Lied an der Toilette der Geliebten zu singen

[156] Dürft' ich Huldin, dich umfangen,

Gleich der Luft, die dich umfließt,

Und mit zitterndem Verlangen

Jeden deiner Reize küßt!

Schwebt' ich, ach mit Wohlgefallen,

Wie dein Genius um dich,

Willig böt' ich' dann zu allen

Noch so kleinen Diensten mich.


Gern hielt ich als Wachspomade

Dir die krausen Locken hier,[156]

Oder steckte gar, o Gnade!

Dort im Krepp als Nadel dir.

Wollte gern bei'm Puderpüsten

Kreiselnd um dein Haar mich dreh'n,

Oder mit den Kolonisten

Deines Haar's spazieren geh'n!


Bald erhöht' ich dann als Musche

Deiner Stirne blendend Weiß,

Oder wölbte die Contusche

Dir als ein Parisersteiß;

Prangte dann auf deinem Rocke

Bald als Bändchen oder Knopf,

Ja, sogar zum Haubenstocke

Dient' ich dir mit meinem Kopf.


Morgens schlich ich mich, o Liebe!

Dir als Zwieback in den Mund,

Oder machte meine Triebe

Im Kaffee als Milch dir kund;

Färbte dir Mittags als guter

Rheinwein deine Wangen roth;

Oder liesse mich als Butter

Streichen auf dein Vesperbrod.


Bald berührt' ich armer Schlucker,

Deine Nase als Flacon,

Oder diente dir als Zucker,

Wenn du naschest, zum Bonbon!

Spannte dann, gleich Pergamente,

Meine Haut zum Zeichen ein,

Ach, und wenn du maltest, könnte

Ich wohl gar dein Pinsel sein!


Gern deckt' ich in Assembleen

Dir den Busen, als Linon,

Oder hing in süssen Wehen

Dir am Hals en Medaillon:[157]

Doch zu meiner Freuden Fülle,

Schönste, wünscht' ich mir allein

Unter deines Bettes Hülle

Eine Nacht – ein Floh zu sein.

Quelle:
Aloys Blumauer: Sämmtliche Gedichte. München 1830, S. 156-158.
Lizenz:
Kategorien: