Augustinus und der Engel

[180] Mündlich.


Mit der Muschel schöpft das Büblein,

Aus dem Meer in ein Sandgrüblein;

Augustinus stille stand,

Und das Kind zu ihm begann.


Engel.


Augustinus, Licht des Glaubens,

Fromm und rein gleich wie die Tauben;

Sag mir an, wo gehst du hin?

Du hast Neues wohl im Sinn.

Thust vielleicht was Neu's studieren,

Oder gehst du nur spazieren?

Augustinus sag es gleich,

Sonst ich nicht von dir abweich.


Augustinus.


Liebes Kind, ich thu betrachten,

Ach und kann doch nimmer fassen,

Die allerheiligste Dreifaltigkeit

Als eine wahre Einigkeit.


[180] Engel.


Eh will ich das groß Weltwasser

In dies klein Sandgrüblein fassen;

Eh du dir wirst bilden ein,

Wie die Sach kann möglich sein.


Augustinus.


O wie hoch bin ich geflogen,

Wie hat mich das Gemüth betrogen;

Als ich nach dem Kindlein sah,

War es fort, war nicht mehr da.

Nimmer werd ich so hoch fliegen,

Nimmer michs Gemüth betrügen;

Bis zergehen wird die Erd,

Und ich nicht mehr denken werd.


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 3, Stuttgart u.a. 1979, S. 180-181.
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