[123] Du kleiner Nero, Compagnon der Läuse,
Blutgieriger Tyrann!
Für dich stimm' ich, nach Meister Linguets Weise
Nun auch ein Loblied an.
[123]
Dein ganz brünetter Teint, so sehr verschieden
Vom Teint der blonden Laus,
Erkohr gleich Anfangs dein Geschlecht hienieden
Zu grossen Thaten aus.
Nur deinen Stamm, der stets in ganzen Schaaren
Bei Mädchen Wache hält,
Hat die Natur zu tapfern Leibhusaren
Der Jungfrauschaft erwählt.
Und darum patroulliren auch Schwadronen
Von diesem leichten Heer
Beständig in den dunklen Regionen
Des Unterrock's umher.
Nichts schützt die Mädchen, die sich dir verschliessen,
Vor deiner Blutbegier:
Die Erstlinge von ihrem Blute fliessen
O Glücklicher, nur dir!
Du Springinsfeld bist überall gelitten,
Wo nie ein Mann hin soll,
Und schwelgst dich, gleich der Biene, an den Blüthen
Geheimer Schönheit voll.
Kein Fleck im ganzen weiblichen Gebiete,
Auch noch so heilig, ist,
Auf dem du nicht schon mit verweg'nem Tritte
Herumspazieret bist.
Da ist kein Strauch, wo du dich nicht verstecktest
Kein Plan, wo du nicht liefst,
Kein Hügelchen, wohin du dich nicht legtest,
Kein Thal, wo du nicht schliefst.
Ja, wollte man einst auch rektificiren
Der Schönheit Lustrevier,
So brauchte man, um recht es zu mappiren,
Nur dich zum Ingenier.
Nur dies verzeihen dir die Schönen nimmer,
Daß stets von jedem Kuß,[124]
Den im Geheim du ihnen aufdrückst, immer
Ein Fleckchen zeugen muß.
D'rum lauren auch stets auf dich losen Näscher,
Enthüpfst du nicht geschwind,
Bei Tag und Nacht so viele hundert Häscher
Als Mädchenfinger sind.
Doch hascht ein Mädchen auch dich kleinen Springer
Zuletzt in ihrem Schooß,
So ist doch unter einem schönen Finger
Noch neidenswerth dein Loos.
Buchempfehlung
Der Held Gustav wird einer Reihe ungewöhnlicher Erziehungsmethoden ausgesetzt. Die ersten acht Jahre seines Lebens verbringt er unter der Erde in der Obhut eines herrnhutischen Erziehers. Danach verläuft er sich im Wald, wird aufgegriffen und musisch erzogen bis er schließlich im Kadettenhaus eine militärische Ausbildung erhält und an einem Fürstenhof landet.
358 Seiten, 14.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro