V.

[15] RITTER.

Nun lieber Hofrath, greift rasch zum Werke.

KASPER.

Ach hätt ich nur Schnaps, noch fehlt mir die Stärke,

Ich habe mich heute so müde regiert,

Ein neues Gesetzbuch zu Ende geführt.

RITTER.

Das nenn ich ja recht im Großen spaßen,

Da mag das Volk euch hier weidlich hassen.[15]

KASPER.

Das Volk ist in uns, wir sind im Volke!

Das Volk ist eine ungestaltete Wolke,

Ich und der Kaiser, wir sind die Winde,

Wir blasen bald stark und bald gelinde,

Und wenn wir einander entgegenblasen,

Da stehet sie stille mitten im Rasen.

RITTER.

Das schiene mir noch besonders gescheidt.

KASPER.

Auch ist es das Beste in unsrer Zeit,

Wer stehen bleibt, kann der andern lachen,

Die fielen und sich die Hälse brachen.

Nun seht nur, wie bei Regierungsgedanken

Die Arbeit sich fördert, vereint sind die Blanken,

Der Dachstuhl beendet, mit Ziegeln behangen,

Jetzt thuts mir recht nach Ruhe verlangen.

RITTER.

Das Haus ist gut, jetzt möcht ich nur noch,

Daß du mir stießest in den Thurm ein Loch.

KASPER.

Wozu denn das? Da kämen wir ja

Dem Bette der hohen Kaiserin nah.

RITTER.

Ich möchte so gern die Kaiserin sehen,

Der Kopf soll ihr nicht auf dem Rumpfe stehen,

Sie soll ihn nach Gefallen, um ihn zu kühlen,

Herunter nehmen und damit spielen.

KASPER.

Das ist ja erstaunlich, das muß ich gestehen,

Das Wunder möchte ich gerne ansehen.

Er hält sie so heimlich, daß keiner sie sah,

Ich meinte schon oftmals, sie sey gar nicht da.

RITTER.

Dies Spiel mit dem Kopf solls eben seyn,

Warum er niemand zu ihr läßt herein.

KASPER.

Ich muß sie sehen, ich breche das Loch,

Es koste mein Leben, ich thue es doch.

RITTER.

Das Loch ist schon fertig, o Glück sie zu sehen.

KASPER.

Ich kann an dem Kopf nichts besondres sehen,

Ich möchte ihr einen Stoß mit der Kelle geben,

Ob ich ihr könnte den Kopf abheben.

RITTER er zerhaut ihn mit dem Schwerdt.

Du wolltest sie schlagen, du dummer Tropf.[16]

KASPERS beide Hälften schreien.

Ich will nur probiren den Kopf.

Ich will nur probiren den Kopf.

RITTER.

Ich bin verwundert, wo steht nur der Kopf.

Je mehr ich Stücken aus ihm mag hauen,

Je mehr sie fragen und wollen schauen,

Ich will euch stecken in meinen Suppentopf,

Den ich für die ganze Schiffskompagnie trage,

So läßt er doch endlich die neugierige Frage.

KASPER im Topf.

Kopf! Kopf! Kopf!

RITTER.

Das klinget wie kochendes Wasser am Feuer,

Das will ich ihm gönnen zur fröhlichen Feier.

Denn jetzt, wo das schwerste Werk ist vollbracht,

Die Liebesflamme gedoppelt erwacht.


Quelle:
Achim von Arnim: Das Loch. Berlin 1968, S. 15-17.
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