Das III. Capitul.

Von der Vnholden vnd Zauberer beides gutwilligen vnd Außgenötigten Vergichten vnd Bekantnussen.

[217] Die Richter werden mehrmals vber den bekandtnussen des Vnholdengesinds der massen verstürtzt / daß jnen gantz beschwerlich fůrfält vber dieselbigē den Stab zubrechen: Vnd dasselbig allein auß nachsinnung vnd erwegung der vngleublichen Wunderbaren Werck vnd geschichten / die sie bekennen. Seiteinmal etlich Richter vberredt sind / als sei es eitel Traum vnnd Fabelwerck / was diß Gesind herauß tadert vnd schwetzt: etlich besorgen / diese arme Leut seien auß verzweiffelung jhres Lebens so mild / damit sie nur durch den Todt jhres jamers ein end verschaffen. Aber ein Gesatz sagt /95 Volenti mori, non est habenda fides: Dem ist nicht zutrawen / der knrtzumb sterben will.

Vnd fällt mir hiebei ein / daß ich bei dem Tertulliano gelesen / wie ein Thorwarter eine Proconsuls in Affrica inn der Audientz vberlaut geruffen / ob allda keine Christen weren / sie / wie damahls Heydnisch breuchlich / tödten zulassen: Als bald auff der stätt sehr viel Christen die Händ erhebt haben / welche sich auß der Zahl derselbigen sein bekanten / auff daß sie nur wie Märtyrer sterben möchten.96 Der Proconsul oder Statthalter des Römischen Burgermeisters /als er sie so bereit zum todt vermerckt / sagt er zu jhnen. So laufft hin / vn ertrenckt eucht im nächsten Mör / das euch gleich da vor Augen ist / od' stürtzt euch von den Bergen vnd Häusern / oder henckt euch an die[217] Bäum / vnd sucht einen der euch verdamme.

Keyser Julianus / als er ein jung Christenweib sammt jrem Kind an den Brüsten ligend / sah zur Richtstatt lauffen / damit sie auch gemartert wird /verbott gleich damals die Christen forters mehr hinzurichten: Nicht zwar darumb daß er dem zum Todt lauffenden Weib daß leben fristete / sondern / wie er hönisch sagt / weil die Christen dieselbigē / so also hinstůrben nach jhrem Todt zu Göttern machten.97

Man findet zwar vnter den Zauberern etliche / welche nicht auß hoffnung besondern rhum vnd Ehr daruon zutragen / sondern auß verzweiffelung / vnnd grosses kreutzes / ellends vnd schmertzens abzukommen / gern in Todt sich begeben: Vnd diese seind nicht zuhören: Vnangesehen / daß sie daß Gesatz entschuldige / vnnd Plato für wolgethan achtet / wann man die Seel / ehe sie außgetribē wird / vor außlasset: Welchs ἐξάγειν ἑαυτὸν heisset.98

Aber Sprenger erzehlet / er hab Vnholden gekant /die / nach dem sie jhr schelmerey bekant / den Richter gebetten / sie bald tödten zulassen / oder anders sie wolten sich selbst vmbbringen: Dann der Teuffel /wie sie sagten / quelte sie vnauffhörlich / wann sie jhm nit gehorsam weren. Bei welchem fall / daß Gesatz /99 welchs sagt / In confitentē nullæ sunt partes Iudicantis, etc. nicht mag platz finden / vnnd ist ein Richter auch vnuerbunden / solcher Leut willē nach zuhencken. Dann man hält fůr gewiß / daß diese Hexe / welche der Teuffel plaget vnnd quelet / auff gutem Weg des Heyls seie / vnd der Sünden Rew trage.100 Derhalben soll man sie noch ein weil gefänglich einhalten / sie vnderrichten / vnd mit mässiglichen heylsamen straffen züchtigen.

Wann man aber keine Bußfertigkeit an jhr spüret /da soll man nur dahin arbeiten / daß sie von der Erden komme / wann sie auch schon sehnlich vmb den Todt flehet vnd bittet. Welche aber sich bekennen / vnd Rew vnd Buß haben / da ist des Richters Erkantnuß vnnötig / es kämen dann kundbare von jhr begangene vnd gestandene Mörd vnnd vergifftung der Menschen auß: jedoch das solchs ohn arglifi zugange / vnnd daß dise / dern der handel leid ist / nicht all zuuor gemerckt vnd gesehen hab / daß sie der Anklag nicht werd mögen entfliehen. Gleich wie Fraw Magdalena vom Creutz Aeptissin zu Corduba gethan / welche /inn massen droben angeregt / als sie hefftig sich verschreit vnd höchlich verdächtig sein vermerckt / selbst sich hat dargebē / sie hab dreissig Jar dem Sathan beiwonung gethan.101

Es seind aber zweierley Bekantnussen / eine die gutwillig geschicht: die ander so mit gewalt vnd noht herauß gebracht wird: vnd mag die ein vnd die ander entweder jnner oder ausserhalb des Gerichts sein.102 Vnn die so ausserhalb dem Gericht ist / mag entweder geschehen vor vielen Personen / oder vor einem eintzigen allein / derselb sey nun ein Freund / ein Verwandter / ein Feind / oder ein Beichtvatter. Diese vmbständ seind all fleissig zumercken: Nit zwar deßhalben / daß die Warheit warhaffter sey im Gerricht /weder ausser dem Gericht / noch vor einem Volck besser / weder bei einem Beichtvatter: sondern weil der mehrtheil pflegt entweder auß scham / oder forcht / daß jenig / was er heimlich besonder bekandt / offentlich zuuerstreichen vnnd zubeschönen: Innmassen man offt an den Räuberen erfahret / weche einem Beichtvatter etwas dörffen entdecken / daß jhnen Gerichtlich sonst nimmermehr wird entfahren.103

Gleichwol ist die beweisung auß einer Bekantnuß so ausserhalb dem Gericht geschicht / nicht so kräfftig / als die jnnerhalb fürkompt: noch die auß getrungene so wol verfehlich als die gutwillige.104 Vnnd vnter den Gutwilligen Bekantnussen / ist die / so zuuor /ehe man gefragt wird / herauß kommt / auch viel würckhaffter.

Dann bißweilen hindergehet vnnd betriegt der Richter den jenigē / den er fragt / bisweilen schreibt vnnd kauwet er jhm / was er bekennen soll / gleichsam vor. Als da der Keyser Augustus einen jungen Menschen welcher angeklagt ward / daß er seinē Vatter entleibt hette / mit diesen Worten fragt: Ich glaub gewißlich nicht / daß du deinen Vatter vmbgebracht habest?

Bißweilen kan der Richter zwen oder drey händel vnter einander mengen / deren der ein War ist / der ander nicht. Darüber[218] dann die Rechtgelehrten eine Disputation erregen / ob die Bejachtzung oder Verneinung auff alle vnnd jede gefragte händel einsmals zuuerstehen sey: Vund etlich105 halten ja. Zwar in den Dialectischen Terminis hats kein zweiffel / daß wann viel sachen durch die Disiunction, Oder / vnnd anders dergleichen Scheidend Wörtlein bestimpt vnd Articuliert werden / alles mit einander War sey / wann ein theil War ist / ob schon das vberig alles nicht War were. Aber wann die sachen durch das zusamen fügend Conjunctiuisch Wörtlein. Vnnd / Articuliert werden / ists alles falsch / wann eins nicht War ist. Aber demnach die / so Recht sprechen / im Tempel der Gerechtigkeit / Billichkeit vnd Warheit wandelen vnd handelen / so soll man den jhenigen der von vielen geschichten vnd sachen / die jhm bekant / einsmahls gefragt wird / vnderweisen / daß er eins vom andern vnderscheide / vnnd nach gelegenheit der jhm bewußten Warhafftent rhat eins bekenne / daß andere verläugne: Welchs des Bartoli106 vnnd Parnomitami107 rhat ist: Vnnd wird auch durch ein Vrtheil des Keyserlichen Cammergerichts108 zu Speir bestätigt: Inn massen gewesener Beisitzer Doctor Joachim Mynsinger109 bezeugt wider die Gräuin auß Ostfrießland erkant sein worden.

Stehet derwegen einem Weisen verständigen Richter zu seinem Ampt sehr gebürlich an / in stellung der Fragstück die geschichten vnd thaten zu theilen vnd zu vnter scheiden: Vnnd sich gar nicht der jenigen110 Meynung abhalten lassen / welche meynen das wann der Richter die that vom Ankläger specificiert vernommen / die Bekantnuß alsdann darfür soll verstanden vnnd auffgenommen werden / als were sie ausserhalb dem Gericht beschehen: Dann es hat gar keinen schein / demnach die Interrogatoria Gerichtlich Actus seind. Vnd deßhalben haben wir im Rechten einen besonderen Titul De Interrogationibus in jure faciendis. Zu dem / daß der Partheiē Bekantnuß vor dem Richter ohn Fragstuck beschehen / ob sie schon in Articulierter that nicht begriffen / doch kräfftiger ist (wie das Gesatz sagt)111 weder wann der befragt auff die Articul geantwortet hette.

So soll man auch inn Peinlichen sachen / wie ehe gedacht / vnd beuorab in Mißhandlung der Zauberei /nicht den ordenlichen Weg des Anklagens112 halten: Sondern steht dem Richter frey auff alle Mittel / so jhm zuersinnen möglich / die Warheit herauß zu locken.

Nun aber ist des Beklagten Antwort entweder gewiß oder vngewiß / vnnd die gewiß steht entweder inn bewärung oder inn Verneinung der sachen / oder der beklagt sagt / jhm nichts daruon zuwissen sein. Die Antwort ist vngewiß113 wann der beklagt vmbschweiff gebraucht / vnd zweiffelig Antwort gibt / als / Er meints / er glaubs / er halts darfür: oder mit einer Equiuocation / das ist / mit Worten / so mancherley Verstand haben / auff die Fragen begegenet. Jedoch / wann ein Beschuldigter falsch ding fürwar114 bekräfftigt / oder Warhafftigs /115 läugnet /ist er nicht so sehr schuldig / als der so zweiffelhafft antwortet. (Dann da gehts bald nach dem sprichwort /Wer in Worten viel zweiffelstrickt / kompt mit der weil in zweiffelstrick) Seiteinmal dißfals die zweiffelhafft vnd zwickdornig Antwort jm dem Antworter zu Nachtheil für ein bekantliche Antwort116 soll auff vnn angenommen werden. Auß erwegung / weil jeder seins thuns gewiß sein / vnnd keinen die entschuldigung eins Irrthumbs /117 wann er vngeschicklich zur sachen antwortet / dißfalls soll fürtragen.

Aber noch ein schwerere Frag fällt für / ob man den Verklagten / so gar nichts zur Antwort geben will fůr ein Bekandtlichen Thäter oder Confessum halten solle. Vnd da ists gewiß / wann in Burgerlichē vnpeinlichen fällen einer solcher gestalt für kommet /daß alsdann in Interrogatorischē oder Fragstůcklichen händelen / die sachen zu seim Nachtheil für bekant sein anzunemmen / vnnd die Schrifften zu agnoscieren.118 Aber wann es an Leib vnnd Leben gehet / da soll man die sachen nicht gleicher gestalt so leichtlich fůr bekant aufnemmen / es schlage dann eine beweisung von Zeugen hinzu. Vnd wo alsdann solche vorhanden / da wird das stillschweigen des Beklagten dermassen eine Wůrckung einer bekantnuß[219] auff sich tragen / das man nach gestalt des Verbrechens gegen jhm mit der Condemnation wird vollfahren mögen.

Gleichwol gewints einen anderen bescheid / wann das stillschweigen von einem eintzigen Zeugen her entstehet / welchem man mit Gelt straffen / bussen vnd gefängnussen zur Zeugnußsagung zwingē muß.119 Vnd nicht destweniger soll der Richter wider disen / so der Zauberer angeklagt wird / vnnd nichts antworten will / nach gelegenheit vnnd Qualitet der Person zuforderst mit Peinlicher Frag Pocedieren vnd fortfahren / wann er allein einen eintzigen guten Zeugen / oder vilerley Vermutungen vnn Presumtiones hat.

Wolt dann ein solcher von der stracken Frag sich auch nichts mercken lassen / so hält man dißfals schon die Vbelthat für halb bekant / vnd wird derselb nach gestaltsame der Probation / wie hernach folgen soll / alsdann gestraffet. Gleicherweiß wird auch der /so eine Antwort vorsatzlich verdunckelt / für Bekantlich geachtet.120 Vnd wiewol eine solche Antwort /vermög Rechtlicher Interpretation / zu genugsamer Beweisung anderer Halßsträfflicher Malefitz sachen nicht genugsam ist / wo nicht zugleich Zeugen darmit vorhanden. (Welchs sonst inn klarer vnnd gutwilliger Bekantnuß vnnötig) Jedoch ist sie inn dieser so abschewlicher vnn heimlicher Lasterthat neben andern Presumtionen genugsam.

Es zehlen zwar die Doctores vnter die Vnzweiffelige vnnd Notsachliche oder Necessarias Probationes die Confession vnd Bekantnuß: wie es dann auch in Burgerlichen sachen war ist: Jedoch erhält sich vnter den Bekantnussen mercklicher vnterscheid / wegen vmbständ des orts / der zeit der Personen / vnd der Mißhandlung. Als nämlich zwischen Bekantnuß eins Kinds / vnd eins betagten Manns / eins Verständigen vnd eins Thoren / eins Manns vnnd eins Weibs / eins Freunds vnd eins Feinds einer Schmachsach vnnd eins Vattermords / Gerichtlicher / vnnd deren so ausser dem Gericht gefallen / Peinlicher vnn Vnpeinlicher. Welche änderung vnd Varietet samptich ein fürsichtiger Weiser Richter stäts wol in erwegung zichen soll.

Vnd hiebei soll L. 1. de Confessis, allda gesetzt wird / Confessum pro condemnato haberi:121 das ist / der jenig / so einer vnthat bekantlich / werd für verdampt gehalten: nicht von anderen Lebens strafflichen Verbrechen verstanden werden / es werde dann durch andere genugsame Presumptionen vnnd vermutungen klar vnnd kundtbar: Vnd in massen daß Gesatz meldet /122 Si nulla probatio religionem indicantis instruat, das ist / wann nicht andere Beweisung das ansehen dessen / so die that Ruchtbar gemacht / mehr auf bringet. In sonderheit aber wann die Bekantnuß an der Folter /123 oder inn dem er dem Hencker zur Folterung erst vbergeben wordē / beschehē ist. Auß betrachtung / dz die Gesatz124 eine Confession ad tormentum, das ist / zum antretten der Folter vorgangen / deren / so an der Folter herauß gestreckt wordē / gleich kräfftig achten. Seiteinmal ja125 die forcht der Pein auch ein Pein ist.

Inn sachen aber der Zauberer vnnd Vnholden / welche mit dem Teuffel eine außtruckliche verbündtnuß haben / vnd bekennen / bei den Hechssen versammlungen vnn anderen angestifften Schelmereien / die man sonst niergends her / dann von jhnen oder jhren Gesell vnd Gespilschafften wissen mag / gewesen sein / da soll man eine solche Bekantnuß / ob sie schon ohne Peinlichen schrecken vnnd Frag126 gefallen / vnnd noch zur zeit nicht kundbar / daß sie Menschen oder Viech getödt / doch für ein kräfftige Beweisung auffnemmen / wann sie sonderlich von einem geschicht / dem man vorkommet / vnd vor der zeit auff die Hauben greiffet / vnd deß halben verdächtig ist / oder für ein solchen Lasterhafften gehalten wird. Dann diß Schelmenmerck ist viel grewlicher vnnd abschewlicher weder alle Mörd der Eltern / so man möcht erdencken.

Ob dann etlich sagen / man solle auff ein bekantnuß von vnnatůrlichen sachē nit gehn noch fussen:127 mit der weiß dörfft man auch nicht die Sodomitische Buberonen / welche eine Widernatůrliche Sünd bekennen / straffen. Will mann dann vnmögliche sachen fůr Widernatůrliche[220] angeben vnd verstehen / so ist es gantz falsch. Dann nicht alles was Natůrlicher weiß nicht geschehen kan / ist darumm vnmöglich.128 Innmassen alles diß beschaffen / was die vbernatůrliche Verstandnuß kräfften / Intelligentiæ verrichten / vnnd alle Werck Gottes / die man wider den lauff der Natur sicht / vilmals sich begeben: Welchs auch Hippocrates hat gemercket / da er schreibt / daß alle Morbi Epidemici, das ist / Newe vnerhörte Kranckheiten vnd Suchten / die zun Jahren vnderm Volck einreissen /von Gott herkommen / oder wie er sagt / haben etwas Göttlichs inn jhnen wider den lauff vnd ordnung Natürlicher sachen / inn welcher erkantnus die Artzet blinder dann die Maulwörff seind.

Ist derowegen eine eitele nichtige Sophisterei / mit diser Red hertraben / dise vbelthat ist Natürlicher weiß vnmöglich / darumb ist sie gar vnmöglich. Als ob einer von eim Ehrlosen Schelmen saget / Er ist ein guter Sänger / darumb ist er gut vnnd nicht böß. Nuhn haben wir aber durch Göttliche vnnd Menschliche Authoritet / durch bewärliche einhälligkeit der gantzen Antiquitet / durch Göttliche vnd Menschliche Gesatz / durch erfahrung / Vrtheil / Vberweisungen /Confrontationen oder Gegenzeugungen vnd Bekantnussen statlich hie forderst dargethan / daß die Zauberburst Warhafftiglich von orten zu enden getragē /auch Vngewitter vnn Vnfruchtbarkeit eigentlich durch jhr Mittel verursacht werden: Derwegen so muß es ja möglich sein.

Deßhalben wann etlich sagen / eine Glaubwůrdige Bekantnuß musse mögliche / Gläubliche vnn Warhaffte sachen129 begreiffen / diese aber können nicht Warhafftig sein / welche nicht möglich seind: vnd das zu Recht130 nichts möglich ist / dann was Natürlicher weiß geschehen könn: da gebrauchen sich solche eines Sophitischen vnd betrůglichen Arguments / inn welchem das vorgehend wol war / aber die Assumtion vnn was sie darinn zu nemmen vnd darauß schliessen / falsch ist. Dann die grossen Wunder thaten Gottes /sein Natůrlicher weiß wol vnmöglich / vnnd gleichwol Warhafft: Gleichfals seind auch die Werck vnn Verrichtung der Verständigen Geister / vnnd alles was vō der Metaphysich oder Vbernatürlicher krafft herreicht / Natůrlicher weiß vnmöglich: Welchs auch die vrsach ist / derhalbē die Methaphysic von der Physic /die allein an der Natur hanget / gantz vnn gar vnderschieden vnd abgetheilt ist. Derwegen sehr vnzimlich / der Geister vnd Demonien geschäfft nach dē Natürlichē würckungen außzirckelen wöllen.

Wiewol es auch deßfals d' Vernunfft nicht so gar vnbegreiflich für kan kommen. Dann so auß Natur gemässer Demonstration erscheinlich / daß inn einer stunden / oder / also zureden / inn eim Augenplick /das erst Mobile mehr dann Fünffhundert Tausent Meilen vmblauffent kan vollbringen.131 Wie solt es dann vnmöglich sein / daß der böß Geist inn einer kurtzen zeit der Vnholden Leib rund vnnd vmb die gantze Erd / die nuhr ein Puncten gegen dem grossen vmbschweiffigen Himmel ist / solt können verketschen vnd vertragen. Hierumb so bestehe ich noch darauff / der Hechssen vnn Hechssenmeister Vrgichten vnnd bekantnussen von jhrem leiblichen vertragen / möglich vnn beständiglich war sein: vnd / daß noch mehr ist / eben diß Gesind durch Anruffung vnd beischub der Boßhafften Geister vermöge Menschen vnd Wiechs zutödten.

Wie vns dann auch dessen die Heilig Schrifftberichtet / daß der Schlagend böß Engel zu Mitternacht inn Egypten gleichsam inn eim Augenblick alle Erstgeburt inn Egypten hab getödtet: Nuhn erstreckt sich aber dasselb Königreich inn seiner breite auff die zwo Hundert / vnd in die länge Vier hundert Meilen / vnd ist das aller Volckreichst vnn boßhafftst Land so vnder der Sonnen zufinden: inn massen dann Strabo vnd Plinius hierinn einstimmen. Noch meldt die Schrifft darbei / Gott hab dem schlagenden Sathan nicht zugeben wollē / in seines Volcks Häuser einzugehn.132 Dise Geschicht / wo man sie nach der Natur will ermessen / ist sie vnmöglich: vnnd glichwol ist sie so war / als klar die Sonn scheinet.

Wiewol Auicenna vnd Algazel halten / der Geister Werck vnnd thaten seien Natürlich vnn Natůrlicher weiß auch möglich:[221] Welche meinung wol passierlich /wann mans also verstehet / das durch Götliche Verhängnuß vnnd Verleihung die Geister eine solche macht / gleich wie das Fewr die krafft zubrennen hat. Gleichwol kan sich diß von Natürlichen vnd Ordynary sachen / wie droben angeregt / nicht verstehen.

Damit wir aber die Beweisung der von den Vnholden Vergichten vnnd Bekantnussen bestättigen vnd confirmieren / muß man dieselbigen gegen anderer Zauberer Confeßionen halten vnnd vergleichen. Dann des Teuffels thun vnd händel lauffen inn allen Landen auff eins auß / vnnd gleichen einander / eben wie ein Aff / er sey in Purpur oder Zwilch verkleidet / stäts eim Affen gleich sihet. Darumb erfährt man / daß der Zauberer inn Teutschland / Italien / Franckreich / Hispanien / der Alten Griechen vnn Lateiner Bekātnussen gleich lautend seindt: Vnnd gemeinlich klagt je ein Zauberer den andern an: Wie wir diß daroben mit dem von Loches erwiesen / der seine Fraw angeben /vnd daß er auß anreitzung jhrer dem Hechssendantz beigewont / bekant: Inmassen dann auch sie dessen in keiner abred gewesen / vnd darüber lebendig ist Verbrennt worden.

Wie dann beinahe deßgleichen fall zu Castelleralt (Lateinisch Castellum Heraldinum genant) sich geschickt / da Mann vnd Weib durch ein dritte Person /welche als ein Zauberer vberzeugt geweßt / seind angeklagt wordē. Der Mann sagt damals / er wer allein einmal bei der Hexen versamlung gewesen / zuerfahrē wo sein Weib der Bulschafftpflege / vnd darnach hab er sich nimmermehr darbei finden lassen. Das Weib gestund / sie wer derselbigen eine / vnn jhr Mann wer mit gewesen. Hierůber entstund ein beschwerlichkeit /ob man des Manns bekantnuß / zuverglimpffung vnd entschuldigūg seines thuns / vnvertheilt vnn also besonder solt annemmen.

Innmassen vil Doctores133 der meinung seind /man müßte / wann man einen Bekantlichen Vergreiffer entweders zubeschwären oder zuerlassen gedencket / eine gantze Bekantnuß / sie begreiffe nun einen Articul / für die Hand nemmen vnd erwegen. Vnn hierzu thut sie fürnemlich dise vrsach bewegen / weil zu Recht der Eyd pflegt einig vnd vntrennig zusein: Welchs warlich eine lange vrsach ist. Dann auß eben dem Rechten / müsten offt fünfftzig Stipulationes vnd versprechen inn einerlei Contract / der allein mit einem Eyd bestätiget wirdt / für eins eintzig Stipulation gehalten werden. Welches doch gantz kundbarlich falsch vnd vngeschickt ist: In ansehung / daß inn eim Contract so vilerley Stipulationes als Clausulen vnd Andingnussen seind / vnnd widerumb so vielerley Sententz vnnd Vrtheil / als stuck der versprechung seind darauff erfolgē. Deßhalbē auch inn Appellation sachen solche in einer vergleichung macherlei begriffene Zusagungen vnd bedingungen / der gestalt mögen vnderschiedlich entheilt werden / das ob schon von einē stuck Appelliert wird / gleich wol die anderen inn vnverrucktem Stand kräfftig verbleiben.134

Hingegē seind auch ein guttheil Rechts gelehrtē dißfalls widersinniger Meinung / die Confeßion mög vnderschiedlich getrennt werden: Ex l. perfecta. C. de Donat. Et. l. Puplia. parag. vltim. Depos. & ibi Accurs. Angel. Salic. Bart. Panor. in c. bonæ memoriæ. versic. Extra. De postu. Pręla. Cępola Cautel. 84. si mutuam-, per l. 3. parag. 1. De iureiu. Fell. in c. eum Dilecti De Accusat. in fine. Vnd zeigen an /wie zun zeiten des berümten Juristen Iacobi de Rauenna so vngefährlich vmb das 1300. Jar gelebt / diese Frag disputiert vnnd entschlossen worden / daß nämlich die Bekantnuß sollen enttheilt vnd vnderscheiden werden. Wie dann auch hernachgehender zeit solchs durch mancherley vrtheil vnd Sententz135 ist inn vbliche Practick erwachssen. Daher er nicht allein inn Burgerlichen fällen / sondern auch Malefitz sachen gehalten wird: Also vnd dermassen / das wann ein Beklagter bekantlich gestehet / er hab einen entleibet /aber diß auß vervrsachung / weil jhn der ander erstmals hab angestrenget: dißfalls wirdt zwar wol das erst stuck seiner bekantlichkeit auß vnstreitbarer Beweisung fürwar vnd vnzweiffelhafft angenommen aber der ander anhāg / darmit er sich zu seiner Purgierung nnnd[222] entschuldigung thut entschůttenfůr vnerwiesen gehalten: Vnd als dann muß der Beklagt / im fall er sich anderst vnschuldig machen will / seine fürwendung vnn Defensiones oder Facta Iustificatiua probieren: thut ers nicht / so staht jhm warlich die Condemnation darauff.136

Gleichwol eigentlich in rechten Terminis daruon zuredē / wird auff erster weiß die Confeßion nicht getheilet: Inn betrachtung / wann sie getheilt vnn verworffen würde / der Beklagt keins wegs zu Purgierung vnd rechtfertigūg seiner that kommen möchte: Sondern allein / wo es an Beweisung abgehet / vnd vnmöglich dieselbige auffzntreiben / als zum Exempel inn Nächtlichen Hechssendäntzen / daselbst wird erst die frag erregt / ob die gantz Bekantnuß / beydes inn dem was zur beschwärung / vnnd auch zur erleichterūg des Beklagten anständig / für warhafft sei zuzulassen. Seiteinmal sichs ansehen läßt / als sei diß der fall / darinn man die gātz Confeßion entweders mög annemmen oder verwerffen. Welcher meinung der offt angezogē Iureconsultus Alexander137 inn gleichmäßigem fall auch ist.

Dann als der Richter vorgedachten Man gefragt /warumb er sein fahrend Weib nicht verklagt hette /gab er jhm zur Antwort / er hab seiner vnn seins geschlechts Ehren vnd Wolachtung schonen wöllen. Belangend das Weib / sagt es / der Mann wer nuhr diß ein mal mit gewesen. Jedoch war er nicht zuentschuldigen: Auß erwegung / weil er geduldet vnn gelitten /daß sein Weib inn der schandtlichsten / schrecklichsten vnd abschewlichsten Hurerei / dergleichen kaum einzubilden / ist verharret: Vnd also zureden / ein vberwiesener Verkuppeler vnnd Bärenleiter seins eigenen Weibs geworden. Seiteinmal wir droben erwiesen / dz gemeinlich alle Vnholden mit dem Teuffel des Fleischkitzels pflegen.

Zu dem ist kundtbar / daß der jhenig verletzter Maiestet vberzeugt wirt / welcher eine jhm bewußte zusammen geschworene Rottierung oder Cnnjuration nicht offenbaret / vngeacht wann er schon den zusammengepflichten vnn geflochtenen Meitmathern nie mit keinem willen zugestimmet.138 Wie vil mehr ist dann diser schuldig vnnd klagbar / der vmb die gröst vnd scheutzlichst Vbelthat der verletzung Göttlicher vnnd Menschlicher Mayestat wissens trägt / vnn dieselb verhälet?139 Ob aber ein solcher für ein Zauberer zuhalten / vnd welcher gestalt er zustraffen / wöllen wir nachfolgends bald handelen.

Nuhn laßt vns sehen / wie einem Richter sich zuhalten gezimme / wann eine Zäuberin erstmals der that geständig vnnd hernach derselben widerumb abredig ist. Dißfalls muß mans vnderscheiden / vnnd warnemmen / ob die erst Bekantnuß / wann die Hechsse Preueniert vnd verklagt worden / vor einem ordenlichen Competenten Richter / vnd ongefoltert gefallen. Dann alsdann vermeint ich / man hab der ersten Bekantnuß sich zusettigen vnn zu behelffen / vnd im fall keine fernere Beweisungen zufallen / wol mit Verdammung vnn vervrtheilung gegen jhnen zufahren. Seiteinmal die erfahrung mehrmals mit sich gebracht / daß auß anstifftung vnnd Informierung des Sathans die Vnholden in wärender hafftung offt von jrer vorgestandenen Bekantnuß seind abgestanden. Vnd demnach dise Mißhandlung / als abschewlich /gleichsfalls so heimlich vnd verborgē ist / soll man die gutwillige Bekantnuß der Vnholden / denen man mit Anklagung vor vnd zugekommen / an statt gewisses vnnd vnzweiffelhafftes beweißthums halten vnnd auffheben.140

Es kompt mir hiebey zufällig inn gedechtnuß / daß im 1569. Jahr / eyn Dommherr zu Laual beschuldigt worden / als her er Dechant daselbst Gifft inn den Kelch verquantet. Welcher Dechant / nach dem er in der Mittnacht Meß auß dem gepüfften Kelch gedruncken / plitzlich einsmals ist nidergefallen / vnd gleichwol noch etwas kleiner weil sich so vil erholt / daß er das Gifft von sich gebrochen. Der beschuldigt thäter bekant es erstlich ohn gefoltert vnn Vngedäumelt gutwilliglich: aber nach dem er das Vrtheil vom Leben zū Tod wider sich ergehen vernommen / hat er das Parlement zu Pariß appeliert. Vnder deß er dann das Maul anderst zubrauchen ist vnderricht / vnd gantz vnd gar von seiner vorigen Confeßion abfällig worden. Nicht destweniger /[223] wie sehr er sich mit Laugnen gewehrt / ist jm entlich doch das Vrtheil zum Fewr /verbrent zuwerden / ergangen: vnnd ich hab jhn selbst zur Richtstat außfůhren gesehen. Welchs diese Gerichtskammer lamgsam würde gesprochen haben /wann eine solche Bekantnuß durch Peinliche Frag were herauß getrottet vnd gezwängt worden.

Aber was wöllen mir hierzu sagen / wann vor eim Incompetenten Richter / der inn fürgebrachten sachen vnnd vber die Beklagte Personen zurichten vnbefügt /eine Bekantnuß sich begibet? Ob dieselb etwas beweise? Jhrer viel141 seind der meinung sie sei weder zur Beweisung noch vermutung oder Presumtion vorständig / einen derhalben an die Peinliche Frag hin zu liffern. Ja daß noch mehr ist / der grösser theil Canonisten halten / die bekantnuß / so ausserhalb dem Gericht geschicht / mög weder dem bekantlichen Thäter /vnd noch vil weniger seinen mitschuldigen inn gleicher that zu Nachtheil gereichen. Filius ponit pro Regula cum 6. Fallētijs in c. olim. de Rescriptis. Corneus Cōsil. 128. lib. 1. Consil. 122. Versu, nam fama. lib. 1. Castrensis in l. transigere, versu, & licet: C. de Transact. Salicet. in l. in bonę fidei. C. de Iureiurando. Hingegen halten andere / daß die vor eim Vnfugsamen Incompetenten Richter vorgangene Confession zu anders nichts dann Mutmassungen vnnd Conjecturen diene. Dieser Irrthumb aber entstehet daher / weil Vlpianus in L. Certum parag. si quis absente, ff. De Confessis sagt / Derjenig / so abwesens seins gegentheils etwas bekantlich ist / werde nicht für geurtheilt gehalten: So doch gantz vnn gar nicht darauß folget / daß die bekantnuß / jnner oder ausserhalb Gericht vor eim Competenten oder Incompetenten Richter geschehen / darumb nach gelegenheit des handels nicht mehr oder weniger solt beweisen.

Auch halten die Erfarenesten142 Gerichtlicher Practic darfür / daß die Bekantnuß / so inn abwäsen doch nötig geschicht / keiner Würcklichkeit sei. Vnd im fall ein Vnfugsamer oder Incompetent Richter vber der That hat etwas erkant / vnnd nach dem er den Proceß angefängt vnd Instruiert / der Beklagt vor jhm der sachen geständig gewesen / da bleiben gleichwol /wann schon der Incompetentz oder anderer Nullitet halben der Proceß verwürfflich wird / nit destweniger die Beweisungen bei kräfften. Sonst wůrden vil Laster vnd Vbelthäter vngestrafft verbleiben. Welcher vngeschicklichkeit man auff allerley weg (wie das Gesatz meldt)143 muß abhelffen / vnd es der gestalt anschicken / damit die vnbillichkeit vnnd Absurditet des Gesatzes144 hingenommen werde. Vnd sonderlich soll inn Zaubereisachen / da die Beweisung so gar dunckel ist / vnd die Schelmereien dermassen heimlich zugehn / daß vnder Tausenten kaum einer gestrafft wird / die entschuldigung der Incompetētz keins wegs die Probationes auffheben.

Nuhn hiemit haben wir die gutwillig Bekantnuß /welche die dritt Notwendig Bewärung genant wird /abgehandelt. Dann die außgenötigte / vnd inn der Peinlichen frag außgepreßte Bekantnuß belangend /mag dieselbig wol für ein beweisung dienen / wann der Beklagt nachgehends / so er der Folterung frey /auff beschehener Bekantnuß beständig verharret: Sonst wo er daruon abfiele / würd es mehr eine Vermutung dann Notwendige Beweisung vervrsachen. Derwegen so laßt vns demnach von den Presumptionen / so wider die Zauberer vnnd Vnholden auffzutreiben / handlung fůrnemmen.

Quelle:
Bodin, Jean: DE MAGORUM DAEMONOMANIA. Vom Außgelassnen Wütigen Teuffelsheer Allerhand Zauberern / Hexen vnnd Hexenmeistern / Vnholden / Teuffelsbeschwerern / [...] durch [...] Johann Fischart [...] in Teutsche gebracht [...]. Straßburg 1591, S. 217-224.
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Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

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