130. Die rothe Ilse.

[114] In Parchim auf dem Brook (einer Straße) wohnte vor Zeiten eine Hexe, ›de rod' Ils‹ oder ›Węderhex‹ genannt; ersteren Namen führte sie, weil man sie immer mit einem rothen Tuche bekleidet sah. In dem Dorfe Slate bei Parchim wohnte ein Schäfer, der manches von der schwarzen Kunst verstand. An diesen wandten sich die Leute um Hilfe. Da es hieß, daß sich die Hexe Ilse am Abend als dreibeiniger Hase zeigte, so lauerte der Schäfer mit der Flinte diesem auf und schoß ihn an. Da fand man die Hexe in Weibsgestalt blutend unter einem Baume. Nun sollte sie verbrannt werden, aber ihre heimlichen Helfer machten einen Regen, der den Holzstoß auslöschte. Da nahm der Schäfer eine Erbbibel, und als man dieselbe der Hexe unter die Füße gelegt hatte, loderte das Feuer empor und verbrannte sie bald, während die Erbbibel unversehrt aus der Asche hervorgezogen wurde.


R. Samm bei Niederh. 4, 132 ff.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 114.
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