Zehnter Auftritt

[73] Zimmer in Rochus Hause. Rochus. Moritz.


ROCHUS. Es freut mich, mein Sohn, daß Du so weit gekommen bist. Mein Zutrauen zu Deiner Gewandheit ist nicht getäuscht.

MORITZ. Rein, wahrlich nicht. Ich will das alte veni, vidi, vici! nicht wiederholen, aber hier ist es eingetroffen. Itzt bin ich im Rückzuge, und halb ist die Verlassene schon zur Verzweiflung gebracht; ein Wink von Ihnen, und sie ist es ganz, sammt ihrem Vater.

ROCHUS. Jammert sie Dich nicht etwas?

MORITZ. Das wohl; aber ich habe einmal mein Wort gegeben, und ich werde es zu halten wissen.

ROCHUS. Wenn ich Dich nun davon entbände?

MORITZ. Wie? Hätten sich Ihre Entschlüsse geändert?

ROCHUS. Mein Sohn, es giebt vielerlei Dinge, die uns im Leben bestimmen müssen, es ist nicht die Rachsucht allein. Jetzt sage ich Dir nur, daß Deine schöne Theodora die Erbinn eines großen Vermögens ist.

MORITZ. Allerdings.[73]

ROCHUS. Der Vater würde sie Dir nie gegeben haben, wenn sie nicht so weit gebracht wäre; jetzt muß er.

MORITZ. Freilich muß er, ich habe einen mächtigen Fürsprecher in Theodora selber. Die Furcht vor der Schande ist stark.

ROCHUS. Höre noch eins, mein Sohn! Seitdem ich weiß, daß der alte Faust so sterblich verliebt in Paulina ist, hat sich der erste Sturm der Rachsucht in meinem Herzen gelegt. Es schmeichelt mir, daß selbst mein Todfeind ihren Reizen nicht widerstehen konnte. Mag sie von ihm zu erlangen suchen, was sie kann, mag sie unser verlornes Eigenthum wieder zurückbringen!

MORITZ. Sie sind ein heller, weitschauender Mann, dessen Pläne immer das Gepräge der Reifheit tragen.

ROCHUS. Komm jetzt zu Paulina! Wir wollen ihr unsre Gedanken mittheilen. Sie ist ein kluges Mädchen, sie wird mit einstimmen. Beide ab.

Ein Sturmwind saust, und nachher hört man die Stimme Satanas von oben erschallen. Versöhnung? Liebe? Vermählung am Altar? Ein Hohngelächter. Nein! Rachsucht, Haß, Blut, und Vermählung mit der Hölle! Ein neues Sausen.[74]


Quelle:
Benkowitz, Karl Friedrich: Die Jubelfeier der Hölle, oder Faust der jüngere. Berlin 1801, S. 73-75.
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