II.

[11] KAISER.

He Kasper, Tintenklecker, seyd ihr noch nicht fertig.

KASPER kommt.

Ich bin des kaiserlichen Worts gewärtig.

KAISER.

So schieb die Regierungsmaschine herbei,

Ich fühle in mir Begeisterung,

Die macht mich wieder in Freuden jung.

KASPER schiebt sie herbei.

Die Räder machen ein wenig Geschrei.

KAISER.

Ihr müsset die Räder ein wenig schmieren.

KASPER.

Das nennen wir dann das Regeneriren,

Das Fett, das geben die Unterthanen,

Die Verarmten stecken wir unter die Fahnen,

Die müssen für's Vaterland billig bluten.

KAISER.

Das Sterben erfreuet alle Guten.

KASPER.

Nun steht die Maschine uns eben recht,

Hier sind die Würfel, sie fallen nicht schlecht,

Sie zeigen uns eben recht viele Augen,

Da werden die Gesetze zur Aufsicht taugen,

Wie alle Steuern rasch einzutreiben,

Daß kein Kreuzer in der Tasche kann bleiben.

Was wollen wir diesmal die Leut' überraschen.[11]

KAISER.

Es füllt uns der Geist der Zeit die Taschen.

KASPER.

Es ist eine ganz besondre Laune,

So gute Gesetze bricht man nicht vom Zaune.

KAISER.

Nummer neune ist eben der Würfel gefallen.

KASPER.

Da steht ein herrlich Gesetz vor allen:

Jede Lichtputz ein für allemal

Einen Blaffert zu der Taxe bezahl.

Aber Herr, wer nun putzt das Licht mit den Fingern,

Da wird sich die Einnahme schmälig verringern.

KAISER.

Finger? Die sollen auch wie Lichtputze bezahlen,

Wir stempeln ein jedes Paar Finger mit Zahlen,

Und setzen jedem einen Aufseher dabei,

Daß im Gebrauche auch Ordnung sey,

Daß kein Paar früher wird abgenutzt,

Und daß das Volk nicht der Ordnung trutzt,

Und über den Aufseher setzen wir zwei,

Damit er thut seine Pflicht dabei.

KASPER.

Da können wir viele Leute anstellen,

Da nehm ich von meinen guten Gesellen,

Von meinen alten Schulkammeraden,

Die kommen mir sonst in Faulheit zu Schaden,

Das Stempeln wird etwas den Fingern schmerzen,

Doch gute Bürger die leiden von Herzen,

Und wir im Dienste des Staats sind frei,

So ist es mir eben ganz einerlei.

KAISER.

Du bist ein zweiter Solon, welch Glück,

Daß du mir geschenkt durch hohes Geschick,

Jetzt wollen wir die Gesetze aufschreiben.


Während sie sich da hinsetzen, tritt die Kaiserin ans Fenster des Thurms und sieht aufs Meer nach den Schiffen, die vorüberziehn.


Quelle:
Achim von Arnim: Das Loch. Berlin 1968, S. 11-12.
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