Achte Scene.

[413] Köller, Guldberg.


KÖLLER.

Trau' diesem Kuß, betrogene Mathilde!

GULDBERG sich ihm nähernd, nachdem er vorsichtig umhergeblickt.

Seid auf der Hut, wir sind nicht unbelauscht.

KÖLLER.

Sah't ihr den Ranzau?

GULDBERG.

Nirgends fand ich ihn.

KÖLLER.

Auch nicht im Rittersaal?[413]

GULDBERG.

Auch dort nicht.

KÖLLER.

Hölle!

Ich kann's nicht denken, – wenn er uns verriethe?

GULDBERG.

Ihr seid zu rasch, mein werther Obrist! Sah ich,

Wie ihr, nicht, wie er finstern Blicks

Dem weisen Willen unsrer Königin

Und sträubend folgt? Das Alles hätt' er selber

Nicht anders ordnen können; doch weil er es

Nicht selbst geordnet, und dem Volke nicht

Als pater patriae erscheinen wird, –

Ist ihm die Rettung selbst verhaßt. Verrathen

Wird er uns nicht, denn die Geschichte soll

Nicht von ihm sagen, daß sein adlig Haupt

Sich zum Verrath erniedrigt. Sich verbergend

In diesem Augenblick, will er uns schrecken, –

Und so nothwendig scheinen, daß wir selbst

Der Rache günst'gen Augenblick versäumen,

Weil er, der Held des Unternehmens, nicht

Zugegen war. So, denkt er, bringt die Zeit

Die Stunden seiner Thaten, wo wir ihm

Als Helfer dienen, wie es jetzt beschlossen,

Daß er, der höh'ren Leitung der Monarchin

In dieser Nacht sich dienend fügen soll.

KÖLLER.

Es ist beschlossen, und er soll sich fügen.[414]

Ich sag' euch, Guldberg, schlägt die Glocke drei,

Und ist er nicht an dem bestimmten Ort,

So laß ich ihn aus seinem Schlafgemach

Mit Cuirassieren holen. Ich befehle

Ein Regiment, und will den Grafen lehren,

Daß Waffen besser klingen als sein Name,

Daß er gehorchen muß, wenn ich gebiete.

GULDBERG.

Geht uns zurückgeh'n in den Saal. Es weckt

Verdacht, sieht man uns hier beisammen. – Kommt!

KÖLLER.

Geht in den Saal, ich muß den Ranzau suchen,

Ich bin nicht ruhig, bis ich ihn gefunden.


Beide zu verschiedenen Seiten ab.


Quelle:
Michael Beer: Sämmtliche Werke. Leipzig 1835, S. 413-415.
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