Schwanenlied

[66] Mir thut's so weh im Herzen!

Ich bin so matt und krank!

Ich schlafe nicht vor Schmerzen;

Mag Speise nicht und Trank;

Seh' alles sich entfärben,

Was Schönes mir geblüht.

Ach, Liebchen, will nur sterben!

Dies ist mein Schwanenlied.


Du wärst mir zwar ein Becher,

Von Heilungslabsal voll. –

Nur – daß ich armer Lecher

Nicht ganz ihn trinken soll!

Ihn, welcher so viel Süßes,

So tausend Süßes hat! –

Doch – hätt' ich des Genießes,

Nie hätt' ich dennoch satt.


D'rum laß mich, vor den Wehen

Der ungestillten Lust,

Zerschmelzen und vergehen,

Vergehn an deiner Brust![66]

Aus deinem süßen Munde

Laß saugen süßen Tod!

Denn, Herzchen, ich gesunde

Sonst nie von meiner Not!


Quelle:
Bürgers Gedichte in zwei Teilen. Teil 1: Gedichte 1789. Berlin, Leipzig, Wien, Stuttgart 21914, S. 66-67.
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