VI.

[17] KAISERIN von oben.

Da will ich eilig zu dir gehen,

Sie könnte ausgehen.

RITTER.

Das fürcht ich selber und rathe zur Eile,

Die Liebe vergeht durch die Langeweile.

KAISERIN.

Ich rutsche durchs Loch, jetzt bleib ich stecken,

Die Krone bleibt hängen an allen Ecken.

RITTER.

Ich flehe, die Krone rasch abzulegen,

Die Kronen sind nicht der Liebe Segen.

KAISERIN.

Ein edles Herz kann Kronen vermissen,

Ich habe sie unter das Bette geschmissen.

Ich häng in der Luft, stell dich hier unter,

Auf deinen Kopf, da springe ich munter.

RITTER.

Mein Kopf kriegt einen gewaltigen Stoß,

Mir wars, als schlug mich mein schwerstes Roß,

O wäre der Liebe die Schwere genommen,

Sie wäre so leicht zum Himmel gekommen.

KAISERIN.

Ich fühle mich freudig gen Himmel getragen,

Dein Rücken mir scheinet ein himmlischer Wagen.

RITTER.

Ich fühle mich wie ein Streiter munter,

Es geht mir die Welt in den Röcken unter.[17]

KAISERIN.

Der Kaiser hat mich nie so getragen.

Ich möchte ihn von dem Throne verjagen,

Der Eifersüchtge ließ mich verschmachten,

Den Kaiser muß ich von Herzen verachten.

RITTER.

Der Kaiser scheint ein gemeiner Hund,

Der gar nicht paßt an die Tafelrund.

KAISERIN.

Er ist ein alter Krippensetzer,

Ich entsage hiemit dem alten Schwätzer,

Und schenk dir den Ring, den er mir schenkte,

Als er mich mit der Verlobung kränkte.

BEIDE.

Der Ring hat uns verbunden

Zu heimlich selgen Stunden.

RITTER.

Die Vorsicht soll uns schützen.

KAISERIN.

Die Ohren will ich spitzen.

BEIDE.

Daß niemand uns beschleiche,

Wenn ich den Mund dir reiche.

RITTER.

Ich höre etwas gehen.

KAISERIN.

Es wär' um mich geschehen.

BEIDE.

Ich hör, daß einer poche,

Jetzt eilig zu dem Loche.


Die Kaiserin steigt durch das Loch nach ihrer Kammer.


Quelle:
Achim von Arnim: Das Loch. Berlin 1968, S. 17-18.
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