Winterlandschaft bei Gnesen

[226] Nach Franc Nohain


Vierundzwanzig Tage

Hat es schon geschneit.


Das ist eine Plage!


Ach: du liebe Zeit,

Wohin ich seh,

Überall Schnee,

Schnee weit und breit.


Aber besonders in der Näh

Von Gnesen.
[226]

Gleich großen gespenstischen Besen

Recken sich Pappeln

In die graue, leere

Atmosphäre,

Drauf sitzen elf kohlpechrabenschwarze Raben.

Die haben

Jeder zwei Flügel, mit denen sie rappeln.


O! weh!

Schwarze Raben im weißen Schnee!


Wären sie Menschen, sagten sie oh! und ah!

Aber es sind Raben, drum sagen sie krah!

Das heißt bei ihnen sowohl ja,

Als auch nein.


Im übrigen kann es uns einerlei sein,

Denn wir sind keine Raben.

Aus einem kleinen Walde von links kommen acht Knaben

Im Gänsemarsche durch den Schnee.

Die haben

Ihre Nasen erfroren,

Desgleichen die Ohren,

Und alle Heiterkeit verloren,

Denn auch die Beine tun ihnen weh.

Doch kann man es ihrem Sprechen anhören,

Wie das bedauerlich häufig ist in diesen Landen.


Außerdem ist ein Wolf vorhanden.


Nach einer Weile fliegen die Raben

Fort,[227]

Und auch die acht Knaben

Sind nicht mehr hier, sondern dort.

(Ich meine: an einem anderen Ort.)

Der Schnee schmilzt, und der Wolf krepiert.


Ich frage mich bloß, was das Sie interessiert.

Quelle:
Otto Julius Bierbaum: Gesammelte Werke. Band 1: Gedichte, München 1921, S. 226-228.
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