Das IIII. Capitul.

Von Presumtionen / Vermutungen vnd Mutmassungen / so wider die Zauberer vnd Vnholden zuhaben.

[224] Wo ferr man dann der dreien kräfftigsten vnn Euidentē Beweisungen in mangel stehet / als nämlich des Facti Permanentis vnn Notorij, das ist / der kundbaren vnd augenscheinbaren that / auch der einhälligen bekundschafftung vnuerwürfflicher Zeugen: vnd des Beklagten / so vor der Confession Preueniert worden /gutwilliger vnnd nachmahls widerholter Bekantnuß: da mag man forters die Presumtiones vnd vermutungen / welche zu vberweisung vnd straffung der Zäuberer dienlich sein möchten / zu behelff anziehen vnnd erwegen.

Nun finden sich aber dreierley Mutmassungē oder presumptiones / etliche sind gar frefelig / ein theil der Warheit änlich / vnd die anderen kräfftig vnd violent. Die letsten belangend / die mögen zu Recht bestehen: Auß erwegung / weil sie stercker vnd satter dann andere Beweisungen abgehen. Vnd inn massen die Doctores145 einmütig schliessen / solches ansehens seind / daß keine Beweisung / so darwider streitet / wird er angenommen. Eine dergleichen beständig Vermutung ist die jenig gewesen / in krafft welcher / der Weiß König Salomon mit seinem vrtheil die zwo Mütter /so vmb das todt Kind zanckten / Gerichtlich hat entscheidet.146 Gleich wie auch des Keisers Claudij fall auff gleiches außgieng / als er der Mutter befahl /einen / welchen sie jhren Sohn sein vermeynte / zur Ehe zunemmen.147

Jedoch möcht einer einwenden / diese beide Potentaten Salomon vnd Claudius haben gleichwol bei diesen fällen auch wol jrren mögē. Diß laß ich zwar zu: Aber nicht desto weniger sag ich auch / daß in bekundschafftungen vnuerwürfflicher Zeugen / vnd inn wissentlichen Bekandtnussen gleichsfalls auch mög gejrret werden. Wie wir diß daroben mit dem Exempel des Leib eigenen Knechts erwisen / welcher auff die Bekantnuß / die er gethan / als hab er einen / den man gesucht / vnd entlich sich gefundē / vmbgebracht / hat daß vrtheil zum Todt außgestanden.

Darumb sagt ein Gesatz /148 man můsse der Bekantnuß des Todtschlägers nicht allein glauben / es seie dann vom Erschlagenen / wer der sey / scheinlich vnd offenbar. Aber die Vermutungen des Rechtens / Præsumtiones Iuris genant /149 die auß dem Rechten fliessen / vnnd auffs Recht gegründt vnd Articuliert werden / die bestehn auff einem grund der Naturmässigkeit.150 Seiteinmahl ja nicht vermutlich / daß ein Mutter / welche vmm erlangung jres Kinds allerley sich bemůhet / lieber es solt vmbbringen / als einer andern zusprechē sehen: Deßgleichen / wann einer vber einer that / die erläugnet / sich verwegert einē Eyd zuthun / oder dem / der jhm den Eyd zumutet /denselbigen widerumb anzubieten / daß er sich nicht hiemit recht schuldig gebe.

Wir lesen von Alfonso König inn Neapolis / das /als einer seinen Sohn verläugnet gehabt / als wer er nicht sein / befohlen hat / den Sohn einem Handelsmann auß der Barbarei zuuerkauffen: darüber der Vatter bald bewegt worden / den Son fůr seinen zuerkennen vnnd anzunemmen. Also ist mit dieser Presumption der Span beigelegt worden.

Jede wann ein Euidente vnd gleichsam augenscheinliche Probation widersinniger that vor handen /wird dieselb wider wie mutmassung vor allem angenommen. [225] 151 Vnangesehen daß jhren viel der Meynung seind /152 die beweisung gelte nicht wider die Rechtliche Presumption. Seiteinmal die Beweisung des jhenigen / der eine Quittung vmb gezahltes Gelt auffweiset / vnd also die Acceptilation probierer / fůr genugsam durchgehet.153 Vngeacht ob er gleich /daß er gezahlt / nit hat geschworen / noch auch den Eyd dem andern hinwiderumb zumuthen wöllen: Weil er vielleicht der zahlung nicht wol eingedenck gewesen / vnd nicht gewußt / ob er ein Quittantz bei handen hette.

Das man aber die Verblendungen vnd Widernatürliche Wunder der Zauberer vnd Vnholden / wolt vnter die Rechtliche Vermutungen rechnen / schickt sich keines wegs. Inn betrachtung / weil daß Göttlich Gesatz dieses für ein gewisse vnzweiffelige Probation setzt: Mulierem præstringentem Oculos non sines viuere: das ist: Diß Weib / welchs Augenblendungen gebrauchet / solt du nicht leben lassen: Nun aber ist gewiß / daß sie ohn alle hälhiemit pflegen vmbzugehn. Dann daß Gesatz Gottes verstehet sich dahin /als daß on zweiffelig alle die / so im Verglasteren oder Verblenden sich üben / gewißlich in gutem verstand mit dem Sathan standen vnnd sich mit jhm verglichen / händel wider den gemeynen lauff der Natur zutreiben.

Damit wir dann widerrmb auff die Vermutungen wider das Vnholden geschmeiß kommen / wann man Kinder inn der Mutter Händ getödt findet / vngeacht ob schon niemand dann sie im Hauß were / stehet doch nicht zuuermuten / daß sie den Kindermord begangen hette: Inn ansehung / weil die Vermutung alles Rechtens154 darwider strebet. Wird deßhalben ledig gesprochen / wann nicht gantz Euidente vnn greiffliche Vberweisungen vorhanden. Wann sie aber für eine Vnholden verschreit ist / als dann / im fall sie nicht das widerspiel darthut / trifft die Vermutung zu /als sey sie jhres eigenen Kinds die Mörderin.

Es hat sich zu Cocures (oder Coparis zu Latein) den 2. Februarij / des 1578. Jars begeben / das die Catharina Darea zweien Töchterlein / dern daß ein jhr / daß ander jhrer Nachbarin gewesen / die Gurgel abgestochen / ob sie gleichwol Hechssenwercks vnnd Zauberey halben nichts verdächtig war: Aber sie bekant / es hab sie der Teuffel inn gestalt eins langen schwartzen Manns darzu gebracht / ist deßhalben verbrent worden: demnach sie kurtzumb nicht Appellieren wollen / vnangesehen der Ammtmann zu Cocures sie dessen erinnert gehabt daß sie wol Appellieren möchte: aber sie ist darauff bestanden / sie hab diesen Todt wol verdienet.

Gleichsfalls bekandt auch nach beschehener Vberweisung der Freyherr von Raiz / wie er acht Kindlein getödt vnd dem Teuffel geopffert hette: Vnd daß jhm der Sathan noch darzu befohlen hab / sein eigen Kind zu opfferen / vnnd es auß Mutterleib zu reissen: Aber als es die Mutter etwas gemerckt / ist es außgebrochen / vnnd jhm sein Recht darob widerfahren.155 Ebenmäßigs lesen wir auch im leben Manassis / des Königs in Juda / so der gröst Zauberer seiner lebzeit gewesen / dz er gleichsfals dem Teuffel / der jhn hoch anzubringen jhm versprochen / seine Kinder geopffert habe: So er doch von seinen Feinden gefangen vnd vmm daß Reich ist kommen.

Derwegen so mag man wol getröstlich nach Göttliches Rechtens156 Presumtion vnd Schatzung / einen jeden Zauberer auch fůr ein Mörder vnnd Blutvergiesser seins eigenen Geblüts halten vnd schätzen. Auch wann man bißweilen eines Zauberers Kind misset / da soll man nicht anders mutmassen / dann er hab es dem Teuffel geopffert / er thu dann das widerspiel klärlich dar.

Vnd zwar dise des Göttlichen Rechtens Vermutung / bestehet auff gutem grund vnd vrsachen. Dann gewißlich wird der jenig / so alle Gottsforcht hindan gesetzt / sich dem Teuffel zu leibeigen hat vbergeben /auch darmit zugleich alle Menschliche neigung / lieb vnd Natürliche guthertzigkeit außgeschlagen vnd verloren haben. Vnnd derwegen folgt vermutlich darauß /daß er auch alles / was Zauberer zu thun pflegen / zu vollbringen kein schew werde tragen.

Vnd wiewol man gemeynlich vil eher[226] vermuten soll / ein sach geschehe durch Irrthumb dann boßhafftiglich157 / es erscheine dann gar die Gegenthat158 Jedoch steht inn Zaubereyhändelen stäts zu vermuten /das Hechssengesind treib sein Schelmerey vil mehr auß eiteler boßheit vnd Gottlosigkeit dann jrriger weiß. Kurtzumb / zu disem / der ein Zauberer ist / hat man allerley Teuffelsstück / die bei den Zauberern breuchlich / sich zu versehen. Seiteinmahl man doch einen / der vmm Diebstal oder Brieffälschung verdampt worden / keiner andern Missethat als stälens vnnd fälschens kan verdencken vnd verschreien.159

Wo dann nun ein Zäuberein fůr ein Zäuberin Gerichtlich erkant vnn geurtheilt wird / die ist stäts fůr ein Zäuberin auch zuhalten / vnd also fölglich von jhr zuschätzen vnd zu presumieren / daß sie aller Gottloser Vnmenschlicher stuck / deren die Zauberer beschuldigt werden / ebenmäßiglich schuld trage. Auch im fall schon keine erkantnuß darüber ergangen /nicht desto weniger mag die Anklag / das geschrey vnd die Gemeyn sag nur hefftigen Presumtion vnnd thätlicher vernachtheylung der Ehren / dienen vnd vortragen.

Dann so daß Gesatz160 will / das ein Weib Ehebruchs beklagt / vnnd gleichwol ledig gesprochen vnd absoluiert / nicht desto minder die Tag jhres lebens schmähliche Nachred hören müß: Wie viel billicher wird dann diese / so ein Hechsse vnd Teuffelsbraut sein beschreit wird / geschmächt vnd Ehrloß gehalten (Dann so bald eine für ein Vnholde außgeben wird /gibt es gleich eine dermassen hefftige Vermutung sie sey eine / daß man auch / wann nur etliche anzeigungen mit solchem gemeynen Leumund zutreffen / sie zur Peinlichen frag mag erkennen vnd vberliffern.

Vngeacht das inn König Ludwigs des zwölfften inn Franckreich geordneter Policei vorsehen / keinen zur Folterung hin zugeben / es stimmen dann vnuerwürffliche Zeugen / sampt den Anzeigungen vberein. Dann diß verstehet sich von andern Lasteren / in welchen man zu Recht keinen von wegen gemeynes gerůchts vnnd geschreies mit Peinlicher Frag mag anwenden: Inn massen die Doctores161 hierm all gehällen.

Wiewol vermög brauchs vnnd gewonheit der Statt Mantua / alsdann wann vier Zeugen / ein gemeyn geschrey gehört haben / bezeugen / inn alle Malefitzsachen zur Peinlichen Frag geschrittē wird. Wie viel mehr soll dann der / von dem ein gemein beständigs geschrey außkompt / das er ein Zauberer sey / zur Seitenspannung gezogen werden? Seiteinmal ein beständiger Ruff / so viel als ein ordenliche Beweisung wircket / wo ferr es nicht durch ein Gegen probation widerlegt wird.162

Hingegen / wann ein Weibsbild / welchs der Zauberer nie verdacht gewesen / angeklagt wird / sie hab jemans getödtet / wo alsdann die Beweisung des Mords nit gantz klar ist / soll man keins wegs dißfalls zur verdammnuß schreiten: Cap. cum in Iuuentute. de præsumptionibus. Extra. l non omnes paragr. à Barbaris. ff. de remillitari. l. 4. ff. De suspect. tutorib. l. 1. Si quis Imperatori maledixerit. l. vlt. de Action. Sondern fůrsehung thun / daß ferrnere nachfrag deßhalben geschehe / vnd inn mittlerweil sie der gefänglichen hafftung ledig schlagen. Jedoch wann ja je der Gemeynen Sag nach zuhenckē / soll nohttürfftiglich solche von Glaubhafften Leuten vnnd keinen Feinden her entstehn vnnd auffkommen.163 Diser vnterscheid vnd Limitation bedaucht mich deßhalbē hoch nötig / damit schalckhafften Buben der Weg verrent werde / fromme Leut nicht so leichtlich mit falchen Auflagen zubeschweren vnn einzuhawen.

Sonst zwar ist vnnötig / wie etlich164 gewolt haben / daß ein gemeyn geschrey vnn Gerücht vom grösseren theil des Volcks außgange. Seiteinmal da ein Statt weiters begriffs ist / man sich zu benügen hat / wann ein gemeyner Ruff von allen Benachbarten außbricht: Inn betrachtung / das die Benachbarten jres Nachbarn händel ja vil besser dann die weiter entsessene wissen mögen. Vnd derhalben mögen zu anbringung vnd erweisung eines gemeynen Geschreis /zwentzig Personen genug sein: dann so viel machen auch zwo Turbas, das ist / zwo Menge oder Scharen.

Wolt aber jemand sagen / auff des Volcks leichtfertig geschrey sey nicht sonders[227] zugehn / Quia vox populi vana existimatur165 diß ist wol war / wann die Sinnlichkeiten oder vernünfftliche gute gründ anders zu vrtheilen anweisen. Aber in Vnholdensachen fählet daß gemein gewön vnn gethön selten166 Welchs die Doctores Legitimam famam nennen167 Vnd inn sonderheit gehts alsdann viel kräfftiger an / wann zu dem gemeynen Fama auch etliche Anzeigungen tretten.

Als wann die Hechsse / so sie gefangen wird /spricht / Ich bin des Todts / Es ist vmb mich geschehen. Oder: Ach tödtet mich nicht / ich will die Warheit von allem sagen. Seiteinmal sie alsdann inn jhrem gemüt ein merckliche änderung empfindet: Gleich wie eine Hechsse gethan / deren Proceß mir vom Amptmann zu Tenailles zugeschickt worden. Dann diß ist ein gewisse anzeigung einer Mißhandlung / wann sich eins zuuor verdampt / ehe es verklagt wird.

Inn massen dem Vattermörder begegnet / der / nach dem er seinen Vatter entleibt gehabt / vnd ein Schwalmen Nest ersehen / die jungen gleich herauß geworffen / sie getödt / vnnd mit füssen zertretten hat: Vnd als man jhn vmb solch vnnötig grewlichkeit gestrafft / geantwort / Ey sie haben mir jetzund lang genug verwiesen / ich hab meinen Vatter vmbgebracht.168 Auß dieser anzeigung (schreibt Plutarchus) hab man jhn hafftlich einzogen / vnnd nach dem der Nachrichter sein Richtscheid an jhm gebraucht /die war bekantnuß der vbelthat herauß gezwackt.

Oder wann eine Vnholde verspricht / dem jenigen /den sie geplagt / widerumb zuhelffen / vnd nachgehends / wann es jhr vnkräfftig abgangen / daruon fliehet: Gleich wie die Johanna Herwilerin gethan / deren wir droben gedacht. Dann wer sich dieser Vnthat vnschuldig weiß / acht nicht vmb ein Haar der falschen auflagen vnnd Nachreden / welche sonst in anderen Lasteren manchen schrecken.

Ferrners verursachen auch die Beschwörungen vnnd Anruffungen des Sathans / welche die Hechssenmeister zu hinnemmung der Verzauberung im brauch haben / ein vberauß hefftige Vermutung vnd Violentissimam præsumtionem, die gäntzlich den Thäter dieser stuck der Zauberei vberzeugen.169 Seiteinmal ja auch das geschriben Keyserlich Recht die Beschwörer vnd Exorcisten am Leben zustraffen gebietet.170 Dasselb Gesatz aber verstehet durch solchen Namen diese Gesellen / die auß dem Teuffelsbeschwörē ein Handwerck machen / auch bißweilen die bösen Geister außtreiben. Welche dann damals zur zeit die grösten Zauberer vnnd Hechssenmeister waren / als die (in massen Hippocrates im Buch von der Heiligen Kranckheit gedenckt) vnderm schein Heiliger andacht / schreckliche beschwörungen vnder etlich Gebett mengten vnnd mischten.

Vnd wann schon nun bestimpt Gesatz einen solchen / der auff gedachte weiß einen heilet / nicht am Leben straffte / jedoch ists genug / daß das Gesatz Gottes ein Magum vnd Zauberer befihlet vom Leben zurichten. Dann es fählt nicht / ein solcher Kund hat einen besonderen verstand mit dem Sathan / vnd für einen / dem er hilffet / macht er allezeit zwen Krancke: wie wir diß daroben beigebracht haben. Vnnd wann schon anderst nichts darbei wer / als daß sie Gott verläugnet vnnd dem Teuffel sich pflichtig ge macht / verdient doch diß genug den alle grewlichsten Todt / so zuersinnen.

Die anderen anzeigungen sind diese der Zauberer vnd Vnholden geberden: welche gemeinlich den Kopff vntersich henckē / vnd keinem redlich vnters Gesicht dörffen sehen / Item wann sie befragt nicht auff einer Red bestehen / vnd in der antwort wancken:171 Vnnd inn sonderheit vor allem / wann des Beschuldigten Zauberers Vatter oder Mutter / oder beide Eltern Zauberer vnnd Vnholden seind gewesen. Dann wo diß stuck mit dem gemeynen Ruff zuschlägt / ist es ein vberkräfftigs Argument. Auß vrsach / weil der Teuffel kein jhm genemers Opffer von diesem Gesind weiß zuheischen / als daß es seine Leibsfrucht /so bald es an das Liecht kompt / jhm zu seinem Dienst verlobe vnnd zueigene: Wie ich hie beuor dessen Exempel fůrgetragen.[228]

Vnnd erst kurtz verloffener zeit / hat mir Herr Anthoni von Lonan / General Lieutenant zu Ribemont gesagt / wie er vber einen / genant Claudius Watier /so vieler Zauberstuck beklagt worden / das Recht ergehen lassen / dessen Vatter Niclaus Watier vmb ebenmäßig vbelthat der Zauberei im gefängnuß war gestorbē / vnn sein Großmuter / genant Catto (dann also nennen die Picalder Catharin) lebendig verbrennt worden / Gleichmässigs hab ich auch an der offterholten lebendig verbrannten Johanna Herwilerin wargenommen / daß jhr Mutter krafft ergangenen Vrtheils eben damals / als jhr Tochter schon allbereit dem Sathan von jhr was verlobt vnnd zugeeignet / lebendig verbrennt worden: Eben solchs erfährt man auch von der mehr erwönten Barbara Dorea / welche auch den Geist im Rauch auffgab / vnn von den Vnholden zu Longny inn potetz / vnnd denen zu Valeri in Savoy /vnn deren zu Rotcastel / daß sie jhr Töchter eben jr Schelmenwerck gelehrt haben: Also daß man ein gemeine Regel / die wenig Exceptiones bekäm / könt darauß auffrichten / daß wann die Mutter ein Hechssen ist / gewißlich auch die Tochter eine were.172 Gleich wie mā in Vnkeuschheit sachen sagt / Wann die Mutter ein Hur / die Tochter nit fromb: Wiewol nun diß hierinn sich nit allzeit war erfindet: Jedoch die Vnholdē belangend / ist die Regel beinah vnfälbar: innmassen diß durch vnzählig Proceß beigebracht worden:

Noch ist auch diß eine Presumtion / wann die Vnholde nicht weinet: Welche Vermutung Paulus Grillandus vnd die Ketzermeister / die jhrer vnzahlig viel verbrennt / für die kräfftigst halten. Der Lieutenant von Ribemont / von dem ich droben anmeldung gethan / hat mir erzehlt / daß jm vnder andern Vnholden / denē er jhr Recht gethan / eine bekant / sie mögen nicht mehr dann drei Zähern auß dem Rechten Aug verrören: Welches ich für Merckhafft hie ein zu führen geachtet habe.173

Weiters ist ein Presumtion / wann eine Vnholde inn eines andern Hauß oder Stall betretten vnnd begriffen wird / vnnd gleich darauff jemands entweders plötzlich kranck wirt oder stirbt / ob auch schon bei der Vnholde kein Pulffer oder Gifft gefunden wird / noch wann sie das Verzaubert hat hinwerffen gesehen welchs sonst diesen weg fůr ein greiffliche Probation dienē würde.

Vnd zwar dise letste Presumtion ist auß dermassen kräfftig / derē sich auch Cornificius174 vnd Bartolus wider den jhenigen gebraucht / welcher an eim ort wird gesehen / dahin er sonst nicht vil pflegt zuwohnen / vnn gleichwol damals als er daselbst gewesen /ein ärgerliche that fůrgangen / oder nicht ferr von der Statt verloffener sträfflicher Mißhandlung ist gespürt worden.

Dessen haben wir gar newliche Exempel: als in Pemont zu Casal sah man eine / Androgyna genant / in eins anderē Hauß gehen / alsbald darauff starben etlich Personen. Sie ward gefangen: da bekant sie die zusammen geschworne vereinigung aller Vnholden jhrer Gespielen / deren auff die viertzig waren / alle Handhaben an den Thüren zubeschmieren / die Leut dardurch zutöden.175 Diß geschahe im 1536. Jahr. Nachgehends hat sich gleicher fall mit Handhaben schmieren auch im 1568. Jar zu Genff zugetragen /vnn gleich darauff ist die Pestilentz eingerissen / die hat siben Jar geweret / vnd vil Menschen auffgerieben.

Gleichmässige History lesen wir auch von Hundert vnd Sibentzig Vnholden zu Rom / welche daselbst vmb ebengestaltsame Missethat bei Burgermeisterlicher Regierung des Claudij Marcelli vnnd Valerij Flacci hingericht worden: Zu welcher damaliger zeit sie allein fůr Vergiffterin gehalten worden.

Ferrners verursacht auch eine Vermutung des Hechssenwercks / wann eine vil mit gewissen kundbaren vnn vberzeugten Zauberern vmmgehet: welchs wol zumerckē: Weil jeder sich gern zu seinsgleichen gesellet.

Auch ist fürwar kein ringe Presumtion / wann die so verdächtig gehalten wird / viel gewont ist / zu troen vnnd zutrrotzen.176 Dann weil die Weiber von Natur sehr vnhaltsam seind / seind sie in Raachgirigkeit so vnmäßiglich brůnstig vnn wůtig / daß sie die Zung nicht halten können / wann sie etwas schaden zuzufügē vermögen / sondern stäts mit Troworten herauß fahren / vnnd wie Schlangē gifftig pfeisen. Wann dann auff[229] die trowort ein plötzlicher vnfůrsehener schaden / oder jemands tod erfolgt / gibts eigentlich dißfalls alsbald der hefftigsten notwendigsten Presumtionen eine / gleich wie es in andern Lastern eine hefftige Vermuttung pflegt zugeben.177

Herr Papista Ziletus / ein fürtrefflicher Jurist ziehet im LXXIX. Consilio eines Teutschen / Antonius Zund genant / Exempel an / welcher deßhalbē eins Mords an einem / Velten geheissen / begangen / ist angeklagt worden / weil er kurtz zuuor ehe derselb gestorben / diese trowort fliegen lassen / Es soll nicht ein Jahr anstehn / so muß er wie ein brandscheit verserben vnnd außdörren. Der Zauberer ward vmb dieser Red willen gleich dem scharffen Beichthörer vbergeben: Seiteinmal auch inn allen andern Malefitzsachen solches zu Peinlicher Frag genugsam wer.178 geschweig in diser / da es vil höher zuspannnen vnd auffzunemmen.

Gleich wie auch inn andern Vbelthaten die Bekantnuß ausserhalb Gerichts geschehen / zur scharffen Frag genugsam ist /179 inn diser aber gar zur Verdammung dienet. Gleichsfalls auch / wann ein Beklagter ausserhalb Gerichts Gnad vnn verzeihung seins begangenen Todschlags bittet / vnnd nachgehends desselbigē im Gericht vnständig ist / wirdt er Scharffrichter zubeichten gegebē. In disem aber so abschewlichen Laster / wirdt er gantz Rechmässiglich gleich verdammet vnd Verurtheilet / vnd dasselb nach gelegenheit der Person.

Seiteinmal die Doctores vnnd alle Practici dessen einig /180 alsbald er vmb verzeihung der jhm zugemessenen Missethat vor Gericht bittet / ob er wol nachmals sich wendet / gleichwol der sachē vberwiesen sei: Also vereinigē sie sich auch181 vber der ausserhalb Gerichts gethaner Confeßiō / daß / wann man sie von einem gehöret / ob er schon nachgehends dieselbig widerruffet / doch nicht desto weniger inn andern Lasterthaten zur Peinlichen Frag vrsach weise.

Ebenmässige meinung hats auch mit den Lugen182 vnd wann einer nicht auff einer Red bestehet. Dann inn Hechssen sachen seind diß dermassen starcke anzeigungen vnd hefftige Vermutungen / daß man inn krafft jhrer gantz Rechtfůglich jedes der beschuldigten Zaubereigenossen mag vom Scharfffrager dapffer vberspannen lassen. Vor allem aber ist stäts zumercken / daß in Gerichtlicher Erörterūg dises Teuffelischen Lasters / ein Extraordinary weg / vnnd nicht dergleichen / wie in anderen Verprechen fůrzunemmen. Inn erwegung / daß der / so gegen jhnen durchauß Rechtliche Ordnung / vnd gewonliche Proceß /vorhaben solte / beides Göttlich vnd Menschlich Gesatz vmbkehren würde.183

Gleichwol soll man auch nit fräfenlich noch gähitziglich mit Peinlicher Frag auff sie tringen. Seiteinmal die Richter wargenommen / daß die Zauberer nicht vil darauff geben: Welches dann vervrsachen möcht / daß sie vngestrafft durchwischten. Weil sich vilmals begibt / das der beklagt / wann er an der Folter ein kleines vbermacht ein sauren bissen kan schlucken / vnnd reinen Mund halten / darauff gar ledig gelassen wirdt. Welches inn nachforschung dieses an Göttlicher vnnd Menschlicher Mayestat vergessenē Lasters / so alle andere Vbelthaten /184 so den Menschen zuerdenckē möglich / in sich begreifft / die gröste gefahr auff sich trägt. Dann wann schon der Teuffel die Zauberer auß des Richters Händ vnd Macht nicht kan reissen: hat man dannoch diß erfahren / daß die Vnholden / wann sie jhrs thuns kein leyd noch Rew tragen / vom Sathan nimmer verlassen werden. Ja der Sathan ist der / so jhnen auch jhre Widersächer / die jnen am meisten im Gericht widerstreben / angibt vnnd benennet. Des hab ich ein Exempel von Herren Adam Martin Amptmā zu Bieures verstandē / das / als er vber eine Vnholdin das Recht ergehn lassen / dieselbige mehrmals zu jhm gesagt habe. Ich weiß wol / du wirst mir einen schlimmen bossen reissen: Auch ehe der Sententz gesprochen worden / jme zuuor gesagt / er werde sie lebendig verprennen. Welches auch geschehen gleichwol durch ein vbersehēs des Nachrichters / der sie sonst vermög vesprochenen Vrtheils hat strangulieren sollen / aber solches kurtzumb nicht zuwegen bringen können.

Hingegen aber widerrahtet jhnen der Sathan / die warheit keines wegs zusagen:[230] hindert vnd schafft auch wol bißweilen / daß sie an der Folter keine Marter noch Pein empfinden.185 Innmassen der Inquisitor Sprenger daruō geschribē. Welcher auch deßhalben auß vilerholten erfahrung nicht rahtsam befindet / also geschwind vnn leichtlich / wie sonst vil zu geschehē pflegt / mit den Vnholden an die Peinlich Frag zueilen.

Jedoch hielt ich darfür / wans eine Junge Tochter oder Knab / oder ein zartes Weiblin / oder sonst ein zärthling ist / vnnd die Vermutungen starck vnd Violent wider sie weren / daß man alsdann etliche derselbigen mit der Peinlichen Frag erschreckte / andere aber jhren vntergebe: Vnnd gantz vng gar nicht die alten Halsstarrigen vnd inn der Schelmerey verhartete Hechsen für die Hand neme.

Hat man dann von dem gepeinigten eine Warheit herausser gepreßt / da soll mā gute achtung jhne zuuerwahren geben / damit der Teuffel keine vnterredung vnnd sprach mit jhm halte: Auch jedesmal nach vier vnd zwantzig stunden jhm seine außgesagte Bekantnuß widerumb erholen vnnd fürhalten: Inmassen diß die ordnung König Ludwigs des Zwölfften in Franckreich außweiset. Dann will man eine notfolgliche Probation darauß ziehen vnd schöpffen / so muß man der Bekantnuß geständig bleiben: wie das Königlich Edict / welches durch viel darob ergangene Vrtheil186 bekräfftiget worden / solches vermag. Sonst wo die Vnholde ausserhalb der Folter jhre Bekantnuß inn abred stünd / da mag sie hierauff / wo nicht andere Præsumtiones vorhanden / nit zum Tod187 noch anderer Leibs straff vervrtheilt werden.

Daroben hab ich angeregt / daß die Ordnung König Ludwigs des Zwölfften / welche verbeut auff eines vnuerwůrfflichen Zeugen bekundschafftung / wo nicht andere anzeigungen mehr vorhanden / keinen der Peinlichen Frag gleich hinzu lifferen inn diser vbelthat / da die beweisnng schwerlich zufinden / keine statt habe. Seineinmal so vmm vergreiffung an Mēschlicher May.188 zugelassen ist / gegen dem solcher Mißhandlung verdächtigē auff blosse presumtion: mit Peinlicher Frag zuvolfahren: inmassen diß inn Practica stäts vblich erhalten: Deßgleichen so vermög einmütiges Consens der Rechtsgelehrten189 sonst in anderen Mißthaten mā auff eines glaubwürdigen / stäthafften and vnuerweißlichen zeugens Besag vnd wort / einen Beschuldigtē mit gestrenger Frag mag anfahren / vnnd dann ferrners / wann zwen Zeugen eben dasselbig gleichmässiglich inn jhren Aussagen bekundschafften / beides in krafft Göttliches Gesatzes vnn Menschlicher Policeyordnung / mit der condemnation zum Tod gegen Jhme procedieren.

Wievil billicher gezimpt sich dann in einer solchen / abscheulichē Mißhandlung.190 Wie das Teuffelisch Hechssenwerck ist: daß die Richter (wie Baldus vnd Alexander daruon reden) schleunig vnd vnverzüglich /wann entweder eim vnuerweißlicher Zeug die That deponiert vnd bezeugt / oder hefftige vnnd kräfftige Vermutungen solches erweisen / mit der Peinlichen Frag gegen der Verklagten Mißthätigen Person fortfahren vnd streng anhalten? Vnd diß daher / weil ein Iuculpatus Testis, oder vnverweißlicher Zeug eine halbe Probation machet vnd wircket. Als Exempels weiß / wann der Eheman bezeugt / sein fraw hab jn zur Versamlung der Hechssen geführt / vnd sie es läugnet / da soll man sie im fall sie nicht jrs Manns Meyneyd / oder sein Feind schafft auff Leib vnn Leben weiß anzuziehē / kurtzumm vom Nachrichter lassen auffziehē.

Dann diese zwey verweißstuck / Neid vnnd Meyneidisch werden / allezeit zu vnkräfftigung der Zeugen Aussag passierlich zugelassen: Innsonderheit aber wirdt das Gezeugnuß eines Meyneidigen nimmermehr weder zur Presumtion noch etwas anzeigung passiert noch angenommen: es sey dann sach daß entweder ein gewisser Zeug / oder eine andere sehr kräfftige vnd Vrgens Præsumtio jhm behilfflich zuspringe. Als wann man einen Zauberer gezeichnet befindet: Durch welche anzeigung der mehrberührt groß Hechssenmeister trey Leyter / vil seines Schlags gesindlein hat wissen anzugeben vnd zu offenbaren.

Gleichwol bin ich des Lamberti Daneimeister welcher hält es seien die gröstē Zauberer gemeinlich nicht gezeichnet / oder doch an einem solchen geheimē verborgenen ort /[231] daß es gleichsam vnmöglich ist / sie bei dem Zeichen zuentdecken vnd zuerkennen. In betrachtung / daß ich von einem Edelman auß Valois vernommen / wie etliche vnter der Augprawen einer etliche vnter der Lefftzen einem / auch etliche im Hindern ob signiert vnnd bezeichnet weren.191 Aber der Zauberer von den dreien Leytern sagt / die gezeichneten Vnholden vnd Zauberer seyen gleichsam mit eim Hasentäplin gezeichnet / vnd rings vmb das zeichen herumb / sei das ort dermassen vnempfindtlich / das ob man schon ein Nadel biß auffs Bein hinein steckte / sie es doch nicht fůhlen würden. Welchs zwar / so mans an einem oder einer spůret / schaffts ein kräfftige Vermütung / vnnd wo es mit anderen Anzeigungen zutrifft / ist es genugsam / zur Verdammung gegen den begriffenen zuschreiten.

Gleich wie auch die Aussag eines Zauberers / welchen der Handel berewet hat / vnn inn sterbens nöten jhren vil klagbar angibt / fůr ein hefftige Presumtion wider die andern dienen foll. Seiteinmal ja zuvermuten /192 daß demnach er seins mißhandelens rewe trägt / vnd Gott darzu angeruffen / er werde zweiffels ohn die Warheit nicht verschwigen haben. Aber wann ein Zauberer gātz Halsstarrig dahin stirbet / wie dann der mehrtheil dises gesinds also in Nobishauß fähret /vnnd von Gott weder singen noch reden mag hörē / da soll man jrem geschwetz kein glauben zustellen.

Vnd diß mag also hiemit für ein einziehüng vnd Limitation der Regul der Alten Doctorn dienen / da sie setzen / der jenig / so auff sein Sag sterbe / werd darfür gehalten / als sag er gäntzlich die Warheit. Daher auff solche Deposition die Vralten vil zubawen pflegten / vnn darauff zur Condemnation zuschreiten: Wie dann solches auch inn Vbelthaten verletzter Mayestat gehalten worden. Im schein dessen hat Nero auff Aussag der sterbenden / seine aller geheimisten Leut verschafft hin zurichten / so doch dieselbigen inn jhrem ableiben nichts anders vorhatten vnnd suchten / dann sich hiedurch an jhren Feinden zurechen / Derhalben steht solches alles bey eines weisen / wolbedächtigen vnnd klugen Richters bescheidenheit / daß er scharff acht gebe vnnd erwege / ob der sterbend auß Rachgirigkeit etwas melde /193 vnd genawe Nachfrag habe /ob sich Feindschafft vnd Neid gegen den angegebenē vor derselben zeit hab erhalten.

Zu Malbeck bei Braumont in Lomaigne ward eine Vnholde genant Beral da verbrannt: welche als sie nuhn all Augenblick das Fewr must angehn besorgen / vnd gefragt ward / ob eine Edelfraw / die sie angeben eigentlich auch jhrer gespilschafft were. Die Edelfraw als die man Confrontieren wolt / stund damals zu gegen / vnnd laugnets inn alle macht. Aber die Hechsse antwort jhr mit disen worten: Noscabes tu pas, que io darre darre cop, que nos hem io barran, à la crotz deu pastis, tu portaues io topin deus pofons? Das ist: Weistu nicht / daß das leistmal / als wir bei dem Pasteten Kreutz dantzen / du den Giffthaffen trügst? Darůber die Edelfraw erstummet / vnnd kein wörtlein mehr antwortet / hie mit sich schuldig gebend.

Wann aber der Zauberer inn seiner Halsstarrigkeit hinstirbet / da ist vō jme nit anders zuhalten / dann er Gottes vnn d' Menschen geschworener Feind sei / derbei Leben gern alle möcht vmbbringen sehen: Gleich wie Keyser Nero der groß Hexenmeister sagt / als er dessen Red verbesseren wolt / der da wunscht das wann er stürbe / Himmel vnnd Erde zu äschen wůrden / vnnd sprach Memoriente: Aber Nero sagt / ἐμοῦ ζῶντος, Das ist: Me viuente weil ich Leb / oder bei meim leben. Das ist der fall / da ein Presumtion die andere vmbkehret194

Jedoch soll auch der Richter des sterbenden Zeugnuß nicht verachten: Dann es kan vieleicht sein / daß sie von warer that her entstande: Innmassen daroben beigethan / daß Zauberer offt durch Zauberer vmbkommen vnn wie der Prophet Jeremias sagt / Gott offt seine Feinde durch d' Feind hůlff vnd dienst auffreibe vnd hinrichte.

Aber wann der / so von eim Halsstarrigen Zauberer od' Hechssenmeister beschuldigt wird / zu Rechtfertigung seiner vnschuld anzeucht / er hab sein Wandel vnd leben wie eim Biderman wol anstehet / vnn vnverweißlich hinbracht / d' soll in seiner Justification vnd entschuldigung angenommen vnn gehört werden. Im gegenspiel aber / daß[232] etwas verdachts dem Beschuldigten nachgehet / oder daß er zuuor auch ist beklagt / vnn nicht justificiert worden / oder ein Straff außgestanden hat / da ist die vermutung wider jhn / er steck auch im Zauberluder.

Vnd wiewol sich zu Recht findt / das wider eine Præsumtionem Iuris195 kein Probation sey zu zulassen / vnd daß vermög Göttliches Rechtens eine Zäuberin für ein Todtschlägerin / ja Vattermörderin gehalten vnd presumiert werde: Jedoch soll man diese billichkeit dannocht nit abstrickē / die jhr jenigen / die sie beschuldigt wird vmb gebracht haben / lebendig zu zeigen vnnd zu stellen. Dann diese entschuldigung oder Factum justificatiuum so an der Euidentz permanentis facti hanget / ist von mehr kräfften vnd wircksamer als alle darwider sich auff lehnende Beweisungen vnd vermanungen.196 Demnach solche defension in Augenscheinbarer / greiflicher vnnd beständiger that eigentlich bestehet: gleich wie wir auch droben anmeldung gethan / daß die warheit bestendigs wercks oder permanentis facti, wider die Hechsse eingebracht / die aller Euidentisch vnd kräfftigst beweisung so auff zutreiben / seie. Nun aber ist eine Regul des Rechtens / daß eine beweisung / so nit gar recht mässig / gleichwol inn Atrocibus oder vberauß scheutzlichen vnd sonderlich Nächtlicher vbelthaten /gleich wie das Hechssenwerck ist / fůr genugsam möge passiert werden.

Aber ein weiser Richter wird vmb erhebung der Warheit alle Præsumtiones zusamenfassen: Doch also / daß er nicht thů wie etlich Richter in Teutschland / welche entweders andere Vnholden vnd Zauberer suchen / das sie durch hupffung der Sieb den jenigen so der Zauberei beschuldigt wird / ob er schuldig sey / erkůndigen: Oder jungen Knaben wann sie inn diese Kirche gehen / die newen Schuch mit Schweinschmär beschmieren / damit die Vnholden nicht ehe herauß gehen können / es gefall dann denen / so die geschmirte Schuch anhaben: Oder eine beklagte Vnholde mit gebundenen händen vnnd süssen auffs Wasser legen / vnd also wann sie nit zu grund gehet /erfahren / ob sie schuldig sey.[197] Dann der Teuffel macht auff diesen weg auß der Gerechtigkeit eine Zäuberei / welche doch gar soll geheiligt sein.

Gleichsfalls soll er auch nicht das jenig thun / was inn dem zu Rom vnnd Auignon getruckten Buch der Coniurationum oder Beschwörungen von einem Käß stehet / welchen man inn Namen deß bösen Weibs macht / damit man sie dardurch beklagen möge.198 Welches Recept sampt anderen dergleichen die ich gelesen hab / ich zubeschreiben vnderlasse.

Nuhn fällt aber dise Frag ein / wann nun weder die Bekantnuß des Zauberers / noch vnuerweißliche zeuguuß / noch Euidentz beständiger that vorhanden /vnnd gleichwol viel violentæ vnnd starcke vermutungen einfallen / als daß er von allen Nachbarn fůr ein Zauberer wird gehalten /199 oder wird begriffen das er Krotten inn einem Hafen / oder an sonst verborgenen enden ziehe / vnnd doch niemand getroet hat /was allda stehe fůrzunemmen. Ich meins theils halt darfür / solche hefftige Presumtion mög zur verurtheilung zum Todt nichts verfangen: Aber wol zu andern Straffen. So laßt vns dann jetzund von Straffen / so den Zaubern anzuthun / vnnd nach wichtigkeit der Beweisungen oder Missethaten zuschärpffen oder zumäßigen stehn / handlung vornemmen.

Quelle:
Bodin, Jean: DE MAGORUM DAEMONOMANIA. Vom Außgelassnen Wütigen Teuffelsheer Allerhand Zauberern / Hexen vnnd Hexenmeistern / Vnholden / Teuffelsbeschwerern / [...] durch [...] Johann Fischart [...] in Teutsche gebracht [...]. Straßburg 1591, S. 224-233.
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