I.


[10] Kaiser und Kaiserin.


KAISER.

Nicht wahr, es sitzt sich gut auf dem Thron?

KAISERIN.

Ich sitze nicht gern, das wißt ihr schon,

Tanzen und Springen war mein Entzücken,

Das Regieren will mich gar nicht beglücken.

KAISER.

Ja, liebes Kind, man muß sich genieren,

Wann man die ganze Welt will regieren,

Es ist kein Spas, es fordert Knochen.

KAISERIN.

So ward mir noch nie vom Regieren gesprochen.

KAISER.

Du kennst auch noch nicht die schwersten Pflichten,

Du kennst bis jetzt nur die lustgen Geschichten,

Wie einer den andern läßt köpfen und schinden,

Die Städte verbrennt, den Krieg zu verkünden,

Ja wäre es damit abgethan,

Da wäre gar mancher ein großer Mann,

Doch dann kommt erst das Gesetzegeben,

Das greifet dem Klügsten in das Leben.

Wenn du in deiner Kammer verschlossen,

Da wird die Regierungsmaschine gestoßen,

Wie mancher Tropfen Schweiß wird vergossen,

Bis wir die Gesetze herausgestoßen.

KAISERIN.

Kann ich euch bei der Arbeit nicht nützen,

Fast fürchte ich mich, hier zu versitzen,

Bewegung kann die Gesundheit schützen.

KAISER.

Kein Weib hat die Kraft und den hohen Muth,

Der die Gesetze recht greifen thut,

Oft muß ich ganze Tage drauf lauern,

Und dann will wenig Minuten nur dauern

Die Kraft der hohen Begeisterung:

Sie kommt, sie kommt, entfliehe im Sprung.[10]

KAISERIN.

Ich ziehe mich willig zurück in die Kammer,

Doch endet, o Kaiser, des Herzens Jammer,

Gedenket, wie langsam die Tage verfließen,

Ach, soll ich in Einsamkeit immer büßen!

KAISER.

Was kannst du verlangen, was kannst du vermissen,

Geh schlafen auf deinen sammtenen Kissen,

Und Kasper soll mir heut Spässe aufschreiben,

Womit ich dir kann die Zeit vertreiben.

KAISERIN.

Ich möchte auch gerne ins Freie gehen,

Die Ritter der Tafelrunde besehen.

KAISER.

Das schicket sich nicht in glücklichen Ehen.

Flugs steige die Treppe zu deinem Thurm.

KAISERIN.

Ich arme Prinzessin, ich armer Wurm.


Er führt sie zur Treppe und schließt sie ein.


Quelle:
Achim von Arnim: Das Loch. Berlin 1968, S. 10-11.
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