Wie die sieben Schwaben einem Juden begegnen, der sich mit ihnen in einen Handel einläßt.

[169] Zwischen Weingarten und Ravensburg begegneten die sieben Schwaben einem Juden. Wie der Spiegelschwab dessen ansichtig wurde, sagte er: Den wollen wir schröpfen. Sie gingen daher auf ihn zu, und hielten ihm den Spieß vor; und der Blitzschwab schrie: Zahle oder zable. Jener sagte: Bin ein armer Jud; hab nix bei mir, als wenig Lumpengeld; das ist nit für ehrliche Leut. Bygost! das sind wir, sagte der Allgäuer; aber beiten mußt du uns; und mach' nur nicht viel Umständ. Na, sagte der Jud, ich beite nicht heute, muß sonst borgen auf morgen, und der Morgen schiebt's auf Uebermorgen. Hat den Spruch, denk ich, sicher von der alten Hex', der Zigeunerin, gelernt. Potz Blitz, sagte der Blitzschwab, hälst du uns für Lumpen, die nicht bezahlen wollen? Drauf der Jud: Ehrlich wollen wir alleweil sein; wir können's aber nicht alleweil sein. Und so hielt er denn allen ihren Reden Stich; und wenn sie ihm gleich drohten, er müsse sonst morixeln, so sahen sie ihm nicht darnach aus, daß sie mit dem Spieß[169] Ernst machen wollten. Und er blechte nicht aus. Da nahm ihn der Spiegelschwab auf die Seite, und sagte zu ihm: Mauschele, weißt was? wenn du doch nicht anders willst, so laß uns einen Handel machen; ich will dir die Bärenhaut da geben. Der Jud riß die Augen angelweit auf, und spitzte das Mäule, und redete gar freundlich, und sagte: Na, was mag sie wol werth sein? Sechs Batzen geb ich drum. Und sie wurden des Handels eins um einen Thaler. Der Jud gab das Geld hin, aber der Spiegelschwab die Haut nicht; denn, sagte er, er habe wol vorher gesagt, daß er ihm die Bärenhaut geben wolle; jetzt aber sei er eines andern Sinnes geworden. Der Jud mußte sich's wol gefallen lassen, denn es waren ihrer Sieben gegen Einen. Auch hatte er keine sonderliche Ursache, sich um den Thaler zu balgen, wie sich's bald darauf gezeigt hat.

Quelle:
Ludwig Aurbacher: Ein Volksbüchlein. Band 1, Leipzig [um 1878/79], S. 169-170.
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