Z z Zeisig

[247] Komm her du schönes Zeiselein, komm fliege her behend,

Sing, spring auf grünem Reiselein, und mach dem Lied ein End,[247]

Lob Gott den Herren mein und dein, thu fröhlich singen ihm,

Ihn preisen alle Vögelein mit ihrer süßen Stimm.


Wohin geht all dies Dichten, du edles Federspiel,

Als daß wir alles richten zu gutem End und Ziel,

Daß wir im Herzen sorgen für einen guten Klang,

Wer weis ob heut, ob morgen uns rührt der lezt Gesang.


O sagt ihr lieben Vögelein, wer ists der euch erhält,

Wo fliegt ihr hin, wo kehrt ihr ein, wenn Schnee im Winter fällt,

Wo nehmt ihr eure Nahrung, so viel als ihr begehrt?

Es zeigt ja die Erfahrung, daß Gott euch all ernährt.


Ihr habt kein Feld, kein Heller Geld, nichts das die Tasche füllt,

Der Tannebaum ist euer Zelt, troz dem, der euch was stiehlt,

Euer Pflug ist lustig singen, stets lobt ihr Gott den Herrn,

Die Töne thut ihr schwingen bis zu dem Abendstern.


Ihr habt nicht Koch, nicht Keller, und seyd so wohlgemuth,

Ihr trinkt nicht Muskateller, und habt so freudig Blut,

Nichts haben, nichts begehren, ist euer Liverei,

Ihr habt ein guten Herren, er hält euch alle frei.


Gott sey mein Herz auch heimgestellt, was er thut ist gethan,

Wenn Sonn und Mond vom Himmel fällt, er ists, der helfen kann,

Was lebt auf Erd, in Lüften schwebt, was sich im Wasser rührt,

Gott all mit einem Finger hebt, ohn alle Müh regiert.


Kein Sperling von dem Dache fällt, von meinem Haupt kein Haar,

Es sey dann, daß ihms wohlgefällt, der ewig ist und war,

Er ruft dem Storch zu seiner Zeit, der Lerch, der Nachtigall,

Er führ uns all zur Seeligkeit, bewahr uns vor dem Fall.[248]


Dort singt die rechte Nachtigall den rechten Vogelsang,

Den ganzen weiten Himmelssaal durchstreicht ihr Freudenklang,

Mit Freud dort ewig singen die Englein auf neun Chör,

Vor Freud thut ewig springen das ganze Himmelsheer.


Musik dort ewig währet, zu lang doch keinem währt,

Je mehr sie wird gehöret, je mehr sie wird begehrt,

Wer Gott hier thut verehren, ihm dient mit Sang und Klang,

Der wird dort ewig hören himmlischen Vogelsang.


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 3, Stuttgart u.a. 1979, S. 247-249.
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