Zwölfter Auftritt.

[55] DORIS sieht sich erst scheu um. Es brennt schon Licht mein gnäd'ges Fräulein.

OLYMPIE. Wie unvorsichtig, Doris, hast du den Wächter nicht gehört, bewahr das Feuer und das Licht, das Zimmer ist so voll von Dampf, das Licht ist weit herabgebrannt, geh putz es, mach das Fenster auf, die Luft ist noch so angenehm.

DORIS. Auch die Musik klingt jetzt viel heller.

OLYMPIE. Ich höre sie recht gern, sie scheint bestimmt zu meiner Ehre.

DORIS. Ich möchte wissen, wer sie bringt; ganz sicher der Lysander, ich sah ihn heute sehr beschäftigt laufen.

OLYMPIE. Ich bitte dich, mach nur die Fenster wieder zu; es thut mir leid, daß er sich Müh und Kosten macht.

DORIS. Es ist doch gar ein schöner artger Herr.

OLYMPIE. Wen meinst du?

DORIS. Wen anders, als Lysander, Ihren treuesten Verehrer.

OLYMPIE. Ich halte ihn für einen zuverlässigen Freund, doch muß sein unaufhörlich Werben und Hofmachen mich ermüden, ich gab ihm nie die kleinste Hoffnung; er hindert mich dadurch, wohlwollend ihm die Freundschaft, jene Achtung auszudrücken, die er[56] mir eingeflößt, er würde stets viel mehr daraus sich schließen, als ich gemeint.

DORIS. Die Leute sagen doch, wenn Sie mit ihm spazieren gehen, ja das ist noch ein Paar, das recht zusammen paßt, verständig sind sie beide und wie schön!

OLYMPIE. Die Leute sagen viel, geh nur zu Bette, ich hab bei meinem Bruder gar ein schönes Buch gefunden, das will ich ruhig lesen, es handelt von der Nachahmung des Herren Christus, ich bin noch gar nicht müde.

DORIS. Mein Gott bei solchem Buch, da schliefe ich gleich ein. Nun gute Nacht, mein liebes gnäd'ges Fräulein. Doris ab.


Quelle:
Achim von Arnim: Sämmtliche Werke. Band 16, Berlin 1846, S. 55-57.
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