548. Die Düwelskul bei Schwaan.

[395] Gleich zur Rechten der Schwaaner Mühlenthorvorstadt breitet sich eine große, weite Ebene aus, die Schwaaner Haide genannt.[395] Unmittelbar an die Schwaan-Rostocker Landstraße hinan geht die Haide nur auf eine kleine Strecke, und zwar von dem letzten Haidegarten an bis zu den zur Rechten der Landstraße bald beginnenden Feldern, eine Strecke von etwa 1000 Schritt Länge. An diese hat sich der Volksglaube geknüpft. Nahe der untern Ecke des letzten Gartens nämlich, etwa 200 Schritte von der Landstraße entfernt, befand sich noch vor vierzig Jahren eine tiefe, sumpfige, morastige Gegend. Jetzt ist diese Gegend festes, überall zu betretendes Weideland. Inmitten dieses Sumpfes lag ein etwa 120 Fuß im Umfange haltendes Wasserloch. Es lag ganz frei, von jeglichem Gesträuch entblößt, da. Das Loch führte den Namen ›Düwelskul‹ und man glaubte, daß es der Eingang zur Hölle sei. Eine schwarze Kutsche, von vier rabenschwarzen Pferden gezogen, will man oft des Abends auf der Schwaan-Rostocker Landstraße fahren und hier in der sumpfigen Gegend verschwinden gesehen haben. Eines Abends, so erzählte mir ein alter Handwerksmeister, ist ein guter Freund von mir auf dem Heimwege von Rostock nach Schwaan – vier Stunden Weges – begriffen. Es war ziemlich spät geworden, so daß er erst gegen 9 Uhr Rostock verlassen konnte. Als er wohl gegen eine Stunde weit von Rostock entfernt ist, kommt eine schwarze Kutsche, mit vier schwarzen Pferden bespannt, hinter ihm hergefahren. ›Gute Gelegenheit,‹ denkt er. Und als der Kutscher, der auf dem Bocke sitzt und sich ganz und gar eingemummt hat, gegen ihn fährt, bittet er denselben, ihn ein wenig mitzunehmen. Der Kutscher ist geneigt, ihn aufzunehmen, doch unter der Bedingung, daß er sofort vom Wagen springe, sobald er, der Kutscher, ›Runter!‹ rufe. Auf diese Bedingung geht er ein. Im Galopp gehts nun auf der Landstraße dahin. Doch bald fängt er an, sich unheimlich zu fühlen. Der Kutscher treibt fortwährend die Pferde zur Eile an, spricht aber sonst kein Wort, steht ihm selbst auf seine Fragen nicht Rede und Antwort. So geht es Schwaan immer näher und näher; ›Runter!‹ schreit plötzlich der Kutscher ihn an, als eben die Haide sichtbar wird. Mit Anstrengung aller Kräfte springt der Handwerker mit einem Satze vom Bocke und sieht noch, wie der Wagen auf den Sumpf zurollt und in der ›Düwelskul‹ verschwindet.


Von einem Seminaristen in Neukloster; vgl. J.G.C. Ritter bei Niederh. 3, 62 f.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 395-396.
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