[42] Vorige. Figaro.
SUSANNE. Nur herein, mein Freund! Gnädige Gräfin werden ungeduldig!
FIGARO. Und Suschen nicht? Frau Gräfin haben in der That keinen Grund, sich zu beunruhigen. Es handelt sich um eine Kleinigkeit. Der Herr Graf findet Gefallen an meinem Bräutchen; ihr zu Liebe werde ich Gesandtschaftscourier, Suschen ganz geheime Gesandtschaftsräthin. Suschen lehnt ab. Deswegen geht Excellenz zum Feinde über, begünstigt Dame Marzellinens Absichten auf meine geringe Person. Alles dies ist sehr einfach; Jedermann macht es so, daß er sich an den Gegnern seiner Absichten durch Zerstörung der ihrigen rächt. Weiter ist es nichts.
GRÄFIN. Figaro, kann man so leichtfertig mit unser Aller Unglück spielen?
SUSANNE. Statt mit uns betrübt zu sein ....
FIGARO heiter einfallend. Das würde uns viel nützen! Nicht doch, ich lerne vom Gegner. Mit seiner eigenen Taktik bekämpfen wir ihn: er macht Einfälle auf unser Gebiet; beunruhigen wir ihn auf dem seinigen!
GRÄFIN. Wie wäre das anzufangen?
FIGARO. Ist bereits geschehen. Man hat ihm einen falschen Verdacht gegen die Frau Gräfin beigebracht.
GRÄFIN. Gegen mich? Du hast dich unterstanden? Bei seiner bekannten Eifersucht!
FIGARO. Um so besser. Um Herren seiner Art zu behandeln, muß man nur ihr Blut ein wenig in Wallung bringen; das verstehen die Frauen so vortrefflich. Hat man ihnen den Kopf brav heiß gemacht, so führt man sie am Fädchen der kleinsten[42] Intrigue wohin man will, an der Nase umher, in den Guadalquivir. Freund Basilio hat ihm ein anonymes Brieflein zugesteckt, des Inhalts, daß bei dem heutigen Fest ein Anbeter der Frau Gräfin nahen würde ...
GRÄFIN. Welch leichtfertiges Spiel mit der Ehre einer Frau von Stande!
FIGARO. Bei neunundneunzig unter hunderten würde ich es freilich nicht wagen, aus Furcht, mit meiner Lüge die Wahrheit zu sagen.
GRÄFIN. Das soll wohl gar ein Compliment sein, für das ich mich zu bedanken habe?
FIGARO. Gab es ein anderes, ein besseres Mittel, um den gnädigen Herrn von Susannen abzubringen, als indem ich ihn zur Frau Gräfin zurückführte? Nun spürt und schwärmt er bereits unruhig umher, einstweilen auf der Fährte eines armseligen Häsleins. Darüber vergeht die Zeit; unsere Hochzeitsstunde rückt heran, und der Herr Graf wird nicht wagen, in Gegenwart der Frau Gräfin Widerstand zu leisten.
SUSANNE. Desto gewisser wird das Marzelline thun.
FIGARO. Brrr! Daraus mache ich mir nicht so viel, meiner Treu! Du lässest Seiner Excellenz sagen, du werdest dich gegen Abend im Park einfinden.
SUSANNE. Ein sauberes Auskunftsmittel.
FIGARO. Höre, mein Kind, die Leute, die nichts für etwas thun wollen, kommen zu nichts und taugen zu nichts. Das ist mein Grundsatz.
SUSANNE. Ein schöner Grundsatz.
GRÄFIN. Wie sein Vorschlag. Unmöglich kann es dein Ernst sein, Susannen in den Park gehen zu lassen.
FIGARO. Sie gewiß nicht. Wir stecken Jemand Anderes in Susannens Kleider, überraschen Seine Excellenz bei dem Stelldichein und zwingen ihn nachzugeben.
SUSANNE. Wer soll mich vertreten?
FIGARO. Cherubin.
GRÄFIN. Der ist ja abgereist.[43]
FIGARO. Vielleicht auch nicht. Da die Damen nachdenklich schweigen, drängend. Hab' ich freie Hand?
SUSANNE zuredend. In Führung einer Intrigue kann man sich schon auf ihn verlassen.
FIGARO feurig. Eine?! Zwei, drei, vier auf einmal; je verwickelter, desto besser. Ich bin ein geborener Hofmann.
SUSANNE. Soll doch ein schweres Handwerk sein.
FIGARO verächtlich. Empfangen, nehmen, verlangen: in diesen drei Worten besteht sein ganzes Geheimniß.
GRÄFIN. Deine Sicherheit besticht mich beinahe.
FIGARO. So darf ich? Die Gräfin wendet sich ab, Susanne winkt ihm zu. An's Werk denn! Ich schicke den blonden Cherubin sogleich hierher: frisire ihn, kleide ihn um. Dann versteck' ich ihn wieder und bringe ihm seine Rolle bei. Sobald der Herr Graf von der Jagd zurückkehrt, kann das Schauspiel beginnen. Ab.
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Figaros Hochzeit oder Der tolle Tag
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