Dritte Scene

[83] Vorige. Der Leibdiener, ihm auf dem Fuße nach der Kaiser, hinter ihm Alessandro.


LEIBDIENER. Seine Majestät.

NOLLINGEN zum Thorwärtel rasch und leise. Hebe Dich hinweg![83]

KAISER bemerkt den Abgehenden. Ah, Nollingen! – Doch, was will der Mann? Wie kommt er her in unser Vorgemach zu dieser frühen Stunde?

NOLLINGEN schnell gefaßt. Mißverstandner Diensteifer, Euer Majestät! des Auftrags stets gedenkend, mit welchem mein gnädiger Kaiser mich beehrte, dem Räuber der Dokumente nachzuspüren, gab ich Befehl an allen Thoren, so sich zur Nachtszeit etwas Verdächtiges zeigen möge, mir sogleich am frühen Morgen Meldung zu machen.

KAISER rasch. Nun, hat sich Etwas dergleichen begeben?

NOLLINGEN immer kühner werdend. Allerdings, Euer Majestät, klingt es verdächtig. Diese Nacht, nach zwei Uhr, ward im Namen kaiserlicher Majestät Einlaß begehrt. Es war der Junker von Sonnenberg, der in nicht zu bergender Gemüthsbewegung seinen Weg eilig fortsetzte. Dieß schien dem Wärtel allerdings verdächtig, da er vor dem Thore allerlei Bewegung wahrgenommen haben will; so versichert er, daß ein Mann, auf schwarzem Hengste sitzend, bis dicht an die Mauern geritten sei, den er für den Gerhard von Mainz selber halte.[84]

KAISER sich allmählig von seinem Staunen erholend. Nun, Meister Ales, was meinst Du dazu? Es ist unglaublich, doch die Wahrheit läßt sich hier wohl kaum verkennen. Thorwärtel, Du magst gehen, und schweigen, hörst Du? Thorwärtel verbeugt sich tief, und geht ab. Zum Leibdiener. Hole mir den Trabanten von der Weststiege, schnell! Leibdiener geht ab. Nun, Nollingen, was sagst Du? Diese Nacht weckt mich das Ungewitter, ich eilte in das Zimmer meines Leibjunkers Sonnenberg, und finde es leer; noch halte ich es für unerhörten Leichtsinn, doch muß ihm Strafe werden. Ich wollte gern, daß Deine Leute ihn im Stillen früh Morgens verhaften sollten, ohne Aufsehen, damit er lerne, seine Pflicht zu thun, doch – was ich jetzt vernahm – ich muß gestehen, klingt schlimmer, als ich es wohl je geahnet.

NOLLINGEN sichtlich erleichtert. Mein Kaiser, wie, wenn er die Dokumente Euch geraubt, wenn er, eine Creatur Gerhards, sich nur deßhalb in Eure Nähe geschlichen, und diese erste Nacht dazu benützte, seinen Raub in Sicherheit zu bringen? Was hat er in dunkler Nacht zu schaffen vor der Stadt? Was läßt sich Alles daraus folgern?

ALESSANDRO. Vieles, leider! Doch – bedenkt, Herr Günther![85] es ist Hochverrath, dessen Ihr den armen Junker zeiht, das ist ein gräßlich Wort!


Quelle:
Charlotte Birch-Pfeiffer: Pfeffer-Rösel oder Die Frankfurter Messe im Jahr 1297. Wien 1833, S. 83-86.
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