Fünfte Scene

[45] Vorige. Geheimschreiber.


KAISER. Was gibt es, Dominik?

GEHEIMSCHREIBER mit einer Rolle Pergament, woran zwei große Siegel hängen. Hier lege ich die Urkunden und Dokumente über den Verkauf der Thüringer-Erblande in Euerer Majestät allerhöchst eigene Hände zurück.

KAISER nimmt die Pergamentrolle, und legt sie auf den Tisch zur Rechten, an welcher früher Alessandro saß. Habt Ihr sie nochmals aufmerksam durchforscht, ist keine Klausel vorhanden, die unser Recht zu schwächen vermöchte?

GEHEIMSCHREIBER. Nein. Euch, mein gnädigster Herr und Kaiser, kann kein Sterblicher mit Recht den Besitz der Thüringer-Erblande streitig machen, so lang diese Papiere in Euren Händen sind.

KAISER. Nun, so bist Du einerlei Meinung mit uns und unserm Reichsrathe; rufe den Ales, daß er die Dokumente[45] wieder an sich nehme, und sie verwahre an dem alten Orte in meinem Schatze.


Geheimschreiber verbeugt sich, und entfernt sich durch die Thüre, wo vorhin Alessandro abging.


Was meinst Du, Günther, wenn der Gerhard diese Papiere in seinen Händen hätte, was gäbe er wohl um den Besitz?

NOLLINGEN mit einem leisen Anfluge von Betroffenheit aber schnell gefaßt. Vielleicht sein stolzes Mainz; denn wären diese Urkunden erst vernichtet, dann würde es ihm leicht, zu erweisen, was er dem deutschen Reiche so gerne glauben machen möchte, daß Ihr den Besitz der Thüringer-Erblande Euch widerrechtlich angeeignet.

KAISER. Und wir haben sie doch bezahlt mit unserm schweren Golde, drum wollen wir nicht leichtsinnig unser gutes Recht verscherzen.

SCHELM der am Fenster stand, und seine Ungeduld nicht bergen konnte. Eure Majestät bekommen Besuch, wie mir's bedünken will, denn Fräulein Amalgundis und Jungfrau Jutta von Praunheim steigen so eben aus der Sänfte.[46]

KAISER. Wie? unsre holde Nichte? das ist ja recht erfreulich. Nun, mein wackerer Leibjunker – eine schönere Gelegenheit findest Du wohl nicht, dein Amt zu beginnen, geh hinab, und geleite die Frauen zu mir her.


Junker verbeugt sich tief, und geht hinaus.


Und Du, mein alter Freund, folge Deinem Schutzbefohlnen, damit er sein erst Geschäft mit Geschick und Anstand verrichte.

SCHELM. Nach Eurer Majestät Befehl – doch wollte ich fast darauf wetten, daß der Junge solch Geschäft weit besser verstehen mag, als ich alter Kämpe. Ab.

KAISER. Was meinst Du, Günther! die Frauen sind doch eine schöne Zierde des Daseyns. – Ihr Anblick schon erheitert, und es dünkt mir oft, es sollte so nicht seyn, wie es jetzt mit uns ist; doch davon nachher, ich höre sie kommen.

NOLLINGEN hat sich unbemerkt dem Tische mehr und mehr genähert, erfaßt mit Blitzesschnelle die Pergamente, als der Kaiser den Rücken wendet, verbirgt sie in seinen Mantel, und schließt sich augenblicklich an den Kaiser an.[47]


Quelle:
Charlotte Birch-Pfeiffer: Pfeffer-Rösel oder Die Frankfurter Messe im Jahr 1297. Wien 1833, S. 45-48.
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