624. Der Rabandelberg zu Lüdershof.

[447] Nicht weit von der zu Groß-Helle gehörenden Meierei Lüdershof hauste vor Zeiten ein Räuber, Namens Rabandel. Rechts von dem Wege nach Waren lag eine Burg, in dem meilenlangen dichten Walde versteckt, von einem tiefen Graben umgeben. Eine Kette ging quer über die Straße und stand mit einer Klingel auf der Burg in Verbindung. Sowie dieselbe ertönte, brachen die Räuber aus ihrem Versteck hervor. Einstmals hörte Rabandel von einem schönen schwarzen Pferde, welches ein Bauer in Tarnow besaß. Er schickte zwei seiner Leute ab, es zu stehlen. Unterwegs bekam der eine plötzlich Bauchgrimmen und kehrte winselnd um. Der andere aber setzte seinen Weg fort. Er schlich sich Abends in das Bauernhaus ein; indeß einer der[447] Knechte hatte ihn bemerkt und schlug Lärm. Der Dieb wußte sich aber so geschickt in der Pferdekrippe zu verstecken, daß ihn Keiner zu finden vermochte. Als Alles zur Ruhe gegangen schien, machte der Gauner, nun erst recht sicher, sich dran, das Pferd fortzuführen. Er konnte nicht unterlassen, zum Schaden noch den Spott zu fügen, indem er mit Kreide an die Hausthür schrieb ›Wer Rabandel sin Lüd' söken will, dei sök sei ünner de Pirdkrüff.‹ Aber der Bauer war doch noch klüger; denn als der Dieb eben herausreiten wollte, sprang der Bauer hinter der Thür hervor und schlug den Gauner mit einem kräftigen Streiche zu Boden. – Rabandel's Bande wurde immer größer, seine Raubzüge immer kühner, bis endlich die umliegenden Städte einen Bund schlossen und ein Heer gegen ihn abschickten. Nach anfänglich günstigem Erfolge verlor Rabandel die Schlacht, entfloh in seine Burg und tödtete sich selbst, nachdem er vorher seine Schätze in ein Wasserloch versenkt hatte. Noch jetzt nennt man die wüste Burgstelle den Rabandelberg, eine goldene Wiege soll in ihm verborgen sein; man hat beim Nachgraben allerlei eiserne Geräthe, auch einen alten Ritterhelm, aber nichts von Schätzen gefunden.


A.C.F. Krohn bei Niederh. 3, 72 ff.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 447-448.
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