Sechster Auftritt.

[32] DORIS. Ich wollte noch ein Körbchen Erdbeeren kaufen für Herrn Viren, ja sag sie doch, war wirklich das der Herr Cardenio, der heut mein Fräulein zärtlich angesprochen.

GEVATTERIN. Du lieber Gott, sie wohnt auch wohl draußen vor der Stadt, da wo die Welt mit[32] Brettern vernagelt ist, den Herrn Cardenio kennt sie noch nicht, der ist ja in der Stadt wie 'n bunter Hund bekannt, das ist mein Sprichwort nur, es ist ein Engelskind.

DORIS. Ja so ein Engelskind aus der Holzkammer.

GEVATTERIN. Sie schweig doch still, sie hat auch nicht umsonst die schwarzen Augen, wie ich, wenn er nur zu ihr kommen wollte auf ihre Kammer, sie würde auch von Holz nicht sein.


Lysander kommt.


DORIS. Je guten Tag, Punschur. – Was machen sie denn mit dem schönen Halstuch in der Hand.

LYSANDER. Mein Herzensschatz, das hab ich dir gekauft, gefällt es dir?

DORIS. Es ist ganz prächtig, das Roth fällt in die Augen, das wird mir herrlich stehen, es ist gekiepert, ein schönes Zeug.

LYSANDER. Hör dafür mußt du mir auch heut gefällig sein, komm auf die Seite.

GEVATTERIN vor sich. Wie die sich haben, als wenn ich nicht mehr wüßte, was die Glocke geschlagen, wenn so ein junger Mensch ein Halstuch giebt.

LYSANDER zu Doris. Hör Doris, heute Abend ist dein Fräulein doch zu Hause.

DORIS. Von meinem Fräulein will ich gar[33] nichts hören, nur keine Briefchen wieder, die nimmt sie gar nicht an, es kostet endlich mir den Dienst.

LYSANDER. Nein, liebes Kind, von Briefen nichts, heut wünscht mein Herz viel mehr heut will ich es wagen, um alles zu gewinnen, denn dieses Zögern kann ich länger nicht ertragen. Versteck mich heute Abend spät in dem Schlafzimmer deines Fräuleins, vielleicht erringt ein Sturm, was mir die Güte stets versagt auf rechtem Wege.

DORIS. Nein nimmermehr, das geht nicht an, das war ja schlecht von mir.

LYSANDER. Warum nicht gar du Narr, ich mein's wahrhaftig mit ihr ehrlich, ich nehm sie sicher, es ist mein einziger Wunsch, sie zu heirathen, kein Mensch erfährts, daß du mich eingelassen; ich schwör es dir ich lohn es dir mit tausend Thalern und mit tausend Liebkosungen, ich halte Wort. Ich lieb Olympien so unaussprechlich.

DORIS. So hast du mir auch einmal vorgesagt.

LYSANDER. Du Narr, warum hab ich dich also leicht gewonnen, doch bin ich dir noch gut du weißt es, zwei so verschiedene Lieben gehn recht gut zusammen, doch mußt du jetzt auch deine Liebe zeigen.

DORIS. Mein Fräulein kann ich nicht verrathen, sie ist so gut.

LYSANDER. So schwör ich dir, daß wir auf ewig sind geschieden.[34]

DORIS. Ich kann nicht.

LYSANDER. Noch diesen Abend will ich mit der Schwester hin nach den Pulverweiden, vor deinem Haus vorübergehen, sie liebt mich doch viel mehr, als du.

DORIS. Das sollst du nicht, das leid ich nicht, ich kanns nicht überleben.

LYSANDER. Zeig mir, daß du mich liebst, bring mich zu deinem Fräulein.

DORIS. Es muß geschehen, doch hält es schwer.

LYSANDER. Und wenns gelingt, so ist dein Glück gemacht.

DORIS. Mein Glück und auch mein Unglück. Wir müssens heimlich überlegen. Beide ab.


Quelle:
Achim von Arnim: Sämmtliche Werke. Band 16, Berlin 1846, S. 32-35.
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