Gesundheit auf Bruder F**r., ausgebracht bei einer Tafelloge

[258] den 15. August 1784.


Dem Edlen hier in unserm Kreise,

Der, während wir so manche Maurerreise

Auf eb'nem Boden ganz bequem vollbracht,

Die Runde um die Welt gemacht,

Der da, geführt durch alle Elemente,

Vom Thau des Himmels und vom Blitze mehr

Als mancher Lehrling, der auch noch so sehr

Von Feu'r und Wasser litt, uns sagen könnte,

Und dessen ganze Fahrt, wo immerdar

Der Tod ihn an aus hundert Schlünden gähnte,

Ein ewiges memento mori war;

Der aber auch dafür auf seinem schweren Pfade

Auf zwei und siebzig volle Grade

Dem Pole nahe rückte, und daher

Die neidenswerthe Freude hatte,

Daß er sich seinem Ziele mehr –

Als mancher Maurer sich dem seinen – nahte;

Der mit Begierde da nach jeder Spur

Von Weisheit und von Menschenkenntniß haschte,

Und die so mannichfalt'ge, menschliche Natur

Bald in dem höchsten Putze, und bald nur

Im Negligee, wie bei'm Erwachen, überraschte;

Der in dem Bilde, das uns seine Hand

Davon entwarf, auch nicht den kleinsten Zug verfehlte,

Und uns den Menschen, so wie er in jedem Land

Ihn von Natur und Kunst gebildet fand,

Rein, wie die Wahrheit selbst, vor Augen stellte;

Kurzum dem Mann, der – wie sein Werk beweist –

Als Meister um die Welt gereist,[259]

Dem, Brüder, wollen wir zu fernerem Gedeihen

Der schweren Reisekunst dies Freudenfeuer weihen,

Und uns dabei der Hoffnung freuen:

Es schmeck' ihm hier ein kleines Brudermahl

In unsern milden Zonen besser,

Als dort ein – wär's auch maurerisches – Mahl

Bei einem Bruder Menschenfresser.

Quelle:
Aloys Blumauer: Sämmtliche Gedichte. München 1830, S. 258-260.
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