Postkutsch säß – ob das der Herr Nachbar wär, der uns begegnet, bis dann der Lichtstrahl herein brach und alle Einbildungen entzaubert.

Nun, diese Wälle sind jetzt geschleift worden. Wir hatten kein Nachdenken dabei. Es geht schon ein Weilchen alles so rasch mit dem Zeitenwechsel, daß man sich verwundern müßte, wenn von nun an etwas länger bestehen sollt, als man auf seine Abändrung kann warten. So wird's mit dem plötzlichen Steigen in den Mond auch gehn, wo die türkische Bohn über Nacht einen so langen Stengel schießt, daß man mit Bequemheit in unerreichbare Höhen steigen kann. – Der Stengel wird welken, und der Bohnenkönig wird herabfallen! Der Geist darf eben überall hin und kann's auch gewiß sein, daß er alles erreichen wird, und daß es ihm nicht kann[62] geraubt werden, aber die Dummheit kann nicht erhalten, was durch den Geist gewonnen war, denn sie nimmt das Unrechte fürs Rechte! –

So manchem Frankfurter Bürgerskind wird's gangen sein wie mir, daß es ihm kalt und unheimlich ist, als wär ihm die Woll abgeschoren mitten im Winter. Wenn man sonst dem Gallentor hereingehn wollt, und man sah die Wälle voll Schnee, wie im warmen Winterpelz um die Stadt herum gedrängt, und wie da der Rauch von den Schornsteine aufstieg, und die Giebel guckten drüber hinaus – ach, da lachte einem die lieb Stadt so einladend an, als wollt sie sagen: »so komm doch herein, du Schelm, was verfrierst du dir da draus deine Nas, komm herein ins Winterquartier, wo jed Bürgerskind sein Platz bereit find hinterm Ofen, und wos dem eine recht ist, wie es dem andern billig ist, und da gelten die Rechte des Lebens, reich und arm, einem wie dem andern!« – Und das war ein edler Stolz der Gleichheit, und besser gegründet, als wenn der verstandlose Übermut des Reichtums sich über sein Nachbar hinaus schätzt. Nein! ein Frankfurter Bürger gilt mehr wie's Geld. Der sinkt nie im Kurs, also der ist sicher, so stehn sich alle gleich, und das ist eben bis jetzt die Gesundheit von unserm Frankfurter Bürgertum.

Nun damals, als ich in der königlich Equipage nach Frankfurt zurück fuhr, stande noch die hohe Wälle und die himmelhohe Bäum standen in ihrem volle Laub, und es war recht erfreulich und mir besonders erquicklich mit meiner goldnen Gnadenkett um den Hals, daß die doch kein Strick war, der mich an einen Oberherrn gebunden hatte. Ja, es gibt so Augenblicke im Leben, wo eine Auszeichnung vom Schicksal, wie die, in einer so edlen Stadt geboren zu sein, einem wie feuriger Wein durch die Adern glüht, wo man lieber auf alles verzichten wollt, als auf die Stadt, die heilige Ansprüche auf einem hat, weil man in ihren Mauern zum erstenmal das Licht der Welt erblickte, der aber auch, und sollte einem der Schicksalsturm wie weit von ihr verschlagen haben, der Wandrer nie ein Fremdling sein wird. Kommst du durch diese langen engen Tore, wo das Sonnelicht auch am hohen Mittag kein Eingang hat, hereingezogen, so kannst du gewiß sein, du bist zu Haus! Ja, der Frankfurter Bürger braucht sich nicht zu schämen; so viel mutwillige Streich sie auch unter sich oft haben ausgehn lassen, sie waren sich immer einander treu im Beistand von Unglücksfälle.

Frankfurter Bürgertum ist der best Adel, der sich bis jetzt noch in alle Zeiten Respekt erworben hat. Welcher Staat kann sich des rühmen? Nun, ich kann euch sagen, als ich in der Nacht vors Tor kam, so freut ich mich über die Maßen:

»Sie müssen die Sperr bezahlen!«

»Königlich Equipage!« ruft der Lakai vom Bock herunter; Schildwach ruft: »Heraus!« »Ei was! sag ich, freilich will ich die Sperr bezahlen, stecken Sie Ihnen Ihr Seitengewehr ein, Herr Leutnant, ich bin's nur und sonst niemand!« – »Ei um so besser, vor Ihnen präsentiere mer das Gewehr mit Vergnüge.« – Nun! als wir durch den Orkus durchgerumpelt waren und[63] endlich vor meinem Haus stillhalten, so kommt mir ein ganzer Trupp von Basen und Vettern entgegengestürzt. – Ich sag, ei was wollt ihr dann? – es ist ja nachtschlafende Zeit! – »Ach Gott sei's gedankt, daß wir Sie wieder vor unsern Augen sehen, lieb Frau Rat, wir hatten gedacht, Sie wären arretiert! Die Jungfer Lieschen hat uns in große Ängste zusammengetrummelt, es wär eine Order kommen von ihre königliche Majestät von Preußen, grad wie Sie hätten wollen ins Kirschenwäldchen fahren mit der Frau Bethmann, und kaum daß Sie sich hätten was anziehen können, so wären Sie mit Eskorte von drei Mann in einem zuenen Wagen mit vier Pferd forttransportiert worden. Und so sitzen wir hier schon drei Stund und wissen nicht, was wir sollen anfangen, und eben wollten wir's dem Herrn Bürgermeister melden, und wir wären Ihnen nachgeeilt, aber die Jungfer hatte den Ort vergessen, wo Sie waren hintransportiert worden.« –

Nun um Gotteswillen! was sind das vor Sachen! – Das Rätsel will ich euch morgen lösen; heunt will ich euch nur eins sagen, daß die Jungfer Lieschen eine Hahlgans ist, und ich seh wohl ein jetzt, daß ihr die Haub heunt morgen nicht verkehrt auf dem Kopf gesessen hat, daß ihr aber der Kopf verkehrt unter der Haub sitzt, davor will ich euch stehn. Ich bedank mich übrigens vor die Teilnahme; und wenn Sie einmal arretiert werden sollten, so werd ich auch mein Bestes tun, Sie wieder einzuholen. Übrigens, wer meine große Abenteuer genauer will erfahren, der muß morgen kommen, heunt sind die Tore gesperrt. –

Nun wie ich die gute Nachbarn los war – so mach ich der Lieschen erst Vorwürf, wie sie so dumm könnt sein, und mir die Leut über den Hals trummelt.

Nun nehm ich meine Sternblumenhaub vom Kopf herunter und stülp sie über die Bouteille. Die hat heunt was mit mir erlebt! – ich eröffne meine Enveloppe, die Lieschen erstarrt vor der goldnen Kett! – Sie macht mir Vorwürf, daß ich nicht gleich hab vor den Nachbarn, die um meine Abwesenheit waren in Sorgen gewesen, meinen Mantel aufgemacht. »Und«, sagt sie, »das war einmal nichts, daß die Frau Rat nicht gleich es gesagt haben, und morgen bei Tag wird das lang so kein Effekt machen.« – Nun! sag ich, es ist nun emal geschehn, nun wollen wir uns ins Negligee werfen und ins Bett legen und von denen viele Strabatzen uns ausruhen! –

Nun kommt's endlich so weit, daß ich im Bett liege. – Die Frau Bethmann haben einen Korb mit den schönsten Kirsche mitgebracht aus dem Kirschenwäldchen, und wenn mir's recht wär, so wollte sie mir zu lieb morgen noch einmal mit mir hinfahren. – Ei freilich ist mir das recht! jetzt stell Sie mir die treffliche Herzkirschen an mein Bett und die Wasserflasche dabei, so werd ich wie eine Prinzeß mir's wohl sein lassen und die ganze Nacht Kirschen fressen. –

Aber die Lieschen hat keine Ruh, sie persuadiert mir noch über die weiß Nachtjack die goldne Kett um den Hals – und nun bewundert sie und bedauert, daß es die Nachbarn von rechts und links und gegenherüber nicht gesehen[64] haben! Nun! sag ich, schweig Sie mit Ihrem Lamento, es ist emal vorbei, hätt ich ehnder dran gedacht, so hätt ich's freilich ihne zeigen können, es würde sie im ersten Augenblick, wo sie noch den Schreck in alle Glieder hatten über meine bewußte Arretierung, noch mehr gefreut und überrascht haben! – »Ach!« ruft die Lieschen, »die hab ich gleich wieder beisammen, es ist ja nit weit hin!« und eh ich ihr auf ihre Dummheit Kontraorder geben kann, klappt sie mit ihre Pantoffel die Trepp hinunter, ich hör die Haustür gehn, ich lieg da in der Nachtjack im Bett mit meiner goldne Kett, mit meine Kirschen, ich denk, was soll das werden, alle Leut liegen um ein Uhr in der Nacht im tiefsten Schlaf, seit wie viel Jahr hat ein gesunder Frankfurter die Stern am Himmel um diese Zeit nicht gesehn; und nun poltert mir die Lieschen die Menschen zusammen! – ja richtig, da kommen sie schon mit angepoltert! – Nun morgen wird die ganz Stadt sagen, ich wär nicht recht gescheut. – Jetzt, der erst Gesell, der die Tür aufmacht, sein der Herr Doktor Lehr! Ei, um Gottes wille, wie kommen Sie daher? – Ei, wie ich eben in Wagen steigen will, bei der Frau Schaket, die eben mit einem kleinen Sohn niedergekommen sind, da kommt Ihr Hausjungfer Lieschen Hals über Kopf daher gerennt, und im Vorbeirenne frägt sie, ob ich nicht wollt die schöne Kett sehen, die Ihne der König von Preußen mit eigne Hände hat um den Hals gehängt! – »Ei, die Lieschen ist ja imstand und redet die ganze Stadt auf, um die Kett zu sehn, und morgen werden die Leut sagen, ich war nicht recht gescheut!« – Nun weil der Doktor Lehr in Bewundrung über meine Kette da stehn, so kommen die andern nachgepoltert, die all von der Lieschen und ihrer Neugierd wieder aus dene Betten getrummelt waren, und ich hatt nicht weniger wie zehn Personen im Zimmer und ein fürchterlich Geschnatter! ich sagt aber nichts und ließ sie gucken und Glossen machen, und aß ruhig meine Kirschen auf, und mit der letzte Kirsch da sagt der Doktor Lehr: »Nun werd ich meine Kindbetterin, noch eh ich nach Haus fahr, besuchen, und werd von der golderne Kett noch erzählen!« – O, sag ich, schicke Sie mir nicht auch noch die Stadthebamm übern Hals! – Jetzt kaum war der Doktor Lehr fort, so empfehle sich auch die Nachbarsleut und bedanke sich, und ich mach meine Entschuldigungen, daß die Lieschen ohne mein Wille sie hat wieder aus den Betten geholt, sie gaben aber dem Lieschen ganz recht! – Nun! wie sie der Tür draus waren, und ich hör die Haustür gehn, war ich froh, daß ich endlich bei mir allein war. Aber da knistert was an der Tür! – Mein Schrecken! – ich denk, da ist am End heimlich ein Spitzbub hereingeschlichen, ich schrei um Hilf, ich will eben ans Fenster springen und die Nachbarsleut wieder herbeirufen, die noch nicht weit sein könne, da ich die Absätz von ihre Schuh deutlich in der Fern widerhallen hör auf dem Straßenpflaster. Aber da kommt ja wahrhaftig die Frau Ahleder herein, die Stadthebamm, und sagt, der Herr Doktor Lehr hätt's ihr gesagt, ich hätt's erlaubt, daß sie noch dürft komme und die goldern Kett sehn! – Ja, sag ich, Frau Ahleder, sehe Sie nach Gefallen, aber ich bitt Sie um Gotteswillen, sagen Sie's heut niemand[65] wieder, damit ich doch noch einen Teil von der Nachtruh genießen kann! – Nun, die war auch die letzt Nachtvisit, aber acht Tag hintereinander strömte alle Leut zu mir, und ich mußte viele alte Bekanntschafte erneuern, und viel neue machen wegen der Kett und mußt meine Geschicht von alle Seite erzähle, wo ich dann unendlich viel Variation dabei angebracht hab, und hab denen besuchende Neugierigen einem jeden noch apart mit eingeflochten, was ich meint, daß ihm Not wär, zu bedenken. Den ersten Tag war ich durchgewitscht ins Kirschenwäldchen, da sind sie mir ja all nachkommen zu Fuß und zu Wagen, und das ganze Kirschenwäldchen war gestopft voll Zuhörer, und die Gassenbuben haben Spalier gemacht um mich herum und ich mußt eine Prachterzählung machen, und ich wär's beinah satt geworden, ich war froh, wie sich der erst Sturm gelegt hatte. Nun heunt hab ich wieder einmal die alt Geschicht mit besonderm Pläsier aufgewärmt und ich hoffe, daß sie euch wird eingeleuchtet haben.

Quelle:
Bettina von Arnim: Werke und Briefe. Bde. 1–5, Band 3, Frechen 1959, S. 11-66.
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