359. Die Prinzessin im Glamsee.

[273] In der Nähe von Warin lagen in alter Zeit zwei Burgen, die eine von ihnen stand auf dem Buchenberge, die andere in der Niederung, etwa 1/6 Meile davon, die Glamburg genannt, ganz von Wasser umgeben. Auf dem Buchenberge hauste ein Raubritter, der große Schätze zusammengehäuft hatte. Gegen ihn vereinigten sich die Ritter der Umgegend, um ihn zu überfallen; jener aber war auf der Hut und überfiel seinerseits die Gegner in der Nacht, so daß ein Theil getödtet, die andern versprengt wurden. Unter ihnen war auch ein Seekönig, den seine Tochter begleitete. Am andern Tage errichteten die Versprengten neun große runde Grabhügel für die Gefallenen. Die Königstochter weinte auf das Grab ihres Vaters, und ihre Thränen wurden zu blauen Blumen, sobald sie die Erde berührten. Diese Blumen sieht man noch jetzt auf dem höchsten Grabhügel, während die andern acht sie nicht zeigen. Des Nachts – es war Johannisnacht – stürzte die Prinzessin sich in den Glamsee. In jeder Johannisnacht aber zwischen 12 und 1 Uhr erhebt sich eine kupferne Brücke aus dem See, auf derselben zeigt sich die Prinzessin und seufzt nach Erlösung.


W.A. Böhmers in Warin.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 273.
Lizenz:
Kategorien: