381. Die Jahnkenstadt.

[287] Links am Wege von Kuhstorf nach Moraas liegt, eine halbe Stunde von Kuhstorf entfernt, ein Tannengehölz, die ›Jahnkenstadt‹[287] genannt. In einer um das Gehölz sich erstreckenden wallartigen Erhöhung glaubt man noch die Spuren der Stadtwälle zu erblicken. Der König dieser Stadt hieß Jahnke und soll sich noch zuweilen sehen lassen. Eine alte Frau aus Kuhstorf sah ihn mit vier schwarzen Pferden fahren. Pferdeknechte hörten Mittags 12 Uhr, als sie sich zum Schlafen niederlegten, die Glocken der versunkenen Stadt läuten. Vor etlichen Jahren soll der König einem Manne aus Kuhstorf, der Nachts aus Moraas von seiner Braut kam, aufgehockt sein und ihm gesagt haben, er könne ihn erlösen, wenn er ihm den Kopf abhaue; dazu hat sich aber der Mann nicht entschließen können.

Nicht weit von der ›Jahnkenstadt‹ liegt ein Ort, die ›Hölle‹ genannt. Dahin kommt mal in der Mainacht, wo die Hexen nach dem Blocksberg reiten, der Pfänder aus Kuhstorf und findet die Hexen versammelt und essend. Als er ihnen eine zeitlang zugesehen, laden sie ihn ein, mitzuessen. Der thut es auch, bemerkt aber nachher, daß er statt der Wurst, die ihm die Hexen gegeben, ein Spannseil (d.h. einen Eimerhenkel), und statt der Semmel Kuhdung in der Hand hat.


Von einem Seminaristen in Neukloster.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 287-288.
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